econstor A Service of zbw Make Your Publication Visible Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft Leibniz Information Centre for Economics Cox, Helmut Article Plädoyer für einer verteilungswirksame und stabilitätsorientierte Lohnpolitik Wirtschaftsdienst Suggested Citation: Cox, Helmut (1977) : Plädoyer für einer verteilungswirksame und stabilitätsorientierte Lohnpolitik, Wirtschaftsdienst, ISSN 0043-6275, Verlag Weltarchiv, Hamburg, Vol. 57, Iss. 5, pp. 262-268 This Version is available at: http://hdl.handle.net/10419/135074 Standard-Nutzungsbedingungen: Terms of use: Die Dokumente auf EconStor dürfen zu eigenen wissenschaftlichen Zwecken und zum Privatgebrauch gespeichert und kopiert werden. Documents in EconStor may be saved and copied for your personal and scholarly purposes. Sie dürfen die Dokumente nicht für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, öffentlich zugänglich machen, vertreiben oder anderweitig nutzen. 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Wie könnte dieser Konflikt zwischen verteilungswirksamer und stabilitätsorientierter Lohnpolitik gelöst werden? ie in den vergangenen Wochen abgeschlosse nen Tarifabkomm en sind in weiten Teilen der tagespolitischen Presse, bei verschiedenen W irt schaftspolitikern, so z. B. Bundeswirtschaftsm ini ster Friderichs, und wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten kritisch aufgenommen w or den n). In diesem Zusammenhang w ird behauptet, daß die Tarifabschlüsse zu hoch seien und nicht in die konjunkturpolitische Landschaft paßten. Die kritischen Äußerungen rekurrieren — stabilitäts politisch gesehen — in der Regel auf den inflations theoretischen Ansatz der Kostendruckinflation bzw. den im Rahmen dieser inflationstheoretischen Er klärung möglichen Rückgang der Beschäftigung in enger Verbindung m it W achstum sverlusten2). D Auf der Grundlage dieser Inflationstheorie wird die Schlußfolgerung gezogen, daß eine Einkom menspolitik, in w elcher Form auch immer, als spe zielle stabilitätspolitische Maßnahme zur Mäßi gung des Verteilungskonflikts angewendet werden müsse. Da auf dem A rbeitsm arkt nur begrenzt die Gesetze des Marktes gelten und daher die Löhne höchst unvollkomm en auf Angebots- und Nach’ ) V g l. auch A rm in G u t o w s k l : V e rte ilu n g s k a m p f g e fä h rd e t d en A ufschw ung, in: W IR T S C H A F T S D IE N S T , 57. Jg . (1977), H. 2, S. 7 0 -7 1 . Prof. Dr. Helm ut Cox, 39, is t O rdinarius für Volkswirtschaftslehre und K onrektor der Gesamthochschule Duisburg. 262 frageänderungen reagieren, w ird in der Einkom m enspolitik ein entsprechender w irtschaftspoli tischer S tabilisator gese he n 3). Zw ar setzt das Geldm engenkonzept, das eine Abstim mung der m onetären Gesamtnachfrage m it dem Gesamt angebot verfolgt, langfristig den Rahmen fü r die Lohnpolitik, jedoch hat sich gezeigt, daß, abge sehen von der M öglichkeit der Übertragung des Verteilungskam pfes auf die Geldmenge, selbst bei Anwendung einer antiinflationären Geldm engen p o litik sich der Finanzierungsspielraum kurzfristig 2) V g l. M a rtin B r o n f e n b r e n n e r , F ra n k lin D. H o l z m a n : A S u rv ey of In flatio n T h e o ry , in: A m e ric a n E c o n o m ic R e vie w , V o l. 53, 1963, S. 593 ff.; F ra n k lin D. H o l z m a n : In fla tio n : C o st Push and D e m a n d P u !l, in-, A m e ric a n E c o n o m ic R e v ie w , V o l. 1, 1960; O ttm a r I s s i n g : In fla tio n s th e o rie — S y ste m atisc her Ü b e rb lic k ü b e r In fla tlo n s b e g riffe und In fla tio n s u rs a chen, in: W irtsch a ftsw isse n sch a ftlich es S tu d iu m , 3. 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G o ttfrie d H a b e r l e r (H rs g .): In c o m e P o lic ie s an d In fla tio n , W ash in g to n D .C . 1971; M a n fre d K e r n : E in k o m m e n s p o litik als In stru m e n t d e r S ta b ilitä ts p o litik , in: D as W irtsch a ftsstu d iu m , 1973, S. 113 ff.; U rs L e n d i : S ta b ilitä ts - und w a c h s tu m s o rie n tie rte E in k o m m e n s p o litik , Z ü ric h , S t. G a lle n 1969; H e in z -D ie te r H a r d e s : E in ko m m e n s p o litik in d e r B R D, F ran k fu rt 1974; R o lf S e i t e n z a h l : E in k o m m e n s p o litik und K o n z e rtie rte A k tio n und O rie n tie ru n g s d a te n , K ö ln 1974; J . K l a u s , M. G ö m m e l : R e a lis ie ru n g s p ro b le m e d e r E in k o m m e n s p o litik in d e r B R D , in: C ivita s-J ah rb u ch fü r S o z ia lw is s e n s c h a fte n , 11. 