NQ 30.07.2016

VILLINGEN-SCHWENNINGEN
Samstag, 30. Juli 2016
Klare Botschaft: „Dranbleiben!“
Gymnasium am Deutenberg: gestern kurzfristig anberaumte Protestversammlung wegen Ratsbeschluss
Die Botschaft gestern von Eltern
und Schülern des Deutenberggymnasiums ist klar: „Dranbleiben an der Sanierung.“ Petra
Krauß vom Elternbeirat hatte
angesichts des Gemeinderatsbeschlusses vom Mittwochabend kurzfristig zu einer Protestversammlung aufgerufen.
Villingen-Schwenningen. Sie forderte unter Beifall, der Gemeinderat
müsse in der Sitzung am 26. Oktober
endlich die Mehrkosten für die Container zur Auslagerung des Gymnasiums während der Sanierungsphase
sowie der Medienausstattung, die
haushalterisch lediglich vorgezogen
werde, beschließen. Sonst drohe eine
weitere Verzögerung der Fertigstellung der Sanierung des denkmalgeschützten Schulgebäudes auf das Jahr
2020. Schon jetzt sei der Termin von
2018 auf 2019 gerutscht, weil sich die
Containeraufstellung verzögert hatte
(wir berichteten). Und die Schule
könne schließlich nicht mitten im
Schuljahr umziehen.
„Am Dienstag kam der Elternbrief
des Rektors zum Schuljahresende ins
Haus, in dem es hieß, bei dem Sanierungsvorhaben sei man auf einem guten Weg – und dann kam alles ganz
anders“, beschrieb Petra Krauß gestern das Wechselbad der Gefühle. Auf
dem Weg der Sanierung müsse man
zügig weitermachen. Es seien schon
Sachen aus der Schule ausgeräumt
und in angemietete Räume untergebracht worden. „Will man das jetzt alles stoppen“, fragte Krauß. Die projektbegleitende Arbeitsgruppe von Eltern werde aus dem „Sanierungsausschuss“ aufgebauscht. Plötzlich werde wieder eine Auslagerung in andere
Immobilien aufs Tapet gebracht, ob-
Protestversammlung gegen den Ratsbeschluss zur Sanierung des Deutenberg-Gymnasiums: Petra Krauß (Mitte) vom Elternbeirat hält ein sogenanntes Raumbuch hoch, das Art
und Umfang des Raumprogramms beschreibt. Beate Preuß (links) und Angelika Köhnlein-Welte engagieren sich in der projektbegleitenden Arbeitsgruppe Schulsanierung als Eltern ehrenamtlich.
Foto: Cornelia Hellweg
wohl die Verwaltung mehrfach versichert habe, in Schwenningen dafür
kein geeignetes Gebäude angeboten
bekommen beziehungsweise gefunden zu haben. Diese Diskussion führe
hinter den Projektbeschluss aus dem
Jahr 2015 zurück. Eine Betonsanierung im Bestand sei schlicht für Schüler und Lehrer nicht zumutbar. „Wir
fordern den Gemeinderat in Villingen-Schwenningen auf, eine verlässliche Schullandschaft zu schaffen.“
Elternbeirat und projektbegleitende
Arbeitsgruppe seien gerne zu Gesprächen und Informationsaustausch mit
Gemeinderäten bereit. Beate Preuß
arbeitet in der Eltern-Arbeitsgruppe
mit und meinte: „Ich habe den Glauben noch nicht verloren – als Elternvertreter engagiert man sich oft für
die nächste Generation“. Als Elternteil fühle sie sich beauftragt, mitzuarbeiten und „nicht nur hinterher zu
goschen“, wenn einem was missfalle.
„Jetzt, wo man schon am Arbeiten
und Umsetzen ist, fängt man mit alten Argumenten wieder von vorne
an“, schilderte Angelika KöhnleinWelte ihren Eindruck. „Das finde ich
unerhört.“ Es gab gestern Stimmen
aus den Reihen der Teilnehmer, die
die Gültigkeit des Gemeinderatsbeschlusses bezweifelten, weil er auf
„Nicht-Wissen“ der Konsequenzen
beruhe. „Mein Sohn ist 1996 ins GaD
gekommen – schon damals wurde die
Sanierung diskutiert“, berichtete eine
andere Mutter. Dass man jetzt, wo
Container wohl eher wieder preiswerter zu beschaffen wären, nicht ausschreibe, verstehe sie nicht.
Sie erwarte bei so einer Entscheidung eine „nüchterne und sachliche
Einstellung“, so eine weitere Mutter.
Sie sieht den Gemeinderat in der
Gottfried Schmidt: Rente mit 73 ist „Unsinn“
CDA-Kreisschef will vom Vorstoß des IW nichts wissen – „Arbeitende sollen verunsichert werden“
Die Deutschen sollen Rente erst
mit 73 Jahren bekommen – das
forderte diese Woche das Institut
der deutschen Wirtschaft (IW).
Darüber ist Gottfried Schmidt,
Kreisvorsitzender der ChristlichDemokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), stinksauer: Das sei
„Unsinn“, schimpft er.
Villingen-Schwenningen. Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft ist eine Vereinigung der CDU
mit dem inhaltlichen Schwerpunkt
„Gesellschaftspolitik“. Die CDA wird
häufig auch als „CDU-Sozialausschüsse“ bezeichnet. Sie sind aus der
christlich-sozialen Bewegung hervorgegangen und erheben den An-
spruch, für die Christlich-Sozialen
innerhalb der CDU eine Heimat zu
bieten.
