Newsletter Nr. 21 Crohn-Colitis-Online „Biologika“ Was sind

Newsletter Nr. 21 Crohn-Colitis-Online
„Biologika“
Was sind Biologika? Was machen Sie im Körper? Wie „biologisch“ sind sie eigentlich
und was für eine Hoffnung und was für ein Gefahrenpotential ist mit ihnen verknüpft?
(Teil 1)
Bis etwa Mitte der Neunzigerjahre waren Kortisonpräparate und verschiedene Antibiotika
(zur Bekämpfung klinischer Komplikationen) die stärksten Präparate, welche die Medizin
zum Thema chronisch-entzündliche Darmerkrankungen zu bieten hatte. Etwa 1995/96 wurde
für die Anwendung bei diesen Erkrankungen ein Medikament zugelassen, das zu Beginn in
der Transplantationsmedizin und später in der Rheumatologie verwendet wurde: Azathioprin,
ein Immunsuppressivum.
Wiederum etwa zehn Jahre später wurden Medikamente für die Behandlung chronischentzündlicher Darmerkrankungen zugelassen, die vorher ebenfalls in der Rheumatologie
eingesetzt wurden und unter dem (meinem Erachten nach verharmlosenden) Namen
„Biologika“ zusammengefasst wurden: Adalimumab und Infliximab, oder mit den
Markennamen: Humira und Remicade.
Der Wille der Forscher beim Entwickeln neuartiger
Entzündungsvorgänge ist, immer gezielter zu behandeln.
Medikamente
gegen
Diese Vorgabe erfüllen Biologika. Sie greifen nämlich wirklich sehr gezielt an nur einem
Punkt des Entzündungsprozesses ein: die beiden genannten Präparate am
„Tumornekrosefaktor Alpha“, oder abgekürzt: TNF-a. Da allerdings immer neue Präparate
aus dieser Arzneigruppe dazukommen, sind mittlerweile auch solche Biologika in der
„Warteschleife“, die den Entzündungsprozess an anderen Stellen gezielt unterbinden, zum
Beispiel an verschiedenen Interleukinen.
Punktgenau und äußerst stark in der Wirkung…
Das Prinzip ist nicht neu. Immunsuppressiva, die schon länger im Gebrauch sind, wie
beispielsweise auch Kortisonpräparate, setzen ihre Hebel an mehreren Punkten der so
genannten „Entzündungskaskade“ - damit sind die Stoffwechselprozesse, die im Körper eine
Entzündung in Gang setzen, gemeint - an. Je neuer die Entwicklung, umso gezielter dieses
Eingreifen, umso stärker die Konzentration auf einen bestimmten Vorgang im
Entzündungsprozess - und umso stärker die Wirkung.
Was bedeutet das in der Praxis?
Es ist eigentlich ganz simpel: Wirkung ist immer wieder individuell, das kann ich nach
jahrelanger Beobachtung von Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
sagen. Wenn bei den genannten Präparaten tatsächlich eine Wirkung eintritt, dann ist sie
äußerst stark.
Die Unterdrückung der Entzündung ist aus medizinischer Sicht so stark, dass eine
Hochdosistherapie mit Cortison dagegen geradezu lächerlich anmutet. Nach dem, was ich
mehreren Presseveröffentlichungen zum Thema entnommen habe, tritt eine erwünschte
Wirkung bei etwa 30 % aller Patienten ein. Was in Anbetracht der Tatsache, dass die
Präparate wirklich nur an einem Punkt des Entzündungsprozesses ansetzen, gar nicht mal so
schlecht ist.
Nur wenig mit biologischen Prozessen im Körper gemein
Die Präparate heißen zwar Biologika, aber die Wirkung im Organismus hat mit biologischen
Vorgängen und vor allen Dingen Dimensionen kaum noch etwas gemein. Ich kann die
Namensgebung nur aus dem Wirkmechanismus interpretieren, denn Biologika wirken recht
„stoffwechselnah“ und fügen sich demzufolge scheinbar recht gut in biologische Prozesse ein.
Allerdings: Ganz und gar nicht biologisch ist die aus menschlicher Sicht nahezu
unvorstellbare Gewalt, mit der sie einen Immun- bzw. Entzündungsprozess unterbrechen
können. Und das, was man in der Medizin so schön als „monoklonal“ (= an einem einzigen
Stadium des Immun- bzw. Entzündungsprozesses ausgerichteten) bezeichnet, ist an sich
ebenfalls nicht biologisch, da aus dem natürlichen Stoffwechsel solche einseitigen und
gleichzeitig extrem starken Prozesse nicht bekannt sind.
Massive Nebenwirkungen wie zum Beispiel ein anaphylaktischer Schock lassen sich durch
die starke und einseitige Wirkung dieser Präparate erklären. Durch die gewaltsame
Unterdrückung immunologischer Funktionen kommt es zu einem deutlich erhöhten
Infektionsrisiko, der Gefahr einer systemischen Pilzerkrankung (systemisch bedeutet: Pilze
wie etwa Candida besiedeln erhebliche Teile des Körpers aufgrund der Immunschwäche,
etwas, was zum Beispiel bei einem fortgeschrittenen Stadium von Aids ebenso vorkommt).
Bei einer Tuberkulose in der vor Anamnese sind die Präparate grundsätzlich kontraindiziert,
dass zum wieder Aufflackern der Erkrankung kommen kann. Ebenso werden häufig Herpes
zoster und sogar Windpocken bei Erwachsenen beobachtet.
Dass ein angestiegenes Krebsrisiko hingegen bisher nicht bei der Anwendung bei chronischentzündlichen Erkrankungen beobachtet wurde, hängt damit zusammen, dass der
Beobachtungszeitraum schlicht und ergreifend noch nicht lang genug ist und auch zu wenige
Erkenntnisse vorliegen. Bei einer Langzeitanwendung, die über 15 oder eventuell auch 20
Jahre geht, wären die Ergebnisse sicherlich aufschlussreicher. Da wir diese Erfahrung im
Moment noch nicht haben, sind wir hier auf Vermutungen angewiesen.
Dieses Thema wird im nächsten Newsletter fortgesetzt. Achtung für Neuleser: um meinen
Newsletter-Archiv etwas übersichtlicher zu gestalten, werde ich alle Ausgaben ab 21-40 in
einer neuen PDF-Datei abspeichern. Die vergangenen Ausgaben finden Sie in gut lesbaren
Format unter: www.crohn-colitis-online.de/infothek/newsletter-archiv
Mehr Informationen zum Thema Biologika finden Sie unter dieser Webadresse:
http://news.doccheck.com/de/1306/biologika-schwache-abwehr-teuer-bezahlt/
Hinweis für die Leserlichkeit: leider ist die Newsletter-Funktion auf meiner Website nur in
Plain Text ausführbar. D.h., sie unterstützt kein HTML. Sollten Sie Probleme mit der
Lesbarkeit haben, sehen Sie die Newsletter im Archiv ein. Dieses wird kontinuierlich nach
Verteilung des Newsletters geupdatet.
Biologika, Teil 2
Beobachtungen und Erfahrungen
Ich habe bereits in vergangenen Ausgaben des Newsletters gesagt, dass es den Morbus Crohn
bzw. die Colitis ulcerosa nicht gibt, sondern die Erkrankung ist so individuell wie der
Fingerabdruck des Patienten. Dennoch ist man als Heilpraktiker, der regelmäßig mit solchen
Patienten zu tun hat, voreingenommen.
Das liegt daran, dass das Patientenprofil, das eine Heilpraktikerpraxis aufsucht, ein anderes ist
als das Profil aller Erkrankten. Bei einem Heilpraktiker werden wesentlich mehr Patienten
vorstellig, denen eine medizinische Therapie nichts bringt bzw. die aus therapiert sind. Aus
diesem Grund bin ich wahrscheinlich eher auf der pessimistischen Seite bezüglich der
Wirkung der Biologika (Remicade beziehungsweise Infliximab und Humira beziehungsweise
Adalimumab). Insofern: wenn ich Prozentangaben über die positive Wirkung dieser
Arzneimittel mache, dürften die wahrscheinlich am unteren Ende der Skala zu finden sein.
Bestandsaufnahme bis heute: ca. 30 % sprechen positiv an…
Biologika gelten - oder ich sollte vielleicht besser sagen: galten – als „letzte Therapieoption“,
wenn die Alternative eine Operation mit einem deutlichen Verlust an Lebensqualität für den
Patienten war, wie zum Beispiel beim künstlichen Darmausgang. Mittlerweile kann oder
vielmehr muss ich feststellen, dass diese Arzneimittel immer häufiger bei Patienten mit einem
so genannten „leichten, aktiven“ Verlauf angewandt werden. Leichter, aktiver Verlauf
bedeutet: es sind immer Symptome da, die zwar den normalen Alltag des Patienten
beeinträchtigen, aber nicht in einem Maße, dass erhebliche Einschränkungen der
Lebensqualität stattfinden. In einem leichten, aktiven Verlauf kommt es auch kaum zu so
genannten extraintestinalen Manifestationen bzw. Komplikationen. Bei Morbus Crohn wären
dass die berühmt-berüchtigten Fisteln. Sah man beispielsweise Remicade als ein Medikament
an, mit dem man diese Komplikation gelegentlich ohne Operation in den Griff bekam, wird
dieses Mittel heute immer häufiger auch bei unkomplizierten Verläufen eingesetzt, die
allerdings auf andere Immunsuppressiva nicht ansprechen.
Ich nenne dieses Phänomen „therapeutische Inflation“. Es werden bei immer leichteren
Verläufen immer stärkere Therapien verwendet. Daran gemessen liegt die tatsächliche
Erfolgsquote nach meiner eigenen Statistik eher niedrig: Knapp ein Drittel aller Patienten, die
mit den neuen Medikamenten behandelt werden, reagieren positiv darauf. Noch schlechter
sieht es aus bei den Patienten, bei denen Azathioprin und andere Immunsuppressiva keine
positive Wirkung gezeigt haben. Hier registriere ich ein „Ansprechverhalten“ auf die
Biologika von um die 10 %. Wie gesagt, räume ich dabei ein, dass ich dies aus
Heilpraktikerperspektive sehe und das im Querschnitt der betroffenen Gesamtbevölkerung die
Erfolgsquoten wahrscheinlich höher liegen.
Aus Heilpraktikersicht: ist mit einer so genannten „Regulationsstarre“ zu rechnen?
Als Regulationsstarre bezeichnen wir in der Naturheilkunde ein fehlendes Ansprechen auf
jede Art von entgiftender bzw. ausleitender Therapie. Bei der Anwendung der Biologika
kommt es meiner Beobachtung nach leider zu einer Verminderung des positiven Ansprechens
auf naturheilkundliche Therapien auf etwa 10-20 % des maximal möglichen Ergebnisses.
Wenn man bedenkt, dass die Ansprechbarkeit auf naturheilkundliche Therapien unter
Kortisontherapie nur auf etwa 60-70 % reduziert ist, ist das eine recht bedenkliche
Entwicklung.
Nicht die Arzneimittel, sondern der Umgang mit ihnen ist das Problem!
Um das Ganze einmal zu relativieren: ich finde es gut für das Wohl des Patienten, dass wir
heute über solche Möglichkeiten verfügen. Hier können unter Umständen Patienten vor
Kurzdarmsyndrom, permanentem künstlichem Darmausgang und anderen, dauerhaft
Lebensqualität einschränkenden chirurgischen Maßnahmen bewahrt werden.
