Schulform Schule für Körperbehinderte 2

Schulform Schule für Körperbehinderte 2. Schulbesuchsjahr
Informationen zur Lerngruppe:
Die Gruppe ist heterogen zusammengesetzt. Die SchülerInnen werden nach dem
Regellehrplan, dem Lehrplan der Schule für Lernhilfe und den Rahmenrichtlinien der
Schule für Praktische Bildbare unterrichtet. Es befindet sich auch ein Schüler mit
schwersten und mehrfachen Behinderungen in der Klasse.
Thema der Unterrichtseinheit:
Die Geschichten von „Josef und seine Brüder“ (1. Mose 37- 47,12) kennen
lernen als Beispiel einer Geschichte aus dem AT
Kompetenzziel der Einheit
Die Schüler/innen haben die Geschichte von „Josef und seine Brüder“ kennen
gelernt in der es um Hass und Versöhnung geht, in dem sie:
- der Frage nach den Beziehungen zwischen Josef und seinen Brüdern
nachgegangen sind.
- wahrgenommen haben, wie sich die Beziehungen zwischen Josef und
seinen Brüdern in der Erzählung verändert hat- über die Ursachen der Veränderungen der Beziehungen nachgedacht und
Josefs Deutung als eine von Gott geleitete Geschichte erkannt (nur
ansatzweise bei Ma. und Ni. möglich) haben.
- dabei gelernt, Gefühle und Beziehungen sprachlich zu fassen.
- sich an evtl. selbst erlebte Situationen erinnert, in denen sie Gefühle wie
Hass und Neid empfunden haben bzw. Versöhnung erlebt haben und davon
berichtet
- vergleichbare Situationen in ihrem eigenen Erfahrungsbereich bewusst
wahrgenommen haben und wissen, wie sie sich entsprechend verhalten
sollten.
Thema der Unterrichtsstunde:
Zusammenfassende Wiederholung und vertiefende Festigung des gesamten
Kapitels „Josef und seine Brüder“ (1. Mose 37- 47,12)
Lernziele der Unterrichtsstunde
Die Schüler haben den Inhalt der Geschichte „Josef und seine Brüder“ (Gen. 3747,12) durch eine vertiefende Wiederholung und abschließende Festigung der
Thematik auf handlungsorientierte Weise erschlossen und haben dabei die Umkehr
der Gefühle von Hass und Neid der Brüder in Versöhnung wahrgenommen.
Die Schüler/innen haben dies erkannt, indem sie:
- in Einzelarbeit individuelle Puzzleteile zu einem Bild, das jeweils einen Teilaspekt
der Josefsgeschichte dargestellt, zusammenlegt haben.
Je. hat hierbei das selbstständige Arbeiten geübt.
- im Stuhlkreis ihr Puzzlebild den Mitschülern gezeigt und erzählt haben , was darauf
zu sehen ist.
- ihre Puzzles an die Tafel gehängt haben.
- gemeinsam die Puzzles in eine sinngemäße Reihenfolge geordnet haben. (Ma. hat
hierbei aktiv mitgearbeitet).
- zusammen das, in der Stunde zuvor von den Schülern gebastelte, Dominospiel zur
Josefsgeschichte gespielt haben.
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Verlauf der Einheit
1. Stunde: Kennen lernen der Kapitel „Josefs Träume“ und „Josef wird verkauft."
2. Stunde: Festigung und Wiederholung der vorherigen Stunden (mit Thematisierung
der Gefühle der Brüder und Bezug zu den Schülern, ob sie Gefühle wie Neid und
Hass schon einmal empfunden haben).
3. Stunde: Wiederholung und Kennen lernen der Kapitel „Josef im Kerker“ und „Die
Träume des Pharao“.
4. Stunde: Wiederholung und Kennen lernen des Kapitels „Josefs Brüder kommen
nach Ägypten“.
5. Stunde: Basteln von Stabpuppen zur Josefsgeschichte
6. Stunde: Nachspielen des Kapitels „Josefs Brüder kommen nach Ägypten“ in
verteilten Rollen mit Hilfe der Stabpuppen.
