Prof. Dr. Franz Reimer Professur für Öffentliches Recht und Rechtstheorie Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene im Wintersemester 2016/17 Hausarbeit Die Stadtverordnetenversammlung der kreisangehörigen mittelhessischen Universitätsstadt G (85.000 Einwohner) verabschiedet im Jahre 2013 einen Bebauungsplan, der ein neues Wohngebiet mit großen Wohneinheiten ausweist und dort die Anpflanzung von fünfzehn „Rosskastanien mit einem Mindest-Stammumfang von 18 cm“ sowie die Erhaltung zehn bestehender (genau bezeichneter) älterer Rosskastanien festsetzt. Die maßgebliche Passage in der Begründung des Bebauungsplans lautet: „Die zur Anpflanzung festgesetzten Bäume prägen maßgeblich den angrenzenden Straßenraum, dienen der randlichen Eingrünung des Grundstückes und sind aus städte- bzw. mikroklimatischer Sicht auch für die Bevölkerung bedeutsam.“ Im Umweltbericht zum Bebauungsplan heißt es: „Zu erwartende Auswirkungen des geplanten Vorhabens: Der Verlust der bioklimatisch wirksamen Fläche ist u.a. über den Erhalt der älteren Kastanien und die Ergänzung von Baum- und Gehölzpflanzungen auszugleichen.“ Der Bebauungsplan soll zum 1.1.2014 in Kraft treten. Allerdings hält die für Bau- und Planungsangelegenheiten zuständige Bürgermeisterin den Bebauungsplan für rechtswidrig, weil er unverhältnismäßige Pflanzgebote enthalte, und verweigert die Ausfertigung. Daraufhin fertigt der Stadtverordnetenvorsteher im Auftrag der Stadtverordnetenversammlung den Bebauungsplan aus. Der Plan wird Ende 2013 im örtlichen „Anzeiger“ und in der örtlichen „Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht. In der Folge errichtet Investor I im Jahre 2014 im Geltungsbereich des Bebauungsplans eine Wohnanlage in Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan, pflanzt jedoch keine Bäume an und unternimmt auch nichts zur Unterhaltung der bestehenden Rosskastanien. Beides erzürnt E, der in der Wohnanlage eine der zum Verkauf stehenden Eigentumswohnungen erworben hat und aus Gründen des Bio- und Mikroklimas, der Beschattung, des Vogelschutzes und der Ästhetik die Pflanzung der vorgesehenen und die Erhaltung der bestehenden Bäume wünscht. Er macht I, dem weiterhin große Teile der Wohnanlage und insbesondere die Grünflächen gehören, und den Magistrat darauf aufmerksam, dass Baumpflanzung und -erhaltung im Bebauungsplan vorgesehen sei und er auch persönlich großen Wert auf die Einhaltung dieser Festsetzungen lege. Als der Magistrat untätig bleibt, fordert E ihn durch formloses Schreiben zum Erlass einer Pflanz- und Erhaltungsanordnung gegenüber I auf. Der Magistrat bestätigt den Eingang des Schreibens. In der Sache weist er darauf hin, dass für ein Erhaltungsgebot schon keine Rechtsgrundlage existiere: Insbesondere komme § 178 BauGB angesichts seines klaren Wortlauts Grenze einer jeden Auslegung! - dafür nicht in Betracht. Ein Pflanzgebot lasse sich zwar auf die Vorschrift stützen, doch dienten die Norm und die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht den Interessen des E. Ohnehin sei der zugrunde liegende Bebauungsplan leider unwirksam. E hält alle diese Argumente für grob fehlerhaft und empörend. Insbesondere dürfte der Magistrat den Bebauungsplan nicht einfach verwerfen oder unangewendet lassen. Als weitere drei Wochen verstrichen sind, ohne dass sich etwas getan hätte, erhebt E beim Magistrat Widerspruch: Die Ablehnung sei rechtswidrig, G müsse ihr Ermessen neu und rechtsfehlerfrei ausüben. Hat der Widerspruch des E Aussicht auf Erfolg? Bitte gehen Sie - notfalls hilfsgutachtlich - auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen ein. Hinweise zur Bearbeitung Die empfohlene Bearbeitungszeit für die Hausarbeit beträgt 3 Wochen. Die Arbeit darf einen Umfang von 20 DIN-A-4-Seiten nicht überschreiten. Es sind mindestens 6 cm Rand auf der linken Seite und 1,5 cm Rand auf der rechten Seite sowie oben und unten zu lassen. Im Übrigen sind die formalen Hinweise für die Anfertigung von Prüfungshausarbeiten am Fachbereich 01 zu beachten. Dieser „Leitfaden“ ist auf der Homepage des Prüfungsamts abrufbar: http://www.uni-giessen.de/fbz/fb01/einrichtungen/pruefungsamt/pflichtfach/pf_downloads Letzter Termin für die Abgabe der Bearbeitung ist Montag, 17.10.2016, 12.00 Uhr, in der Professur für Öffentliches Recht und Rechtstheorie (Prof. Reimer), Hein-Heckroth-Str. 5, 35390 Gießen, Erdgeschoss, oder Aufgabe zur Post am selben Tage. Eine Verlängerung ist nicht möglich. Empfehlung Am Dienstag, 26. Juli 2016, 14 s.t. - 17 Uhr findet in HS 4 die Veranstaltung „Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens“ mit Frau Wiss. Mit. Simone Szczerbak (Professur für Öffentliches Recht, Prof. Dr. Steffen Augsberg) statt. Zielgruppe sind v.a. Studierende nach der Zwischenprüfung; die Veranstaltung dient der Vorbereitung auf die Hausarbeiten der Übungen. Wenn Sie teilnehmen möchten, tragen Sie sich bitte für die Veranstaltung in StudIP ein. - Die Teilnahme an dieser Veranstaltung wird empfohlen (ist selbstverständlich aber nicht Bedingung für eine erfolgreiche Hausarbeit).
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