„Women in Exile“ Anfang August in Köln

„Women in Exile“ Anfang August in Köln
Die Organisation geflüchteter Frauen unterstützt die Mobilisierung gegen
sexualisierte Gewalt in Kölner Unterkünften
Köln, 28.07.2016. Die Sommer Bus Tour der Frauenflüchtlingsorganisation „Women in
Exile and Friends“ macht am 02. und 03. August unter dem Motto Ihr Motto “Wir werden
immer lauter!” Halt in Köln. Am 02. August werden sie ihren Forderungen ab 12.30 Uhr
bei einem Picknick mit Reden und Musik auf dem Rudolfplatz Gehör verschaffen. Denn
trotz vieler Versprechungen hat sich bislang an der Situation geflüchteter Frauen in
Deutschland nicht viel geändert. „Women in Exile & Friends“ fordern deshalb: Keine
Lager für Frauen und Kinder! Alle Lager
“Über die Jahre haben wir Verbindungen
abschaffen!
Besseren
Zugang
zu
mit zahlreichen Flüchtlingsfrauen und
Spracherwerb und Informationen über das
Unterstützer*innengruppen aufgebaut.
Asylrecht. Und einen besseren Schutz vor
Jetzt geht es darum, unsere
jeder Art von sexueller oder anderer
Gemeinsamen Forderungen an die
physischer Gewalt! Ziel der Bustour ist die
Öffentlichkeit zu bringen.”
Stärkung und bundesweite Vernetzung
geflüchteter Frauen.
Women in Exile ist eine politische Initiative geflüchteter Frauen, die sich 2002 in Brandenburg
zusammengeschlossen haben, um für ihre Rechte zu kämpfen. Nach der spektakulären
Floßtour 2014 fahren sie diesmal mit Kleinbussen durch 16 Städte der Republik. Von
Magdeburg, Halle und Leipzig über Köln, Göttingen und Hamburg nach Berlin, wo es ein
gemeinsames Abschlussfest am Ende der Tour geben wird.
Für die geflüchteten Frauen hier in Köln wird es gemeinsame Essen, Gespräche und
Workshops geben, die Themen wie Gesundheit, neue Asylgesetzgebung und Traumaarbeit
behandeln. Elizabeth Ngari, Gründungs-mitglied und Pressesprecherin von Women in Exile
betont: “Über die Jahre haben wir Verbindungen mit zahlreichen Flüchtlings-frauen und
Unterstützer*innengruppen aufgebaut. Jetzt geht es darum, unsere gemeinsamen Forderungen
an die Öffentlichkeit zu bringen.”
Sexualisierte Gewalt gegen geflüchtete Frauen in NRW
Der Halt in Köln wird auch dafür genutzt, um speziell die Problematik der sexualisierten Gewalt
in Geflüchtetenunterkünften wieder in den öffentlichen Fokus zu rücken. „Es gibt keine Frauen,
die nicht eine Geschichte von aufdringlichen Blicken, widerlichen Kommentaren,
unerwünschtem Anfassen oder gar versuchter oder tatsächlicher Vergewaltigung erzählen
könnte“, so Women in Exile. Dies belegt auch eine Studie des Familienministeriums von 2004.
Sie zeigt, dass 25 Prozent der stichprobenartig befragten weiblichen Geflüchteten in
Deutschland sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren. Die Dunkelziffer konnte bei dieser Studie
nicht erfasst werden. Die realen Zahlen liegen laut Studie deutlich darüber.1 Auf eine Kleine
Anfrage der Piratenfraktion hin wurde zuletzt mit Blick auf NRW bekannt, dass der polizeilichen
Verbindungsstelle der Bezirksregierung Arnsberg allein für Januar und Februar 2016 Daten zu
20 Sexualdelikten in Landeseinrichtungen und 42 Sexualdelikten in kommunalen Einrichtungen
vorlagen. Auch hier liegt die Dunkelziffer weitaus höher.