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Dahingestellt sein soll, ob und m it welchem Erfolg sich bei konsequenter antiinflationärer G eldm engenpolitik die Anpas sungsprozesse bezüglich der Ailokation der Fak toren A rb e it und Kapital in der W irklichkeit vo ll ziehen und wie hoch die gesellschaftlichen Kosten dieser faktisch sehr zähflüssig verlaufenden An passungsprozesse sind. Gefahren übersteigerter Lohnforderungen Die Konjunkturforscher sind sich in der Charakte risierung unserer gegenwärtigen Konjunkturphase nicht einig. Die imm er noch sehr hohe A rbeits losigkeit in Höhe von ca. 1,2 M ill./5,3 % A rbeits losen deutet darauf hin, daß der Aufschwung noch nicht gefestigt ist, obwohl in verschiedenen Berei chen eine deutliche Nachfragebelebung festzustel len ist. Das gleiche muß auch bezüglich der Preis niveaustabilisierung gesagt werden. In dieser Situation der nicht gefestigten Konjunk tur kann ein Lohndruck, hervorgerufen durch über höhte Lohnsteigerungen, zu einem Abwürgen des sich anbahnenden Aufschwungs führen, da die Gewinne w eiter reduziert bzw. Gew innsteigerun gen im gewünschten Umfange verhindert werden. Das hat zur Folge, daß die A rbeitslosigkeit nicht abgebaut und die Kapazitäten nicht ausgelastet werden, was sich betrieblich auch in einer ungün stigen Relation von Nutz- und Leerkosten nieder schlägt und zu einer Produktionsmenge führt, die deutlich vor dem Kostenoptim um liegt und somit die durchschnittlichen Produktionskosten w eiter verteuert. Dabei zeigt sich auch auf der Arbeitgeberseite ein besonderes Problem, das im Rahmen der Nach fragebelebung im Aufschwung nicht auszuschlie ßen ist: Die Arbeitgeber neigen eher zu Lohn zugeständnissen, wenn die Lohnkosten leichter abwälzbar werden, d. h. die Komsumgüternachfrage sich tatsächlich oder auch nur verm eintlich belebt hat. Wenn die M arktkräfte auf dem Arbeitsm arkt in der Rezession bzw. in dem sich anbahnenden Auf schwung wirksam wären, würden bei Unterbeschäf tigung die Lohnerhöhungen mäßig bleiben. Jedoch gehorchen die Lohntarife nur begrenzt und be dingt dem Marktgeschehen, so daß nicht ausge schlossen werden kann, daß im Aufschwung die Gewerkschaften relativ hohe Lohnforderungen durchsetzen können. Diese werden dann höchst wahrscheinlich mit negativen W irkungen auf Be schäftigung und Wachstum mit der Folge erkauft, 4) V g l. Ulrich T e i c h m a n n : M ünchen 1976, S. 245. G ru n d riß WIRTSCHAFTSDIENST 1977/V d e r K o n ju n k tu rp o litik , daß der sich anbahnende Aufschwung abgewürgt w ird und die Gewerkschaften lediglich einen Pyr rhussieg davontragen. Verteilungspolitische Zielsetzung Selbst wenn w ir unterstellen, daß die Gewerk schaften in der Aufschwungphase eine gemäßigte Lohnpolitik betreiben, wie dies 1976 durchaus der Fall gewesen is t 5), so entstehen jedoch, wie empi risch nachweisbar ist, stabilitätspolitische Pro bleme in der nachfolgenden Periode oder sobald der Zustand der Vollbeschäftigung erreicht ist. Dem Lohnverzicht in der Aufschwungphase stellen die Gewerkschaften eine verteilungswirksam e Lohnpolitik in der Hochkonjunktur mit dem Ver such gegenüber, die in der Vorphase verschlech terte Relation von Lohn- und Gewinnquote zu gunsten der Lohnquote durch Lohnnachschläge zu verbessern. Diese verteilungspolitische Zielset zung ist in dieser Konjunkturphase wegen der leichten Abw älzbarkeit der Löhne auf die Preise leichter durchsetzbar, und weil A rbeitgeber schnel ler Lohnzugeständnisse machen. Die dann eintre tende Verbindung von Kostendruck und aus über proportionalen Lohnerhöhungen möglicherweise sich ergebenden Nachfragestößen löst ein w eite res Heraufschaukeln des Preisniveaus aus. Das Problem liegt dem zufolge in der U nstetigkeit der konjunkturphasenverschiedenen Lohnpolitik, zu der sich allerdings die Gewerkschaften gezwun gen sehen, weil sie unter der Zielsetzung stehen, in erster Linie aktive V erteilungspolitik zugunsten ihrer M itglieder zu betreiben und keine Status quo-Politik. Sie stehen unter Erfolgszwang, nicht zuletzt aus Furcht vor wilden Streiks, wie die Er fahrungen von 1969 gezeigt haben. Notwendige Lohnpolitikverstetigung Eine stabilitätspolitisch an und fü r sich notwendige Verstetigung der Lohnpolitik, die einen Konjunk turzyklus ü b e rg re ift6), d. h. eine w ohldosierte Lohn p olitik im Aufschwung, die der Gew innstabilisie rung dient, und in der Vollbeschäftigungsphase in flationsneutrale Lohnsatzsteigerungen, muß jedoch gerade an dem verständlichen Verteilungsinteresse der Gewerkschaften scheitern. Stabilitätspolitisch gesehen würden mäßige Lohnsatzsteigerungen im Aufschwung notwendig sein, dam it die Unterneh mer über Gewinnanreize investieren, die Kapa zitätsauslastung erm öglicht w ird und freie Arbeits kräfte eingesetzt werden und som it die Arbeits5) V g l. S a ch v e rs tä n d ig e n ra t z u r B egutachtung d e r sch aftlichen E n tw ick lu n g : J a h re sg u tach ten 1976/77, S . 