2. Halbjahr - Wild und Hund

Wild - Biologie
OV D E Z
Nacht pirsch
DER
2. HALBJAHR
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WILD UND HUND | 13/2016
SAUEN
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WO, WANN UND WIE
Wer weiß, welche Flächen das Schwarzwild im Jahresverlauf
bevorzugt, wird mehr Jagderfolg haben. Für das erste Halbjahr
erstellte Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel bereits einen Leitfaden
(WuH 1/2016). Lesen Sie jetzt Teil 2.
Rottenstruktur:
Inzwischen ziehen Überläuferkeiler allein oder in Trupps unbekümmert
durch die Gegend. Dieses sorglose Verhalten macht sie zur leichten Beute
des Jägers und führt zu ihrem relativ
hohen Streckenanteil. Im Verhältnis
dazu werden zu wenige Überläuferbachen geschossen. Die Frischlinge haben ihre Streifen verloren oder verlieren sie gerade. Frühgefrischte können
schon an die 20 Kilogramm wiegen.
Mehrere Bachen mit ihren Frischlingen
bilden teils recht kopfstarke Rotten.
Dort stecken die Sauen:
Die Rotten halten sich tagsüber gern
in großen Feldschlägen auf, wo sie Deckung und Fraß im Übermaß finden.
Sauen im Wald sollte man jetzt mit
Rücksicht auf die Feldreviere und die
dortigen Wildschäden nicht bejagen.
Je mehr Raps- und Getreideschläge
im Juli abgeerntet werden, desto stärker konzentrieren sich die Sauen im
Mais, sobald er genügend Deckung
bietet. Wenn die Kolben langsam heranwachsen, ist dort unter Umständen
mit erheblichen Schäden zu rechnen.
Jagdtipps:
Gehen die Sauen nur nachts auf Feldern auf Fraßsuche, sind an bekannten Ein- und Auswechseln Ansitzböcke
oder -leitern das Mittel der Wahl. Morgens dürften die Chancen besonders
groß sein. Hält sich Schwarzwild auch
tagsüber im Feld auf, können Spritzspuren oder Fehlstellen geeignete Ansitzplätze sein. In großen Schlägen
werden Sauen tagaktiv. Das muss der
Jäger beim Ansitz dort berücksichtigen. Im Getreide und im Raps ein
Stück erst beschießen, wenn es zweifelsfrei als nicht führend angesprochen wurde.
Im Juli kann schon die Raps- oder
Getreideernte einsetzen. Erntejagden
lohnen dann durchaus. Dabei müssen
Foto: Shutterstock
JULI
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KALENDER
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In den Sommermonaten
sollte man den Rotten im Wald
Ruhe gönnen.
aber einige Dinge strikt beachtet werden: Solche Jagden
muss man sehr sorgfältig vorbereiten und mit dem
Landwirt besprechen. Jeder Schütze hat eine Ansitzein­
richtung zur Verfügung, keiner steht auf dem Boden.
Niemals wird in den Schlag hineingeschossen. Es ist
jederzeit auf die Standorte der Nachbarschützen und
vor allem auf die Erntemaschinen zu achten. Niemals
wird von einem Mähdrescher oder einem Häcksler aus
geschossen. Es lohnt sich übrigens, nach dem Abzug
der Erntemaschinen abends noch eine Stunde auf dem
Schlag zu bleiben, da die Sauen gerne mal die bereits
abgeernteten Flächen „besichtigen“.
Überläuferkeiler bummeln in der warmen
Jahreszeit oft bei bestem Tageslicht über
die Felder – eine gute Chance für den Jäger.
Fotos: Wolfgang Radenbach, Michael Stadtfeld (o.)
DER
SAUENKALENDER
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AUGUST
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Rottenstruktur:
An der Rottenstruktur ändert sich im Hochsommer we­
nig. Die scharfe und frühe Frischlingsbejagung, die gera­
de jetzt im Zeichen der herannahenden Afrikanischen
Schweinepest besonders wichtig ist, sollte die Rotten
schon ausgedünnt haben. Überläuferkeiler können wei­
terhin einzeln oder in kleinen Rotten umherziehen.
