DKTK: Tödliches Merkelzell-Karzinom demaskiert

Pressemitteilung des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung
Nr. 27
1. August 2016 (AM)
DKTK Berlin und Heidelberg: Neuer Biomarker für Krebsimmuntherapie?
Der Ligand PD-L1 gehört zu den wichtigsten Zielstrukturen der Krebsimmuntherapie
mit Checkpoint-Inhibitoren. Wissenschaftler des Deutschen Konsortiums für
Translationale Krebsforschung (DKTK) haben nun gezeigt, dass sich verschiedene
Krebsarten in der Anzahl der PD-L1-Genkopien unterscheiden. Genetische Analysen
des PD-L1-Gens könnten somit möglicherweise künftig helfen, vorherzusagen, welche
Patienten von Checkpoint-Inhibitoren profitieren. Im DKTK verbindet sich das
Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) als Kernzentrum langfristig mit
onkologisch besonders ausgewiesenen universitären Partnerstandorten und Kliniken
in Deutschland.
Bereits vor hundert Jahren stellten Wissenschaftler die These auf, dass das Immunsystem
Krebszellen erkennen und beseitigen kann. Doch erst mit den „Checkpoint-Inhibitoren“
gelang vor wenigen Jahren ein entscheidender Durchbruch. Sie wirken an den
Immunkontrollpunkten des Immunsystems, auch Checkpoints genannt. Beim gesunden
Menschen verhindern diese Kontrollpunkte, dass es zu einer überschießenden
Abwehrreaktion kommt. Tumoren missbrauchen diese Immunkontrollpunkte, um die gegen
sie gerichtete Immunabwehr zu unterdrücken. Hier greifen Checkpoint-Inhibitoren ein: Sie
hemmen den Signalweg, lösen also gewissermaßen die Bremsen des Immunsystems und
geben damit der Körperabwehr wieder die Möglichkeit, den Tumor zu attackieren.
PD-L1 lässt sich für diagnostische Tests nutzen
Als vielversprechende Zielstruktur für die Behandlung von Tumoren mit CheckpointInhibitoren gilt der auf T-Zellen vorhandene Rezeptor „programmed cell death 1 (PD-1)“ und
sein Ligand, PD-L1, der auf den meisten Tumorzellen vorkommt. Erste Medikamente, die die
tumorbedingte Bremse der Immunabwehr über diesen Checkpoint aufheben, sind bereits auf
dem Markt. „PD-L1 ist zudem ein interessanter Biomarker für diagnostische Tests, um
vorherzusagen, wie gut Patienten auf die Immuntherapie ansprechen werden“, erklärt der
Bioinformatiker Jan Budczies der DKTK Partnereinrichtung Charité Berlin. „Aktuelle Studien
zeigen jedoch, dass die Zusammenhänge sehr komplex sind.“ Demnach sprechen nicht alle
Patienten, bei denen PD-L1 im Tumorgewebe nachgewiesen wurde, auf eine Therapie mit
PD-L1-Blockern an. Umgekehrt gab es auch bei Patienten Behandlungserfolge, bei denen
sich kaum PD-L1-Protein in den Tumoren nachweisen ließ.
Tumoren verschiedener Krebsarten unterscheiden sich in der Anzahl der PD-L1Genkopien
Gemeinsam mit DKTK-Wissenschaftlern der Standorte Berlin, München und Heidelberg
zeigte das Team um Jan Budczies und den Pathologen Albrecht Stenzinger, dass Tumoren
zahlreicher Krebsarten sich in der Anzahl der Kopien des PD-L1-Gens unterscheiden. In den
Tumorgenomen von 9771 Patienten mit 22 unterschiedlichen Krebserkrankungen, darunter
auch die häufigsten Krebsarten wie Lungen-, Darm- und Brustkrebs, fanden die
Krebsforscher veränderte Kopienzahlen des PD-L1-Gens und benachbarter Gene. Wurden
Genkopien vervielfacht oder gingen verloren, so beeinflusste das in vielen Fällen auch die
Genaktivität und die Menge des PD-L1 Proteins im Tumor, wie die Studie zeigte.
