Nachrichten aus Deutschland Nr. 45 /21.07.2016 1. 5G in Berlin 2. Berliner wollen auf den Mond 3. Phänomen #foodporn Liebe Leser, der Newsletter der Deutschen Botschaft Sofia, einschließlich der bisher erschienenen Ausgaben (Archiv), kann auf der Botschaftshomepage in deutscher und in bulgarischer Sprache gelesen werden: http://www.sofia.diplo.de/Vertretung/sofia/de/01/Nachrichten__aus__Deutschland.html http://www.sofia.diplo.de/Vertretung/sofia/bg/01/Nachrichten__aus__Deutschland.html 1. 5G in Berlin Berlin (dpa) - Die nächste schnelle Datenfunk-Generation 5G wird in Berlin erprobt. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft und die Deutsche Telekom wollen beim Aufbau eines Testfeldes zusammenarbeiten. «Im globalen Wettbewerb der Digitalmetropolen kann sich die Hauptstadt damit führend positionieren», erklärte Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer am Samstag in einer Mitteilung. Die Informationstechnik- und Telekommunikationsbranche sieht im Mobilfunk der fünften Generation (5G) eine Chance für Deutschland, im TechnikGeschäft wieder mehr Gewicht zu erlangen. Die Technologie soll bis zum Jahr 2020 marktreif und deutlich schneller als der gegenwärtige Standard LTE sein. Laut einem Bericht der «Berliner Morgenpost» sollen Sende-anlagen der neuen Generation unter anderem auf dem früheren Telefunken-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz in Nachbarschaft zur TU Berlin in Charlottenburg installiert werden. Sie könnten einen Radius von etwa einem Kilometer abdecken. In dieser Zone könnten 5G-Anwendungen in Echtzeit getestet werden, etwa auch die Entwicklungen der Berliner Fraunhofer Institute Heinrich Hertz und Fokus. «Wir werden damit deutscher Referenzstandort für den Einsatz der 5G-Technologie im öffentlichen Raum», sagte Yzer der Zeitung. 2. Berliner wollen auf den Mond Berlin (dpa) - Das Weltall - unendliche Weiten. So weit möchte das Berliner Ingenieurs-Team PTScientists zwar nicht hinaus, hat sich aber sehr wohl ein großes Ziel gesteckt: Bis Ende 2017 möchte die Forschergruppe um den 30-jährigen Robert Böhme mit einer unbemannten Mission zum Mond fliegen und damit den im Jahr 2007 ausgerufenen Wettbewerb Google Lunar X-Prize (GLXP) gewinnen. Dafür muss ein Rover auf dem Mond gelandet sein und insgesamt 500 Meter auf der Oberfläche zurückgelegt haben. 30 Millionen Dollar Preisgeld locken. In Berlin stellte PTScientists - einziger deutscher von insgesamt 24 Teilnehmern aus aller Welt - den nächsten Meilenstein auf seinem Weg ins All vor: das Landemodul «Alina» (Autonomous Landing and Navigation Module), das den Rover auf dem Mond absetzen soll. «Das ist mittlerweile die dritte Generation, da stecken viele Jahre Entwicklungsarbeit drin», sagt Teamgründer und -leiter Robert Böhme. 12,5 Millionen Dollar (rund 11,2 Mio Euro) kostete die Entwicklung demnach. «Alinas» Leergewicht beträgt 330 Kilogramm, aufgetankt wiegt das aus Carbonfaser angefertigte Modul bis zu 1,4 Tonnen. Zudem ist es kompakt: 2,50 Meter breit, 1,75 hoch, zwei Meter tief. Sieben Kameras und acht steuerbare Antriebe sollen bei einer sanften Landung helfen. Sensibelste Technologie, um den Sieg beim X-Prize einzufahren. Doch darum geht es dem Team nicht hauptsächlich. «Im Grunde ist der Wettbewerb eine große Wette: Du fliegst zum Mond, fährst 500 Meter und bekommst 30 Millionen Dollar», erklärt Informatiker Böhme. «Das ist aber zu klein gedacht - das hat keinen übergeordneten Nutzen.» Seine Motive reichen weiter: «Unsere Technologie lässt sich mit allen derzeitigen Trägerraketen transportieren und ist nicht nur für eine spezielle Mission zu gebrauchen. Das ist auch das größte Problem in der Raumfahrt: Vieles ist zu maßgeschneidert.» «Alina» sei das Puzzleteil, das diese Problematik lösen könne. Mit Hilfe des modular aufgebauten Landers seien künftige Missionen für maximal 35 Millionen Dollar realisierbar. «Es ist zwar nicht das effizienteste Design, aber das kompatibelste.» Darüber hinaus soll der Wissenschaft ein Dienst erwiesen werden. «Wir haben mit der Nasa vereinbart, dass wir den Rover der «Apollo 17»-Mission untersuchen dürfen. Die Ergebnisse werden wir zu 100% öffentlich zugänglich machen», verspricht Böhme. Der Nasa-Rover «LVR» wurde nach der Mondlandung 1972 auf dem Erdsatelliten zurückgelassen und ist seitdem den Kräften des Weltalls ausgesetzt. «Niemand weiß, wie "LVR" mittlerweile aussieht. Es waren Materialien wie Aluminium, Nylon und sogar Leder verbaut. Wir wollen erforschen, was mit diesen Materialien im Laufe der Zeit passiert ist.» Allein mit Idealismus lässt sich allerdings kein Raumschiff bauen. Das weiß auch Böhme: «Natürlich spielen auch kommerzielle Interessen eine Rolle. Wir können bis zu 100 Kilogramm mit "Alina" transportieren und bieten