65 ff. 6) V g l. h ierzu Ulrich T e i c h m a n n : tu rp o litik , a. a. O ., S. 259 f. g e s a m tw irt Bonn 1976, G ru n d z ü g e d e r K o n ju n k 263 WISSENSCHAFT FÜR DIE PRAXIS losigkeit abgebaut wird. Das läuft allerdings w ie derum auf einen Verzicht auf eine aktive Vertei lungspolitik der Gewerkschaften im Sinne ihrer bisher betriebenen B arlohnpolitik hinaus. Lohnerhöhungen respektive Barlohnerhöhungen in der Phase der Vollbeschäftigung, die von den Ge werkschaften m it dem Ziel der Verteilungsw irk sam keit durchgesetzt werden, führen jedoch ko sten- und nachfrageseitig m öglicherweise w ieder um zu inflationären Prozessen. Insofern ste llt sich die Frage, ob zwischen Stabilität und Verteilungs w irksam keit ein W iderspruch besteht, der nicht gelöst werden kann, und daher im Interesse der w irtschaftlichen S tabilität bewußt auf Umvertei lungseffekte verzichtet werden muß. Bei Bejahung der Tarifautonom ie besteht aller dings das Problem, daß eine zyklusübergreifende verstetigende Lohnpolitik kaum erreichbar sein wird, da eine staatliche Einwirkung auf die T arif verhandlungen nicht m it der Tarifautonom ie ver einbar wäre. Eine solche staatliche Lohnpolitik wäre jedoch die Bedingung zur Erreichung dieses Ziels. Lohntheoretische Konzepte M it der Formel von der produktivitätsorientierten und kostenniveauneutralen L o h n p o litik 7) ist zwar ein lohntheoretisches Konzept gegeben, das Fix punkte bzw. Margen fü r eine stabilitätskonform e Lohnpolitik unter gleichzeitiger Berücksichtigung zusätzlicher, jedoch sehr eng gezogener, Vertei lungsspielräum e (kostenniveauneutrale Lohnpoli tik) angibt, das fü r hypothetische Analysen über lohnpolitische W irkungszusamm enhänge fruchtbar sein mag, das jedoch in einer M arktw irtschaft mit freie r Lohnaushandlung nur begrenzt praktikabel ist und ln Tarifverhandlungen bestenfalls Stand punkte der Tarifparteien abstützt und vielleicht in Ausnahmefällen die Tarifhöhe mitbeeinflussen kann. Zu bedenken ist jedoch, daß gerade die Gewerkschaften gegen die automatische Anwen dung derartiger Formeln sind, während gerade 7) V g l. E lis ab eth L i e f m a n n - K e i I : P ro d u k tiv itä ts o rie n tie rte L o h n p o litik , in: W eltw irts c h a ftlic h e s Arch iv, 1956, Bd. 76, S. 240 ff.; H. S c h e r f : P ro d u k tiv itä ts o rie n tie rte L o h n p o litik und P reiss ta b ititä t, in: W eltw irtsch aftlich es A rchiv, Bd. 98, 1967 I, S. 117 ff.; H. K. K u I I m e r : P ro d u k tiv itä t, Lohn und In flatio n , M e is e n h e im am G lan 1965; H e lm u t C o x : M ö g lic h k e ite n und G re n ze n der P o litik d e r V e rm ö g e n s v e rte ilu n g . E in e th eo retis ch e A n aly se der Z u s a m m e n h ä n g e v o n E in k o m m e n s p o litik und V e rm ö g e n s b ild u n g in A rb e itn e h m e rh a n d , in: S c h m o lle rs Jah rbuch fü r W irtscha fts und S o zialw isse n sch aften 1968, S. 171 ff.; H e rb e rt G i e r s c h : P ro b le m e s ta b ilitä ts k o n fo rm e r L o h n p o litik , in: K yklos, Bd. 20, 1976, S. 147 ff.; d e r s e l b e : L o h n p o litik und G e ld w e rts ta b ilitä t, K iel 1967; S a c h v e rs tä n d ig e n ra t z u r Begutachtung d e r g e s a m tw irt schaftlichen E n tw ick lu n g : Jah re sg u tach ten 1966/67, 1972; Bruno M o l i t o r : Das K o n zep t d e r ko s ten n iv e a u n e u tra le n L o h n p o litik , in: D as W irtsch a ftsstu d iu m , 1974, S. 271 ff.; B e rt G ü ß r e g e n : K o s te n n iv e a u n e u tra le L o h n p o litik und ih re v e rte ilu n g s p o litis c h e n Im p lik a tio n e n , F ran k fu rt 1974; Erich S t r e i ß I e r : M ö g lic h k e ite n und G re n ze n e in e r p ro d u k tiv itä ts o rie n tie rte n L o h n p o litik , W ien 1960. 8) V g l. H ans D e c k e r s : T a rifv e rtra g ? , M ü n s te r 1960. 