Das Problem ist nicht, dass es diese Medikamente gibt. Das Problem ist vielmehr, dass eine
allgemeine Tendenz in der Medizin herrscht, aus Ultima Ratio, also „den letzten“
Therapieoptionen, wenn nichts anderes mehr funktioniert, solche für leichte und
mittelschwere Verläufe zu machen. Fakt ist: die Biologika wirken stark und Sie können Leben
und Lebensqualität retten. Indem man sie aber bei leichten Krankheitsverläufen einsetzt,
verschiebt man meines Erachtens nach das Nutzen-Risiken-Verhältnis sehr unvorteilhaft.
Patienten mit erträglichen Verläufen werden - ob Sie nun in einem therapeutischen Sinne
positiv auf die Medikamente ansprechen oder nicht - erheblichen Mittel-und langfristigen
Risiken ausgesetzt, die im Verhältnis zum Krankheitsverlauf meines Erachtens nach nicht
angemessen sind.
Die Probleme werden in Zukunft sicher nicht kleiner werden, da sehr viele neue Präparate in
der Warteschleife liegen und der Zulassung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen
harren: beispielsweise Certolizumab, Ustekinumab und Vedolizumab. Die Wirkmechanismen
sind vergleichbar: alle setzen an einer bestimmten Stelle der Entzündungskaskade an und alle
wirken - wenn man ein Verhältnis zu normalen biologischen Prozessen setzt - nahezu
unvorstellbar stark.
Wäre ich Arzt und Gastroenterologe, würde ich diese Präparate nur dann einsetzen, wenn die
Alternative eine ernsthafte Komplikation oder eine langfristige, erhebliche Einschränkung der
Lebensqualität wäre. Ganz sicher nicht würde ich, wie ich leider des Öfteren von Patienten
vernommen habe, die Präparate „ausprobieren“. Zumal wir im Moment noch wenig über die
Langzeitwirkung der „Biologika“ wissen…
Newsletter Nr. 23 Crohn-Colitis-Online
Antibiotika, ein zweischneidiges Schwert
Einige wenige Ärzte stellen sich der allgemeinen Sichtweise in der Medizin, in Morbus Crohn
und Colitis ulcerosa Autoimmunerkrankungen zu sehen, entgegen. Viele dieser Ärzte sehen
und Antibiotika die sinnvollere Alternative gegenüber Kortison und Immunsuppressiva.
Vielleicht haben Sie schon einmal beobachtet, dass sie während eines Schubs mit
Komplikationen, der Ihnen einen Klinikaufenthalt bescherte, eine rapide und schnelle
Besserung durch das Antibiotikum Metronidazol (Markennamen u.a.: Arilin, Clont) erfahren
haben.
Ärzte und allgemein Therapeuten, die in chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen keine
Autoimmunerkrankungen sehen, argumentieren gerne so, dass das Darm-Immunsystem
krankmachenden Bakterien innerhalb der Darmflora keine ausreichende Gegenwehr bietet.
Nach dieser Argumentation würden Morbus Crohn und Colitis ulcerosa auf einer
Immunschwäche beruhen.
Für diese Argumentation spricht etwas, das sich auch immer wieder in meiner Praxis
beobachte: während Patienten auf 5-ASA (Salofalk, Claversal etc.), Immunsuppressiva wie
Azathioprin, Methotrexat und sogar Biologika überhaupt nicht ansprechen und
schlimmstenfalls sogar mit einer Verschlechterung der Symptome reagieren, ist das einzige,
was zu helfen scheint, systemisches Cortison (wie z.B. Solu-Decortin oder Prednisolon).
Auch habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass solchen Patienten häufig eine
Antibiotikabehandlung gut tut. Vielleicht wissen Sie bereits, dass Kortison neben seiner
Wirkung als Immunsuppressivum noch eine Wirkung als Langzeit-Stresshormon hat, die alle
anderen genannten Medikamente nicht haben (auch nicht lokal wirksames Cortison, zum
Beispiel Budesonid / Budenofalk etc.).
Doch Antibiotika sind weit davon entfernt, eine „Lösung“ für das „Problem“ chronischentzündliche Darmerkrankungen zu sein…
Aus der Praxis höre ich aber auch immer wieder, dass eine relativ harmlose Colitis oder
Crohn-Erkrankung nach einer (aus anderen Gründen notwendigen) Antibiotikabehandlung so
eskaliert, dass sie mit sämtlichen, oben aufgeführten Medikamenten nicht mehr in den Griff
zu bekommen ist. Was ganz simpel darauf schließen lässt, dass Antibiotika in der Therapie
chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen sowohl Segen als auch Fluch sein kann.
Ich möchte Ihnen als Heilpraktiker nun einmal ein etwas vereinfachtes Denkmodell dazu
darstellen: in der Naturheilkunde führen wir eine Autoimmunreaktion in erster Linie auf
veränderte (denaturierte) Eiweißstrukturen im Körper zurück, die nicht als körpereigene
Strukturen erkannt werden und dementsprechend vom Immunsystem bekämpft werden. Im
Darm kann dies auch dann geschehen, wenn die Zusammensetzung der Darmflora günstig
erscheint.
Bei einer Immunschwäche, die sich ausschließlich oder überwiegend im Darm bemerkbar
macht, sieht es anders aus. Das darmassoziierte Immunsystem hält krankmachende
Darmbakterien nicht ausreichend in Schach, so dass diese sich auf Kosten der „guten“ (der
Fachbegriff lautet: symbiotische) Darmflora ausbreiten können. Die Zusammensetzung der
Darmflora ist gegenüber dem gesunden Normalzustand in jedem Falle wesentlich
verschlechtert, die Entzündung wird durch die schädlichen Stoffwechselprodukte sowie die
Tätigkeit der krankmachenden Darmflora hervorgerufen.
So sieht die Situation aus, wenn man beide Zustände mit einer Antibiotika-Therapie
konfrontiert:
Bei der Autoimmunreaktion, bei der die Darmflora nicht notwendigerweise verändert sein
muss, zerstört die Antibiotikatherapie die anwesende Darmflora zu 70-90 %, worauf
normalerweise zurückgedrängt der Arten sich explosiv vermehren können. Mittelfristig kann
sich so das Profil der Darmflora deutlich verschlechtern. Findet aber bereits eine
Autoimmunreaktion im Körper statt, werden die Entzündungsvorgänge durch die sich
verschlechternde Darmflora nochmal deutlich verstärkt. Es wirken zwei Komponenten, die sie
sozusagen aufeinander auf addieren. Die gesundheitliche Lage wird dramatisch verschärft.
Im anderen Fall - der Immunschwäche - befindet sich in jedem Fall im Darm eine deutlich
veränderte Darmflora mit krankmachenden Eigenschaften. Da Antibiotika bezüglich der
Darmflora nicht zwischen „gut“ und „böse“ unterscheiden, wird die veränderte Darmflora
deutlich reduziert - und damit auch krankmachende Keime in derselben. Die Folge ist, dass
zunächst einmal eine Entlastung des Darms stattfindet. Das Antibiotikum „hilft“ (kurzfristig,
wohl gemerkt!) Zunächst einmal dem schwachen Darm-Immunsystem, die Schleimhaut zu
schützen. Die Prognose für die Langfrist ist leider nicht so günstig, da krankmachende
Bakterien der Darmflora sich im Allgemeinen als widerstandsfähiger erweisen und eine
größere ökologische Bandbreite haben. Damit wiederum vermehren sie sich schneller und
stärker. Die „Hilfe“ durch die Antibiotika-Therapie ist daher nicht von Dauer.
Interessant: Antibiotikatherapien werden insbesondere bei einem klinischen Verlauf mit
Komplikationen (auch außerhalb des Darms, wie Fisteln, Gelenkschmerzen etc.) verfolgt.
Und bringen häufig eine Linderung der Entzündungserscheinungen, wie ich auch an mir
selber bei meinen eigenen Krankenhausaufenthalten immer wieder beobachten konnte. In
diesem Falle ist es offensichtlich, dass von den schädigenden Darmbakterien Fernwirkungen
auf die verschiedenen Areale des Körpers ausgehen. Dass Bakteriengifte (die
Stoffwechselprodukte von Darmbakterien) die Darmschleimhaut so schädigen können, dass
sich Fisteln und Abszesse entwickeln können, ist nicht so bekannt wie die Tatsache, dass bei
Fisteln und Abszessen immer Erreger im Körper Regionen mit im Spiel sind, wo sie
normalerweise nicht hin gehören. Besonders unangenehm wird diese Tatsache dann, wenn
durch eine Fistel ein anderes Organ (beispielsweise die Blase) mit Darmkeimen verunreinigt
wird. Bei solchen Komplikationen sind Antibiotika nach wie vor durch nichts in der Medizin
zu ersetzen.
Newsletter Nr. 24 Crohn-Colitis-Online
Antibiotika und Allergien
Es ist ganz sicher keine neue Erkenntnis. Um genau zu sein, ist der Zusammenhang in der
Medizin schon seit über zehn Jahren bekannt: frühkindliche Antibiotika-Behandlungen
erhöhen das Allergierisiko im Schulkindalter. Das fatale dabei ist: eine einzige Behandlung
reicht bereits aus, und das Allergierisiko zu steigern. Und zwar um das anderthalb- bis
zweieinhalbfache.
Wie kommt das zu Stande?
Zwar stimmt es nicht, dass Antibiotika verschiedene Bakterienstämme nicht unterscheiden
können, aber in der menschlichen Darmflora ist es so, dass „gute“ und „schlechte“
Darmbakterien sich in ihrer Form nicht voneinander unterscheiden, beispielsweise beide zu
den „grampositiven Stäbchen“ zählen. Das bedeutet in der Praxis, dass Antibiotika immer
auch „gute“ Darmbakterien zerstören.
In einem gesunden Darm sollte es normalerweise so sein, dass die „guten“ Darmbakterien,
auch Symbionten genannt, mindestens 85 % der Darmflora ausmachen, die potenziell
krankmachenden Darmbakterien allerhöchstens 15 %. Ein Antibiotikum zerstört daher im
Verhältnis wesentlich mehr Symbionten als krankmachende Darmkeime. Und dann tun sich
zwei Probleme auf…
Das erste Problem
Die ab sterbenden bzw. beseitigten Symbionten lassen eine ökologische Nische unbesetzt. Da
auch ihr Kontrollfaktor ausfällt, wird diese Lücke im Ökosystem Darm oft von Darmbakterien
besetzt, die sich mit Ihrem Stoffwechsel nicht so günstig auf die Darmschleimhaut auswirken.
Daher können sich (zunächst mikroskopisch kleine) Entzündung-und Abwehrprozesse an der
Darmschleimhaut ausbilden, die mit einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut
einhergehen. Diese wiederum hat zur Folge, dass bestimmte Eiweiße, als Polypeptide
bezeichnet, durch die Darmschleimhaut hindurch treten können, was vorher, bei intakter
Darmschleimhaut, nicht möglich war.
Da das lymphatische Abwehrsystem diese großen Eiweißmoleküle allerdings als fremdartig
erkennt, kommt es zu einer Abwehrreaktion. Normalerweise könnten Eiweißmoleküle dieser
Größe nicht durch die Darmschleimhaut hindurch treten, sondern sie müssten vorher erst
vollständig zu Aminosäuren zerlegt werden, die im Zweifelsfalle vom Organismus als
freundlich erkannt werden würden. Die nicht vollständig zerlegten Eiweißbausteine hingegen
werden vom Körper nicht als freundliche Struktur erkannt und daher dementsprechend
bekämpft. Eine Allergie stellt sich ein.
Das zweite Problem
Im Gegensatz zur landläufigen Meinung werden Antibiotika erfahrungsgemäß von der Leber
eher langsam abgebaut, d.h., bevor sie vollständig zerlegt aus dem Körper ausgeschieden
werden, gelangen Sie über den Leber-Darm-Kreislauf unter Umständen mehrfach wieder in
den Darm. Der aktuelle Stand der Wissenschaft unterstützt dieses Wissen, Antibiotikakuren
sind anhand der Veränderung der Darmflora noch anderthalb, in Extremfällen fünf Jahre nach
der Antibiotika-Anwendung nachweisbar.
