Landesregierung muss Investitionsmittel für

Mainz, 22. Juli 2016
Pflegepersonalbesetzung auch in Rheinland-Pfalz
deutlich zu gering - Politik zum Handeln
aufgefordert!
Das Gutachten zur qualitätsorientieren Weiterentwicklung der stationären Versorgung bietet leider nur eine sehr
einseitiger Perspektive
Trotz vergleichsweise guter Zahlen sei auch in Rheinland-Pfalz die Pflegepersonalbesetzung in den Krankenhäusern als
deutlich zu gering anzusehen. „Die schönen Zahlen dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass die Pflegenden an ihrer
Belastungsgrenze sind. In der Folge entstehen Schäden bei Patientinnen und Patienten, die erst nach den
Krankenhausaufenthalten zutage treten und zu hohen Kosten im Bereich der Pflegeversicherung führten, so Dr. Markus
Mai, Präsident der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung
(RWI) und das Institut for Healthcare-Business GmbH (hcb) haben im Auftrag der Krankenkassen in Rheinland-Pfalz ein
„Gutachten zur qualitätsorientierten Weiterentwicklung der stationären Versorgung“ vorgelegt. Die Kliniken im Land
schneiden dabei bei der Behandlungsqualität und Patientenzufriedenheit gut ab. Ebenfalls konstatiert wird ein höherer
Personalanteil gegenüber dem Bundesdurchschnitt. Allein in der Pflege liege der Personalanteil 10% höher. Aber auch
andere Berufsgruppen seien hier „auffällig“. Mai legt Wert darauf, dass aus pflegerischer Perspektive nicht nur die
Behandlungsqualität ausschlaggebend sei sondern insbesondere auch die Situation weit nach einem
Krankenhausaufenthalt. Auch sei der Einstieg in die Bettlägerigkeit bei vielen Menschen durch einen
Krankenhausaufenthalt infolge mangelnder Versorgung u.a. im Bereich der Mobilität begründet. In ein bis zwei Wochen
Krankenhausaufenthalt können somit, sicherlich nicht beabsichtigt, Pflegebedarfe angestoßen werden, die nichts mit der
eigentlichen Grunderkrankung zu tun hätten. In anderen Europäischen Ländern sei im Vergleich zur Deutschen Pflege die
Personalbesetzung bis doppelt so hoch, was eine wesentlich umfassendere pflegerische Betreuung der Patienten zur Folge
hätte. Hier seien Bundes- und Landespolitik in der Pflicht endlich in das System der Gesundheitsversorgung einzugreifen,
um die teilweise vorhandenen Mittel anders zu verteilen bzw. um weitere Mittel in das System einfließen zu lassen und
insbesondere die Pflegebesetzung deutlich nach oben anzupassen.
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„Das Gutachten weist insgesamt eine sehr zufriedenstellende Bilanz bezüglich der Behandlungsqualität und der
Patientenzufriedenheit auf. Die Kostenstruktur wird hingegen bemängelt, insbesondere die Tatsache, dass der
Personalanteil im Land 10% über dem Bundesdurchschnitt liegt. Wo dabei der Nachteil für Rheinland-Pfalz sein soll,
erschließt sich uns nicht“, bemängelt Dr. Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer.
Das Gutachten stellt das praktische Fehlen privater Träger als dezidiert nachteilhaft dar, weil die Kostenstruktur auch
aufgrund des höheren Personalstocks in der Pflege und wegen fehlendem Wettbewerb zu hoch sei. „Wir sind froh, dass
die Kostenstruktur so ist, wie sie ist. Wir haben dem Gutachten zufolge offensichtlich zehn Prozent mehr Pflegekräfte als in
anderen Bundesländern. Aber es kann nicht sein, dass das nach unten angeglichen wird um somit die Arbeitsbelastung, die
in unseren Kliniken ebenfalls erheblich ist, weiter zu erhöhen. Das ist nicht hinnehmbar. Pflegende stehen zukünftig nicht
mehr zur Kompensation eines erheblichen Mangels zur Verfügung. Die Kosten seien auch deshalb höher, weil es in
Rheinland-Pfalz einen deutlich höheren Anteil an tarifgebundenen Unternehmen in der Pflegebranche gibt als in anderen
Bundesländern.