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Dort stecken die Sauen:
Nach wie vor tummeln sich die Schwarzkittel vor allem in
der Feldflur. Große Maisschläge sind nun bevorzugte Ein­
stände. Ziehen die Sauen nur nachts zur Fraßaufnahme
dorthin, muss man die bevorzugten Tageseinstände und
Wechsel suchen. Dichte Feldgehölze, Dickungen oder
Schilfpartien in der Nähe werden gern angenommen.
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Im Juli und
August bieten
Erntejagden eine
gute Gelegenheit,
an die Sauen
in den Schlägen
zu kommen.
Jagdtipps:
Das Suhlen ist für die Sauen gerade im Sommer wichtig.
Man muss sie dort ja nicht unbedingt bejagen. Aber auf
dem Wechsel zur und von der Suhle kann man versu­
chen, den einen oder anderen Frischling zu erlegen. Die
Schwarzkittel kommen nun auch oft zum Schöpfen an
Gräben oder andere Wasserstellen. Dort muss rechtzeitig
mit dem Freischneider für Schussfeld gesorgt werden.
Gerne ziehen die Sauen nachts auch mal über Stoppel­
äcker und suchen nach Mäusenestern, besonders gerne,
wenn das Stroh noch nicht gepresst ist. Selbst bei schwa­
chem Mond lassen sich Rotten auf den hellen Stoppeln
dann anpirschen, wobei guter Wind das A und O ist. Sind
im Mais bereits Schadstellen vorhanden, kann man sich
auf einer Leiter dort bei passendem Wind ansetzen. Nach
wie vor brauchen die Frischlinge die Führung der Bache.
Fehler lassen sich dabei vermeiden, indem aus den Rot­
ten nur Frischlinge erlegt werden. Selbst wenn diese kei­
ne Streifen mehr haben, sollten Sie keine ältere Bache aus
der Rotte erlegen.
Streckt man eine Frischlingsbache, so schöpft man den
gesamten potenziellen Reproduktionserfolg dieses Stü­
ckes ab. Eine ältere Bache hat vielleicht nur noch einoder zweimal Frischlinge, spielt also „bevölkerungspoli­
tisch“ keine so große Rolle mehr.
Fotos: Kurt Hassenpflug, Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel (o.)
An solchen Schadstellen im Mais kann mithilfe einer leichten Leiter schnell reagiert werden.
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Foto: Jens Krüger
SAUENKALENDER
In Maisschlägen sind Sauen auch tagsüber aktiv. An Fehlstellen
lohnt deshalb nicht nur nachts der Ansitz.
SEPTEMBER
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Rottenstruktur:
Bis in den Herbst gibt es jetzt kaum mehr Veränderungen
in den Rotten, es sei denn, eine Leitbache wurde erlegt
oder die eine oder andere Bache hat sehr spät gefrischt.
Dort stecken die Sauen:
Tageseinstände sind immer noch Maisschläge, falls vor­
handen. Ansonsten ziehen die Sauen frühmorgens vom
Feld in den Wald.
Jagdtipps:
Erfolg versprechend sind Ansitz an den Wechseln und
Pirsch auf Stoppel­äckern. Ohne Mond dürfte die Jagd
frühmorgens günstiger sein. Gegen Ende September wird
teilweise bereits Silomais gehäckselt. Legt der Landwirt
vorher Schneisen im Mais an, lohnt sich dort der sofortige
Ansitz, da Sauen gerne gleich nachschauen, was sich in
ihrem Einstand verändert hat und oft bei bestem Licht auf
den Schneisen „flanieren“. Entweder darf nur ein Schütze
in einer Schneise ansitzen oder zwei Schützen sitzen Rü­
cken an Rücken und schießen nur in jeweils entgegenge­
setzte Richtung.
Sind Maisschläge nicht zu groß, können sie mit geeig­
neten Hundemeuten durchgedrückt werden. Auch hier
dürfen Schützen nicht auf ebener Erde stehen. Leicht
transportierbare Ansitzböcke sind dafür gut geeignet.