Es beginnt mit einer meist harmlosen Infektion
Infektionen im Kleinkindalter sind in den allermeisten Fällen denkbar harmlos. Vor allen
Dingen aber ist der Auslöser fast immer eine Virusinfektion, gegen die Antibiotika von
vornherein nicht helfen. Dennoch werden sie immer noch relativ häufig verordnet. Die
Antibiotikabehandlung kann nun beides verursachen: erstens eine zunehmende
Infektabwehrschwäche, zweitens Allergien. Missversteht man das Signal der zunehmenden
Infektabwehrschwäche, werden unter Umständen immer wieder Antibiotika verordnet. Ein
Teufelskreislauf beginnt. Auf diesem Wege begann übrigens meine „Crohn-Karriere“. Als
Kleinkind litt ich immer wieder an Stirn-und Nebenhöhlenentzündungen, die zu Beginn oft
mit Antibiotika behandelt wurden. Ich gehe heute davon aus, dass sich meine Darmflora bis
zum Ausbruch der Krankheit nie so richtig von dieser Geschichte erholt hatte.
Was tun?
Liest man sich allgemeine Gesundheitstipps durch, heißt es oft, man solle recht bald nach
einer Antibiotika-Kur ein gutes Probiotikum zu sich nehmen und sich möglichst gesund
ernähren. Das ist zwar nicht falsch, reicht aber nur dann aus, wenn es sich um eine einzelne,
kurze Kur handelt, die über 4-5 Tage nicht hinausgeht.
Liegen jedoch Mehrfachbelastungen oder längere Belastungen mit Antibiotika vor, ist diese
Vorgehensweise meiner Erfahrung nach nicht ausreichend. Je nach Typus ist man gut damit
beraten, die Entgiftungsleistung von Leber und Lymphe anzuregen. In der Naturheilkunde
richten wir uns hierbei nach der so genannten Konstitution. Die Konstitution gibt vor, welches
Organ verstärkt angeregt werden sollte, um Antibiotika-Rückstände aus dem Körper zu
befördern. Generell sollten über einen gewissen Zeitraum alle entgiftenden Organe ein Stück
weit angeregt werden. Hierzu folgende Tipps:
Es hat sich oft als günstig erwiesen, über 4-6 Wochen hinweg Milchprodukte möglichst zu
meiden, desgleichen zuckerhaltige Getränke, und möglichst viel Wasser zu trinken. Dabei
sollte sich ständig moderat bewegt werden, um den Lymphfluss anzuregen. Grünpflanzen,
wie Salate oder Blattgemüse, insbesondere mit einem gewissen Gehalt an Bitterstoffen (zum
Beispiel Chicorée) regen die Lebertätigkeit an. Die Ernährung sollte für 4-6 Wochen
überwiegt auf der vegetarischen Seite bleiben. Einen Schwerpunkt sollten dabei enzymreiche
Früchte, grünes Gemüse und Salate bilden. Das vorübergehende Einhalten einer Trennkost
(Eiweiß wie Fleisch nicht mit dichten Kohlehydraten wie beispielsweise Teigwaren
kombinieren) ist vorteilhaft für die Verdauungskraft und für den Darm.
Newsletter Nr. 25 Crohn Colitis Online
Natürliche Antibiotika-Alternativen, Teil 1
In den letzten beiden Newslettern wir das Thema „Antibiotika und ihre Auswirkungen auf den
Darm“. Eine alarmierende neue Meldung besagt, dass Keime und Erreger mittlerweile
schneller Antibiotika-resistent werden, als neuer Antibiotika entwickelt werden können. Aber
darum geht es in diesem Newsletter nicht. In diesem Newsletter soll erörtert werden,
inwieweit Alltagssituationen mit natürlichen Antibiotika-Alternativen in den Griff bekommen
werden können, um dem Darm und seiner Flora möglichst nicht oder nur wenig zu Schaden.
Allrounder, der schon im Dünndarm resorbiert wird: Angocin (Brunnenkresse-Extrakt)
Vielleicht haben Sie im Laufe ihres Lebens schon einmal das Medikament „Angocin AntiInfekt“ kennen gelernt. Dieses Medikament ist ein Beispiel dafür, dass auch natürliche
Substanzen die Darmflora angreifen. Das macht es aber nicht komplett unbrauchbar, sobald
jemand an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung leidet oder auch nur einen
sensiblen Darm (beispielsweise ein Reizdarm-Syndrom) hat. Denn: Brunnenkresse-Extrakt,
die wirksame Substanz in diesem Medikament, hat die Eigenschaft, dass sie nahezu
vollständig im Dünndarm resorbiert wird. Wirksamer Bestandteil sind sekundäre
Pflanzenstoffe und hier vor allem die so genannten Senföl-Glykoside. Sie können durchaus
Darmbakterien abtöten.
Für Morbus Crohn kann dies aber unter Umständen - wenn auch nicht immer - sogar Vorteile
haben. Ich beziehe mich hier auf die „Defensin-Hypothese“, die sich vor einigen Jahren in der
Medizin etabliert hat. Zellen am Grund der Dünndarmschleimhaut, so genannte „PanethZellen“ produzieren bei Gesundheit Körper eigene, Antibiotika-ähnliche Substanzen, die so
genannten „Defensine“. Die „Defensin-Hypothese“ besagt, dass dies bei Morbus Crohn nicht
mehr oder nur eingeschränkt der Fall ist und sich Bakterien vor allen Dingen im letzten
Viertel des letzten Dünndarmabschnitts (medizinisch: das Ileum) ausbreiten können und die
Darmschleimhaut reizen und entzünden können. Brunnenkresse kann die ungesunde
Ausbreitung der Bakterien im Dünndarm verhindern oder verlangsamen.
Objektiver Nachteil dabei: bei den Senföl-Glykosiden handelt es sich um Scharfstoffe, welche
die Darmschleimhaut durchaus reizen können. Insgesamt ist diese natürliche AntibiotikaAlternative ein Beispiel dafür, wie sich unterschiedliche Ursachen für die Darmentzündung
herleiten lassen, die auch auf naturheilkundliche oder pflanzliche Therapien unterschiedlich
reagieren. Wenn Sie meinen online-Artikel „Autoimmunerkrankung oder Immunschwäche?“
lesen, wissen Sie wahrscheinlich, worauf es hinauslaufen wird: je mehr sich die Erkrankung
individuell aus einer Immunschwäche herleiten lässt, umso wahrscheinlicher ist es, dass
Brunnenkresse (Angocin) positive Wirkungen entfaltet - egal ob bei einer von Erregern
verursachten Darmentzündung oder anderen Infektionen - ohne größere Nebenwirkungen zu
zeigen.
Manuka-Honig
Dieser Honig hat in den letzten zwei oder drei Jahren in der Naturheilkunde-Szene ziemliche
Furore gemacht. Seine antibiotische Wirkung enthält der Honig aufgrund seines natürlichen
Gehalts an dem Wirkstoff „Methylglyoxal“. Nach all meinen bisherigen Erkenntnissen,
schadet er den Darm nicht oder kaum - kann aber bei Infektionskrankheiten sehr positive
Wirkungen entfalten. Besonders bemerkenswert: ein Anwender berichtete mir vor einigen
Monaten per E-Mail davon, dass seine entzündlichen Gelenkbeschwerden nach der
regelmäßigen Einnahme von Manuka-Honig (achten Sie auf die Qualität „MGO 400+!“), und
zwar einem Teelöffel morgens und abends deutlich nachgelassen hatten. Sollten sich
Gelenkbeschwerden als Begleiterscheinung der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung
zeigen, ist es einen Versuch wert, den Honig einige Wochen lang einzunehmen. Aus
Sicherheitsgründen empfehle ich jedoch, mit einer einschleichenden Dosierung zu beginnen,
zum Beispiel ein halber gestrichener Teelöffel pro Tag!
Hilfreich bei Blaseninfektionen: D-Mannose
Immer wieder berichten Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen davon, an
Blasenentzündungen zu leiden. Hier hilft das Zuckermolekül D-Mannose meines Erachtens
nach BESSER als der oft angebotene Cranberry-Saft, der mit seinem vielen Fruchtzucker und
seiner Säure auf die Darmschleimhaut reizen kann. D-Mannose entfaltet KEINE Antibiotikaähnlichen Wirkungen, sondern sorgt dafür, dass Bakterien verschiedenster Art nicht an den
Schleimhäuten des Harnwegstrakts anhaften können. Durch zusätzlich reichliche
Flüssigkeitszufuhr werden die Bakterien schnell aus dem Harntrakt gespült. D-Mannose
gehört zwar zu den Zuckern, wird aber vom Körper nicht wie Zucker behandelt.
Interessantes aus der indischen Medizin…
Seit den späten neunziger Jahren wird die Pflanze „Andrographis“ oder „Kalmegh“, die in
Indien und auf Sri Lanka wächst, untersucht. Nach der gegenwärtigen Studienlage hat die
Pflanze eine außerordentlich positive Wirkung auf Erkältungskrankheiten und wirkt
leberschützend. Sie hemmt außerdem eine Reihe von Entzündungsbotenstoffen, wie
Interleukine, Lipoxygenase, Leukotriene, Prostaglandine. In überschaubarer Dosierung soll
sie auch Magen-Darminfektionen lindern, wohingegen eine hohe Dosierung eine
Verschlechterung von Verdauungssymptomen bewirkt hat.
Newsletter Nr. 26 Crohn Colitis Online
Natürliche Antibiotika-Alternativen, Teil 2
Etwas über Grapefruitkernextrakt…
In einer Ausgabe des „Well being Journals“ von 2000 (Januar), wurde Grapefruitkernextrakt
(bekannt für seinen Gehalt an Proanthocyanidin) näher untersucht, und es wurde festgestellt,
dass diese natürliche Substanz gegen einen Stamm von Enterokokken vorgeht, der sich als
resistent gegenüber dem Antibiotikum Vancomycin (ein Penicillin-Derivat) erwiesen hat.
Enterokokken sind grampositive Kugelbakterien, die unter bestimmten Umständen schädlich
sein können für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, da sie das Enzym
„Gelatinase“ bilden, dass eine entzündliche Reaktion im Darm vermittelt. Dazu kommt, dass
sich Grapefruitkernextrakt als effektiv gegen verschiedene Viren und sogar CandidaInfektionen erwiesen hat.
Ganz ohne Nebenwirkung geht es freilich nicht ab: nimmt man Grapefruitkernextrakt für
längere Zeit ein, kann der Stoffwechsel der so genannten „guten Darmflora“ beeinträchtigt
werden.
Ich habe selbst Grapefruitkernextrakt während eines Klinikaufenthaltes in meiner Morbus
Crohn-Zeit eingenommen, um den Darm auf eine kleinere Operation vorzubereiten
(Dickdarmentfernung eines Darmabschnitts von rund 20 cm Länge - für medizinisch
Interessierte: eine „Hemicolektomie“). Nach der Operation konstatierte der Chefarzt, er habe
(wörtlich!) „Noch nie einen so sauberen Dickdarm erlebt!“
Natürlich kann ein Patient einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung auch von
anderen Krankheiten, insbesondere infektiösen betroffen werden…
Herpes zoster (Gürtelrose) ist beispielsweise eine solche Erkrankung, die natürlich auch
Patienten einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung treffen kann. Da man in der
Naturheilkunde diese Erkrankung unter anderem mit hohen Dosen von Vitamin B12
behandelt, können Sie sich sicherlich an den Fingern einer Hand abzählen, welche Patienten
ist besonders betrifft: nämlich die mit Aufnahmestörungen im letzten Dünndarmabschnitt und
auch diejenigen, die wegen einer langfristigen Kortison-Therapie ein Magensaft hemmendes
Präparat einnehmen müssen (z.B. Antra, Omeprazol, Pantoprazol etc.). Auch kann „Bindung“
des Immunsystems an den Darm eine solche Krankheit begünstigen.