7. Stunde: Kennen lernen und Nachspielen des Kapitels „Josef gibt sich zu
erkennen“ mit Hilfe der Stabpuppen (mit Thematisierung des Begriffs „Versöhnung“
und Bezug zu der Realität der Schüler, ob sie bereits Erfahrungen mit Versöhnung
gemacht haben).
8. Stunde: Die Brüder kehren nach Kanaan zurück und bereiten sich auf die Reise
nach Ägypten mit Jakob und ihren Familien vor.
9. Stunde: Wiedersehen von Jakob und Josef.
10. Stunde: Wiederholung des gesamten Kapitels „Josef und seine Brüder“
(Gen 37-47,12) mittels exemplarischer Bildkarten und des Spielens eines selbst
gebastelten Spiels zu den Josefsgeschichten.
Bedingungsanalyse
Sozialverhalten
Obwohl die Lerngruppe sehr heterogen zusammengesetzt ist, ist die Gruppe gut
zusammengewachsen. Die Schüler verstehen sich im Allgemeinen gut. In jüngster
Zeit treten jedoch auch altersentsprechende Konflikte zwischen einzelnen Schülern
auf, in die vor allem T. häufig involviert ist. Insbesondere auf Re. und Ra. reagiert er
verbal aggressiv. Zum Teil treffen sich einzelne Schüler am Nachmittag zu Hause
zum Spielen.
Arbeitsverhalten
Im Allgemeinen sind die Schüler sehr interessiert und motiviert und beteiligen sich
gerne am Unterrichtsgeschehen. Sie werden in den meisten Fächern gemeinsam
unterrichtet. Die beiden Regelschüler werden z.T. aber auch separiert unterrichtet,
wie z. B in Deutsch und Mathematik z.T. am Computer. Das
schwerstmehrfachbehinderte Kind erhält häufig Einzelförderung mit Angeboten zur
Basalen Stimulation.
Informationen zur Lerngruppe
Kind B. wird nach den Richtlinien der Schule für Praktisch Bildbare unterrichtet. B.
steht dem Unterrichtsgeschehen interessiert gegenüber. Sie ist sehr motiviert
selbstständig zu arbeiten. Ihre Arbeitsblätter locht sie beispielsweise eigenständig
ab. Sie bemüht sich sehr um die Arbeit ihrer Banknachbarn, muss aber noch lernen,
zunächst bei ihrer eigenen Arbeit zu bleiben. Dazu gehört auch, dass B. lernt ihren
Arbeitsplatz zu organisieren. Bzgl. des Unterrichtsgeschehens arbeitet sie mündlich
gut mit.
Förderziel der heutigen Stunde: B. soll den Umgang mit Klebstoff üben und darauf
achten, dass sie nicht zu viel Klebstoff verwendet.
- Kind J.-C. wird nach den Richtlinien der Schule für Lernhilfe unterrichtet. J.-C. steht
dem Unterrichtsgeschehen sehr offen und interessiert gegenüber. Er zeigt ein
starkes Mitteilungs- und Fragebedürfnis. Wichtig ist, dass J.-C. übt bestehende
Gesprächsregeln einzuhalten, d.h., dass er seinen Mitschülern konzentriert zuhört
und sie ausreden lässt und dass er sich meldet, wenn er etwas sagen möchte.
J.-C. zeigt sich höflich und hilfsbereit.
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Förderziel der heutigen Stunde: J.-C. soll beim Legen des Puzzles üben
eigenständig zu arbeiten und sich nicht sofort Hilfestellung durch die LiV zu suchen.
- Kind M. wird nach den Lehrplänen der Regelschule unterrichtet.
Seine motorischen Fähigkeiten sind sehr stark eingeschränkt und verlangsamt. Er
läuft mit Hilfe eines Rollators. M. sprachliches Ausdrucksvermögen ist
altersentsprechend entwickelt. Er hat ein gutes Allgemeinwissen, welches er
gewinnbringend für die Klassengemeinschaft einbringt. Hierbei benötigt er noch viel
Ermutigung zum freien Erzählen, zum lauteren Sprechen und Blickkontakthalten. Ma.
sollte vor allem zum selbstständigen Arbeiten ermuntert werden. Dabei ist wichtig,
dass er eine begonnene Arbeit auch ohne individuelle Hilfestellung fortsetzt und sich
nicht durch die Mitschüler ablenken lässt.
