44 Familienunternehmen des Tages DONNERSTAG, 28. JULI 2016, NR. 144 von 360 T ist, sitzt im Aufsichtsrat von CRX und sieht sich selbst in der Rolle des Kümmerers, er ist Treiber und Realist im Erfolgstrio. „Die Disziplin und Einsatzbereitschaft, die man vorlebt, nimmt auch das Team gerne auf “, meint der Manager, der auch als Business Angel für neun Firmen unterwegs ist, darunter für Orderbird (Kassensysteme), Figo (Finanzdienstleistungen) und MyTaxi im Silicon Valley. Das Erwachsenwerden von Start-ups wertet er als schwierigste Aufgabe – wenn nicht mehr die hippen Ideen auf dem Tisch liegen, sondern eher dröge Themen wie Ablauforganisation und Controlling auf der Agenda stehen. Das seien dann die Mühen „von der Ebene der handbemalten Tasse zur Massenproduktion“. Kölzer ist nicht nur im Job rastlos – auch seine Freizeitvergnügen sind eher sportlicher Natur. Im Winter ist er in Lech am Arlberg auf der Skipiste zu finden, im Sommer bevorzugt er Wellenreiten an der Ostküste der USA in Montauk. PR Geschäfte unter Profis Macher vom Main: Carlo Kölzer, Moritz von der Linden, Philip Holzer (v.l.). Moritz von der Linden, Carlo Kölzer, Philip Holzer Drei gegen die Bank Ein Manager-Trio mit Finanzexpertise bringt in Frankfurt Start-up-Unternehmen aus der Fintech-Branche groß raus. Zurzeit hoffen sie auf ihren bislang größten Deal. Peter Köhler Frankfurt B erlin hat die Samwer-Brüder und damit die sexy Schlagzeilen. Rocket Internet, der Startup-Inkubator der drei Gründer, sorgt mit seinen früheren und aktuellen Beteiligungen wie etwa dem Modeportal Zalando oder den Diensten Lieferheld und Hello Fresh für ein gewisses Grundrauschen im Blätterwald. Mode und Kochen verkauft sich im breiten Publikum immer gut. Die Frankfurter Szene für junge Technologiefirmen und Wachstumskapital ist dagegen weniger schillernd und eher leise – aber vielleicht umso erfolgreicher. Bestes Beispiel sind Moritz von der Linden, 44, der ein Jahr jüngere Carlo Kölzer und der 50-jährige Philip Holzer. Den drei Unternehmern gelang mit dem Aufbau und Verkauf der Devisenhandelsplattform 360 T ein spektakulärer Coup – immerhin blätterte die Deutsche Börse für das Fintech-Unternehmen 725 Millionen Euro hin. Das jüngste Baby heißt CRX, ein komplexes digitales Geschäftsmodell, das man reduzieren kann auf die Grundidee einer Handelsplattform für die kurzfristige Unternehmensfinanzierung. Dabei werden Forderungen von Lieferanten der Firmen verbrieft und an Investoren im Auktionsprozess verkauft. Mit der Lufthansa und dem Versorger Vattenfall gibt es schon zwei Kunden – aber im August dürfte der endgültige Durchbruch kommen, wenn ein europäischer Konsumgüterkonzern die Dienste in Anspruch nehmen sollte. Bei mehreren Tausend Zulieferern würde die CRX-Plattform in eine neue Dimension vorstoßen. Harte Konkurrenz aus den USA sei beim Wettbewerb um den Großkunden aus dem Feld geschlagen worden, heißt es in Branchenkreisen. Weil bei CRX alle Beteiligten im Grunde nur gewinnen können, ist der Erfolg quasi programmiert. Unternehmen profitieren bei CRX unter anderem von der Optimierung des Umlaufvermögens, während Investoren eine höhere Verzinsung als bei vergleichbaren Geldmarktprodukten erhalten – in Zeiten von Minusrenditen sicher kein schlechter Deal. Alle drei Business Angels verbindet