264 B e trie b lic h e r o d e r ü b e rb e trie b lic h e r die A rbeitgeber sich den Status quo sichernder Formeln im Rahmen der von ihnen bevorzugten zentralen Tarifverhandlungen b e d ie n e n 8). Reali stisch dürfte sein, daß die Gewerkschaften Lohn erhöhungen durchzusetzen versuchen, die die vergangene oder antizipierte Inflationsrate berück sichtigen und darüber hinaus über dem durch schnittlichen Produktivitätsfortschritt m it dem Ziel liegen, das Verhältnis von Lohn- und Gewinnquote durch „Zusamm endrücken der G ew innzitrone“ zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Deshalb nützt es der lohnpolitischen Praxis kaum etwas, wenn von seiten der Lohntheorie griffige Lohnformeln entw ickelt werden. Realistischer da gegen ist es, sich darüber Gedanken zu machen, ob und welche neuen Entlohnungsform en bei Wah rung derT arifautonom ie praktiziert werden können und sollen, die über das klassische Instrum enta rium der B ariohnpolltik hinausgehen und deren Einsatz sowohl verteilungsw irksam e als auch sta bilitätskonform e W irkungen zeitigen können, dam it der (vermeintliche?) W iderspruch zwischen vertei lungsw irksam er und stabilitätsorientierter Lohn p o litik aufgehoben werden kann. Dies soll im fo l genden in Grundzügen untersucht werden, ohne dabei allzusehr in die Details gehen zu wollen. Nachteile deutscher Lohnpolitik Der ln der Vergangenheit praktizierten Lohnpolitik der Gewerkschaften, denen sicherlich ln langfristi ger Betrachtung stabilitätspolitisches Verantw or tungsbewußtsein nicht abgesprochen werden kann, haftet jedoch im m er die potentielle Gefahr der kurzfristigen Instabilität an. Der besondere Cha rakter deutscher Lohnpolitik potenziert diese Ge fahr. □ Es gelten Einheitstarife fü r das gesamte Tarlfgeblet bzw. die gesamte Branche. Das heißt, Grenz betriebe und Intram arginalbetriebe haben die glei chen Lohnsätze zu verkraften und werden dam it ungleich behandelt, was um so bedenklicher ist, wenn Gewerkschaften sich bei ihren Lohnforde rungen an den gewinnstarken Unternehm en bzw. an der durchschnittlichen Branchenproduktivität orientieren 9). Dies kann zu einer besonderen Be lastung jener Unternehmen führen, deren Gewinn margen gering sind, vor allem wenn Abwälzungen auf die Preise schwer bzw. nur partiell durchsetz bar sind, so daß die Gewinne nicht stabilisiert w er den und Unterbeschäftigung und Wachstums verluste drohen. □ Einheitstarife können im Rahmen entsprechen der m onetärer Gesamtnachfrage leichter auf die 9) V g l. H e lm u t C o x : M ö g lic h k e ite n und G re n z e n d e r P o litik der V e rm ö g e n s v e rte ilu n g , a . a . O . , S. 185 f. WIRTSCHAFTSDIENST 1977/V WISSENSCHAFT FÜR DIE PRAXIS Preise abgew älzt werden, wenn alle Unternehmen prinzipiell m it den gleichen Tarifsätzen belastet werden. □ Ein w eiterer Nachteil deutscher Lohnpolitik liegt jedoch darin begründet, daß In der Vergan genheit grundsätzlich nur B arlohnpolitik betrieben worden ist und verm ögenspolitische Strategien kaum Eingang in die T arifp olitik der Gewerkschaf ten gefunden haben 10). Der Gedanke, einen Teil der Lohnerhöhungen systematisch als sogenannte Investlvlöhne zu vereinbaren oder investive Ge w innbeteiligungen zu realisieren, und zwar als Zu satz zu Barlohnsteigerungen, ist bisher bis auf ’ 0) V g l. G e rh a rd W e i s s e r : L o h n b ild u n g in d e r M a rk tw irt schaft, in: G ew erk s c h a ftlic h e M o n a ts h e fte , 1956, S. 532. " ) V g l. O sw ald v. N e l l - B r e u n i n g : S p a re n o h n e Ko nsum verzich t? , in: G . L e b e r (H rsg ): V e rm ö g e n s b ild u n g in A rb e it n eh m e rh an d , D o k. III, W is sen sch aftlich e B e iträ g e , F ra n k fu rt/M . 1965, S. 43 ff.; Erich P r e i s e r : T h e o re tis c h e G ru n d la g e n d e r V e rm ö g e n s p o litik , B o n n e r A k a d e m is c h e R e d e n , N r. 29, Bonn 1964; G erh ard W e i s s e r : V e rm ö g e n s w irk s a m e T a rifv e rträ g e — Ihre R e chtfertig ung und ih re T e c h n ik , in : G . L e b e r (H rs g .): V e r m ö g en sb ild u n g in A rb e itn e h m e rh a n d , D o k. III, W iss. B e iträ g e , F ra n k fu rt/M . 1965, S. 123 ff.; T h e o T h i e m e y e r : G e w erks ch af ten und V e rm ö g e n s b ild u n g , in: G ew erk s c h a ftlic h e M on atsh efte, 1961, S. 85 ff.; W in frie d H ö h n e n : D ie verm ö g e n sp o litisch en G esetze und M aß n ah m e n in d e r B R D , K ö ln 1968; H e lm u t C o x : D ie O rd nung d e r O rig in ä rv e rte ilu n g als G eg en stan d d e r V e rm ö g e n s p o litik , Diss. K ö ln 1965. wenige Ausnahmen noch nicht von den Gewerk schaften aufgegriffen worden, obgleich Vor schläge dieser A rt in der lohnpolltischen Diskus sion seit längerer Zelt e n tw ic k e lt11) und noch kürz lich auch vom Sachverständigenrat In Verbindung m it der Forderung nach maßvollen Barlohnab schlüssen In seinem Jahresgutachten 1976/77 unter der Überschrift „K o rre ktu r der Einkommens verteilung“ gemacht worden sind 12). Auswirkungen von Einheitsinvestivlöhnen Investivlohn und investive G ewinnbeteiligung sind sicherlich nicht als Alternative zur bisherigen Lohn politik, sondern als lohnpolitisches A dditiv zu be greifen, das stabilitätspolitischen Zielen gerecht werden soll. Jedoch kom