Förderziel der heutigen Stunde: M. soll sich im Stuhlkreis mündlich beteiligen und
dabei Augenkontakt halten.
Kind N. wird nach den Lehrplänen der Regelschule unterrichtet.
Er benötigt in allen Lebensbereichen eine umfassende Hilfe und Versorgung. Sein
Sprachzentrum ist so stark beeinträchtigt, dass er sich nur mit großer Mühe und
schwer verständlich äußern kann, aber deutlich erkennbare Fortschritte macht. Auch
ist er selbstbewusster geworden sich vor der Klasse zu äußern. Trotzdem benötigt er
noch Ermutigung zum freien Erzählen und lauteren Sprechen. N. lernt derzeit mit
dem Talker umzugehen und arbeitet in den Fächern Deutsch und Mathematik viel
am Computer.
Förderziel der heutigen Stunde: N. sollte beim Vorstellen seines Puzzlebildes im
Stuhlkreis zum Erzählen ermuntert werden.
Kind Ra. wird nach den Richtlinien der Schule für Lernhilfe unterrichtet.
Ra. ist ein phantasievoller, mitteilungsbedürftiger Junge mit einem äußerst geringen
Konzentrationsvermögen. Er zeigt ein besonderes Interesse beim Hören und
Erzählen von Geschichten und kann sich Texte gut merken. Das Beachten der
Klassenregeln, insbesondere der Melderegel muss er noch üben. Ra. hat ein
extremes Bewegungsbedürfnis. Zeitweise sitzt er daher auf einem Gymnastikball,
der ihm das Sitzen bleiben erleichtern soll. Arbeitsblätter kann Ra. meist
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selbstständig und zügig bearbeiten, benötigt aber immer wieder Lob und Bestätigung
von Seiten der Lehrkraft.
Förderziel der heutigen Stunde: Ra. sollte das Sitzen bleiben auf seinem
Gymnastikball bzw. seinem Stuhl üben.
Kind Re. wird nach den Richtlinien der Schule für Lernhilfe unterrichtet.
Re. ist recht selbstständig und benötigt nur wenig Hilfe. Durch ihr positives Sozialund Spielverhalten ist sie bei den meisten Mitschülern sehr beliebt. Bei
Klassengesprächen hört sie gut zu und arbeitet motiviert mit. Sie benötigt jedoch
noch mehr Ermutigung zum lauteren Sprechen. Re. arbeitet in Einzelarbeit sehr
eigenständig.
Förderziel der heutigen Stunde: Re. sollte beim Vorstellen ihres Puzzlebildes im
Stuhlkreis zum Erzählen ermuntert werden.
Kind T. wird nach den Richtlinien der Schule für Lernhilfe unterrichtet.
Seine grobe Kraft ist eingeschränkt und er braucht in vielen Lebensbereichen Hilfe.
Es bestehen deutliche Entwicklungsrückstände in den Bereichen Konzentration und
Sprache.
Von Bedeutung ist T.s Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken, was ihn
motivieren könnte sich stärker am Unterricht zu beteiligen. Arbeitsblätter kann er
inzwischen selbstständig recht gut bearbeiten.
Förderziel der heutigen Stunde: T. soll den Umgang mit Klebstoff üben und darauf
achten, dass er nicht zu viel Klebstoff verwendet.
Kind Y. Förderung insbesondere durch Basale Stimulation.
Y. lässt sich im Wesentlichen durch Basale Stimulation ansprechen. So macht er
unterschiedliche Erfahrungen z.B. im Bällchenbad, auf dem Klangbett, im
Schwimmbad und in seinem „Little Room“.
Förderziel der heutigen Stunde: Basale Stimulation im Snoezelraum erfahren.
Lernvoraussetzungen
Seit Anfang Januar nehmen die Schüler das Thema „Josef und seine Brüder“ als
Einheit durch. Außer Ma. kannte keines der Kinder die Geschichte. Ma. wird von zu
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Hause aus religiös sozialisiert, daher kennt er viele biblische Geschichten. Sein
Vorwissen diesbezüglich bringt er in den Unterricht ein.
