Anlage 1 Forschungsprogramm „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden“ 2017 und 2018 (FoPS) Einleitung Der städtische und kommunale Verkehr in Deutschland wird im 21. Jahrhundert zunehmend von neuen Entwicklungen bestimmt. Insbesondere die Digitalisierung wird immer stärker relevant für den Verkehrsbereich. Darüber hinaus stellt die langfristige Dekarbonisierung des gesamten Verkehrssystems zur Realisierung der Beschlüsse der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 (Convention of Climate Change 21) eine gravierende Herausforderung für alle Verkehrsträger dar. Auch die verschiedenen Mobilitätsbedürfnisse und Nutzungsansprüche sowie die mit dem demografischen Wandel einhergehende Mobilitätssicherung im ländlichen Raum sind von hoher Bedeutung. Mit derartigen Herausforderungen ist in Deutschland zunächst meistens eine verkehrsträgerspezifische Auseinandersetzung verbunden. Mit Blick auf die Dynamik der einzelnen Entwicklungen und den daraus resultierenden Handlungsbedarf sind übergreifende, systemische und strategische Ansätze erforderlich. Dabei kommt der politikberatenden und rahmensetzungsorientierten Forschung des Forschungsprogramms eine wichtige Rolle zu. Es sollen Potenziale, Chancen und Risiken der neuen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf den städtischen, kommunalen und ländlichen Verkehr aufgezeigt werden. Bereits bestehende Ansätze und Erfahrungen sind durch einen Dialog mit den Akteuren der Praxis (Verwaltung, Aufgabenträger, Verbände, Verkehrsunternehmen, Mobilitätsdienstleister) zu nutzen. Digitalisierung, Vernetzung und Integration Eine bedarfsgerechte Vernetzung verschiedener Verkehrsträger und eine Integration weiterer Mobilitätsdienstleistungen werden durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien vereinfacht. Durch eine Vernetzung des „klassischen“ ÖPV mit zusätzlichen Mobilitätsangeboten können die Bedürfnisse der Kunden, die zunehmend ihre Mobilität inter- und multimodal, spontan und situativ über das Handy organisieren, besser erfüllt werden. Das bestehende Angebot ist zu einer intermodalen Mobilitätskette sowie zu einer durchgängigen Servicekette konsequent weiter zu entwickeln. Die in der Roadmap „Digitale Vernetzung des ÖPV“ des BMVI vorgesehenen Themen sind aufzugreifen. ... -2Ein zentraler Aspekt von Vernetzung ist die Kommunikation zwischen den Fahrzeugen unter Einbeziehung des MIV, des ÖV und der Infrastruktur. Es sind geeignete technologische Lösungen (basierend auf C-ITS/ETSI-Standards) verkehrsmittelübergreifend zu implementieren. Die Vernetzung verschiedener Verkehrsbetreiber im Rahmen des kommunalen oder auch des überörtlichen Verkehrsmanagements sind ebenfalls zu berücksichtigen. Eine weitere wichtige Entwicklung stellen Innovationen im Zuge der Plattform-Ökonomie dar, die neue Geschäftsmodelle im Bereich der „Shared Mobility“ ermöglichen und neue Anbieter auf den Markt bringen. Dazu müssen sich insbesondere die Verkehrsunternehmen strategisch positionieren, ggf. im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft. Insgesamt stellt sich die Frage, welche Chancen und Risiken mit der Digitalisierung, der inter- und multimodalen Vernetzung, der Sharing-Dienste und der autonom agierenden und neuartigen Fahrzeuge in Verbindung mit Car2X-Kommunikation für unsere Städte verbunden sind, welche Auswirkungen diese auf unsere Städte haben und wie die Städte sowie die Verkehrsunternehmen künftig damit umgehen. Reduzierung der Verkehrsbelastungen Immer mehr Menschen zieht es in die Städte. Doch nicht für alle ist der städtische Wohnraum