Smellodies und Synosmien

"Osmodrama" - Berlins Festival für Geruchskunst - Smellodies und Synosmien
19.07.16, 14:59
Dienstag, 19.07.2016
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Smellodies und Synosmien
15.07.2016
"Osmodrama" - Berlins Festival für Geruchskunst
Smellodies und Synosmien
Als Jules Vernes der Geruchskunst wurde der in Berlin lebende
Künstler Wolfgang Georgsdorf einmal von der "Zeit"
bezeichnet. Georgsdorf entwickelte und realisierte eine
Maschine, mit der sich Geschichten anhand von Gerüchen
erzählen lassen sollen.
Von Jürgen Stratmann
Der Geruchskünstler Wolfgang Georgsdorf (Foto: privat)
Spannung, Lärm und Hektik in der sonst dämmrig sakral-besinnlichen NeoRomanik der kleinen Backsteinkirche in der Berliner Auguststraße, zentral
gelegen Ecke Oranienburger Straße, unweit des ehemaligen Kunsthauses
"Tacheles".
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Kunstreihe über Geruch
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dram:article_id=351652] Der Mond riecht
nach Schießpulver
"Es ist eine sehr sorgfältige Vorbereitungsarbeit zu leisten - und deshalb ist
der Druck auf uns groß, wir ha´m nicht mehr viel Zeit", so Duftorgelerfinder
Wolfgang Georgsdorf. Und ob es dann ….
"Smell Lab" in Berlin
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dram:article_id=343266] Neukölln
schnuppert
" ... so funktioniert, wie wir das berechnet haben, wir haben keinen
Windkanal und keine Proberäume, wir müssen es alles berechnen, und am
Tag X muss es dann so funktionieren wie wir uns das vorgestellt haben."
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"Osmodrama" - Berlins Festival für Geruchskunst - Smellodies und Synosmien
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Denn etwas wie das "Osmodrama"-Festival? habe es so noch nicht gegeben.
Georgsdorf:
"Wir betreten einen Kontinent - das, was ich mache, ist ja nicht
Geruchskunst, wie man sie sich bisher vorstellen musste, dass da
Geruchsquellen in einem Ausstellungsraum positioniert sind oder Löcher in
der Wand, in die man hineinriecht, sondern ich mache konzertante
Situationen, in denen wir da sitzen, wie das Publikum in einem Konzert, oder
in einem Kinofilm, im kollektiven Erleben von erzählenden
Geruchssequenzen."
Eine 9-wöchige Veranstaltungsreihe soll es werden.
"Da wäre jetzt die Frage: was will man denn eigentlich mit Geruch?", erklärt
Georgsdorf.
Antwort: Düfte in der Kunst wirken direkt auf das Unterbewusstsein, denn:
"… bei den Gerüchen sind es ja Moleküle, die zu Gefühlen werden, in dem
Moment, in dem wir sie einatmen!"
Mit Gerüchen Geschichten erzählen, heißt konkret:
"Wir werden Musik und Geruch haben, wir werden Film und Geruch haben.
Edgar Reiz, der Regisseur von "Die andere Heimat", hat uns den Film zur
Synchronisation mit Gerüchen zur Verfügung gestellt."
Präzise gesteuerte Geruchswelten
Wobei; neu ist das Konzept "Geruchsfilm" sicher nicht, aber:
"Was man bisher als Geruchskino kannte, war entweder ein Fiasko oder ist
auf der Gimmick-Ebene steckengeblieben: Rubbelkarten, die am Boden
verstreut lagen und alle ihre freigerubbelten Gerüche freigegeben haben,
dass man nach kürzester Zeit einem pestilenten Fiasko von im Raum
gebliebenen Gerüchen ausgesetzt war.
Wir haben eine Technologie entwickelt, um Gerüche so präzise in den Raum
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einzuströmen und den Raum verlassen zu machen, dass wir keine
Vermischungen haben, d.h., Sie nehmen einen Geruch wahr, und im
nächsten Atemzug ist der schon wieder weg und Sie nehmen den nächsten
wahr!"
Besagte Technologie ist der "Smeller", die "Geruchsorgel 2.0", die rein
optisch überhaupt nicht digital-hochtechnologisch aussieht: der wuchtige
Apparat wirkt eher wie ein riesiger Schiffsmotor, bestehend aus blauen,
handelsüblichen Plastik-Abwasserrohren, die alle in einer Art Auspuff
enden:
"Ein ein Meter Durchmesser Kreis, der aus 64 Einmündungen von
Geruchsquellkammern besteht - Das 'Hauchmaul' - oder auch zärtlich
'Daisy', wie wir sie auch nennen, weil sie an ein Gänseblümchen erinnert."
Der Film wird um die Geruchsdimension erweitert
Das Containergroße Hauchmaul-Gebläse steht im Eingangsbereich, Bühne
und Leinwand sind vorn im Altarraum - heißt:
"Wir werden dann die Gerüche von hinten wahrnehmen und den Film vorne
sehen! Wir werden in einer leichten Brise sitzen, ungefähr so viel wie der
Fahrtwind eines Fußgängers!"
Kirchenraum und "Smeller" werden später allerdings verdeckt sein: für
gleichmäßigen Fahrtwind braucht es einen geschlossenen Windkanal,
sprich: ein weißes Zelt aus Fallschirmseide wird ins Kirchenschiff gespannt,
darüber, oben im Kreuzgewölbe:
"Werden 3 große Rotorblätter eingebaut, computergesteuert, das wird die
Luft aus dem Zelt raus saugen - das treibt die Gerüche durch und nach vorne
und weg raus in das Treppenhaus dieser Kirche!"
Smellodies und der Geruch von Pferden
Wie gesagt: alles berechnet, nicht erprobt! Und ob das wirklich
szenensynchron beispielsweise zu Reiz´ Heimatfilm funktioniert? Denkbar:
"Es kommt ein Pferd ins Bild - die in der letzten Reihe bekommen den
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Geruch des Pferdes unter Umständen noch kurz bevor das Pferd auftaucht und die in der ersten Reihe, bei einer kurzen Szene, könnten unter
Umständen diesen Geruch erst bekommen, nachdem das Pferd schon wieder
aus dem Bild raus ist! Das kann passieren!"
Zum Osmodrama-Festival-Auftakt gibt es heute die Ur-Aufführung der
musikalisch-olfaktorischen Improvisation "Autocomplete". Georgsdorf
spricht da von:
"Smellodies, Synosmien, wie wir das nennen, wenn wir entsprechend den
Symphonien mit Gerüchen komponieren."
Stichwort: Symphonie - hört man die Duftorgel auch?
"Man hört etwas! Es hat eine jede Kirchenorgel Eigengeräusche, man
erinnert sich an das Quietschen oder an das Fauchen oder Röcheln des Balgs,
aber wenn wir auf einem Schiff sitzen und wohin fahren, dann haben wir
auch ein Eigengeräusch, das uns die Lust an der Reise nicht verderben kann,
und dieser "Smeller" ist ein Zeitraumschiff, und wir fahren da in andere
Zeiten unserer eigenen Erinnerungen, und wir fahren da in andere
Kulturräume - und hinter den Augen entstehen die Bilder, wenn wir damit
reisen."
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