Mit der Studie wollen die Wissenschaftler dazu beitragen, diagnostische Tests für den
Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren zu optimieren und die Tumorbiologie im Hinblick
auf die Immuntherapie und andere Therapieverfahren besser zu verstehen. „Wir konnten
zeigen, dass die Anzahl der PD-L1 Genkopien in ganz unterschiedlichen Krebsarten
verändert sein kann“, sagt Albrecht Stenzinger vom Institut für Pathologie des
Universitätsklinikum Heidelberg und dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen
(NCT). „Das betrifft nicht nur PD-L1 selbst, sondern zahlreiche benachbarte Gene, von
denen einige bereits als Treibergene für Tumorerkrankungen bekannt sind. Die meisten
Tumoren mit erhöhter PD-L1 Genkopienzahl besitzen beispielsweise auch mehr Kopien des
Gens für die Kinase JAK2, die eine Rolle bei Erkrankungen des Blutes spielt und kürzlich
auch als Zielstruktur in einem prognostisch ungünstigen Brustkrebs-Subtyp identifiziert
worden ist.“
PD-L1 Genkopienzahl hat das Potential zum Biomarker
Erbgut-Analysen könnten demnach dazu beitragen, weitere Zielstrukturen in der
Nachbarschaft von PD-L1 zu erkennen. „Derartige Studien sind hochkomplex und können
nur von einem interdisziplinären Team aus Medizinern und Grundlagenforschern
durchgeführt werden. Das DKTK bietet hierfür die ideale Umgebung, indem es die Expertise
von Onkologen, Bioinformatikern und Pathologen zusammenführt“, sagt Albrecht Stenzinger.
Jan Budczies, der für den bioinformatischen Teil der Studie verantwortlich ist, betont: „Big
Data-Analysen sind ein wichtiges Werkzeug der modernen Medizin. Nur wenn
Wissenschaftler fächerübergreifend zusammenarbeiten, können wir die daraus
resultierenden Ergebnisse schnell in einen Nutzen für die Patienten übersetzen.“
Die Analyse der PD-L1-Genkopien und der PD-L1-Rezeptoren könnte dabei helfen,
Patienten zu identifizieren, die von der Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren besonders
profitieren. Dass die Analyse der PD-L1-Kopienzahl für die klinische Praxis relevant ist,
zeigen bereits zwei kürzlich veröffentliche Studien zum Hodgkin Lymphom. Sowohl der
Verlauf der Erkrankung als auch der Behandlungserfolg mit Blockern des PD-1-Signalweges
ließ sich anhand der Kopienzahl der PD-L1-Gene vorhersagen. Die Arbeit von Budczies und
Stenzinger legt nahe, dass dies auch bei zahlreichen anderen Krebsarten der Fall sein
könnte.
Budczies, J. et. al.: Pan-Cancer Analysis of Copy Number Changes in Programmed Death-Ligand 1
(PD-L1, CD274) – Associations with Gene Expression, Mutational Load, and Survival. In: Genes,
Chromosomes & Cancer (22. April 2016) DOI: 10.1002/gcc.22365
Ein Bild zur Pressemitteilung steht zum Download zur Verfügung unter:
www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2016/bilder/Stenzinger_FISH_PDL1.jpg
BU: Unterschiedliche Anzahl der PD-L1-Genkopien (grün) in den Chromosomen (blau) von
Blasentumorzellen (Fluoreszenz in-situ Hybridisierung).
Die Nutzung ist kostenlos. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) gestattet die einmalige
Verwendung in Zusammenhang mit der Berichterstattung über das Thema der Pressemitteilung bzw.
über das DKFZ allgemein. Als Bildnachweis ist folgendes anzugeben: „Quelle: J. Budczies, Charité
Berlin / A. Stenzinger, Uniklinikum Heidelberg“.
Eine Weitergabe des Bildmaterials an Dritte ist nur nach vorheriger Rücksprache mit der DKFZPressestelle (Tel. 06221 42 2854, E-Mail: [email protected]) gestattet. Eine Nutzung zu kommerziellen
Zwecken ist untersagt.
*Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) ist eine gemeinsame, langfristige Initiative
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der beteiligten Bundesländer und des Deutschen
Krebsforschungszentrums (DKFZ) und wurde als eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung
(DZGs) gegründet. Mit dem DKFZ kooperieren Forschungseinrichtungen und Kliniken an Standorten Berlin,
Dresden, Essen/Düsseldorf, Frankfurt/Mainz, Freiburg, Heidelberg, München und Tübingen, um optimale
Bedingungen für die kliniknahe Krebsforschung zu schaffen. Das Konsortium fördert interdisziplinäre
Forschungsthemen an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und Klinik, sowie klinische Studien zu
innovativen Therapie- und Diagnoseverfahren. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Aufbau von
Forschungsplattformen, um den Einsatz personalisierter Krebstherapien zu beschleunigen und die Diagnose und
Prävention von Krebserkrankungen zu verbessern.
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