”Reif für die Insel”- Predigt am Inselfest Eutingen, 31.7.2016 1 Predigt Inselfest Eutingen, 31.7.2016 Lesung Matth. 11,28-30 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht. Abschluss: Evangelium unseres Herrn Jesus Christus. Alle: Lob sei dir Christus. Einleitung “Reif für die Insel” – so lautet das Thema unseres Gottesdienstes am Inselfest. “Reif für die Insel” – so fühlen wir uns am Anfang der Sommerferien: Die Schüler gehen nach den letzten Klassenarbeiten auf dem Zahnfleisch und sind froh, dass endlich Ferien sind. Den Eltern graut vielleicht davor, wie sie ihre Sprößlinge jetzt sechseinhalb Wochen bespaßen sollen. Die einen sind froh, dass nach monatelangem Malochen endlich der Urlaub in Sicht kommt. Die anderen stöhnen, dass sie auf der Arbeit die Stellung halten müssen, während die halbe Belegschaft in Ferien ist. “Reif für die Insel” – das heißt hoffentlich nicht nur “Reif für das Eutinger Inselfest” mit so einem kleinen Planschbecken, sondern hoffentlich für Amrum, Langeoog, Mallorca oder Korsica – mit richtigem Meer. Da können wir dann Schiffchen schwimmen lassen oder selber schwimmen. “Reif für die Insel - Und i frag mi warum i no' da bin“ – so singt Peter Cornelius schon seit 35 Jahren. “Reif für die Insel” – solche Leute lädt Jesus mit unserem heutigen Bibeltext ein: “Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ So Text in der traditionellen Lutherübersetzung. Oder etwas moderner in der Volxbibel: An alle, die total unter Druck stehen, weil so viel von ihnen verlangt wird: Kommt zu mir! Ich werde dafür sorgen, dass ihr euch so richtig entspannen könnt. ”Reif für die Insel”- Predigt am Inselfest Eutingen, 31.7.2016 2 Entspannung bei Jesus „So richtig entspannen – bei Jesus? Wie soll das aussehen? Nun, Jesus spricht hier zu Leuten, die unter einem enormen Leistungsdruck stehen, einem religiösen Leistungsdruck, aber auch einem Leistungsdruck der Gesellschaft. Die einen meinen, ein immer größeres Auto als der Nachbar haben zu müssen – oder einen immer exotischeren Urlaub als der Kollege. Selbst beim Urlaub bringen wir uns noch in Leistungsdruck. Und letztlich definieren wir unseren Wert von daher, was wir haben: ein schönes Auto, ein schönes Haus, tolle Urlaubsbilder. Bei euch Kindern ist vielleicht der der Größte, der die tollsten Klamotten hat oder die teuersten Spielsachen. Jesus definiert uns nicht danach, was wir haben, sondern nach dem, was wir sind: Gottes geliebte Geschöpfe. Andere drückt ein schlechtes Gewissen: Wegen einer blöden Bemerkung haben wir uns mit unserem besten Freund verkracht oder vielleicht sogar mit unserem Ehepartner. Eigentlich tut es uns ja leid, aber jetzt ist es passiert. Jesus will uns in seine Vergebung einhüllen, und er gibt uns kreative Ideen, uns mit anderen zu versöhnen. Wie andere drückt die Existenzangst: Wenn ich nicht mithalten kann im Wettbewerb, dann werde ich gekündigt oder bekomme erst gar keinen Arbeitsplatz. Und wovon soll ich dann leben? Wovon lebt dann meine Familie? Ihr Kinder hattet vielleicht in den letzten Wochen Angst vor den Zeugnissen. Natürlich müssen wir unser Bestes geben, um im heutigen Wettbewerb mithalten zu können. Aber es tut gut, daran zu denken: Mein Leben steht in Gottes Hand, auch über meine Karriere hält ein anderer seine Hand. Gerade denen, die in den nächsten Wochen in Urlaub fahren, wünsche ich: Nehmen Sie sich doch Zeit, darüber nachzudenken – was macht meinen Wert aus? Wäre es nicht viel lohnender, mich erst einmal als Gottes geliebtes Geschöpf zu verstehen? Als ein Geschöpf, das in Gottes Hand geborgen ist? Vielleicht haben Sie im Urlaub ja sogar die Zeit, einmal eine Bibel zur Hand zu nehmen und sich von dort neue Impulse für ihr Menschsein zu holen – vielleicht irgendwo am Strand, in einem schönen Wald, zwischen hohen Bergen – oder auch hier im Kanzlerwald oder in den Enzauen. So finden Sie echte Entspannung. ”Reif für die Insel”- Predigt am Inselfest Eutingen, 31.7.2016 3 Das Joch Jesu Aber unser Bibeltext geht noch weiter: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht. „Hab ich mir’s doch gedacht, dass da irgendein Haken dabei ist! Erst wird großartig von Entspannung geredet, und jetzt sollen wir unter ein neues Joch geknechtet werden.