die unerschütterliche Fantreue zum Bundesligisten Eintracht Frankfurt, der launischen Diva vom Main, die vergangene Saison haarscharf am Abstieg in die zweite Liga vorbeischrammte. Moritz von der Linden ist „lebenslanges Mitglied“, Holzer sitzt im Aufsichtsrat des Vereins – und engagiert sich für soziale Projekte wie die Bolzplatzliga – während Kölzer als schwächste Bekundung für den Traditionsverein immerhin „Sympathien“ hegt. Das Networking der drei, die alle Erfahrungen aus Großbanken mitbringen, findet in der Mainmetropole statt, auch wenn der offizielle Firmensitz von CRX in München ist. Kölzer, der Mitglied der Konzernleitung Die Disziplin und Einsatzbereitschaft, die man vorlebt, nimmt auch das Team gerne auf. Carlo Kölzer, Mitglied im CRX-Aufsichtsrat Von der Linden wirkt von den Dreien am jugendlichsten, ist medienaffin und kann druckreif formulieren, wenn er Sätze sagt wie: „Berlin hat einen hohen Stellenwert, wenn es um Start-ups geht – allerdings handelt es sich überwiegend um Plattformen im Bereich Business-to-Consumer. Unsere Lösungen bringen dagegen Unternehmen und Banken zusammen.“ Sowohl 360 T als auch CRX brauchten lange Anlaufphasen. Die Samwers setzen auf Geschäftsmodelle, etwa bei Zalando, die sehr schnell auf hohe Umsätze kommen, zugleich aber auch viel Geld in die Werbung stecken müssen. Die Frankfurter Truppe kann sich teures Marketing sparen, aber sie muss trotzdem überzeugen. „Es dauert rund fünf Jahre, bis man in den Vorstandsetagen eine gewisse Traktion hat“, sagt von der Linden. Als Managing Director von CRX war er vor seiner Zeit bei 360 T unter anderem Associate bei der Deutschen Bank und machte seinen MBA an den Unis in Passau und Helsinki. Er ist Business Angel bei fünf Beteiligungen, darunter Tindeco (Finanzdienstleister), setzt sich in seiner Freizeit aufs Rennrad oder fährt im Winter im schweizerischen Verbier und in St. Anton Ski. Holzer als der Dritte im Bunde ist so etwas wie der Patron, der ruhende Pol. Als ehemaliger Vizechef der US-Investmentbank Goldman Sachs für den deutschsprachigen Raum hat er finanziell längst ausgesorgt, bleibt aber als Aufsichtsratschef von CRX umtriebig und aufgeschlossen gegenüber Neuem. „Bei Goldman Sachs pendelte ich viele Jahre lang zwischen London und Frankfurt. Gerade deshalb ist es ein großes Privileg für mich, heute den Ort selbst bestimmen zu können, von dem aus ich arbeite“, sagt Holzer, der bei Goldman Vize von Alexander Dibelius, dem legendären Dealmaker, war. Viel Energie steckt Holzer auch in seine Stiftung „Business for Sports“ die auf ausgesuchten „Bolzplätzen“ und mit eigener Meisterschaft Werte wie Fairness, Toleranz, Respekt und Gewaltfreiheit vermitteln will. Oft kommen aber auch ehemalige Mitarbeiter von Goldman mit Geschäftsideen zu ihm. So auch die Gründer von Scalable Capital, einem Online-Vermögensverwalter, den er bei seiner weiteren Entwicklung begleitet. Wenn CRX demnächst also den Megakunden an Land gezogen hat, dann haben alle drei noch reichlich Ideen, um das nächste Fintech zum Fliegen zu bringen. Kölzer, von der Linden und Holzer genießen ihre Erfolge still und machen Kasse, während die Schlagzeilen den Samwers gehören. © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected].
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