bezahlbar. Nach wie vor pendeln täglich 5 Mio. Beschäftigte aus dem Umland in unsere Großstädte und Oberzentren (vgl. BBSR Kompakt 5/15, S. 8), in denen sich die Arbeitsplätze konzentrieren. Dabei erweitern sich die städtischen Einzugsbereiche, die zunehmend in den ländlichen Raum hineinreichen. Die vor und in den Städten auftretenden Verkehrsbelastungen und Verkehrsstaus verursachen Verkehrslärm, Flächeninanspruchnahme und Luftverschmutzung, die von den Bewohnern der Städte zunehmend als Beeinträchtigung der Lebensund Wohnqualität wahrgenommen werden. Aufgrund der ambitionierten Klimaschutzziele sind auch die Städte aufgefordert, entsprechende Konzepte und Strategien zu erarbeiten und Maßnahmen zu ergreifen. Das gesamte Spektrum der Ansätze zur Verkehrsreduzierung, -steuerung und -beeinflussung, zur Verkehrsmittelwahl sowie zur Optimierung des Verkehrssystems ist dabei in Betracht zu ziehen. Der in diesem Bereich erlangte Stand der Wissenschaft und Technik ist in Richtung der sich grundlegend wandelnden Randbedingungen fortzuschreiben, damit Kommunen in der Lage sind, angemessen reagieren und handeln zu können. Dabei ist auf bestehende Erfahrungen aus dem Bereich der nachhaltigen Stadtverkehrsplanung zurückzugreifen. Beispiel- und mo... -3dellhafte Anwendungen in Städten und Kommunen sollten im Hinblick auf die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme sowie von Lärm- und Abgasimmissionen evaluiert werden. Demografischer Wandel und Mobilitätssicherung Im Vergleich zu dichtbesiedelten Städten stellt sich in dünn besiedelten und ländlichen Räumen aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen und Rahmenbedingungen des demografischen Wandels die Frage der Mobilitätssicherung. Die Veränderungen der Nutzergruppen und Mobilitätszwecke, der Rückgang bündelbarer Verkehre und die vielfach deutlich sinkenden Einwohner- und Schülerzahlen führen – neben dem Finanzierungs- und Kostendruck – zu neuen und teils grundlegend anderen Herausforderungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die individuell organisierte Mobilität und die Selbstorganisation einen zunehmend größeren Stellenwert einnehmen. Für die dünn besiedelten und ländlichen Räume stellt sich die Frage, wie der Übergang von dem „klassischen Linien-ÖPNV“ zum „nachfragegesteuerten, multimodalen, vernetzten, energieeffizienten sowie autonom fahrenden ÖPNV“ in der Zukunft erfolgreich gestaltet und wirtschaftlich betrieben werden kann. Analyse der Wirkungen von Maßnahmen auf die Mobilität Wie kann eine Stadt ihren Menschen einen öffentlichen Verkehrsraum und eine Mobilität ermöglichen, die ihren Nutzungsansprüche und Bedürfnissen entsprechen? Welche Wirkungen haben die zahlreichen guten Konzepte und Beispiele auf die nachhaltige Gestaltung der Mobilität in Städten gehabt? Welche Auswirkungen haben die neuen IT-gestützten bzw. digitalen Dienstleistungen auf die künftige Mobilität und den Verkehr in der Stadt? In diesem Kontext sollen die Wirkungen von verschiedenen Konzepten und Maßnahmen (z.B. Parkraum-, Verkehrs- und Mobilitätsmanagement) und deren Beiträge zur Verbesserung der Mobilität verschiedener Personengruppen sowie der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden empirisch quantifiziert sowie ex-post, begleitend oder / und ex-ante evaluiert werden. Dabei sollen auch neue Ansätze von Erhebungsmethoden, der Datengewinnung, der Modellierung sowie der Evaluation angewandt werden. Die Erkenntnisse sollen die Planungs-, Bewertungsund Entscheidungsgrundlagen der Gemeinden verbessern.
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