m t es darauf an, diese Instrum ente so einzusetzen und so zu gestalten, daß sie einerseits stabilitätspolltischen Zielen ge recht werden, andererseits aber auch den Vertei lungsstatus positiv zugunsten der Arbeitnehm er beeinflussen können. Gerade unter diesen Ge12) V g l. S a c h v e rs tä n d ig e n ra t z u r B e g u tachtung d e r g e s a m tw irt sch aftlichen E n tw ick lu n g : J a h re sg u tach ten 1976/77, Bonn 1976, S. 61 ff. VERÖFFENTLICHUNGEN DES HWWA-INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG-HAMBURG N EU ER SC H EIN U N G Hajo Hasenpflug NICHT-TARIFÄRE H A N D E LS H EM M N IS S E Formen, W irkungen und wirtschaftspolitische Beurteilung Neben den Zöllen beeinflußt eine Vielzahl nicht-tarifärer Handelshem m nisse Umfang, Richtung und gütermäßige Struktur des internationalen W arenverkehrs. Diese sogenannten NTBs (non-tariff barriers) gewinnen mit fortschreitendem Zollabbau zunehm end an Bedeutung. In der vor liegenden Studie wird die sehr kom plexe und heterogene M aterie durch Systematisierung in zehn NTB-Typen, die den Import hemmen, und drei NTB-Kategorien, die den Export begünstigen oder beschränken, sowohl für den W issenschaftler als auch für den W irtschaftspolitiker und nicht zuletzt für den Praktiker übersichtlich gestaltet. Großoktav, 227 Seiten, 1977, Preis brosch. DM 3 4 , - V E R L A G W E L T A R C H I V WIRTSCHAFTSDIENST 1977/V G M B H ISBN 3-87895-139-6 - H A M B U R G 265 WISSENSCHAFT FÜR DIE PRAXIS sichtspunkten betrachtet sind die oben genannten Instrum ente nur unter bestimmten Bedingungen geeignet. Investivlöhne haben grundsätzlich Kostencharakter, auch wenn innerhalb der Sperrfrist den Unterneh men keine Liquidität entzogen wird, nachher je doch eine Auflösung der investiven Anlagen nicht ausgeschlossen werden kann. Daher muß im Rah men der entsprechenden monetären Gesamtnach frage kostenseitig m it inflationären Impulsen ge rechnet werden, die bei Einheitsinvestivlöhnen wegen der leichteren Ü berwälzbarkeit auf die Preise um so wahrscheinlicher sind. Bei vermach teten Märkten w ird der m it Investivlöhnen verbun dene „co st push“ um so leichter auf die Preise abzuwälzen sein. Bei gleichbleibender Nachfrage funktion müssen kostenseitig hervorgerufene In flationsprozesse mit Unterbeschäftigung und Wachstumsrückgang teuer erkauft werden. Zudem ist fraglich, ob Einheitsinvestivlöhne posi tive Verteilungseffekte zugunsten der Lohnein komm ensbezieher hervorrufen 13). O rientiert sich die Höhe des Einheitsinvestivlohns an dem Grenzbetrieb eines Tarifgebietes, so muß die Vertei lungsunw irksam keit des lnvestivlohns in Kauf ge nommen werden. Umverteilungseffekte werden wegen des niedrigen Einheitstarifs kaum entste hen. W ird die Höhe des Einheitstarifs von vorn herein so hoch angesetzt, daß ein hoher Vertei lungseffekt erreicht wird, d. h. daß die m it hohen Gewinnm argen arbeitenden Unternehmen ange zapft werden, so muß bei begrenzter bzw. nicht m öglicher Ü berwälzbarkeit m it einem Ausscheiden der Grenzbetriebe und/oder m it der Existenz gefährdung vieler gewinnschwacher Betriebe die ses Tarifbereichs sowie mit A rbeitslosigkeit und gegebenenfalls W achstumsverlusten gerechnet werden. Ergebnisbezogene Staffeltarife Wenn überhaupt an die Einführung des Investivlohns gedacht sein soll, bleibt unter den oben genannten Aspekten nur folgende W ahl: An die Stelle von Einheitstarifen müssen Staffeltarife tre ten, die die Unternehmen entsprechend ihren Gewinnlagen b e la ste n 14). Die Einführung eines solchen ergebnisbezogenen Staffeltarifsystem s w ürde die Hinwendung zu betriebsnahen bzw. sol chen Tarifen bedeuten, die auf kleinere T arif gebiete oder sogar einzelne Unternehmen (Firmen tarife) zugeschnitten sind. Nach einem solchen Tarifsystem würden die Unternehmen, die hohe Gewinne machen, auch entsprechend höhere ln,3) V g l. H e lm u t C o x : M ö g lic h k e ite n und d e r V e rm ö g e n s v e rte ilu n g , a. a. O ., S. 186. M) E b en d a. 266 G re n ze n der vestivlöhne als Unternehmen m it niedrigen Ge winnen zahlen. Dies erhöht die Verteilungsw irk samkeit der Lohnpolitik, aber auch die m it dem Einheitsinvestivlohn verbundene W irkung der uni formen Belastung und deren negative Folgen für die Unternehmen wären geringer als bei Einheits löhnen. Das dann allerdings entstehende Problem der Verteilungsungerechtigkeit ist die Kehrseite der M edaille, weil A rbeitnehm er in gew innträchti gen Unternehmen überproportional mehr verdie nen als solche in gewinnschwachen Unternehmen. Aber ein Problem b leibt nach w ie vor der Kosten charakter des Investivlohns, auch wenn im Falle der investiven Anlage