es geht auch leiser

Fotos: Schuldt
BGHM-Aktuell 6 | 2011 > Sicherheit und Gesundheit
Druckluftpistolen
Es geht auch leiser
Trotz großer Produktvielfalt sind Druckluftpistolen in
den Betrieben häufig noch die wesentliche Lärmquelle.
Das muss nicht so sein.
Über lärmarme Druckluftdüsen ist viel geschrieben worden, und der Markt bietet etliche Produkte
dazu. Aber, sei es bei der Erstellung eines Lärmkatasters oder bei der Ermittlung im Rahmen eines
Berufskrankheitenverfahrens: Lärmmessungen in
Betrieben machen die Druckluftdüsen nach wie
vor als eine oder gar die wesentliche Lärmquelle
aus. Besonders kritisch sind dabei die vielen Arbeitsplätze zu bewerten, die nicht selbstverständlich als lärmkritisch wahrgenommen werden, weil
die Beschäftigten dort nicht an lauten Maschinen
arbeiten. Wenn sie aber besonders häufig und regelmäßig zur Druckluftpistole greifen, erreicht der
Lärm auch dort einen Pegel, der weit über dem von
Maschinenarbeitsplätzen liegt.
Bei den vorgefundenen Druckluftpistolen handelt
es sich in der Regel um eine einfache Standardausführung. Allerdings ist deren Düse meist mit einem
Bohrer um einige Millimeter erweitert worden, da
der relativ kleine Innendurchmesser des Originals
viel zu schwach für die zu verrichtenden Aufgaben
14
ist. Das Aufbohren erhöht die Blaskraft der Pistole auf einfache Weise um mehr als das Dreifache.
Dieser Vorteil wird aber mit dem extrem erhöhten
Geräusch erkauft. Je größer der Durchmesser einer
Düse, desto lauter ist diese. Das Prinzip leiser Düsen beruht deshalb darauf, den Luftstrom auf mehrere feine Öffnungen zu verteilen.
Häufig ist das Problem der extremen Lärmpegel
beim Einsatz von Druckluft in den Betrieben gar
nicht bekannt. Dort wo es aber bekannt ist und man
leise Düsen eingesetzt hat, sind diese Versuche oft
gescheitert, weil die neuen Düsen sich als viel zu
schwach herausstellten. Zumeist wurden beim üblichen Lieferanten wenige Düsen beschafft, welche
die Mitarbeiter dann aber nicht akzeptiert haben.
Und schließlich griffen diese wieder auf die aufgebohrten Düsen zurück.
Letztlich basiert der Lärmpegel beim Einsatz von
Druckluftpistolen auf mehreren Faktoren. Zum einen spielen die Höhe des Luftdruckes im Betriebs-
Sicherheit und Gesundheit < BGHM-Aktuell 6 | 2011
Zu laut: Aufgebohrte
Druckluftdüse mit
hoher Blaskraft. Der
Vorteil wird aber mit
extrem erhöhtem Lärmpegel erkauft.
netz und das reine Blasgeräusch der jeweiligen
Düse die entscheidende Rolle. Zum anderen beeinflusst die jeweilige Verwendung das Aufprallgeräusch des Luftstrahls. Werden nur große Flächen
aus einiger Entfernung oder aber Werkstücke mit
Kanten und Bohrungen aus kürzester Distanz direkt
abgeblasen? Eine lärmarme Düse entscheidet also
nicht allein über die eventuell zu erzielenden Verbesserungen. So kann beispielsweise eine Düse
mit erhöhtem Volumenstrom bei direktem Anblasen eines Werkstückes und reduziertem Druck pro
Fläche besser als Düsen mit scharf gebündeltem
Strahl sein.
Ohne Test geht es nicht
Nicht die Leistungsdaten aus Katalogen allein sondern erst ein Test am Arbeitsplatz ermöglicht eine
verlässliche Aussage zur Druckluftdüse. Dies erklärt teilweise auch, warum die in Betrieben unternommenen Lösungsversuche oft gescheitert sind.
Mit nur wenigen, meist für den konkreten Verwendungszweck ungeeigneten und häufig veralteten
Testmustern ist ein unbefriedigendes Ergebnis vorprogrammiert. Wer sich einen Überblick über die in
Frage kommenden Düsen verschaffen will, muss
also einigen Aufwand betreiben.
Dabei ist es besser, den Mitarbeitern direkt verwendungsfähige Druckluftpistolen (und nicht etwa
nur einzelne Düsen) über mehrere Tage zum ausgiebigen Test zu überlassen. Die Vorauswahl an einem konkreten Arbeitsplatz ist dabei gemeinsam
mit dem Mitarbeiter aus einem „Fundus“ verschiedener Modelle unterschiedlicher Hersteller unter
Einsatz eines Lärmmessgerätes zu treffen. Ziel ist
nicht nur der Einsatz einer deutlich leiseren Druckluftpistole. Vielmehr soll das neue Gerät für den
Mitarbeiter in der Praxis mindestens genauso geeignet sein wie das alte. Dieses Verfahren gibt dem
Betrieb die Gewissheit, dass sich die Investition
auch lohnt: Zur deutlichen Lärmminderung kommt
die Akzeptanz durch den Mitarbeiter. Bei den oben
beschriebenen Arbeitsplätzen lässt sich der Lärmpegel so zum Teil deutlich senken.
Ausblasen von
Faserresten aus
einer Presse vor
dem Einlegen von
neuem Material
Peter Schuldt
15