OKTOBER
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Rottenstruktur:
Gut konditionierte Frischlingsbachen können bereits
geschlechtsreif sein. Man kann also damit rechnen,
dass schon mal ein Keiler mal bei den Rotten „vor­
beischaut“.
Dort stecken die Sauen:
Der noch stehende Mais ist der Hauptanziehungspunkt.
Sie werden aber auch wieder verstärkt im Wald oder in
geeigneten Feldgehölzen ihre Tageseinstände suchen und
finden.
Sind die Erntemaschinen weg, halten Sauen
Nachlese. Der Jäger sollte den Stoppeln
also auch mal einen Besuch abstatten.
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NOVEMBER/DEZEMBER
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Rottenstruktur:
In den Rotten sollten Frischlinge jetzt 30 Kilogramm oder
mehr haben. Sie sind nicht mehr von der eigenen Mutter
abhängig, bedürfen aber nach wie vor der Führung durch
eine erfahrene Bache. Es kann zu dieser Zeit auch reine
Überläuferbachenrotten geben. Mit reinen Frischlings­
trupps ist ebenfalls zu rechnen, wenn deren Mütter Fehl­
abschüssen oder Verkehrsunfällen zum Opfer gefallen
sind. Die Rauschzeit bringt viel Unruhe, und die Rotten
sind oft auch tagsüber unterwegs.
einzuwenden. Gegen die auf den abgeernteten Schlägen
liegen gebliebenen Ernterückstände sind die Futtermen­
gen bei sachgerechter Kirrung nämlich tatsächlich „Pea­
nuts“. In Mastjahren nehmen die Sauen erfahrungsgemäß
die Kirrung schlecht an. Revierübergreifende Bewegungs­
jagden sind bei entsprechenden naturräumlichen Gege­
benheiten das Mittel der Wahl. Revieregoismus und Jagd­
neid müssen in den Hintergrund treten. Über Reviergren­
zen hinweg sollte bei der Schwarzwildbejagung übrigens
ganzjährig gemeinsam gehandelt werden.
Dort stecken die Sauen:
Die Feldflur ist abgeerntet. Schwarzwild steckt nun vor al­
lem im Wald, bevorzugt dort, wo Mast zu finden ist. Voll­
masten sind mit der globalen Erwärmung ja in immer kür­
zeren Abständen zu beobachten. Seit einigen Jahren wer­
den auch Felder in zunehmendem Maße durch Winter­
zwischenfrucht begrünt. Diese teilweise über einen Meter
hohen Kulturen nimmt das Wild ebenfalls sehr gerne an.
Schilf oder Feldgehölze sind außerhalb des Waldes
immer ein Hotspot für Sauen.
Jagdtipps:
Jetzt werden bereits Drückjagden im Wald durchgeführt.
Nach wie vor kann man versuchen, die Sauen auf dem
Wechsel zwischen Fraß und Tageseinstand abzupassen.
Keiler aller Altersklassen können jetzt rauschig sein. Das
ist stets der Fall, wenn sie sich bei der Rotte aufhalten. Das
Wildbret solcher Keiler darf wegen des geschlechtsspezi­
fischen Geruchs nicht in Verkehr kommen. Wenn jetzt
Körnermais geerntet wird, können die Sauen dabei unter
den üblichen Sicherheitsstandards bejagt werden. Bei zu­
nehmendem Mond verspricht die Pirsch auf den abge­
ernteten Feldern spannende und oft Erfolg versprechen­
de Jagd.
e
Schneisen im Mais ziehen die neugierigen
Schwarzkittel an. Vielleicht lässt sich Ihr Landwirt
auch dazu überreden.
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Fotos: Sven-Erik Arndt, Burkhard Winsmann-Steins (r.), Jens Krüger (o.)
Jagdtipps:
Stecken die Sauen in der Winterbegrünung, dann sind
Bejagungsschneisen unabdingbar. Ansonsten heißt es
auf scharfen Frost warten, der die Vegetation zusammen­
brechen lässt. Immer noch wird ein Großteil der Schwarz­
kittel in Deutschland an der Kirrung gestreckt. Wenn die
Kirrung nicht in Fütterung ausartet, ist dagegen nichts
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