Nun ist Herpes zoster eine Virenerkrankung, doch natürliche antibiotische Substanzen gehen
auch gegen Viren vor, wie in diesem Fall zum Beispiel das Extrakt des Olivenblatts. Neben
Herpesviren werden auch noch Windpocken sowie Coxsackie-Viren vom Olivenblatt-Extrakt
gehemmt, daneben auch Bakterien wie Pseudomonas, Coryne-Bakterien, Staphylokokken und
andere Bestandteile einer krankmachend veränderten Darmflora, wie bestimmte Parasiten.
Auf der anderen Seite hemmt das Extrakt auch das Wachstum von so wichtigen Stämmen wie
Laktobazillen und Bacillus subtilis.
Einige Ärzte postulieren, bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zur Therapie
Antibiotika einzusetzen, da ihrer Auffassung nach die entzündliche Erkrankung auf einer
Immunschwäche und einer krankhaften Ausbreitung bestimmte Bakterienstämme beruht. Das
Thema „Autoimmunerkrankung oder Immunschwäche?“ wurde bereits öfter in Artikeln auf
dieser Seite angesprochen, weswegen ich mich an dieser Stelle nicht weiter dazu auslassen
möchte.
Sind Resistenzen möglich?
Auch gegen Naturstoffe können bestimmte Bakterien langfristig Resistenzen aufbauen, auch
wenn dies viel schwieriger ist als bei synthetischen bzw. chemischen Antibiotika, die sich
durch eine wesentlich einfachere chemische Struktur auszeichnen. Deswegen sollte man diese
Stoffe, ebenso wie konventionelle Antibiotika, nicht eben nach Lust und Laune einfach
einnehmen, sondern sie für die entsprechenden Notfälle vorbehalten.
In bestimmten (Laien-)Kreisen der Naturheilkunde gibt es derzeit den bedenklichen Trend,
gegen alles und jedes „kolloidales Silber“ einzunehmen. Ich halte von vornherein nicht viel
davon und rate grundsätzlich davon ab. Eine Überlegung wert ist schon eher die (äußerliche)
Anwendung von Wasserstoffperoxid (H2O2) in einer dreiprozentigen Lösung. Ich habe es
selbst noch nicht ausprobiert, aber bei beginnenden Erkältungen soll der Trick helfen, sich
einige Tropfen Wasserstoffperoxid 3% mit einer Pipette in beide Ohren ein zu träufeln. Für
die darmverträgliche Mundspülung empfehle ich einen Esslöffel Wasserstoffperoxid 3 %
sowie je zehn Tropfen „Salviathymol“ und Ringelblumenextrakt auf 100 ml Wasser.
Einige Änderungen auf www.crohn-colitis-online.de !
In den nächsten Monaten wird es einige Änderungen auf meiner Seite geben. Es wird mehr
E-Books und einen englischen Teilbereich geben. Die bereits vorhandenen Informationen
werden aktualisiert. Da ich dafür einiges an Zeit mehr aufwenden muss, wird der Newsletter
im kommenden Jahr nur noch alle vier Wochen erscheinen.
Newsletter Nummer 27 Crohn-Colitis-online
Mein kleines Spezial zur Vorweihnachtszeit: das Prinzip Hoffnung
Vor einigen Tagen kamen die neuen therapeutischen Leitlinien für die Behandlung chronischentzündlicher Darmerkrankungen heraus. Wahrscheinlich haben die meisten
Gastroenterologen sie bereits gelesen, denn in den letzten Tagen sind zwei Mails bei mir
eingegangen, bei denen Patienten mit winzigen Rest-Entzündungen, die sich im Blutbild
überhaupt nicht und im Darm auf einer Fläche einer Ein-Euro-Münze bemerkbar machten,
von ihren Ärzten angehalten wurden, sich doch endlich einer Therapie mit Remicade oder
Humira zu unterziehen.
Rückblende…
Es war in 1997 oder 1998, ich hatte gerade den letzten Krankheitsschub hinter mich gebracht
und befand mich schon auf Erholungskurs, als Azathioprin zur Therapie chronischentzündlicher Darmerkrankungen zugelassen wurde. Seinerzeit waren viele Mediziner davon
überzeugt: jetzt haben wir die Lösung!
Zehn Jahre später wurden die Biologika vorgestellt und zur Therapie von Morbus Crohn und
Colitis ulcerosa zugelassen. Wieder waren sich viele Mediziner sicher: jetzt haben wir die
Lösung! Was in beiden Fällen daraus geworden ist, kann man anhand des Beispiels
„Azathioprin“ heute schon sicher sagen, und bei den Biologika (Remicade und Humira)
zeichnet es sich schon ab.
Heilpraktikern wird ja gerne unterstellt, sie seien „Gegner der Schulmedizin“. Sicher gibt es
da einige, ich zähle mich jedoch selbst nicht dazu. Es ist zumindest bei mir so, dass ich einen
sinnvollen Einsatz der modernen, westlichen Medizin sehr befürworte. Allerdings mit der
Betonung auf „sinnvoll“. Und in einem Punkt muss die moderne Medizin von mir doch ein
wenig Kritik einstecken. Ich nenne diesen Punkt: „immer mehr vom Selben!“ Auch wenn die
Namen, auch wenn die Wirkungen der Medikamente wechseln, immer zielgerichteter und
immer genauer werden - das Prinzip - nach dem einzelne Krankheiten therapiert werden,
bleibt immer dasselbe. Im Falle der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen muss das
Immunsystem „gebremst“ werden. Obwohl schon etliche Renegades der Medizin ihre Stimme
erhoben haben und haben gesagt: falsch! Das funktioniert so nicht!
Aber was hat das mit dem Prinzip Hoffnung zu tun? Das klingt doch eher wie das
Prinzip Verzweiflung, oder?
Nein, eigentlich nicht. Denn man kann aus Fehlern lernen. Das Kollektiv ist träge. Eine
Gruppe von Menschen lernt nur sehr allmählich dazu, wenn überhaupt (das „überhaupt nicht
dazu lernen“ auch möglich ist, sehen wir im Moment sehr schön bei den Investmentbankern).
Aber einzelne Menschen können dazu lernen. Ich denke, ich habe dies in den letzten Jahren
auch getan.
Vor einigen Jahren bin ich schon mit dem Problem konfrontiert worden, dass meine
überwiegend vegetarische und allergenarme Diät einigen Patienten geholfen hat, aber
natürlich bei weitem nicht allen, die sich von mir beraten ließen. Ich habe für mich nach dem
Fehler gesucht und konsequenterweise herausgefunden, dass eine Diät, die einem sehr gut tut,
dem andern noch lange keine Hilfe bringen muss und umgekehrt. So hatte ich in den letzten
drei Monaten exemplarisch eine Patientin, die Veganerin geworden ist und seither keinerlei
Entzündungszeichen mehr hat, und einen jungen Mann, der Getreide und überhaupt
Stärkereiches aus seiner Ernährung verbannt hat, und seither ebenfalls keinerlei Symptome
hat.
Was ist die Message hinter meinem kleinen Beispiel?
Wie gesagt - das Kollektiv, der Querschnitt aller Patienten, die heute an einer chronischentzündlichen Darmerkrankung leiden, lernt langsam, wenn überhaupt. Um dies zu
veranschaulichen, genügt ein Blick in die Diskussion eines Selbsthilfeforums, die zurzeit
abläuft, und ein weiterer in eine Diskussion, die vor fünf oder zehn Jahren abgelaufen ist.
Aber Sie, Sie als Individuum, haben die Möglichkeit schnell zu lernen und sich zu entwickeln.
Sie haben die Möglichkeit, aus ihren Erfahrungen zu lernen. Und vor allen Dingen haben Sie
die Möglichkeit, sich selbst am eigenen Schopf aus dem kollektiven Jammertal
herauszuziehen, mit der Krankheit zu wachsen und ihr vielleicht irgendwann eines Tages
sogar zu entwachsen.
Sie dürfen dabei nur diese Dinge nicht tun: der Masse hinterher laufen. Sich, ohne diese
Dinge zu hinterfragen, auf die wissenschaftliche Lehrmeinung verlassen. Die
wissenschaftliche Lehrmeinung von heute ist der Irrtum von morgen, und dann wird sie
sowieso von ganz anderen Erkenntnissen abgelöst, die sich übermorgen wahrscheinlich
wiederum als falsch erweisen. Eines bleibt sowieso immer gleich, und das kontinuierlich
schon seit Jahrzehnten: nämlich die Auffassung der Medizin, dass die chronischentzündlichen Darmerkrankungen unheilbar sind.
Was ich Ihnen sage, hat nichts mit positivem Denken im Sinne von endloser Wiederholung
irgendwelcher Affirmationen zu tun („mir geht es gut, mir geht es immer besser…“ usw.),
sondern einfach damit, davon auszugehen, dass die, die behaupten, eine Krankheit sei
unheilbar, sich auch irren können. Denn wenn es die Möglichkeit einer Heilung gibt, dann
beginnt die bei Ihnen. Nicht mal bei irgend einem Therapeut, auch nicht bei mir, auch nicht
bei anderen. Eine Einstellung ist was völlig anderes als „positives Denken“. Ich hatte, als ich
krank war, immerhin noch das Glück, in dem Bewusstseinsfeld aufzuwachsen, dass es
keinerlei unheilbare Krankheiten gibt. Dass dies über viele Jahre absolut selbstverständlich
für mich war, mag seinen Teil dazu beigetragen haben, dass ich mich heute gut fühle - obwohl
meine Form von Morbus Crohn mit Sicherheit keine leichte war.
Da ich selbst ein Kopfmensch bin, empfehle ich jedem, zunächst einmal all das, was er liest
oder in Erfahrung bringt, zunächst einmal schlicht und ergreifend mit dem gesunden
Menschenverstand hinterfragt. Mein Bestreben war es immer, das, was ich mache und die
Erkenntnisse, die ich verbreiten will, für jeden möglichst plausibel zu machen.
Ich finde, es hilft enorm, zu wissen, was im Körper mit einem vorgeht, und warum die eine
Sache hilft und die andere vielleicht nicht. In meinen Augen ist das verstehen bestimmter
Vorgänge eine der besten Waffen gegen Pauschalierungen. Und wenn ich immer wieder
erzähle, dass bei zwei Personen mit den gleichen Symptomen bei dem einen die verordneten
Medikamente der Medizin wunderbar wirken, bei dem anderen hingegen gar keine positive
Wirkung entfalten, dann ist dies bereits mehr als genug, um die Pauschalierung zu
hinterfragen, dass es sich bei „Morbus Crohn“ (oder Colitis ulcerosa) um EINE Erkrankung
handelt.
Das ist eine andere Form von Denken, sich nicht mit positiven Affirmation über den Tag
retten oder auf der anderen Seite alles schlucken, was von Anderen (Medizinern, der Pharma,
Bekannten und Verwandten usw.) vorgekaut wurde. Sondern sich einfach die Frage zu
stellen: was passiert mit MIR?
Sie tun dies zunächst in Bezug auf ihren Körper. Sobald sie das Gefühl haben, dass sie ihren
Organismus und ihre Krankheit einigermaßen verstehen, tun sie das Ganze auch in Bezug auf
Geist und Seele. Genauso wenig, wie jedem die gleiche Ernährung hilft, gibt es auch in Bezug
auf die Seele oder den Geist nicht die „eine Ursache“ für die Darmerkrankung. Wenn Sie
bereits so weit gediehen sind, werden Sie feststellen, dass es letzten Endes egal ist, WAS
ihnen hilft…sondern dass es nur wichtig ist, dass sie sich besser fühlen.
