Von der Ur- zur Kulturlandschaft Liebe Leserinnen und Leser D ie Landschaft ist im geografischen Sinn ein eindrucksvollen Schwarzweiss-Bilder auf den ersten Gebiet, das sich durch gemeinsame Merkmale Seiten stammen vom bekannten Fotokünstler Guido von anderen Gebieten unterscheidet und ab- Baselgia, der im Engadin aufwuchs. Auf der Suche grenzt. Allein in Südbünden finden wir davon eine nach untypischen Landschaften ist auch «piz»-Foto- Vielzahl an Typen und Formen. Von der Moor- über grafin Maurice Grünig fündig geworden. Sie lenkt un- die Seelandschaften, von der Fluss- bis zur Hochge- sere Blicke auf Details, an denen wir gerne achtlos vor- birgslandschaft. Doch neben den geografischen De- beispazieren, und wir erleben am Beispiel Chantarella, finitionen gibt es zahlreiche andere Landschafts- welche Gegensätze ein Rundumblick eröffnet. begriffe, von der Bäder- bis zur Wohnlandschaft. Mit offenen Augen spaziert Romanisch-Professor Clà Spätestens hier wird klar: Jede und jeder assoziiert Riatsch für uns durch die rätoromanische Literatur mit dem Begriff Unterschiedliches. Landschaft ist und erläutert, wie eng Geschriebenes mit Landschafts Editorial eben eng verbunden mit ihrer Darstellung und mit bildern verknüpft ist. Und was wäre Südbünden ohne Urezza Famos der eigenen Wahrnehmung. «die kleine Rote», ohne die Rhätische Bahn? Dafür Landschaften – das sind nicht nur ferne Bergspitzen, wurden allerdings vor hundert Jahren ganze Land- duftende Wälder, sprudelnde Bäche oder sanfte Wie- schaften umgebaut. sen. Landschaften sind heute fast durchgehend kul- Neu war diese intensive Nutzung aber schon damals tivierte Gebiete, und dazu gehören auch Strassen, nicht mehr: In S-charl wurden seit dem 12. Jahr Seen, Äcker, Gärten oder Plätze. Urlandschaften sind hundert halbe Bergflanken ausgehöhlt um Blei und kaum mehr zu finden, und auch Orte, die wir als ur- Silber, zu gewinnen. Und auch vor bald 200 Jahren sprünglich empfinden, sind von Menschen geschaf- hatte sich der Berner Forstfachmann Karl Albrecht fene Kulturlandschaft. Heute stehen wir oft vor der Kasthofer bei seiner Reise durchs Engadin über die Herausforderung, zwischen zweckgebundenen, aber Landschaftsnutzung beschwert, sie aber auch gelobt. zerstörenden Eingriffen und der «naturbelassenen» Wir reisen Kasthofer – angeleitet von Autorin Ursula Schönheit zu entscheiden. Gerade im Engadin sind Bauer – nach und reiben uns unterwegs verwundert diese Grenzen fliessend. die Augen. Auch zum Augenreiben und zum Schmun- Schon immer veränderten die Menschen ihre Um- zeln ist die Glosse von Richard Reich in dieser «piz»- welt nach den eigenen Bedürfnissen, doch diese Ein- Ausgabe: Er schreibt über die Bündner und ihr Ver- griffe haben in den letzten hundert Jahren ein fast hältnis zu Sport und Kommerz. verantwortungsloses Ausmass angenommen. «piz» Falls Sie all diese und weitere Themen zum Stichwort dokumentiert in dieser «Landschafts»-Nummer sol- Landschaft auch draussen in der Natur interessieren: che Veränderungen. Ab Seite 36 kontrastiert Ralph Kommen Sie mit auf einen Tagesausflug rund um Gu- Hauswirth rund 100 Jahre alte Bilder mit Fotos von arda. An zwei Samstagen, am 20. und 27. Oktober, heute, alle vom exakt gleichen Standort aus aufge- führt Urs Frey durch die Region. Auf Seite 12 können nommen wie damals. Der Filmer und Kulturgeograf Sie sich schon einmal aufs Thema einstimmen. De- Urs Frey aus Guarda erklärt dazu im Interview, wie es tails und Anmeldungshinweis finden Sie auf Seite 53. zu solchen Eingriffen kommen kann. Und wenn Ihnen «piz» gefällt, empfehlen Sie uns Landschaften sind aber auch immer noch Augenwei- weiter oder abonnieren Sie uns. den – das zeigen weitere Fotos in diesem Heft: Die Tel. +41 (0)81 864 72 88, [email protected] piz 33 : Sommer 2007 5
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