der Löhne im Unterneh mensbereich kein Liquiditätsentzug entsteht, so daß, unterstellt man den kosteninflationstheore tischen Ansatz, stabilitätspolitische Bedenken gel tend gemacht werden müssen. Vorteile investiver Gewinnbeteiligungen Es liegt also nahe zu prüfen, ob und inw iew eit als A lternative zum differenzierenden ergebnisbezo genen Investivlohn investive G ew innbeteiligungen der Arbeitnehm er verteilungs- und sta b ilitä tsp o li tische Effekte auslösen. Der Vorteil des Einsatzes dieses originärverteilungspolitischen M ittels kann sich sowohl in einer Aufschwungphase als auch in der Vollbeschäftigungsphase als zweckmäßig erweisen; und grundsätzlich hat es sogar Vorteile gegenüber der Investivlohnpolitik und der klassi schen B a rlo hn po litik der Gewerkschaften. Die Vorteile liegen wie beim ergebnisbezogenen Investivlohn in der O rientierung der Verteilung an der Größe Gewinn. Eine uniform ierende Be handlung der Unternehmen w ird ausgeschlossen, da diese nach ihrer w irtschaftlichen Leistungs kraft belastet werden. Diese Bedingung w ird um so eher eingehalten, je betriebsbezogener Ge w innbeteiligungen vereinbart werden. Die O rien tierung am Branchengewinn, w ie der Sachverstän digenrat e m p fie h lt15), ist deswegen nicht zweck mäßig. Die investive Verwendung der M ittel komm t ge gebenenfalls dem Finanzierungs- und Investitions interesse der Unternehmen entgegen, so daß keine L iquidität entzogen w ird. Die Inflationsge fahr im Sinne des „cost-p ush “ ist, da investive G ew innbeteiligungen keinen Kostencharakter ha ben, sondern ex ante- und daher unbekannte G rö ßen sind, zum indest nicht so viru len t w ie bei Lohnerhöhungen, deren Kostencharakter eindeu tig ist, w om it freilich nicht verkannt werden soll, daß auch potentielle G ew innbeteiligungen schon P o litik >5) S a c h v e rs tä n d ig e n ra t z u r B e g u tachtung d e r g es am tw irtsch aft lichen E n tw ick lu n g : J a h re sg u tach ten 1976/77, a. a. O ., S. 147. WIRTSCHAFTSDIENST 1977/V WISSENSCHAFT FÜR DIE PRAXIS in Preissteigerungen bewußt a ntizipiert werden kö n n e n 16), wenn konstante Gewinnsätze ange strebt werden. Berücksichtigt man all diese Gesichtspunkte, so spricht zum indest die Vermutung dafür, daß eine G ew innbeteiligungspolitik partiell eine akzep table Alternative zur traditionellen Lohnpolitik sein kann. Anstelle gesam tw irtschaftlich uner wünschter — z. B. über den P roduktivitätsfort schritt hinausgehender — Barlohnerhöhungen könnten investitionsbestim m te G ew innbeteiligun gen auf betrieblicher Basis prozentual ex ante vereinbart werden, die aber erst w irksam werden, wenn ein positiver w irtschaftlicher Erfolg einge treten ist. Sicherlich gehen die Arbeitnehm er da m it ein Einkom m ensrisiko ein; dafür verm indert sich aber das A rb e its p la tz ris ik o 17). Zwei-Phasen-Modell des BMWi Diese M öglichkeit der ex ante festzulegenden Be teiligungshöhe an den Unternehmensgewinnen grenzt sich von dem aus dem Bundeswirtschafts m inisterium stammenden Vorschlag ab, die T arif verhandlungen in zwei Phasen einzuteilen, wobei in der ersten Phase unter Berücksichtigung ge schätzter Konjunkturdaten vorsichtige Barlohn erhöhungen vereinbart werden sollen, während in der zweiten Phase als Ausgleich fü r gegebenen fa lls zu niedrige Lohnerhöhungen in der ersten Phase nachträglich verm ögenswirksam e Zu schläge ausgehandelt werden sollen. Es ist in diesem Zusammenhang dem Sachverständigenrat zuzustimmen, wenn er dieses Zwei-Phasen-M odell stabilitätspolitisch gesehen fü r bedenklich hält, da die Ungewißheit über die künftigen relativen Gewinnanteile der A rbeitnehm er Unsicherheit bei den Unternehmen erzeugen d ü rfte 1S). Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Gewerk schaften in der zweiten Phase Nachholansprüche unangemessen überziehen und auch durchsetzen, was sicherlich den Sinn des Zw ei-Phasen-M odells konterkarieren würde. Vorzugsw ürdiger dürfte da her der hier vorgeschlagene Weg sein, parallel zu den Lohntarifen die relative G ewinnanteilshöhe der Arbeitnehm er ex ante schon festzulegen und damit zum „D atum “ zu machen. Das Problem liegt natürlich in der Bemessung des stabilitätspolitisch zu verantwortenden B e teili gungsspielraums, der unternehm ensindividuell verschieden ist und vorsichtig ausgelotet werden muß. Dieser Spielraum kann nur durch w ohldo sierte G ew innbeteiligung langsam und vorsichtig V g l auch C a rl F ö h I : K reisla u fa n a ly tis c h e U ntersu chung der V e rm ö g en sb ild u n g In d e r B u n d e s re p u b lik und d e r B e e in flu ß b a r keit Ih re r V e rte ilu n g , T ü b in g e n 1964, S. 130 f. ,7) V g l. S a c h v e rs tä n d ig e n ra t z u r Begutachtung d e r g e s a m tw irt schaftlichen E n tw ick lu n g : J a h re sg u tach ten 1976/77, a. a. O ., S . 