Gerade in dieser - besonders physisch gesehen - dunkelsten Zeit des Jahres ist es immer
wieder wichtig, zu sagen: „sei du dir selbst das Licht!“
In diesem Sinne ein frohes Weihnachtsfest wünscht
Andreas Ulmicher.
Der Newsletter wird jetzt erst einmal eine längere Pause einlegen, schätzungsweise bin ich in
der dritten Januarwoche wieder zurück. Bis dahin wird (hoffentlich) der englische Teil meiner
Seite zum großen Teil stehen, jeder fängt mal klein an! Außerdem werden nach und nach
einige kleinere E-Books den Fundus meiner kleinen Seite bereichern!
Newsletter Nr. 28 Crohn-Colitis-online
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und das Thema „Salz“
Kochsalz gilt in weiten Bevölkerungskreisen immer noch als eher ungesundes
Nahrungsmittel. Insbesondere dann ist es gebrandmarkt, sobald es um einschlägige HerzKreislauf-Erkrankungen geht. Aber ist es für alle gleich gesund bzw. ungesund? Fakt ist: der
Körper benötigt bestimmte Mengen an Natrium (die chemische Bezeichnung für Kochsalz ist
Natriumchlorid). Was viele allerdings nicht wissen: die Verzehrmengen sind im Durchschnitt
nicht nur von Land zu Land höchst unterschiedlich, der Bedarf ist es auch - und diese
unterschiedliche Bedarf bezieht sich nicht alleine auf Durchfall.
In Sichuan werden bis zu 15 g Salz pro Person und Tag verzehrt - in manchen Regionen
des indonesischen Inselarchipels nicht einmal 1 g.
Schauen wir uns traditionelle Gesellschaften an, so ist es durchaus nicht so, dass sie alle - im
Verhältnis mit dem gemeinen „Zivilisationsmenschen“ - sehr kochsalzarm leben. Im
Gegenteil: in der Küche des traditionellen Sichuan wird mehr Kochsalz pro Tag verzehrt als
in den „salzreichsten“ Industrienationen. Unter traditionell lebenden und sich ernähren
Volksstämmen gibt es natürlich auch das komplette Gegenteil: Gesellschaften, die so gut wie
kein Salz zu sich nehmen.
Welche Funktionen haben Natrium und Chlorid (Salz) im Körper?
Natrium ist sehr stark an den Funktionen der Nervenzellen, der Muskelzellen und dem
Flüssigkeitshaushalt des menschlichen Körpers beteiligt. Insbesondere der letzte Punkt macht
bei manchen Menschen einen Natriumüberschuss gefährlich: ist zu viel Natrium vorhanden,
hält der Körper das Wasser zurück („Wasserretention“), was zu einem steigenden Widerstand
des Gewebes gegen die Blutgefäße führt, und das Herz quasi dazu zwingt, kraftvoller zu
pumpen. Am Bluthochdruck, und damit eine der wesentlichen Ursachen von Herz-KreislaufErkrankungen, sind aber neben Natrium noch weitere Elemente und Vorgänge beteiligt.
Untersuchungen der letzten Zeit besagen, dass nur etwa jeder fünfte bis sechste Patient mit
einem klinischen Bluthochdruck tatsächlich erheblich von einer Reduktion von Kochsalz in
seiner Ernährung profitiert - bei den übrigen über 80 % hingegen ist der Einfluss
erstaunlicherweise nur gering.
Chlorid ist am Aufbau der Salzsäure des Magens beteiligt. Chlorid bildet in der chemischen
Verbindung das Gegenstück zu Natrium.
Ist salzarm immer angezeigt?
Ganz klarer Fall: nein! Bekanntestes und prominentestes Beispiel - und Ihnen mit Sicherheit
vertraut - ist der Durchfall. Durchfall führt zu einem Natriumverlust. Und da wer beim Thema
chronisch-entzündliche Darmerkrankungen sind: wenn der entzündete Darm „Wasser zieht“,
verliert der Körper damit auch Kochsalz.
Bei entsprechenden Symptomen kann der Bedarf an Natrium bzw. Kochsalz eines Patienten
mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung gegenüber dem Gesunden deutlich erhöht
sein. Allerdings sollte dabei nicht unbedingt raffiniertes Kochsalz verwendet werden.
Bessere Qualität: Meersalz und Kristallsalz reicher an Spurenelementen als isoliertes
Kochsalz
Hochwertiges Salz wie Kristallsalz oder Meersalz enthält zwar immer noch zwischen 95 und
98 % Natriumchlorid, aber schon zwischen zwei und 5 % der anderen, wichtigen
Mineralstoffe: Calcium, Kalium, Magnesium. Und was vielleicht das entscheidende ist:
Meersalz kann sage und schreibe bis zu 80 verschiedene Spurenelemente enthalten - das
bedeutet nicht mehr und nicht weniger als das, was nahezu das gesamte Periodensystem an
festen Substanzen umfasst! Dazu zählen auch Exoten wie Dysprosium, Gadolinium und
Lutetium. Und falls Sie von diesen Spurenelementen noch nie in ihrem Leben etwas gehört
haben sollten, dann sind Sie nicht allein! Eine komplette Liste der in Meersalz bereits
gefundenen Spurenelemente finden Sie hier:
http://www.salz-kontor.de/spurenelemente-mineralien-meersalz.php
Vor Jod-, Fluorzusätzen und Rieselhilfen hingegen wird gewarnt!
Jod ist im Körper besonders reichlich in der Schilddrüse vorhanden, und die wiederum
reguliert den Stoffwechselgrundumsatz. Bedeutet: je mehr Jod, umso schneller der
Stoffwechsel. Leider bezieht sich das auch auf das Thema Durchfall. Vielleicht haben der einoder andere von Ihnen bereits festgestellt, dass die Durchfälle einfach nicht aufhören wollen,
obwohl die Entzündungswerte eigentlich recht niedrig sind und sie auch sonst weiter keine
großen Darm-und Allgemeinsymptome haben. In diesem Fall werfen Sie einen Blick auf die
Nahrungsmittel, die sie im Alltag verzehren, vor allen Dingen wenn sie auswärts essen oder
zu denen gehören, die in einer Bäckerei Backwaren kaufen: Fragen Sie bitte, ob den Speisen
bzw. Backwaren Jodsalz zugesetzt ist.
Fluor kann überdosiert einiges an Schaden anrichten im Körper. Das Problem mit diesem
Spurenelement ist, dass schon Dosen, die auch nur um das anderthalb-bis zweifache höher
liegen als diejenigen, die für den täglichen Verzehr empfohlen werden, eine Giftwirkung im
Körper entfalten. Eher noch harmlos ist die so genannte „Dentalfluorose“, bei der sich Zähne
zunächst weißlich, bei erhöhter Dosis bräunlich verfärben. Der Zahnschmelz kann zu stark
verhärten und bröckeln. Eine Fluorose der Knochen kann sich ebenfalls einstellen. Die
Knochen werden brüchig, es kommt zur Osteoporose. Das wichtigste Symptom einer FluorÜberdosierung, da am schnellsten bemerkbar für Patienten mit chronisch-entzündlichen
Darmerkrankungen ist jedoch eine gewisse, antibiotikaähnliche Wirkung des Fluors. Die
Darmflora kann sich verändern, was natürlich das Entzündungs-, Durchfall-, und
Schmerzrisiko deutlich erhöht!
Noch etwas Interessantes über Salz (das gute Salz!)
Erst vor kurzem habe ich einen Artikel darüber gelesen, dass Patienten, die zu depressiver
Verstimmung, Burn-Out und eventuell zu übertriebener Ängstlichkeit neigen, ein wenig mehr
Salz zu sich nehmen sollten. Mehr Salz ist auch Patienten mit einem zu niedrigen Blutdruck
zu empfehlen. Alles in allem sind das Eigenschaften, die auch bei Patienten mit chronischentzündlichen Darmerkrankungen häufiger zutreffen als bei „gesunden Normalpersonen“!
Ein glückliches und gesundes neues Jahr und ein Willkommen an meine Neuleser!
Leider musste ich einige E-Mail-Adressen, die sich zwischen den Jahren eingetragen haben,
wegen dringendem Verdacht auf Spam ausmustern. Für alle Neuleser: die alten Ausgaben von
1-27 können im Archiv nachgelesen werden:
http://www.crohn-colitis-online.de/newsletter-archiv/
Newsletter Nr. 29 Crohn-Colitis-Online
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und das Thema Eiweißverdauung (Teil 1)
Gerade bei den chronisch-aktiven Verläufen von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, d.h. bei
den Patienten, bei denen die Beschwerden nie so ganz aufhören, ist mittel- bis langfristig die
Eiweißverdauung ein großes Thema. Folgende Faktoren fließen dabei zusammen:
1. Natürlich die Eiweißaufnahme an sich. Im Westen sagen wir: „du bist was du isst!“ In der chinesischen Medizin heißt es: „du bist was du verdaust!“ Und das ist ein
Unterschied. Bei chronischen-entzündlichen Darmerkrankungen ist es sogar ein
gewaltiger Unterschied! In erster Linie durch die Entzündung, in zweiter Linie
natürlich durch eingeschränkte Verdauung (Enzymmangel etc.) ist die
Eiweißverdauung gegenüber gesunden Personen stark eingeschränkt.
2. Die Therapie mit Cortison. Eine der zahlreichen Nebenwirkungen von Kortison ist es,
dass vermehrt Eiweiß im Gewebe abgebaut wird - daher kommt es unter anderem zu
Stammfettsucht, Wassereinlagerungen usw.
3. Die begleitende Therapie mit Medikamenten, welche die Produktion von Magensäure
hemmen (Protonenpumpenhemmer). Dadurch kann Eiweiß nicht genügend vor
verdaut werden und wird dann durch die Enzyme der Bauchspeicheldrüse nur
ungenügend weiter aufgespalten.
4. Die Angst vor dem Essen: wenn Essen - und dabei ist es egal, was Sie Essen - zu
Beschwerden führt, kann es natürlich sein, dass Sie gar nicht essen möchten.
Kurzfristig macht das natürlich nichts, aber mittel- und langfristig kann es dadurch zu
Nährstoffmängeln kommen.
Woran merken Sie, dass Ihrem Körper Eiweiß fehlt?
Die drei wichtigsten Symptome sind: körperliche Schwäche, Gewichtsverlust und Ödeme. In
meiner Anamnese stelle ich immer die Frage nach einem Verlust von Muskelmasse. Wichtig
ist es, hier eine Referenz zu kennen. Ein Beispiel: Sie gehen drei Stockwerke in moderat
flottem Tempo nach oben und fühlen von Ihrer Muskulatur Herr keinerlei Beeinträchtigung
(dass sie eventuell ein wenig außer Atem sein könnten, liegt in der Natur der Sache!). Wenn
Sie zu einem späteren Zeitpunkt die gleiche Übung exerzieren und das Gefühl haben, dass
beispielsweise ihre Beine weh tun, brennen oder Sie sich hinsetzen müssen, dann wissen Sie,
dass Ihr Körper Eiweiß und Muskelmasse verloren hat. Ein weiteres wichtiges Symptom:
wenn Sie abends ihre Socken bzw. Strümpfe ausziehen und finden Druckstellen im Gewebe
vor, die sich mit dem unschönen Wort „Dellen“ treffend beschreiben lassen, wissen Sie, dass
sich Wasser in ihrem Gewebe ansammelt. Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ist
dies meist ein Zeichen von Eiweißverlust bzw. Eiweißmangel.