„65 Jahre, 67 Jahre, 70 Jahre, 73 Jahre, wer bietet mehr?“, poltert Gottfried Schmidt. „Die momentane Diskussion über das Renteneintrittsalter
erinnert mich an einen Basar – und
hat nur ein Ziel – nämlich die arbeitende Bevölkerung zu verunsichern.“
Den Vorstoß des Instituts der deutschen Wirtschaft, den Rentenbeginn
bis 2041 auf 73 Jahre anzuheben, begründete dessen Geschäftsführer
Hubertus Bardt diese Woche mit der
Stabilisierung des Rentenniveaus. Bereits im Mai hatte das IW eine entsprechende Studie vorgestellt. Nur
durch den späteren Renteneintritt
könne verhindert werden, dass die
Rentenbeiträge steigen und das Ren-
tenniveau weiter als geplant sinken
müsse. Ab 2030 sollen die Arbeitnehmer erst mit 69 Jahren in Rente
dürfen, ab 2041 dann erst mit 73 Jahren. Es sei notwendig, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, weil die Lebenserwartung der Rentner stetig ansteige. IW-Chef Bardt meint: Ein Drittel der gestiegenen Lebenserwartung
solle zu längerer Arbeitszeit werden.
CDU-Kreisvorsitzender Gottfried
Schmidt aus Schwenningen, selbst
bereits im Ruhestand, kanzelt das als
„unsinnige Äußerungen“ ab.
Hinter diesem Konflikt steht – wie
in vielen anderen gesellschaftlichen
Bereichen auch – eine ungünstige
demographische Entwicklung. Da
immer weniger junge Menschen geboren wurden, um 2030 aber die geburtenstarken Jahrgänge in Rente ge-
hen werden, spitzt sich die Situation
zu. Hinzu kommt, dass Rentner immer länger leben und sich die Politik
den aktuellen Ruhegeldempfängern
gegenüber großzügig zeigt. Erst zu
Anfang dieses Monats stiegen die
Renten in Deutschland um fünf Prozent. Außerdem plant Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles
(SPD) erst einmal finanzielle Wohltaten für Ostdeutsche Rentner. Deren
Altersbezüge will sie bis 2020 an das
Westniveau angleichen. Die Rede ist
von der „Renteneinheit“.
Kritiker wollen hinter diesem Entgegenkommen gegenüber den Älteren politisches Kalkül erkennen, da
der Anteil der über 60-Jährigen an der
Bevölkerung heute schon über einem
Drittel liegt und diese als aktive, zuverlässige Wähler gelten.
rat
Pflicht, Politik für alle Generationen
der Bevölkerung zu machen. „Kinder
sind unsere Perspektive, die wir jetzt
stützen und fördern müssen.“ Marius
Müller, der nächstes Jahr am Deutenberg-Gymnasium sein Abitur
macht, meinte: „In VillingenSchwenningen ist man einfach ein
bisschen unfähig. Es geht immer nur
ums Geld, aber auch die Bildungsumstände sind wichtig.“ Die Versammlungsteilnehmer gingen anschließend in die Ferien in der Hoffnung,
dass Sachargumente auf fruchtbaren
Boden fallen.
coh
„Eschelen“ kann
in Bau gehen
Der Gemeinderat hat in seiner
jüngsten Sitzung den Bebauungsplan „Eschelen“ beschlossen. Damit kann die Nachnutzung des alten Klinikareals in
Schwenningen offiziell beginnen. Dort entsteht unter anderem ein neues Wohngebiet.
Villingen-Schwenningen. Erschließungsträger ist das Büro Braun Stadtentwicklung aus Schwenningen. Das
neue Wohngebiet „Eschelen“ wird als
Tempo-30-Zone ausgewiesen. Bei der
Diskussion des Tagungsordnungspunktes im Gemeinderat erwähnte
Bürgermeister Detlev Bührer, dass es
Einwendungen von Anwohnern wegen der verdichteten Bebauung gebe.
Renate Breuning (CDU) meinte, deswegen wolle man den Bebauungsplan nicht verhindern, regte allerdings an, „mit dem Bauunternehmer
zu besprechen, ob die Bebauung an
der kritisierten Stelle nicht auch weniger dicht ausfallen kann“.
Der Beschluss zum Bebauungsplan
fiel ziemlich einmütig. Es gab nur drei
Enthaltungen.
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VOM TAGE
Heutigen Rentnern geht es meist gut –
Wirtschaftsexperten wollen aber, dass
das Renteneintrittalter erhöht wird. Davon hält Gottfried Schmidt (oben), Kreisvorsitzender der CDA, gar nichts.
Fotos: NQ-Archiv
Eine große Lieferung Fleischkäswecken war telefonisch vorbestellt, aber in der Metzgerei noch
nicht vorbereitet worden. Die Fleischereifachangestellten
jedoch
arbeiteten unter Hochdruck, um
den Kunden zufriedenzustellen.
„Schneiden Sie sich bloß keinen
Finger ab“, warnte der. „Dann
gibts eine extra Fleischbeilage“,
spottete eine der Verkäuferinnen.
„Muss nicht sein“, flachste der
Mann zurück, „aber solange es
nicht extra kostet . . .“