Die Schüler zeigen sich dem Thema gegenüber sehr interessiert und arbeiten im
Unterricht motiviert mit. Auf vielfältige Weise bearbeiten sie mit der LiV die Thematik.
Neben dem Erzählen, Besprechen und Malen einzelner Teilaspekte der Geschichte,
haben die Schüler Stabpuppen gebastelt, mit denen sie kurze Episoden in verteilten
Rollen nachspielen, wodurch sie sich besonders ansprechen lassen.
Generell mögen die Schüler das Hören und Besprechen biblischer Geschichten und
verhalten sich dabei sehr offen.
Sachanalyse
Bei der Josefsgeschichte handelt es sich um einen Erzählzusammenhang, der auch
als „Josefs-Novelle“ bezeichnet wird. Sie weist einen anderen literarischen Charakter
auf als die übrigen Vätergeschichten, welche aus einzelnen Erzählungen bestehen,
die erst später zusammengefügt wurden.1
Die Epoche, in die die Novelle von Josef fällt, bezeichnet Gerhard von Rad als
„salomonische Aufklärung“. In dieser Epoche kam ein „neuer Geist“ auf, in der die
weltliche Welt in den Vordergrund rückte. So gehen die Menschen nicht mehr davon
aus, dass Gott unmittelbar in das Leben der Menschen eingreift, sondern vielmehr,
dass die Menschen erkennen, dass Gott ihre Entschlüsse und Taten wahrnimmt und
dementsprechend reagiert.2 In der Josefs-Novelle wird dieser weltliche Geist
widergespiegelt. In der Handlung werden deutlich Entwicklungen des Denkens und
Einsichten aufgezeigt. Gottes „heimliche Führung“ führt zur Rettung vieler Menschen.
Bezüglich des Menschen Josefs selbst wird deutlich, dass er sich zunächst
überheblich und töricht verhält, schließlich aber zu einem großzügigen, weisen Mann
heranreift. So wird in Gen 37 der Hochmut Josefs geschildert, während in Gen 42-47
die Lösung des Konflikts zwischen Josef und seinen Brüdern offenbar wird.3
1
Vgl. Lachmann, Rainer, Adam, Gottfried, Reents, Christine (Hg.), Elementare Bibeltexte, Göttingen, 2005, S.
71
2
Vgl. ebd., S. 71f., vgl. auch G. v. Rad, aaO., S. 67
3
Vgl. ebd., S. 72
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Didaktisch-methodische Analyse
In der Durchführung meiner Unterrichtseinheit war mir wichtig, mit den Schülern
einen inhaltlichen Schwerpunkt der Geschichten (Wahrnehmung unterschiedlicher
Gefühle wie Hass und Neid, die letztendlich zur Versöhnung führen)
herauszuarbeiten und diesen mit der Lebenssituation der Schüler in Verbindung zu
setzen, d.h. mit ihnen zu besprechen, ob sie schon einmal ähnliche Gefühle
empfunden haben und diese verbalisieren. Dies ist im Sinne der von Horst Klaus
Berg weiterentwickelten Korrelations- und kontextdidaktischen Ansätze, welche eine
Vernetzung von biblischer Überlieferung (Ursprungssituation) und Lebenssituation
(Rezeptionssituation) der Schüler vorsehen.4 In meiner Unterrichtsstunde gehe ich,
aufgrund der begrenzten Zeit, nicht mehr explizit auf die Rezeptionssituation der
Schüler ein, sondern werde einen abschließenden Bezug auf die Ursprungssituation
der Geschichte nehmen. Hierbei wähle ich einen methodisch vielfältigen Umgang mit
der Bibel (Puzzlespiel zusammenlegen, Puzzlebild beschreiben, sinngemäßes
Ordnen der Einzelpuzzle, nacherzählen der Geschichte, gemeinsames Dominospiel
mit Bezug zur Geschichte).
- Einstieg
Das Zusammenlegen eines individuellen Puzzles zur Josefsgeschichte soll die
Schüler motivieren sich für das Unterrichtsgeschehen zu interessieren. Da die
Schüler gerne Rätsel lösen oder Spiele spielen werden sie sich voraussichtlich gut
ansprechen lassen. Die zusammengelegten Puzzles zeigen ihnen bekannte Szenen
aus der Geschichte, die sie wieder erkennen können.