Gerade in den Bundesländern mit einer hohen Privatisierungsquote im Klinikbereich werde bei der Entlohnung des
Personals gespart. Daher sei es nur folgerichtig, dass dort die Kosten niedriger seien. Auch in Rheinland-Pfalz seien noch zu
wenige Pflegekräfte eingesetzt, aber das Mehr an Anstellungen entlaste die Pflegenden und führe so zu einer höheren
Qualität zum Nutzen der Pflegeempfängerinnen und -empfänger. Diese Entwicklung sieht auch Astrid Bender-Cramer,
Mitglied in der Vertreterversammlung und tätig in der Unimedizin Mainz. „Die Frage ist nun, ob die Arbeitsbelastung der
Pflegenden noch mehr erhöht werden sollte bzw. ob die Qualität reduziert werden muss, um Kosten senken zu können.
Die Antwort kann in beiden Fällen nur nein lauten“, so Bender-Cramer.
Neben dem Appell an die Bundespolitik, die an der Situation die wesentliche Verantwortung trägt, erneuert Mai seinen
Appell an die rheinland-pfälzische Landesregierung, die Investitionsmittel für die Kliniken im Land spürbar aufzustocken.
Die Investitionsquote ist mit 3,2 Prozent gemessen an den Gesamtausgaben der Kliniken und im Vergleich zu anderen
Branchen dramatisch niedrig. Die Betriebsmittel, die zur sachlichen und personellen Ausfinanzierung vorgesehen sind,
dürfen nicht weiterhin zweckentfremdet für den Investitionstopf eingesetzt werden. Bei gleichbleibenden
Rahmenbedingungen sei eine Versorgung durch professionell Pflegende in Zukunft nicht mehr sichergestellt.
Die Landesregierung muss daher nach Ansicht des Kammerpräsidenten eine deutliche Anhebung der Investitionszuschüsse
in der neuen Legislaturperiode im Sinne einer weiterhin guten Patientenversorgung auf die Agenda setzen. „Wer weiterhin
eine hochwertige flächendeckende Versorgung zum Ziel hat, was in unseren Augen die politische Maxime bleiben muss, ist
in der Verantwortung, die Ausfinanzierung dieser Versorgung sicherzustellen.
Im Hinblick auf weitere Gutachten schlägt Mai vor, dass diese sich mit den Folgen der mangelhaften Personalbesetzung in
Krankenhäusern für den Bereich der Pflegeversicherung auseinandersetzen sollen. Die Landespflegekammer werde dies in
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Gesprächen mit den Spitzenverbänden der Kostenträger anregen und entsprechend als fachlicher Ansprechpartner zur
Verfügung stehen.
Hintergrund: Mit der einstimmigen Verabschiedung des Heilberufsgesetzes durch den rheinland-pfälzischen Landtag im
Dezember 2014 ist die Landespflegekammer errichtet worden. Seit dem 01. Januar 2016 haben die Pflegenden im Land
damit eine kraftvolle Interessenvertretung erhalten. Die Landespflegekammer mit ihren gewählten Vertreterinnen und
Vertretern nimmt die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Mitglieder wahr.
Die Vertreterversammlung hat in der Sitzung vom 02. März 2016 den Vorstand der Landespflegekammer gewählt.
Präsident der Kammer ist Dr. Markus Mai. Zur Vizepräsidentin wurde Frau Sandra Postel gewählt. Die weiteren Mitglieder
des Vorstandes sind Andrea Bergsträßer, Hans-Josef Börsch, Angelika Broda, Karim Elkhawaga, Esther Ehrenstein, Renate
Herzer und Christa Wollstädter.
Ansprechpartnerin, V.i.S.d.P.
Frau Sandra Postel
Vizepräsidentin
Landespflegekammer Rheinland-Pfalz
Gärtnergasse 3, 55116 Mainz, Tel.: 06131/327380, [email protected]
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