144 ff. 'S) E b enda, S. 146. WIRTSCHAFTSDIENST 1977/V erschlossen werden, wobei ständiger Versuch und Irrtum nicht auszuschließen sind. M it Sicher heit darf nicht erw artet werden, daß die Gewinn beteiligungen der Arbeitnehm er alternativ zur bisherigen Lohnpolitik der Gewerkschaften treten, sondern nur additiv zu begreifen, sind, um zusätz liche stabilitätspolitisch zu verantwortende Ver teilungsspielräum e fü r die Arbeitnehm er zu er öffnen und dam it dem gewerkschaftlichen Inter esse nach Verteilungsvorteilen entgegenzukom men. Voraussetzungen einer Realisierung Für die Realisierung einer solchen V erteilungs p o litik ist jedoch notwendig, daß eine Verbindung zwischen den zentral auf überbetrieblicher Ebene geführten Barlohn- und den dezentral auf betrieb licher Ebene geführten G ew innbeteiligungsver handlungen hergestellt w ird und daß überhaupt beide T arifparteien bereit sind, B a rlo hn po litik und investive G ew innbeteiligungspolitik kom binativ zu betreiben. Z ur Verw irklichung dieses dualistischen Verhand lungsm odells ist die Kooperation und Abstim mung zwischen dezentraler und zentraler Ebene notwendig. Dies g ilt sowohl fü r die Arbeitgeber ais auch fü r die Arbeitnehm erseite. Unterstellen w ir, daß in den bisherigen Tarifauseinanderset zungen der Kontakt der Verbände zu ihrer Basis in den Unternehmen nie ernsthaft in Frage gestellt war, dürfte auch in diesem Fall kaum ein ernst haftes Problem entstehen 19). Dagegen ist es viel schwieriger, die Bereitschaft auf A rbeitnehm er- und A rbeitgeberseite zu wekken, eine kom binierte Barlohn- und G ew innbetei ligu ng spo litik zu betreiben. Sowohl bei Gewerk schaften als auch bei Unternehmern ist diese Be reitschaft aus mehreren Gründen, teils aus grund sätzlichen ideologischen Erwägungen, te ils aber auch aus Vorurteilen und aus Verkennung beider se itiger Vorteile einer solchen V erteilungspolitik, bisher noch nicht vorhanden. Der Sachverständi genrat schätzt diese Bereitschaft vielleicht etwas zu optim istisch ein, wenn er meint, man sei heute von derartigen Überlegungen w eniger w eit ent fernt als noch vor wenigen J a h re n 20). Eine ver einzelt festzustellende Bereitschaft dürfte aber stabilitäts- und verteilungspolitisch wenig effektiv sein, so daß eine investive G ew innbeteiligung nur auf bre iter Basis sinnvoll ist. !9) E in e r g e n a u e re n U ntersu chung b ed ü rften in diesem Z u s a m m en h a n g d ie A s p e k te : S ic h e rs te liu n g d e r In te rd e p e n d e n z von e in z e lb e trie b lic h e r und z e n tra le r V e rh a n d lu n g s e b e n e a u f A rb e it g e b e r- und A rb e itn e h m e rs e ite ; P ro b le m d e r m ö g lich en K o n ku r re n z - und u. U. K o n flikts itu atio n zw isch en B e trie b s rä te n und G e w erksch aften ; Frag e n d es b e trie b lic h e n E in zu g sb ereich s von G e w in n b e te ilig u n g s v e rh a n d lu n g e n ; F ra g e n des Schlichtungsw esens b ei G e w in n b e te ilig u n g s v e rh a n d lu n g e n . 20) V g l. S a c h v e rs tä n d ig e n ra t z u r B egutachtung d e r g e s a m tw irt schaftlichen E n tw ick lu n g : Jah re sg u tach ten 1976/77, a. a. O ., S. 144. 267 WISSENSCHAFT FÜR DIE PRAXIS Sicherlich w äre es zu begrüßen, wenn die Träger der Lohnpolitik von sich aus eine solche kom bina tive V erteilungspolitik betrieben, denn sie läge sowohl im verteilungs- als auch im sta b ilitä tsp o li tischen Interesse. Wenn hierzu aber Anreize und andere M ittel der „leichten Hand“ nicht zum Ziele führen, sollte in der Tat überlegt werden, ob im Falle einer erheblichen Gefährdung des gesamt w irtschaftlichen Gleichgewichts im Sinne des §1 des Gesetzes zur Förderung der S tab ilitä t und des Wachstums der W irtschaft die kom binative Anwendung von Barlohn- und investiver Gewinn bete ilig un gsp olitik nicht vorgeschrieben werden sollte. Schon der Zwang zur gleichzeitigen Anwen dung beider Instrum ente kann sich stabilitäts- und verteilungspolitisch positiver auswirken, als wenn nur das „klassische“ M ittel der Barlohnerhöhung eingesetzt w ürde. In diesem Sinne könnte sich eine entsprechende Erweiterung des S tabilitäts gesetzes anbieten. Zw ar w ürde dies eine Ein engung des Entscheidungsspielraum s der T a rif parteien bezüglich der Anwendung der ve rte i lungspolitischen A ktionsparam eter bedeuten, je doch läge die Höhe des auszuhandelnden Bar lohns und der investiven G ew innbeteiligung nach w ie vor im Zuständigkeitsbereich