wieder sexy.

»DIE ENERGIEWENDE
MACHT DIE BRANCHE
wieder sexy.«
ANDREAS HENRICH
leitet das Personalmanagement der RWE Deutschland AG.
Die Gesellschaft bündelt die Vertriebs- und Netzaktivitäten
des Konzerns in der Bundesrepublik. Im Jahr 2012 setzte
die Deutschland-Tochter mit mehr als 19 000 Beschäftigten
knapp 24 Milliarden Euro um.
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RWE will bis 2016 allein in Deutschland mehr als 4 000 Arbeitsplätze abbauen. Trotzdem setzt der Konzern viele Hebel
in Bewegung, um talentierte Nachwuchskräfte zu gewinnen.
Andreas Henrich beschreibt die vielfältigen Möglichkeiten
eines – immer noch – großen Unternehmens.
Herr Henrich, Personalabbau auf der einen Seite und intensive Bemühungen um Berufsnachwuchs auf der anderen Seite
– wie passt das zusammen?
Wir bauen Personal ab, das ist bekannt.
Das tun wir möglichst sozialverträglich. Zugleich denken wir an
die Zukunft und wollen Nachwuchskräfte gewinnen, gerade auch
für die Umsetzung der Energiewende. Da brauchen wir Ingenieurinnen und Ingenieure, Naturwissenschaftler und Elektrotechnikerinnen, die Spaß an diesen Dingen haben. Ich benutze bewusst
die weibliche Form, weil wir uns vorgenommen haben, den Frauenanteil im Unternehmen zu erhöhen und junge Frauen und Mädchen für Naturwissenschaften und Technik zu begeistern.
ANDREAS HENRICH
Wie langfristig planen Sie denn?
HENRICH Wir untersuchen regelmäßig die langfristige Mitarbeiterstruktur, indem wir das gesamte Unternehmen in Job-Familien aufteilen. Anhand der Mitarbeiterdaten können wir früh erkennen, wo wir aufgrund der demografischen Entwicklung
möglicherweise Probleme bekommen. Aktuell verlassen die sogenannten Babyboomer über Altersteilzeit und normale Verrentung
das Unternehmen. In den nächsten vier, fünf Jahren sind das bis zu
1 700 Kolleginnen und Kollegen. Das wissen wir heute schon. Das
hilft uns beim Personalabbau. Aber viele dieser Stellen müssen wir
nachbesetzen mit jungen Leuten. Das Durchschnittsalter unserer
Mitarbeiter liegt bei 47,3 Jahren – mit den Nachwuchskräften können wir die Alterspyramide wieder zurechtrücken.
Wie attraktiv ist die Energiewirtschaft insgesamt für junge
Leute?
HENRICH Wir haben in den vergangenen Jahren gut aufgeholt
im Ranking der attraktiven Arbeitgeber. Wir stehen jetzt wieder
im oberen Mittelfeld. Das liegt daran, dass wir im Zusammenhang
mit der Energiewende spannende neue Themen anbieten, für die
sich junge Menschen begeistern. Da möchten sie mitmachen und
mitgestalten. Wenn Sie so wollen: Die Energiewende macht die
Branche wieder sexy.
Absolventen von ingenieur- und naturwissenschaftlichen
Studiengängen werden von vielen Großunternehmen umworben. Wie bestehen Sie im Wettbewerb mit Siemens,
Daimler & Co.?
HENRICH Wir sind bei allen maßgeblichen Hochschulmessen
präsent, um junge Menschen direkt anzusprechen und ihnen
Auskunft zu geben. Wir wollen sie möglichst früh mit dem Unternehmen und seinen Möglichkeiten bekannt machen. Außerdem
pflegen wir intensive Kontakte zu Hochschulen. Beispielsweise
haben wir Mitarbeiter, die dort Lehrtätigkeiten ausüben und dabei auch das Unternehmen vertreten.
