medien ratgeber wie du als freier journalist überlebst text thorsten gutmann layout tim kirchner & tom reed »Heute würde ich jedem davon abraten, in den Journalismus einzusteigen«, warnt mich ein langjähriger Spiegel-Redakteur. Der Spiegel-Verlag streicht bis Ende 2016 rund 150 Vollzeitstellen. Gruner + Jahr wirft zwischen 2014 und 2017 bis zu 400 Mitarbeiter raus. Die Westfälische Rundschau verzichtet seit 2013 komplett auf Journalisten und druckt nur noch Texte von Fremdredaktionen. Mit dem Platzen der Dotcom-Blase sind üble Zeiten für Journalisten angebrochen. Besonders hart trifft es Berufsanfänger. Wir werden kaum respektiert, sind unterbezahlt und gleichzeitig immer härteren Anforderungen ausgesetzt. Crossmedialität, Nischenkompetenzen, der strenge Berufsethos – wie überleben junge Menschen auf diesem Schlachtfeld? Aus Beobachtungen meines Umfelds weiß ich, dass nicht alle Hoffnung verloren ist. Wenn 18 obacht_ #3 du Ehrgeiz zeigst, strukturiert arbeitest und Redaktionen mit Textangeboten nervst, kannst du dich über Wasser halten. Sollte dir keine Vollzeitstelle vergönnt sein, hangelst du dich gemeinsam mit ca. 26.000 freien Journalisten (DJV, 2012) über den Abgrund. Doch im Mediendschungel lauern überall Gefahren. Wenn du als freier Journalist überleben willst, gilt es einige Spielregeln zu beachten. Jeder will dir an den Kragen: Die Konkurrenz klaut Themen, das Finanzamt bettelt um Almosen und auf kritische Berichte reagieren Unternehmen mit einer Armada von bösartigen Anwälten. Ich habe für diesen Artikel sowohl Newbies als auch erfahrene Kollegen befragt, wie sie als freie Journalisten mit dem Berufsdruck umgehen. Dabei habe ich einige nützliche Ratschläge erhalten, die ich euch nicht vorenthalten möchte. __ ratgeber überlege gut, welche art von journalismus zu dir passt Welche Themen passen zu dir? Schärfe dein Profil und suche dir eine Nische. Überlege eine Standard-Antwort auf die Frage, welchem Beruf du nachgehst. medien erstelle einen wirtschaftsplan sorge dich um deine zukunft Als freier Journalist bist Du ein Existenzgründer. Lass dich bei der Erstellung des Wirtschaftsplans von Berufsverbänden beraten und überprüfe, wo du Zuschüsse beantragen kannst. Mit der Künstlersozialversicherung werden Publizisten in den Schutz der gesetzlichen Sozialversicherung einbezogen. Informiere dich unbedingt über die Angebote der Künstlersozialkasse (KSK). sei multimedial dokumentiere deine ausgaben Miete, Lebensmittel, Versicherungen – ohne Kostenüberblick verlierst Du schnell die Kontrolle über dein Leben. lass dich nicht verarschen Verkaufe deine Arbeit niemals unter Wert. Verhandle jedes Honorar. Befrage Kollegen nach ihren Honoraren und erstelle ein Verhandlungsskript, dass dich bei der Argumentation unterstützt. vermarkte dich selbst Pflege deine Auftritte in den sozialen Netzwerken (Xing, Twitter, Facebook) und erstelle ein Exposé auf Journalisten-Netzwerken wie torial (www.torial.com) oder kressreport (www.kress.de). trenne zwischen beruf und privatleben Es ist wichtig, sowohl zu Hause abzuschalten als auch konzentriert zu arbeiten. Besorge Dir ein Büro! Wenn Du dir kein eigenes Office leisten kannst, dann teile es mit anderen Kollegen und informiere dich über Coworking-Spaces in deiner Umgebung. schließe berufliche kontakte Sei aktiv! Besuche Berufsmessen, Podiumsdiskussionen und Fachveranstaltungen. Schreibe E-Mails und triff dich mit Kollegen zum Abendessen. Erlange Kompetenzen in den Bereichen Text, Foto, Video und Online. Als freier Journalist musst Du alle Kanäle bedienen und querverwerten. such dir mentoren Bitte die alten Hasen um Unterstützung. Nachwuchsjournalisten haben oft die Möglichkeit, Mentoring-Programme in Anspruch zu nehmen. Überprüfe die Angebote von politischen Stiftungen, Berufsverbänden und dem Zentrum für angewandte Kompetenz. kläre deinen status Es gibt große Unterschiede zwischen Gewerbetreibenden, Freiberuflern und Kleinunternehmern. Überlege dir im Vorfeld, welche Rechtsform zu deinem Job passt. 19 obacht_ #3
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