Die Arbeit des Puzzelns ermöglicht, gemäß der inneren Differenzierung, auf die
Fähigkeiten jedes einzelnen Schülers eingehen zu können. Insgesamt werden die
Schüler gefordert Bildzusammenhänge wahrzunehmen, sie sinngemäß zusammen
zu setzen, ihre feinmotorischen Fähigkeiten und den Umgang mit Klebstoff zu üben.
- Erarbeitung
Im Stuhlkreis hat jeder Schüler die Möglichkeit sein Puzzlebild zu zeigen, wodurch
die Arbeit jedes einzelnen gewürdigt wird und die Mitschüler gleichzeitig einen
Überblick über die übrigen Teilszenen der Geschichte bekommen.
Beim gemeinsamen Ordnen der einzelnen Puzzlebilder in eine sinngemäße
Reihenfolge können alle Schüler individuelle Beiträge leisten. Das anschließende
Nacherzählen der Geschichte durch die Schüler soll die Erarbeitungsphase
4
Vgl. Horst Klaus Berg, Grundriß, a. a. O., S. 127ff.
abrunden und zur Sicherung des Arbeitsergebnisses dienen. Hierbei sollen die in der
Geschichte vorkommenden unterschiedlichen Gefühlswahrnehmungen verbalisiert
werden.
- Festigung und Abschluss
Durch das gemeinsame Spielen des Dominos wird der Inhalt der Geschichte bei den
Schülern auf spielerische Weise gefestigt. Das Spiel soll sie ansprechen und ihnen
Spaß machen. Gleichzeitig soll das Sozialverhalten der Schüler untereinander
gefestigt werden.
Des Weiteren erleben die Schüler, dass sie mit geringem Aufwand selbstständig ein
Spiel herstellen und spielen können und lernen damit alternative Formen der
Freizeitbeschäftigung kennen.
Bezug zu den Richtlinien für den Evangelischen Religionsunterricht
Die Josefsgeschichten sind als Erzählzyklus im 1. und 2. Schuljahr der Grundschule
vorgesehen. Als Anknüpfungspunkte werden „die Selbstfindungsproblematik, die
Frage nach Träumen und ihrer Bedeutung, die Frage des richtigen Verhaltens oder
die Frage von Macht, Rache und Vergebung genannt.5 Aufgrund der notwendigen
Reduktion dieser Komplexität beschränke ich mich in der behandelten Einheit auf die
Frage des „richtigen Verhaltens“, sowie die Frage von Macht, Rache und Vergebung.
Diese sehe ich als essentiell für die Schüler an, da sie selbst immer wieder im Alltag
an ihr eigenes „richtiges“ Verhalten appelliert werden. Auch Konflikte mit Mitschülern
sind ihnen nicht fremd, auf die sie lernen müssen angemessen zu reagieren, wozu
auch Vergebung und Versöhnung gehören.
In den Rahmenplänen für die Schule für Lernbehinderte ist die Thematik „Wir leben
miteinander, nebeneinander, gegeneinander“ vorgesehen. Hierbei sollen die Schüler
erfahren, dass „Vergebung eine Grunderfahrung des christlichen Glaubens ist“ und
darüber hinaus „gemeinschaftsorientierte Einstellungen und Verhaltensweisen
einüben“.6 Am Beispiel der Josefsgeschichte können die Schüler erkennen, wie
Menschen schuldig werden und Vergebung erfahren.
In den Richtlinien für den Unterricht in der Schule für Praktisch Bildbare ist u.a.
vorgesehen, dass Schüler die „Fähigkeit erlangen, sich in der Gemeinschaft zu
5
http://grundschule.bildung.hessen.de/Rahmenplan (Teil B)
Vgl. Amtsblatt des Hessischen Kultusministers, Rahmenpläne für die Schule für Lernbehinderte, Evangelische
Religion, Wiesbaden, 1979, S. 14
6
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orientieren, sich einzuordnen, sich zu behaupten und sie mitzugestalten“.7 Des
Weiteren ist vorgesehen, dass sie „verschiedene Rollen im Zusammenleben
erkennen, sich darauf einstellen und sie annehmen und übernehmen“.8 Die
Josefsgeschichten weist ihnen Strukturen innerhalb einer Familie auf und bieten
ihnen Möglichkeiten des Erkennens von verschiedenen Rollen, die Menschen
innerhalb einer Gemeinschaft einnehmen können.