1
Quelle: http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Lebenssituation-Sicherheit-undGesundheit-von-Frauen-in-Deutschland,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf
Betroffene werden zu Beschuldigten
Zu den Tätern gehören neben anderen Geflüchteten, Sicherheitsleute, Betreuer und freiwillige
Helfer, die die Abhängigkeitsverhältnisse ausnutzen. Dies zeigte sich auch im Fall der
Mitarbeiter der Adler Security in Köln Gremberg. Am 18. Februar 2016 kam ans Tageslicht,
dass in der Unterkunft in Humboldt-Gremberg sexualisierter Missbrauch und Belästigungen
durch Sicherheitskräfte der Unterkunft zur
Tagesordnung gehören. Nur durch einen offenen
“Zu den Tätern gehören neben
Brief von Flüchtlingsfrauen wurde das Thema anderen Geflüchteten immer wieder
überhaupt öffentlich. Nach Bekanntwerden der
Sicherheitsleute, Betreuer und
Vorwürfe wurde unter großem Polizeiaufgebot
freiwillige Helfer, die die
eine Befragung der Frauen in der Unterkunft
Abhängigkeitsverhältnisse
durchgeführt. Das Ergebnis: Anstatt die
ausnutzen.”
betroffenen Frauen ernst zu nehmen und ihnen
Unterstützung anzubieten, wurden sie diskreditiert. Der Projektmanager der Adler-Wache,
Bernhard Deschamps und die Sozialdezernentin Gabriele Klug von Bündnis 90/Grüne waren
sich einig: die Vorwürfe seien haltlos. Auch in den Medien wurden die Schilderungen der
Frauen angezweifelt, da bislang nur wenige Frauen Anzeige erhoben haben. Dies war ein
Schlag ins Gesicht der Betroffenen, denn gerade solche Vorfälle werden meist nicht gemeldet
aus Angst, das eigene Asylverfahren zu gefährden. Zudem ist den Betroffenen das
Sexualstrafrecht in Deutschland unbekannt und berechtigterweise befürchten sie, dass man
ihnen nicht glaubt oder sie selbst für den Übergriff verantwortlich macht.
Die Beraterin Denise Klein der Kölner MigrantInnen- und Frauenflüchtlingshilfe-Organisation
Agisra hält es aber sehr wohl für möglich, dass die drastischen Schilderungen in den offenen
Briefen der Wahrheit entsprechen könnten: "Um über sexuelle Übergriffe zu sprechen,
benötigen Frauen die Perspektive, nicht mehr in die Einrichtung zurückzumüssen“. In Köln hat
allein die massive Polizeipräsenz und der Druck, sofort aussagen zu müssen, ein Klima der
Angst erzeugt. Den Frauen wurde das Gefühl gegeben, selbst auf der Anklagebank zu sitzen.
Vorgehen wie diese re-traumatisieren bereits traumatisierte Frauen und verängstigen sie
zusätzlich, so die Erfahrung von Women in Exile. Die Täter wurden bislang nicht belangt.
Women in Exile fordert deshalb auch ganz konkret: Rückzugsräume für Frauen, geschützte
Toiletten und Umkleiden oder eine separate, dezentrale Unterbringung von allein reisenden
Frauen. Diese Forderungen sind aktueller denn je. Nach wie vor fehlt es zudem an festen
Ansprechpersonen, geschultem Personal sowie psychosoziale Unterstützungsangeboten.
Am 27.11.206 wird Women in Exile für ihr außerordentliches Engagement in Berlin den
zum ersten Mal verliehenen Menschenrechtspreis der Gerhart und Renate Baum-Stiftung
bekommen.
Öffentliche Kundgebung, Dienstag, 12.30 Uhr am 02.08.2016 auf dem Rudolfplatz in Köln mit
Redebeitragen von Women in Exile, KMII und VertreterInnen weiterer Gruppen.
Pressesprecherinnen WIE :
Elisabeth Ngari und Ulrike La Gro: 015210291003
Pressesprecherin Köln:
C. Schwalb: 015732390402
Weitere Information über die Gruppe “Women in Exile & Friends”
women-in-exile.net
Women in Exile auf Twitter
twitter.com/women_in_exile
Aktuelle Informationen zum Halt in Köln
www.facebook.com/WomenInExileBustourKOELN2016