der T arifpar teien, so daß die Tarifautonom ie nicht wesentlich tangiert w ird. In der Vermögens- und einkom m enspolitischen Diskussion standen und stehen w eit schärfere Einwirkungsmaßnahmen als die hier in Erwägung gezogene zur Debatte und werden in vielen Län dern der W elt auch p ra k tiz ie rt21). W er z.B . bei uns den gesetzlichen Investivlohn oder die ge 21) Z . B. ¡n Form von Lo h n - und P reissto p p s in v e rsc h ied en en L än d ern . V g l. d azu O scar-E rich K u n t z e : P re is k o n tro lle n , Loh n ko n tro lle n und L o h n -P re is -In d e x b in d u n g in d en eu rop äischen Län d ern , a . a . O . ; K a rl-F rie d ric h L a r e n z : U n tersuchung zu r E in k o m m e n s p o litik , a. a. O. 22) So h atte sich b ek an n tlich auch d e r D G B m eh rh eitlich fü r das ü b e rb e trie b lic h e G e w in n b e te ilig u n g s s y s te m aus g esp ro ch en . D ie A rb e itg e b e r hab en kürzlich ein K o n zep t b e trie b lic h e r G e w in n b e te ilig u n g vo rg e le g t. HERAUSGEBER: H am b u rg D ietrich H W W A — In stitu t fü r W irtschaftsforschun g — (P rof. O rtlle b , D r. W o lfg a n g M ic h a ls k i, P rof. D r. H e in z - P rof. D r. H a n s -J ü rg e n S chm ahl) O tto G. Vermögenspolitische Kompensationsmaßnahmen A llerdings ist im Falle betrieblicher G ew innbetei ligungssystem e das Argum ent der ungerechten — weil zufallsbedingten — Verteilung nicht von der Hand zu weisen, da nur Arbeitnehm er in ge w innträchtigen Unternehmen entsprechend ge fö rd ert werden. Die Nachteile, die in diesem Zu sammenhang die Arbeitnehm er in öffentlich staatlichen Einrichtungen, in Kostendeckungsbe trieben, in „N on-P rofit-E nterprises“ und extrem gewinnschwachen Bereichen in Kauf nehmen müssen, könnten durch spezielle lohn- und ver m ögenspolitische Maßnahmen kom pensiert w er den. H ier wäre zu überlegen, ob nicht unsere bisheri gen verm ögenspolitischen Maßnahmen, so z. B. das 624-DM-Gesetz oder das Sparprämiensystem , grundlegend einmal auf ihre verm ögenspolitische W irksam keit zu überprüfen wären, weil bekannt ist, daß auch Personenkreise in höheren Einkom m ensklassen in den Genuß d erartige r verm ögenspoltischer Maßnahmen kommen, obwohl sie eigentlich gar nicht zu dem verm ögenspolitisch zu fördernden Personenkreis gehören sollten. Ist man bereit, unsere derzeitige Verm ögenspolitik einmal unter diesem G esichtspunkt zu überprü fen, dann könnten eventuell freiw erdende finan zielle M ittel bevorzugt jenem Personenkreis zuge führt werden, der nicht an ausgehandelten Ge w innbeteiligungen partizipieren könnte. 23) D a b ei kö n n te n sich V o rs c h lä g e e rü b rig e n , in e in e m s p e z ie l len V e rb ä n d e g e s e tz d ie „M a rk tm a c h t“ d e r T a rifp a rte ie n zu b än d ig e n . V o rs c h lä g e d ie s e r A rt, d ie o h n e h in kaum durch setzb ar s in d , n e g ie re n w e itg e h e n d d en C h a ra k te r g e g e n g e w ic h tig e r M arktm ac h t, d en G ew erks ch afte n und A rb e itg e b e rv e rb ä n d e als T a rifv e rb ä n d e h ab en m üssen. H E R S T E L L U N G U N D V E R T R IE B : V e rla g W e lta rc h iv G m b H , H a m b u rg A n z e ig e n : G e n e ra lv e rtre tu n g D r. H ans K iem en A n z e ig e n p re is lis te : N r. 12 vom 1 .1 .1 9 7 1 R E D A K T IO N : D r. setzliche G ew innbeteiligung der A rbeitnehm er be fü rw o rte t22), w ird einer solchen Regelung, wie sie hier bezüglich der anzuwendenden A ktions param eter vorgeschlagen w ird, leichter seine Zu stim mung geben kö n n e n 23). M a y e r (C h e fre d a k te u r), D ip l.-V w . H u b e rt Ham ann, H e lg a H ö p in g Lan g e, D r. Klaus (S te llv e rtre te r), R e n a te S c h letz, K w asn iew ski, D ip l.-V w . C laus D ip l.-V w . K lau s B e z u g s p re is e : E in z e lh e ft: D M 7,50, J a h re s a b o n n e m e n t: D M 8 0 , (S tu d en ten : D M 3 0 , - ) E rsc h ein u n g sw eise: m o n atlich p e te r Z an zig D ruck: O tto S c h w itzk e, H am b u rg A n schrift stie g 21, d e r R e d a k tio n : 2 H a m b u rg T e l.: (0 40) 35 62 306/307 36, N euer J u n g fe rn A n schrift d es V e rla g e s : 2 H a m b u rg 36, N e u e r J u n g fe rn s tie g 21, T e l.: (0 40) 35 62 500 O h n e aus d rü cklich e G e n e h m ig u n g d es V e rla g e s ist es nicht ges tattet, d ie Z e its c h rift o d e r T e lle d a ra u s a u f p h o tom echanischem W e g e (P h o to k o p ie , M ik ro k o p ie ) o d e r auf a n d e re A rt zu v e rv ie lfä ltig e n . C o p y rig h t b ei V e rla g W e lta rc h iv G m b H . 268 WIRTSCHAFTSDIENST 1977/V
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