7
Richtlinien für den Unterricht in der Schule für Praktisch Bildbare. Amtsblatt des Hessischen Kultusministers,
Wiesbaden, 1983, S 43
8
ebg.
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Verlaufsplanung
Phase
Einstieg (ca. 15
min.)
Geplantes Unterrichtsgeschehen
- Die Schüler setzen sich auf
Anweisung der LiV an ihre Tische.
Daraufhin stellt die LiV ihnen die
Unterrichtsbesucherin vor und
erklärt ihnen das weitere Vorhaben.
- Nun bekommt jedes Kind von der
LiV ein spezifisches Puzzle
ausgeteilt, das jeweils einen
Teilaspekt der Geschichte „Josef
und seine Brüder“ darstellt. Dieses
sollen sie eigenständig
zusammenlegen und auf ein Stück
Pappe kleben. Die LiV bittet Frau
Do. Ni. dabei behilflich zu sein. Ist
ein Schüler frühzeitig fertig, darf er
einem Mitschüler behilflich sein.
- Schließlich fordert die LiV die
Schüler dazu auf mit ihrem Puzzle
in den Stuhlkreis zu kommen.
Sozialform/Medien
Einzelarbeit an den
Tischen
- spezifische Puzzleteile
für jeden Schüler
- Tischunterlagen
- ein Stück Pappe für
jedes Kind
- Klebstoff
Didaktisch-methodischer Kommentar
- Die LiV wählt als Einstieg in die Stunde
das Legen eines Puzzles. Da die Kinder
der Klasse generell gerne Rätsel und
Spiele mögen, werden sie voraussichtlich
motiviert sein, ihre Aufgabe zu lösen. Als
Ergebnis werden sie eine Szene aus der
Geschichte „Josef und seine Brüder“
erkennen, welche ihnen vertraut ist.
- Gemäß der Differenzierung bestehen
die Puzzles aus unterschiedlich vielen
Einzelteilen. Bi. und Ma. erhalten vier,
Je., Ra. und To sechs und Ni. und Re.
erhalten acht Puzzleteile. Obwohl Ma.
Regelschulkind ist, erhält er nur vier
Einzelteile, da er sehr viel Zeit zum
Arbeiten benötigt.
- Die Schüler sollen ihr Puzzle
selbstständig legen. Hierbei wird
insbesondere Je. gefordert sein
eigenständig zu arbeiten und sich
zunächst keine Hilfe durch die LiV zu
holen. Bi. und To sollten darauf achten
beim Aufkleben nicht zu viel Klebstoff zu
verwenden.
- Insgesamt werden die Schüler beim
Legen des Puzzles gefordert
Bildzusammenhänge wahrzunehmen, sie
sinngemäß zusammen zu setzen, ihre
feinmotorischen Fähigkeiten und den
Erarbeitung (ca. 15
min)
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- Im Stuhlkreis darf jedes Kind
reihum sein fertiges Puzzle zeigen
und erzählen, was darauf zu sehen
ist. Jeder Schüler wird nach dem
Erzählen von der LiV gebeten sein
Puzzle an die Tafel zu hängen.
- Sind alle Puzzles an der Tafel
angebracht, fordert die LiV die
Schüler dazu auf, die Puzzles in
eine sinngemäße Reihenfolge zu
ordnen, wobei die LiV ihnen
Hilfestellung gibt.
- Nachdem eine sinnvolle Ordnung
hergestellt ist, lässt die LiV die
Schüler mit Hilfe der
Puzzlevorlagen die Geschichte kurz
nacherzählen.
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Halbkreis vor der Tafel
- spezifisches Puzzle
jedes Schülers
- Tafel
- Tesafilm
Umgang mit Klebstoff zu üben.