“ Warum spricht Jesus jetzt auf einmal von einem Joch? Machen wir uns doch erst einmal klar, was ein Joch ist. Zu Zeiten der Bibel sah man so ein Gerät jeden Tag. Als wir noch in Indonesien gearbeitet haben, konnten wir auch oft die Bauern mit ihren Ochsen unterm Joch pflügen sehen. Aber bei uns in Eutingen sieht man so etwas höchstens im Heimatmuseum. So ein Joch soll zunächst einmal die Arbeit erleichtern. Das sehen wir gerade an diesem Wasserträger-Joch, das Frau Künkele aus der Sammlung Traudel Hoffmann für mich organisiert hat. So zwei Wassereimer zu tragen, das kann ganz schön schwer sein. Aber mit so einem schön gepolsterten Joch geht es gleich viel leichter. Heute ist es vielleicht nicht gerade ein Wasserträger-Joch, das uns die Arbeit erleichtert, heute sind es Computer, Mikroprozessoren, Roboter u.ä. Natürlich bereiten die uns manchmal auch neuen Stress, aber zunächst einmal wollen wir unserem Gott dankbar sein, dass er Menschen solchen Erfindergeist gegeben hat. Ja, so geht Jesus mit uns in die Herausforderungen unseres Alltages. So ein paar Tage Urlaub sind ja ganz schön. Aber irgendwann müssen wir wieder ran, auch die sechseinhalb Wochen Sommerferien sind für euch Kinder schließlich vorbei, und die drei Wochen Urlaub der Erwachsenen erst recht. Ich will nicht gleich am Anfang der Ferien von ihrem Ende reden. Aber ganz aus dem Blick verlieren dürfen wir es doch nicht. Jesus will uns nicht von allen Aufgaben und Belastungen verschonen, aber er will uns unsere Lasten erleichtern. Deshalb sagt er: „mein Joch ist sanft“. Jesus lädt uns ein, von ihm zu lernen, sanftmütig und doch zugleich entschlossen zu sein. Das hilft uns auch, den Herausforderungen unseres Alltages besser gewachsen zu sein. Zweitens wurden mit einem Joch in der Regel zwei Zugtiere angespannt. Deshalb sagte man ja auch früher: ein Joch Ochsen und meinte damit zwei Ochsen. Von einem befreundeten Bauern in Eisingen konnte ich mir ”Reif für die Insel”- Predigt am Inselfest Eutingen, 31.7.2016 4 dieses Doppeljoch ausleihen. Jesus will keine Einzelkämpfer, die ganz allein „eben 'mal die Welt retten“. Jesus zeigt uns Kollegen, Freunde, Schulkameraden, die mit uns zusammen am selben Joch ziehen – manchmal vielleicht ganz unerwartet. Auch damit werden die Herausforderungen des Alltages leichter. Natürlich, manchmal denken wir: Mit was für einem komischen Kerl bin ich denn da zusammengespannt? Mit was für einen komischen Zicke soll ich denn da die Arbeit meistern? Aber vielleicht tut es uns manchmal gut, mit einem komischen Kerl oder mit einer komischen Zicke zusammengespannt zu sein, ob es uns passt oder nicht. Oft merken wir erst nach einiger Zeit, was für wertvolle Menschen wir da eigentlich neben uns haben. Und wo steht Jesus in diesem Bild? Was meint er, wenn er sagt: „Nehmet auf euch MEIN Joch.“? Ist er der Großgrundbesitzer, der uns sein Joch auflegt und dann noch mit der Peitsche antreibt? Nein, ganz bestimmt nicht. Er hat vielmehr den einen Platz am Joch schon eingenommen. Er lädt uns ein, den Platz neben ihm einzunehmen und mit ihm die Lasten dieser Welt zu tragen – an unserem Arbeitsplatz, in unserer Nachbarschaft, in unserer Klasse. Natürlich trägt er die Last der Welt in einem ganz anderen Sinne als wir das können, er hat schließlich die Last der Welt ans Kreuz getragen – auch unsere Last. Aber trotzdem ist er sich nicht zu schade, auch die kleinen Lasten unseres Alltages mit uns zusammen zu tragen. Noch bevor wir anfangen, über die Lasten unseres Alltages zu stöhnen, ist er schon da – als unser Jochgenosse. Am Ende unseres Urlaubes werden wir vielleicht denken: „Ach Mensch, jetzt fängt die Maloche wieder an!“ Aber Jesus wartet schon auf uns und sagt: „Komm, packen wir’s zusammen an!“ So kommen wir in Verbindung mit ihm, wenn wir beten: „Herr Jesus, ich will jetzt die Herausforderungen meines Alltages nicht mehr allein angehen, sondern mit dir zusammen. Danke, dass du unsichtbar neben mir bist.“ Schluss „Reif für die Insel“ – Ich weiß nicht, ob ihre Insel Amrum, Korsika oder Mallorca heißt – oder auch einfach nur die Enzinsel in Eutingen. Nutzen Sie die Zeit auf der Insel, um sich neu zu überlegen, wie Gottes Liebe Sie erfrischen kann. Und überlegen Sie sich, wie Gott Ihnen die Lasten Ihres Alltages erleichtern will – so wie früher ein Joch die Arbeit erleichtert hat. Amen.
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