Ein weiteres Problem aus naturheilkundlicher Sicht
Betrachtet man das Thema Eiweißverdauung ganzheitlich, dann hören hier keineswegs die
Probleme auf. Ein weiteres Problem ergibt sich dadurch, dass unverdaute Eiweiß den
Dickdarm durchlaufen muss und dass der längste Teil der Darmpassage im Dickdarm
stattfindet (übrigens auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen!).
Ich habe das Thema auf meiner Seite und im Blog bereits ausführlich behandelt:
Fäulnisbakterien bauen die überschüssigen Eiweiße ab, dabei entstehen für den menschlichen
Körper giftige Stoffe, die als „biogene Amine“ bezeichnet werden. Meiner Auffassung nach
ist die Tatsache, dass sich bei Morbus Crohn neben der Entzündung im letzten Teil des
Dünndarms oft auch noch eine Enddarmentzündung einstellt, auf eine Belastung mit solchen
Abbauprodukten von Eiweiß zurückzuführen.
Können Enzyme das Problem entschärfen?
Würden wir an dieser Stelle von einem wenigstens halbwegs gesunden Darmtrakt sprechen,
wäre das Thema mit einigen simplen Korrekturen von Ernährung, Verhalten und
Nahrungsergänzungen abgetan: die Eiweißzufuhr an die Kapazität des Körpers anpassen,
eventuell Enzyme geben oder nur leicht verdauliches Eiweiß verzehren. Kommt es aber zu
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, sind die Erfahrungen mit Enzymen, sagen wir,
teilweise zweischneidig.
Auf der einen Seite können Enzyme helfen, die Verdauung zu verbessern. Auf der anderen
Seite habe ich allerdings auch schon das Problem beobachtet, dass bei der Einnahme von
Enzymen die Darmschleimhaut zusätzlich gereizt wird. In der Praxis läuft es auf ein Spiel
zwischen den Grad der Entzündung, der Lage der entzündeten Darmabschnitte und der
Dosierung der Enzyme hinaus. Viele Naturheilkundemagazine und Bücher empfehlen auch
bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, die Verdauung mit Enzymen und
Bitterstoffen (zum Beispiel Angelikawurzelextrakt, Enzian etc.) zu stärken. Ich teile diese
Auffassung nur teilweise.
Enzyme helfen in jedem Fall dabei, Eiweiß für den menschlichen Körper nutzbar zu machen.
An diesem Punkt steht und fällt natürlich das meiste mit der Aufnahmefähigkeit der
Dünndarmschleimhaut. Ist diese geschädigt oder aufgrund der Entzündung eingeschränkt oder
nicht aufnahmefähig, kann der Körper auch mit Enzymen nur wenig bis gar keinen Nutzen
aus den ihm angebotenen Eiweißbausteinen ziehen. Zumindest in Bezug auf einen Punkt kann
sich das Problem allerdings verbessern: im Dickdarm wird der Prozess der Eiweißzersetzung
verkürzt, was zu einer geringeren Belastung des Organismus mit Fremdeiweißen führt.
Daher ist eine ergänzende bzw. begleitende Therapie mit (moderaten Dosierungen!) Enzymen
bei Colitis ulcerosa oder einem reinen Dickdarm-Crohn Erfolg versprechender als bei einem
Dünndarm-Crohn, zumindest was den Faktor Eiweißverwertung angeht.
Was die Reaktion der Darmschleimhaut auf die Enzyme angeht, habe ich im Laufe der Jahre
sehr unterschiedliche Ergebnisse beobachtet. Enzyme können helfen, eine Entzündung zu
lindern und die Darmschleimhaut abschwellen zu lassen, auf der anderen Seite können sie
allerdings die Darmschleimhaut auch reizen, die Peristaltik beschleunigen und Durchfälle
verstärken. Meiner Beobachtung nach liegt das Verhältnis tatsächlich ungefähr bei eins zu
eins.
Bessere Möglichkeiten: Enzyme in Kombination mit Darm entgiftenden Präparaten und
Probiotika
Kombiniert man drei verschiedene Vorgehensweisen miteinander, kann die Erfolgsrate erhöht
werden, wobei allerdings auch hier die Einschränkung gegeben ist, dass das Ganze in einem
starken Schub nicht funktioniert. Enzyme in Kombination mit geeigneten Probiotika, welche
die Dickdarmflora verbessern, und dieses wiederum kombiniert mit Präparaten wie
Huminsäure, Zeolith oder Smektit können die Eiweißverdauung verbessern. Wenn das gut
funktioniert, kann man ansteigend mit Bitterstoffen arbeiten (z.B. Abdomilon liquidum).
Allerdings empfehle ich dabei, mit einem Fünftel der empfohlenen Dosis zu beginnen!
(Das Thema wird im nächsten Newsletter fortgesetzt!)
Newsletter Nr. 30 Crohn-Colitis-Online
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und das Thema Eiweißverdauung (Teil 2)
Normalerweise bin ich kein ausgesprochener Fan von Trennkost, aber unter bestimmten
Umständen kann sie gerade bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Sinn machen.
Sind beispielsweise ausdehnte Abschnitte der Dünndarmschleimhaut entzündet, kommt es zu
einer verminderten Aufnahme der drei Hauptnährstoffgruppen Eiweiß, Kohlenhydrate und
Fett. Getreu dem chinesischen Motto: „du bist nicht das, was du isst, sondern das, was du
verdaust!“ Kann man die Aufnahme sowohl von Eiweiß als auch von Kohlehydraten
verbessern, indem man diese beiden Haupt-Nährstoffgruppen bei der Nahrungsaufnahme
trennt. Für die meisten ist es sinnvoll, die Eiweißaufnahme verstärkt auf den Vormittag und
Mittag zulegen und abends nur noch eine kleine Mahlzeit (fast) ohne Eiweiß zu sich zu
nehmen. Auch ist es sinnvoll, zwischen der letzten Mahlzeit des Abends und der ersten
Mahlzeit des Vormittags am Tag darauf einen Abstand von wenigstens 14 Stunden
einzuhalten. Diese Praxis wird als kurz-bzw. intermittierendes Fasten bezeichnet.
Gelegentlich kann es vorkommen, dass die Praxis, vormittags bzw. mittags die eiweißreichen
Mahlzeiten zu sich zu nehmen und die Kohlenhydrate „auf den Abend zu verlegen“ über den
Tag Heißhungerattacken, innerer Unruhe, einen ab sinkenden Blutzuckerspiegel, sogar
Konzentrationsschwäche und Verwirrtheit auslöst. Ist das der Fall, sollten die beiden ersten
Mahlzeiten kohlenhydratreich bzw. eiweißarm bis –frei sein, die letzte Mahlzeit des Tages
(nicht nach 18:00 Uhr!) mengenmäßig insgesamt klein, dafür aber auf Eiweiß aufgebaut. Bitte
denken Sie daran: Essen Sie zu keiner Mahlzeiten mehr als eine Eiweißquelle (zum Beispiel
Fleisch und Milchprodukte oder Fleisch und Ei).
Oftmals gilt das Prinzip bei Eiweiß: „weniger ist mehr“.
„Aber was ist mit Low-Carb Diäten?“
Viele „alternative“ Ernährungsansätze bei Darmerkrankungen - nicht nur Morbus Crohn bzw.
Colitis ulcerosa - raten dazu, Kohlehydrate stark zu reduzieren. Hier ist gleich ein
Missverständnis: „Low-Carb“ bedeutet nämlich tatsächlich „wenig Kohlenhydrate!“ und nicht
„sehr viel Eiweiß!“
Grundsätzlich habe ich die Beobachtung gemacht, dass extreme Ernährungsansätze (LowCarb auf der einen sowie vegane Diät auf der anderen Seite) zu beeindruckenden
Anfangserfolgen führen, die durchaus eine Weile vorhalten können - aber nur bei 20 % einen
dauerhaften Erfolg bringen. Ich empfehle aus verschiedenen Gründen auch nicht, dauerhaft
bei einer Low-Carb Ernährung zu bleiben, wenn der Preis dafür ein massiver Konsum von
Eiweiß ist. Leber und Nieren werden Mittel bis langfristig durch große Eiweißmengen stark
belastet, und der menschliche Körper ist nicht dafür geschaffen, dauerhaft 500 g oder mehr
Eiweiß pro Tag zu bekommen und umzusetzen. Low-Carb ist allerdings von einem
Standpunkt aus sehr interessant: es kann helfen, eine übertriebene Gier nach Süßem zu
beenden und es kann einen perfekten Übergang zu einer so genannten „Slow-Carb“
Ernährung schaffen, die gesundheitlich sehr vorteilhaft ist. „Slow-Carb“ bedeutet wohl, dass
die Kohlehydratmenge im Verhältnis zur Eiweißmenge angemessen ist - wenn man die
allgemein gültigen Grundregeln einer gesunden Ernährung zugrunde legt - dass aber
überwiegend auf „langsam verbrennende Kohlenhydrate“ zurückgegriffen wird. So zubereitet,
dass es der Darm toleriert, können die recht großen Anteile an Gemüse und den tolerierbaren
Vollwertprodukten die Gesundheit insgesamt stark verbessern. Natürlich muss die reine
Darmentzündung häufig von flankierenden Maßnahmen in den Griff bekommen werden.
Einigen Personen hat eine Ernährungsumstellung zu einer enormen Verbesserung der
Darmgesundheit verholfen, und zwar so gut, dass sie bei Symptomfreiheit komplett auf
Medikamente verzichten konnten. Andererseits: es ist nicht die Regel.
Was für Vorteile hat eine solche Ernährungsumstellung für die Eiweißverdauung? Sowohl der
Stoffwechsel (Verbrennung) als auch die Darmschleimhaut werden nicht mehr durch Zucker
bzw. schnell verbrennende Kohlenhydrate irritiert, die Darmpassage verlangsamt sich und es
können insgesamt mehr Nährstoffe resorbiert werden - was selbstverständlich auch auf die
Mikronährstoffe, also Vitamine, Mineralstoffe, Aminosäuren und Spurenelemente zutrifft!
Nahrungsergänzung, ein zweischneidiges Schwert
Bei Nahrungsergänzung muss man unterscheiden. Da gibt es zum einen die Art von
Trinknahrung, die besonders zur Ergänzung oder zur alleinigen Ernährung im akuten Schub
empfohlen wird und bei der durch die einschlägige Presse immer mal wieder tolle
Erfolgsmeldungen geistern (übrigens auch von Seiten der Naturheilkunde!). Während 70-80
% aller Anwender meiner Erfahrung nach mit Trinknahrung wie Modulen, Biosorb, Fresubine
etc. als alleinige Kost bzw. als Ergänzung zur normalen Kost oder Schonkost sehr gut zurecht
kommen, treten bei einigen auch Probleme auf: jüngst habe ich von einem jungen Patienten
mit Morbus Crohn gehört, der auf die langfristige Einnahme von Trinknahrung mit
Darmkrämpfen und Depression reagiert hat.
Das liegt ganz sicher nicht am Konzept an sich, sondern eher an der Zusammensetzung der
Trinknahrung. So enthalten viele Produkte Fruchtzucker, der bei einer entsprechenden
Intoleranz (eigentlich: „Malabsorption“, also unzureichende Aufnahme!) Zu Problemen
führen kann. Auch halte ich in vielen Produkten das Verhältnis von Omega-3-zu Omega-6Fettsäuren nicht für ausgewogen. Da die Trinknahrung sehr teuer ist, kann sich das Konzept
durchaus zum Problem auswachsen.
