PDF-Download - Katholische Kirche beim hr

Pastoralreferentin Ute Klewitz, Mainz-Kastel
hr1-Zuspruch am Mittwoch, 03.08.2016
Herzlich willkommen, Mädels!
Seit einigen Jahren fahre ich im Sommer mit meiner Schwester zum Shoppen nach
Berlin - so auch wieder vorletzte Woche. Mittags sind wir angekommen, aber wir
konnten das Hotel erst nachmittags beziehen. Was tun? Ganz in der Nähe des
Hotels gab es unseren Lieblingsschuhladen. Nach einer Stunde besaßen wir etliche
Schuhe und haben bestimmt einen schrägen Anblick geboten. Wohin mit den ganzen
Sachen? Die Ladenbesitzerin lachte und sagte: „Herzlich willkommen, Mädels, in
Berlin! Ihr könnt die Sachen hier stehen lasse. Ich passe auf.“ Was für eine schöne
und freundliche Ankunft. Meine Schwester und ich hatten ein Luxusproblem und
haben eine ganz besondere Gastfreundschaft erlebt. Das hat gut getan.
Mich bewegt das Thema Gastfreundschaft aber besonders auch, wenn ich an die
Flüchtlinge denke, die zu uns kommen. Da sind Menschen unterwegs, die auf ihrem
Trip weit entfernt von Luxusproblemen sind. Menschen, die sich aufs offene Meer
wagen, mit wenig oder gar keinem Gepäck, die froh sind, diese Reise zu überleben.
Ich finde: Die haben es erst recht verdient, dass man sie mit einem „Herzlich
willkommen!“ empfangen werden. Aber die Willkommenskultur geht zurück – es gibt
immer mehr Vorbehalte gegenüber Menschen, die flüchten müssen.
Natürlich: Es gibt nach wie vor viele Menschen, die sich für Flüchtlinge engagieren
und helfen: bei Deutschkursen, Behördengängen und anderem. Aber ich erlebe auch
eine andere Seite. Mitmenschen, die über die Flüchtlinge schimpfen: Passt euch an.
Liegt uns nicht auf der Tasche. Da nehmen sich Menschen keine Zeit „Hallo“ und
„Herzlich willkommen" zu sagen. Es geht letztendlich um eine kleine Geste, die Platz
schafft für ein erstes Ankommen. In Berlin wurden meine Schwester und ich herzlich
begrüßt. Ich wünsche mir: auch Menschen, die aus Syrien oder Afghanistan zu uns
kommen, können so eine freundliche Geste erleben!
Als Christin denke ich dabei an den Satz: Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst!
Für mich selbst wünsche ich mir doch auch immer wieder, willkommen zu sein.
Gerade, wenn ich irgendwo neu bin oder erst ankomme, freu ich mich, wenn jemand,
wie in Berlin, sagt: „Schön, dass du da bist! Komm erst mal an!“ Wie gut muss das
erst Menschen tun, die wochenlang oder jahrelang unterwegs waren. Ich möchte
ihnen das deswegen auch zurufen: „Herzlich willkommen.“