- Ra. und Re. könnten frühzeitig fertig
werden. Ra. dürfte in diesem Fall ein Bild
bzgl. seines Puzzles malen („die Träume
des Pharaos“), während Re., die sehr
hilfsbereit ist, auch einem Mitschüler
Hilfestellung geben könnte.
Ni. bekommt während dieser Aufgabe
Hilfestellung durch Frau Do., da er
aufgrund seiner motorischen Fähigkeiten
nicht in der Lage ist, diese Aufgabe
selbstständig zu lösen.
- Im Stuhlkreis hat jedes Kind die
Möglichkeit sein Puzzle den Mitschülern
zu zeigen und kurz zu erzählen, worum
es auf seinem Bild geht. Hierdurch soll
die Arbeit jedes einzelnen Kindes
gewürdigt werden und die Mitschüler
erhalten einen Überblick über den Inhalt
der übrigen Bilder.
- Dabei soll den Schülern bewusst
werden, dass zu Beginn der Geschichte
Josefs Brüder Hass und Neid ihm
gegenüber empfinden. Am Ende kehren
sich diese Gefühle in eine große
Versöhnung um.
- Ra. soll während des Erzählkreises
üben, auf seinem Gymnastikball sitzen zu
bleiben, welcher ihm als Hilfestellung
dienen soll. Ni. und Re. können beim
Vorstellen ihres Bildes zum Erzählen
ermuntert werden.
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Festigung und
Abschluss (ca. 10
min)
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- Die LiV erklärt den Schülern das
weitere Vorhaben. Sie möchte mit
ihnen ein, in der Stunde zuvor,
gebasteltes Dominospiel spielen.
Auf diesem Spiel ist die Handlung
der Josefsgeschichte, entsprechend
dem Puzzle, abgebildet. Dazu bittet
die LiV die Schüler, sich an einen
bereitgestellten Gruppentisch zu
setzen.
- Jedes Kind erhält drei
Dominokarten. Eine Dominokarte
wird als Vorgabe in die Mitte des
Tisches gelegt. Gemäß der
allgemeinen Dominoregeln werden
die Schüler dazu aufgefordert, das
Spiel gemeinsam zu spielen.
- Falls die Schüler aus Zeitgründen
das Spiel in dieser Stunde nicht
beenden können, wird Frau Do. es
mit ihnen in der fünften Stunde fertig
spielen.
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Gemeinsames Spiel an
einem Gruppentisch
- 28 gebastelte
Dominokarten
- Ein Kästchen zum
Aufbewahren der
Dominokarten
- Beim Ordnen der Puzzles in eine
sinngemäße Reihenfolge sind alle
Schüler gefordert mitzuarbeiten.
Besonders Ma. sollte sich aktiv beteiligen.
Abschließend wird damit der Inhalt der
Geschichte noch einmal verbal
zusammengefasst und die Umkehr der
Gefühle von Hass und Neid in
Versöhnung herausgestellt.
- Auch das Dominospiel ermöglicht auf
spielerische Weise eine inhaltliche
Wiederholung und Festigung der
Josefsgeschichte.
- Darüber hinaus fördert das gemeinsame
Spielen das Sozialverhalten der Kinder.
- Das selbst hergestellte Dominospiel
zeigt den Schülern, mit welch geringem
Aufwand sie selbstständig etwas für sich
herstellen können und ermöglicht ihnen
alternative Formen der
Freizeitbeschäftigung kennen zu lernen.
- Am Ende der Stunde räumen die
Schüler das Spiel gemeinsam in ein
Kästchen und bewahren es darin auf.
Dadurch lernen sie den Wert ihres Spiels
schätzen.
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Anhang
Ausführliche Sachanalyse
Josef wird nach Ägypten verkauft (Gen. 37,2-36)
- Josefs Träume (37,2-11)
Josef wird als ein gehorsamer und treuer 17jähriger Sohn vorgestellt. Jakob fertigt
Josef einen reich verzierten Rock an und scheint ihn gegenüber seinen Brüdern zu
bevorzugen.