Last, but not least: Proteinpulver. So gut aufgespalten wie es geht (eventuell auch als reine
Aminosäuren) - am Konzept an sich ist nichts zu meckern. Aber: im normalen, sprich
kommerziellen Handel (ich rede hier von den typischen Produkten, die ein Bodybuilder zu
sich nimmt) sind in reinen Protein-Nahrungsergänzungen fast immer künstliche Süßstoffe
vorhanden. Wenn man Proteinpulver oder Aminosäuren als Nahrungsergänzung zu sich
nehmen möchte, ist es dringend empfehlenswert, sich an ausgesprochen auf Gesundheit
spezialisierte Reformhäuser bzw. Bioläden zu wenden. Von ihrer Zusammensetzung her halte
ich zwei Proteinisolatoren für besonders empfehlenswert, obwohl auch die natürlich nicht
jeder verträgt: Hanfprotein ist ein rein pflanzliches Protein mit hoher Bioverfügbarkeit und
reichlich natürlichen Omega-3-Fettsäuren. Naturreines Molkenprotein in hoher Qualität
enthält Glutathion, welches die Entgiftung stärkt und das Immunsystem koordiniert.
In eigener Sache:
Wenn Sie öfter einmal auf meiner Seite vorbeischauen, ist es Ihnen sicherlich schon
aufgefallen: www.crohn-colitis-online.de gibt‘s jetzt in zwei Sprachen! Dadurch hat sich die
Navigation ein wenig verändert, indem ich die entsprechenden Menüpunkte in Untermenüs in
den jeweiligen Sprachen zusammengefasst habe. In meinem Infocenter habe ich unter dem
Menüpunkt „Downloads“ alle online Artikel, inklusive des E-Books über Laborwerte
zusammengefasst. Auch die Bücher, Newsletter et cetera haben eigene Unterpunkte. Isoliert
habe ich den Blog, der jetzt gleichwertig neben der Startseite erscheint und in aller Regel
zweimal in der Woche aktualisiert wird.
Das Newsletter-Archiv ist ebenfalls wie gewohnt im entsprechenden Untermenüpunkt unter
„Deutsch / German“ zu finden.
Jetzt interessiert Sie sicherlich noch der Sinn des Ganzen: dieser Tage erscheint ein
Fachartikel von mir in einem englischen Gesundheitsmagazin. Das Ganze ist, ich gebe es zu,
ein Experiment. Der Blog sowie der Newsletter bleiben allerdings einstweilen Deutsch!
Newsletter Nr. 31 Crohn-Colitis-Online
Natürliche TNF-α-Blocker. Ihre Wirkung, Ihre Grenzen
Der Tumornekrosefaktor alpha, kurz: TNF-α, ist ein Zytokin, das an der Vermittlung
entzündlicher Prozesse beteiligt ist. Ins Bewusstsein gerückt ist er mit der Erscheinung der
Medikamente Remicade (Infliximab) und Humira (Adalimumab) zur Behandlung chronischentzündlicher Darmerkrankungen auf dem Markt. Diese Medikamente haben eine sehr starke
Wirkung, und vor allen Dingen bei längerer Anwendung natürlich auch das Risiko
entsprechender Nebenwirkungen. Das lässt die Frage nach natürlichen Substanzen und sogar
Nahrungsmitteln offen, die den TNF-α auf natürlichem Wege hemmen.
Natürlich gibt es solche Substanzen, es gibt sogar mehr als gedacht. Dabei gilt es allerdings,
Missverständnisse und Grenzen zu berücksichtigen. Ich tue dies im Anschluss an die
Aufzählung von 12 Nahrungsmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und Naturheilmitteln, die
den TNF-α hemmen.
1. Wermutkraut
Im Blog habe ich vor kurzem eine Studie besprochen, nach der Morbus Crohn-Patienten, die
weder Remicade noch Humira nahmen, aber andere entzündungshemmende Medikamente zu
sich nahmen, den CDAI (Crohn’s disease activity index) gegenüber dem Ausgangswert
signifikant reduzieren konnten, indem sie Wermutkraut einnahmen. Wermutkraut ist wohl
einer der potentesten TNF-α-Blocker in der Natur
2. Kurkuma
An den Heilwirkungen von Kurkuma wird immer noch geforscht, und mittlerweile ist die
Zahl der möglichen gesundheitsfördernden Wirkungen dieses Ingwergewächses fast
unüberschaubar. Meine bisherige Erfahrung bei Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa ist
gemischt. Einigen hilft das Präparat, anderen nicht.
3. Hafer
Warum kann Haferschleim in vielen Fällen im Rahmen einer Schon- bzw. Aufbaukost
Symptome lindern? Es mag nicht der einzige Grund sein, aber Hafer enthält einen sekundären
Pflanzenstoff, der tatsächlich dazu in der Lage ist, den TNF-α zu hemmen! Die hemmende
Wirkung ist allerdings recht überschaubar.
4. Epigallocatechingallat (EGCG)
Die Substanz mit dem kompliziert klingenden Namen ist ein natürlicher sekundärer
Pflanzenstoff, der in grünem Tee vorkommt. Hier allerdings in überschaubarer Menge.
Anders sieht es mit Grünteeextrakt als Nahrungsergänzung aus. Dieser hat übrigens nicht nur
eine entzündungshemmende Wirkung, sondern auch positive Wirkungen auf das HerzKreislauf-System.
5. Tocotrienol (Vitamin E)
Tocopherol ist gut, Tocotrienol ist besser: das Vitamin-E-Derivat mit dem ungesättigten
Fettsäurerest kann alles, was Vitamin E in punkto Entzündungshemmung auch kann und hat
zusätzlich eine wesentlich höhere antioxidative Wirkung. Plus: es hemmt den TNF-α!
6. Ubichinon (Coenzym Q10)
Hauptsächlich und ursprünglich als Unterstützung für das Herz-Kreislauf-System gedacht,
entfaltet das Coenzym eine antientzündliche Wirkung. Nicht nur, aber auch durch die
Hemmung des TNF-α.
7. Alpha-Liponsäure
Ein weiterer wichtiger Stoff, der den TNF-α bremst, ist die Alpha-Liponsäure. Ihre Wirkung
auf chronisch-entzündliche Prozesse ist in der Wissenschaft umstritten, in der Praxis hat es
sich meiner Erfahrung nach besser bei chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen bewährt
als bei Crohn bzw. Colitis.
Von diesen Stoffen abgesehen hatte sich gezeigt, dass eine Kost überwiegend mit
hochwertigen pflanzlichen Nahrungsmitteln und vielen sekundären Pflanzenstoffen (die
Idealform einer „Mittelmeerdiät“) den TNF-α hemmt, ebenso Magnesium, Omega-3Fettsäuren, die indische Heilpflanze „Ashwaganda“ sowie - man glaubt es kaum! - Der Saft
der Süßkirsche!
Schaut man sich diese Liste allerdings an, bleiben doch recht viele Fragen offen…
Zunächst einmal natürlich die Frage, warum man sich überhaupt die Mühe macht, ein
Medikament zu entwickeln, das den TNF-α blockiert und dazu noch mit Nebenwirkungen
behaftet ist, wo es doch Naturstoffe in Hülle und Fülle gibt, die das auch bewerkstelligen
können. Die Antwort darauf ist relativ simpel: die Arzneien heißen „Biologika“, weil es ein
natürlicher Prozess ist, den TNF-α im Körper zu hemmen, und weil es auch Stoffe im Körper
gibt, die dies bewerkstelligen. Allerdings: Ganz und gar nicht biologisch ist die Konzentration
dieser Stoffe in den Arzneimitteln. Diese liegt nämlich geschätzt um den Faktor 1000-10.000
höher als die natürlicher Stoffe. Logische Konsequenz: sollte der TNF-α eine größere
Beteiligung an den Entzündungsprozess haben, wird die Entzündung mit einer unglaublichen
Geschwindigkeit und Gewalt gestoppt (ich habe darüber bereits berichtet). Das bringen die
natürlichen Substanzen in diesem Maße nicht zu Stande.
An zweiter Stelle kommt die Frage, dass einige der oben genannten Nahrungsmittel,
Nahrungsergänzungsmittel und natürlichen Substanzen überhaupt keine positive Wirkung auf
die Entzündung des Darms entfalten, manche sogar im Gegenteil. Das hat zwei einleuchtende
Gründe. Der erste und nahe liegende: die durchfallfördernde Wirkung kann höher sein als die
entzündungshemmende Wirkung des TNF-α-Blockers. Bei Fruchtsaft aus Süßkirschen ist das
nahe liegend.
Der zweite Grund: nicht immer ist der TNF-α in einem so hohen Maße in den
Entzündungsprozess eingebunden, dass sich eine Therapie hier positiv bemerkbar macht. Es
gibt auch (etliche!) Therapieversager bei der Anwendung von Remicade und Humira! Das gilt
natürlich erst recht und in erhöhtem Maße für die oben genannten Natursubstanzen.
TNF-α ist nur einer von sehr vielen Zytokinen, die vom Körper im Bedarfsfall mobilisiert
werden. Diese sind in völlig unterschiedlichen Anteilen an Entzündungsprozessen beteiligt.
Plus: medikamentöse TNF-α-Blocker sind Immunsuppressiva, und es zeigt sich in der Praxis
häufig genug, dass Immunsuppressiva am eigentlichen Problem vorbei therapieren. Viele von
ihnen werden sicherlich die Erfahrung gesammelt haben, das Kortison zwar eine
durchschlagende Wirkung bei Ihnen hat, aber viele der übrigen Medikamente an
entzündungshemmende Wirkung zu wünschen übrig lassen. Die Gründe hierfür können Sie in
meiner Infobroschüre „Autoimmunerkrankung oder Immunschwäche?“ nachlesen!
In der nächsten Ausgabe geht es um interessante Fakten um MAP (Mycobakterium Avium
Paratuberculosis).
Newsletter Nr. 32 Crohn-Colitis-Online
Interessantes und Kurioses rund um MAP (Mycobacterium avium paratuberculosis)
Im ersten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts stieß ein Chirurg namens Thomas Kennedy
Dalziel auf eine medizinische Kuriosität: chronische Darmentzündungen bei Menschen haben
von ihrer Struktur her eine frappierende Ähnlichkeit mit der Paratuberkulose bei Rindern,
Schafen und Ziegen. Dalziel wurde, wie so viele Ärzte, die ihrer Zeit voraus waren, ignoriert.
Die Ehre, der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung einen Namen gegeben zu haben, geht
an Burrill B. Crohn, der die chronische und sehr hartnäckige Entzündung am Ende des
Dünndarms beschrieb. Allerdings wurde seine Entdeckung nicht mit den Erkenntnissen von
Dalziel in Zusammenhang gebracht.
Folgt die Medizin einer falschen Spur?
Wie wir wissen, ist die Zahl der Betroffenen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen und
insbesondere von Morbus Crohn seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts dramatisch
angestiegen. Korrespondierend mit diesem Anstieg - bzw. mit einigen Jahren Zeitverzug entwickelte sie Medizin neue Therapien bzw. wand bereits bewährte Therapien zur Dämpfung
immunologischer Prozesse bei Menschen an, als da wären: Azathioprin, 6-Mercaptopurin
(eine metabolische Vorstufe von Azathioprin), Ciclosporin, Methotrexat (vormals ein
Krebsmedikament) und schließlich, als neueste Entwicklung, die „Biologika“ (Adalimumab,
Infliximab, neuerdings Vedolizumab, Certolizumab, Ustekimumab).
Wenn es allerdings nach den Anhängern der Paratuberkulose-Hypothese ginge, würde man
medizinisch gegen den Morbus Crohn völlig anders vorgehen. Auf Seiten, welche die MAPHypothese unterstützen (MAP ist die Abkürzung für „Mycobakterium avium
paratuberculosis“, sozusagen der „Crohn-Erreger“), wird angegeben, dass bei 60 % aller
Crohn-Patienten der Erreger nachgewiesen wurde. Die Beweisführung solcher Seiten scheint
klar und logisch. Auch gibt es tatsächlich viel versprechende Studien mit einer
Dreierkombination aus Antibiotika (Clarithromycin, Rifabutin und Levofloxacin), bei denen
bei hoffnungslos schwer kranken Patienten - die im Übrigen auf eine Standardtherapie mit
Immunsuppressiva überhaupt nicht ansprachen - eine vollständige Remission, und, wenn es
nach den behandelnden Ärzten ging, sogar Heilung erreicht wurde.