an, Kunden-Technologien für Tests ins All mitzunehmen.» Bis zu 800 000 Euro verlangt PTScientists pro Kilogramm fremder Nutzlast. «In der Raumfahrt ein Schnäppchen», sagt der Forscher. Um die internationale Konkurrenz beim X-Prize hinter sich lassen zu können, hat Böhme eine Mannschaft von Spezialisten um sich geschart. Wichtigster Kopf seiner Truppe: der US-Amerikaner Jack Crenshaw, der auf jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Raumfahrt zurückblicken kann und an den Flugbahnberechnungen der «Apollo»-Missionen beteiligt war. «Er ist eigentlich schon längst im Ruhestand und arbeitet daher ehrenamtlich für uns. Solche Leute kann man nicht kaufen, die muss man begeistern», sagt Böhme. Insgesamt arbeiten 35 aktive Forscher auf drei Kontinenten teils ehrenamtlich für das im Jahr 2008 gegründete Konsortium. Zwölf Festangestellte koordinieren die gemeinsamen Aktivitäten von Berlin aus. Beteiligt sind auch viele Partner aus der Wissenschaft, etwa die Technischen Universitäten in Berlin, Hamburg und Wien sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Hauptsponsor des Projekts ist der Autobauer Audi. 3. Phänomen #foodporn Berlin (dpa) - Das saftige Stück Fleisch, der schaumige Frucht-Shake oder ein in bunten Farben leuchtender Sommersalat: Fotos von Essen sind im Internet überall zu sehen. Unter dem Hashtag #foodporn findet man alleine auf Instagram um die 92 Millionen Bilder. Aber warum stellen so viele Menschen so etwas Alltägliches wie Essen online? Trendforscher sprechen von einem Zeitgeistphänomen und einer neuen Form der Individualität. USWissenschaftler sind sogar der Ansicht, dass fotografiertes Essen als leckerer empfunden wird. Allerdings kann die Verbreitung mancher Bilder auch zu rechtlichen Problemen führen. Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov haben 61% der Deutschen schon mal ihr Essen abgelichtet. Mehr als die Hälfte von ihnen (55%) machte ein Bild von Speisen, die sie selbst zubereitet haben. 44% fotografierten Essen im Restaurant, das besonders gut aussah oder schmeckte. Jeder Dritte dokumentierte per Kamera Kulinarisches auf Reisen. Immerhin jeder vierte Essensfotograf veröffentlichte das Bild im Anschluss in Sozialen Netzwerken. Besonders beliebt im Internet sind dabei Hashtags wie #foodlove, #foodorgasm oder natürlich #foodporn. Der Begriff steht aber nicht nur für die oft glamourös und spektakulär in Szene gesetzten Bilder, er bezeichnet auch den gesamten Trend. «Foodporn beschreibt ein Phänomen, dass Menschen sich über das, was sie essen, darstellen und nach außen kommunizieren», erklärte die österreichische Trendforscherin Hanni Rützler vor einiger Zeit im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Essen ist wirklich zu einem Phänomen geworden, mit dem man die eigenen Werte, Vorlieben und Orientierungsgrößen kommunizieren kann.» Es sei ein «wunderbares Mittel, Individualität auszudrücken. Während einst die gemeinsame Speisetafel für soziale Kommunikation sorgte und ein Miteinander schuf, vernetzen sich die Menschen heute also über Social Media und kreieren ein neues Gemeinschaftsgefühl. «Früher waren es Mode-Codes oder bestimmte Musikstile, mit denen man seine Individualität und zugleich seine Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppierungen zum Ausdruck brachte. Heute ist es Essen und Trinken», sagt Rützler. Und wie kommt die online verbreitete Food-Fotografie bei anderen Nutzern an? Der YouGovUmfrage zufolge ist die Meinung gespalten. Während 43% der Befragten davon inspiriert werden, finden 40% diese im Allgemeinen nervig. Mehr als die Hälfte der Befragten denkt, dass solche Fotos vor allem der Selbstdarstellung dienen. Jedoch wollen US-Forscher kürzlich sogar herausgefunden haben, dass vorab fotografierte Speisen sogar besser schmecken. Laut der Studie des «Journal of Consumer Marketing» wird das Essen als leckerer empfunden. Die Fotografen setzten sich damit auseinander, was auf ihrem Teller ist, indem sie es für das optimale Foto in Szene rückten, heißt es in einem Bericht des «New York Magazine». Dadurch würden auch Appetit und Vorfreude gesteigert. Was beim Fotografieren jedoch kaum jemand bedenkt: Theoretisch kann das Ablichten eines sehr raffiniert arrangierten Gerichts - etwa in einem Sterne-Restaurant - zu rechtlichen Problemen führen. «Es ist nicht auszuschließen, dass besonders eigentümlich und aufwendig gestaltete Speisen Urheberrechtsschutz genießen», sagt der Hamburger Fachanwalt für Urheber und Medienrecht, Professor Stefan Engels, der dpa. «Dann darf man Fotografien von diesen nicht ohne weiteres vervielfältigen und verbreiten. Das ist ähnlich wie bei einem Kunstwerk.» Man müsse dann zunächst den Schöpfer des Werks um Erlaubnis fragen.
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