Gott bestätigt Jakobs Wahl seines treuen Sohnes durch zwei Träume, indem diese
aussagen, dass Josef über seine Familie herrschen wird. Seine Brüder spüren Neid
und hassen ihn. Anstatt die Auserwählung Gottes anzuerkennen, wollen die Brüder
Josef Übles antun.9
- Josef wird verkauft (Gen. 37,12-36)
Die Brüder wollen verhindern, dass sich Josefs Träume erfüllen und planen ihn
umzubringen. Schließlich verkaufen sie ihn an vorüber ziehende Israeliten. Gott
möchte Josefs Persönlichkeit durch die Dinge, die er erleidet, prüfen, so dass er
danach erhöht werden kann.
- Der Aufstieg Josefs in Ägypten (Gen. 39-41)
a) Josefs Versuchung durch Potifars Frau (Gen. 39)
Josef wird Verwalter über Potifars Haus. Dieser ist der Oberste der Leibwache des
Pharao. Wiederum prüft Gott Josef durch Potifars Frau, welche ihn verführen will, um
zu sehen, ob er gehorsam ist. Josef widersteht Potifars Frau, da er überzeugt ist,
dass Gott ihn zu einer besonderen Aufgabe berufen hat, da er ihn aus der Sklaverei
befreit hat. Josef dient treu, gerät aber durch die Lüge Potifars Frau in die
Gefangenschaft. Dort wird Josef durch den Gefängniswärter mit der Aufsicht über
das Gefängnis betraut. Dies zeigt, dass Gott mit Josef ist. Auch Josef bleibt Gott treu
und zeigt sich als Diener Gottes.
b) Josefs Auslegung der Träume der Gefangenen (Gen. 40)
9
Vgl. Software Edition CD-Rom CO-TEC Verlag – Altes Testament und Neues Testament Exegese) in PA oder
GA
Josef verliert nicht den Glauben an Gottes Verheißung. Dies wird durch seine
Bereitwilligkeit belegt die Träume des Mundschenk und des Bäckers zu deuten,
welche er richtig auslegt. Er versteht die Offenbarung Gottes an ihn.
c) Josefs Auslegung der Träume des Pharao (Gen. 41,1-40)
Gott benutzt die beiden Träume des Pharao, um Josef aus dem Elend des
Gefängnisses herauszuholen. Josef vermag die Träume richtig zu deuten, worauf der
Pharao Josef beauftragt, darüber zu wachen, dass 20% des Getreides in jedem Jahr
des Reichtums für die kommenden Jahre des Hungers als Vorrat angelegt werden.
d) Josefs Erhebung (Gen. 41-57)
Die beiden Träume des Pharao erfüllen sich. Josef wird somit unter dem Pharao
Herrscher über ganz Ägypten, da er über die Getreidelager in den ägyptischen
Städten absolute Autorität ausübt. Gottes Offenbarung an ihn durch die Träume hat
sich erfüllt.
- Der Umzug nach Ägypten (Gen. 42,1-47,27)
Gott benutzt die Hungersnot, um Israel nach Ägypten unter die Herrschaft von Josef
zu bringen. Gott beabsichtigt Josefs Familien nach Ägypten zu bringen. Die Brüder
sollen jedoch geprüft werden, um zu sehen, ob sie Gott treu sind. Sie sollen ihr
Verbrechen gegen Josef und ihren vorherigen Unglauben in seine Träume
eingestehen. Die Brüder legen offen, dass sie ihre Sünde gegen Josef bereuen. Sie
beweisen auch ihr Mitleid mit ihrem Vater und ihrem jüngsten Bruder Benjamin. Josef
gibt sich ihnen daraufhin zu erkennen, worauf es zur Versöhnung kommt.
Grundlage der Versöhnung ist, dass Josef die Brüder darauf hinweist, dass nicht sie
es waren, durch die er nach Ägypten kam, sondern dass Gott es war, der ihn dorthin
brachte, um ihre Errettung vor der Hungersnot vorzubereiten.
Die Brüder sind wieder vereint und der frühere Hass und Neid auf Josef sind
verschwunden. Die Brüder werden schließlich beauftragt, Jakobs gesamte Familie
nach Ägypten zu bringen. Der Pharao gibt Jakobs Familie den fruchtbarsten Teil des
Landes.10
10
Vgl. ebd.
Josef 2. Kl. KB
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