NACHWUCHS STREITFRAGEN 04|2013
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HENRICH RWE Deutschland bietet Praktikumsplätze an und
betreut Bachelor- und Masterarbeiten sowie Promotionen. Absolventen können sehr zügig als Trainees einsteigen: Wenn die Bewerberin oder der Bewerber zu uns passt, brauchen wir vom ersten Kontakt bis zum Abschluss des Vertrags nur 40 Tage. Ein
anderes Beispiel: Der StudyCircle richtet sich speziell an junge
Leute, die im Anschluss an ihre Ausbildung bei RWE Vollzeit studieren. Denen geben wir die Möglichkeit, in den Semesterferien
bei uns zu arbeiten und ihre Praktika zu absolvieren. Wir betreuen
ihre Abschlussarbeiten und halten dadurch den Kontakt. In der
Reihe RWE MINTALENTS wenden wir uns mit Infoveranstaltungen und Exkursionen speziell an Studentinnen der Mathematik,
Informatik, der Naturwissenschaften und der Technik-Fächer.
Wie verändert der Ausbau der Erneuerbaren Energien die
Anforderungen an Mitarbeiter in der Energiewirtschaft?
HENRICH Wir brauchen Kolleginnen und Kollegen, die sich
nicht nur mit Elektrotechnik befassen, sondern sich auch mit Informationstechnologie auseinandersetzen. Um die dezentrale Erzeugung zu integrieren, werden wir künftig viel mehr Informations- und Nachrichtentechnik in den Netzen verbauen. Wir
brauchen Menschen, die damit umgehen und die Smart Grids der
Zukunft steuern können.
Entstehen da neue Berufsbilder?
HENRICH Ja, auch deshalb, weil die Bereiche Energie und IT
immer stärker zusammenwachsen. So haben wir in Kooperation
mit der Hochschule Ruhr West in Mülheim an der Ruhr und
Bottrop den Studiengang „Energieinformatiker“ aufgebaut. Mit
der Fachhochschule in Jülich kooperieren wir in einem MasterStudiengang, der Elektrotechnikern zusätzliche IT-Kompetenz
vermittelt. Außerdem hat RWE die nötigen Ressourcen, vorhandene Mitarbeiter gezielt weiter zu schulen. So entwickeln sie die
Kompetenzen, die das Unternehmen jeweils braucht.
Welche Rolle spielen Online-Medien und soziale Netzwerke
für Ihre Personalarbeit?
Die jungen Absolventen kaufen heute keine Zeitung
und sehen den Stellenteil durch. Heute schaut man sich den Internet-Auftritt des Unternehmens an und durchsucht dort die JobBörse. Die Bewerbung erfolgt per Online-Formular und mit eingescannten Unterlagen. Das ist für alle einfacher – auch für uns,
denn wir können viel schneller Kontakt aufnehmen. Wir legen
deshalb großen Wert auf unseren Internet-Auftritt. Außerdem
sind wir in Netzwerken wie Xing präsent. Dort können wir selbst
nach potenziellen Kandidaten suchen und sie ansprechen.
HENRICH
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STREITFRAGEN 04|2013 NACHWUCHS
»WIR SETZEN DARAUF,
SCHON Schülerinnen
und Schüler FÜR
NATURWISSENSCHAFTEN UND TECHNIK
ZU BEGEISTERN.«
Welche Möglichkeiten haben Studierende und Absolventen
bei Ihnen?
In den Naturwissenschaften sind nur wenige Prozent der
Absolventen weiblich. Wie ließe sich dieser Wert steigern?
HENRICH Wir setzen darauf, schon Schülerinnen und Schüler
für Naturwissenschaften und Technik zu begeistern. Speziell die
Mädchen laden wir einmal im Jahr zum Girls Day ein. Außerdem
bieten wir Schülerpraktika in unseren Ausbildungswerkstätten
an. Dann gibt es unser Programm „Mitarbeiter machen Schule“.
Hier geben wir Kolleginnen und Kollegen, die sich engagieren
wollen, die Möglichkeit, mit professionell vorbereiteten Unterrichtsmaterialien in die Schulen zu gehen. Dort berichten sie über
ihren Job und erzählen, wie spannend der ist.
Wir haben jetzt über die Initiativen eines einzelnen Unternehmens gesprochen. Wäre es sinnvoll, wenn die Branche als
Ganzes um Berufsnachwuchs werben würde?
HENRICH Wir bedienen uns am selben Arbeitsmarkt wie die
Kollegen aus dem Mittelstand und bei den Stadtwerken. Da halte
ich es für vernünftig zu überlegen: Was können wir gemeinsam
tun, um künftig den Nachwuchs beispielsweise bei den Facharbeitern zu sichern? Das würde die Anstrengungen der einzelnen Unternehmen sinnvoll ergänzen und der ganzen Branche guttun.