Einige weitere Argumente stützen die MAP-Hypothese:
Zum Beispiel die, dass Patienten mit einem veränderten bzw. geschädigten NOD2/CARD15Gen wesentlich empfindlicher auf MAP reagieren als solche, die keine Schädigung dieses
Gens aufweisen. Sogar Erfolge bei einer Therapie mit den oben genannten Immunsuppressiva
können auf eine antibiotikaähnliche Wirkung bestimmter Komponenten der Medikamente
(Ciclosporin!) zurückgeführt werden. Auch auf Azathioprin, MTX und sogar auf die
Biologika sprachen die Patienten mit einer Reduktion, sogar Elimination der MAP-Erreger an.
Aber was ist jetzt wirklich richtig? Gibt es überhaupt eine „allgemeingültige Theorie“ für die
Entstehung von Morbus Crohn?
Allgemeingültig ist die Theorie sicherlich nicht. Schließlich argumentieren die „pro-MAPHypothese“ Seiten ja selbst, dass der Erreger bei 60 % aller Patienten gefunden wurde.
Natürlich bleibt dann die Frage nach den übrigen 40 %.
Die MAP-Hypothese erklärt auch noch nicht, warum die Inzidenz der Erkrankung in den
achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts so dramatisch anstieg. Schließlich gibt es den
Erreger ja bereits sehr lange! Eine mögliche Erklärung wäre, dass früher das Immunsystem
anderweitig „gebunden“ war (aus dieser Hypothese hat sich schließlich die Therapie mit TSO
entwickelt - den Eiern des Schweinepeitschenwurms!), So dass das Immunsystem heute viel
heftiger auf solche Erreger reagiert.
Ein weiteres strittiges Argument ist, dass Milch in früheren Zeiten nicht pasteurisiert wurde heute ist es Standard. Und auch wenn die Erreger die Pasteurisierung teilweise überleben,
sollte die Inzidenz von Morbus Crohn eigentlich zurückgehen und nicht ansteigen. Natürlich
einmal ganz abgesehen davon, dass die meisten Milchprodukte heute nicht nur pasteurisiert,
sondern auch homogenisiert bzw. ultrahocherhitzt sind. In diesem Falle dürfte es schwer sein,
überlebende Erreger auszumachen.
Ein weiteres Argument, das der MAP-Hypothese eher zuwiderläuft, dürfte die Tatsache sein,
dass Morbus Crohn höchst unterschiedliche Areale des Darms besiedelt und im Prinzip in
jeder Region vom Mund bis zum Anus auftreten kann – Dalziel beschrieb die Entzündung im
Endbereich des Dünndarms.
Das wichtigste Argument allerdings dürfte sein, dass sich unsere Umwelt, unsere Ernährung
und viele andere Faktoren in den siebziger bis achtziger Jahren am stärksten verändert hat deckungsgleich mit dem massiv verstärkten auftreten der chronisch-entzündlichen
Darmerkrankung.
Ist die MAP-Hypothese damit hinfällig?
Ich denke, man muss hier zwei Dinge differenziert sehen: nämlich das, was ein Erreger an
sich potenziell an Schaden anrichten kann, und das, was das Milieu und verschiedene
Umwelteinflüsse dazutun. Wenn wir eine Gen-Schädigung als Voraussetzung anführen,
müssen wir zwangsweise auch einen Blick auf die Umweltmedizin werfen. Dass die
Ernährung der siebziger und Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts die Darmökologie
beim gemeinen Zivilisationsmenschen vollkommen verändert haben dürfte, ist keine Frage.
Es ist bekanntes Wissen. Denken wir an den Spruch, der Louis Pasteur vor seinem Tode
zugeschrieben wird: „die Mikrobe ist nichts, das Milieu ist alles“. In diesem Zusammenhang
kann auch MAP nur so viel Schaden anrichten, wie das Milieu ist zulässt. In alten Zeiten
potenziell tödliche Erreger (Pasteurella Pestis, der Erreger der Pest beispielsweise) ist unter
modernen, hygienischen Bedingungen „harmloser“ geworden. Unsere moderne Zeit hat
medizinisch vieles möglich gemacht, auf der anderen Seite gesundheitlich, wie wir alle
wissen, einen Tribut gefordert.
Eine Hypothese für das Entstehen einer Erkrankung, gerade einer chronisch-entzündlichen
Krankheit ohne eine mit Beteiligung von Umwelt-bzw. zivilisatorischen Faktoren wird immer
unvollständig bleiben. Die Rolle von bestimmten Erregern ist dabei ebenso klar definiert wie
zu früheren Zeiten unter völlig anderen Bedingungen: in schlechter Hygiene und auf engem
Raum kann der Erreger der Pest gewaltigen Schaden anrichten. Bei optimaler Hygiene und
Wohlstand ist er - relativ gesehen - (wenn auch nicht absolut) harmlos.
Umwelt, Ernährung, Schadstoffe und die Manifestation eines Gendefekts sind die Faktoren,
die darüber bestimmen, ob durch die Anwesenheit bestimmter Erreger heutzutage eine
chronische Entzündung im Körper zustande kommen kann. In der ganzheitlichen Diagnostik
und Therapie wird kaum gegen einen Erreger gearbeitet, sondern vielmehr mit den
individuellen Schwächen des Patienten: Schleimhäute, Stoffwechsel- und Entgiftungsleistung,
vegetatives Nervensystem, immunologische Vorgeschichte, Stress usw.
Genauso wie es Sinn von der medizinischen Seite her macht, bestimmte Erreger zu
bekämpfen, um Symptome in den Griff zu bekommen (beim Beispiel Morbus Crohn bzw.
Colitis ulcerosa ist anzumerken, dass im akuten Schub im Krankenhaus vor allem bei
Komplikationen Antibiotika angewandt werden, jedoch bei moderaten Symptomen oder im
Alltag des Patienten so gut wie nie), so macht es von der naturheilkundlichen Seite Sinn, den
Körper, die Schleimhäute, das vegetative Nervensystem so zu stärken und das Immunsystem
so zu koordinieren, dass bestimmte Erreger die „Macht“ verlieren, den Organismus chronisch
krank zu machen.
Mit dem gesunden Menschenverstand muss gesagt werden, dass MAP ein Puzzlesteinchen
unter vielen ist, die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zu erklären und herzuleiten.
Newsletter Nummer 33 Crohn-Colitis-online
Das „Schleimhautdilemma“
Eines der Probleme in der heutigen Medizin ist, dass die Dinge sehr gerne aus dem
Zusammenhang gerissen werden. Nach jahrelanger Erfahrung mit zig Patienten, die an einer
chronisch-entzündlichen Darmerkrankung leiden, kann ich heute mit Fug und Recht
behaupten: wenn sich Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa zeigen, besteht das eigentliche
Dilemma in Form von ungesunden Schleimhäuten in aller Regel bereits etliche Jahre. Ja, bei
zwei Drittel bis dreiviertel aller Patienten beginnen die Probleme mit den Schleimhäuten
quasi mit dem Säuglingsalter.
Eine erstaunliche Parallele…
Mal abgesehen von „schwanger“ oder „nicht schwanger“ sowie von „tot“ oder „lebendig“
gibt es in der Medizin keine hundertprozentigen Sicherheiten. Aber es gibt eine sehr hohe
Sicherheit. Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, die positiv auf eine
Therapie mit den in der Medizin gängigen Immunsuppressiva ansprechen, hatten meiner
Beobachtung nach mit einer Übereinstimmung von 85-90 % vor der chronisch-entzündlichen
Darmerkrankung bereits Neurodermitis, Asthma oder irgend eine Form von Allergie.
Genauso auffällig ist ein Zusammenhang zwischen Patienten, die vor ihrer Darmerkrankung
unter Beschwerden gelitten haben, die man normalerweise unter „Abwehrschwäche“
zusammenfasst: beispielsweise häufige Infekte, Mittelohr- bzw. Nebenhöhlenentzündungen.
Hier verhält es sich genau andersherum: über 80 % dieser Patienten sprechen überhaupt nicht
oder sogar negativ auf eine Therapie mit Immunsuppressiva an - im besten Falle längst nicht
so, wie erwartet.
Das sind Beobachtungen, die meine eigene Hypothese bekräftigen, dass Morbus Crohn bzw.
Colitis ulcerosa sowohl auf einer Autoimmunreaktion als auch auf einer Immunschwäche
beruhen können.
Was hat das jetzt mit dem Schleimhautdilemma zu tun?
Beide Probleme haben grundsätzlich die gleiche Ursache: die Schleimhäute sind die Grenze
zwischen Umwelt und Körper, und als solche spielen sie eine entscheidende Rolle für den
Stoffaustausch. Gibt es Probleme mit der Schleimhaut, ist dieser Stoffaustausch gestört. Wir
sehen das am so genannten „Leckdarm-Syndrom“, auch undichter Darm genannt.
Normalerweise lässt die Schleimhaut Fremdstoffe ab einer gewissen Größe nicht mehr
passieren. Beispielsweise „Polypeptide“, Eiweißbruchstücke, die aus mehreren Aminosäuren
zusammengesetzt sind, werden ab einer bestimmten Größe die Darmschleimhaut nicht mehr
passieren können. Dieses gesunde System stellt einen Schutz dar vor einer übertriebenen
Belastung der unspezifischen Abwehr - des lymphatischen Systems. Ist der Darm „undicht“,
können diese - und andere - größeren Fremdkörper die Schleimhaut passieren und lösen eine
unspezifische Abwehrreaktion aus, die ihrerseits wiederum eine lokal begrenzte Entzündung
verursacht. Diese lokal begrenzte Entzündung „bindet“ das Immunsystem, laienhaft
ausgedrückt, und sorgt so zunächst für eine Abwehrschwäche. Wir müssen also davon
ausgehen, dass Problemen wie chronischen Nebenhöhlenvereiterungen oder
Mittelohrentzündungen Veränderungen der Darmschleimhaut zugrunde liegen. Oder anders
ausgedrückt: die Darmkrankheit ist schon da, lange - sehr lange! - bevor am Darm überhaupt
irgendetwas bemerkt wird!
Was für einen Einfluss hat Stress?
Da wir hier von Problemen reden, die bereits im frühesten Kindesalter beginnen, müssen wir
unsere Idee von Stress natürlich angemessen erweitern: psychischer Stress und
Konfliktsituationen mögen ihre eigene Rolle spielen und Dynamik haben, tragen aber
bestenfalls zu einem Teil zu dem Problem bei. Andere Probleme sind Ernährungsfehler und
Stoffwechselstörungen, aber auch Schlafstörungen, Umweltbelastungen, übertriebene oder
auch mangelhafte Hygiene usw.
Sind diese Faktoren im Spiel, geschieht ganz banal erst einmal folgendes: der Körper leitet
Energie indirekt von den Schleimhäuten weg. Durch Stresshormone (beispielsweise
„Vasopressin“, ein Hormon, welches die Blutgefäße verengt) werden die Schleimhäute des
Körpers schlechter mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Da sie aber relativ dazu gesehen
die gleichen Aufgaben bewältigen müssen, haben Sie recht rasch ein Energiedefizit, was sich
auf ihre funktionelle Leistungsfähigkeit auswirkt. Diese Tatsache erklärt unter anderem,
warum sensible Naturen wesentlich empfindlicher in Bezug auf alle Schleimhäute ihres
Körpers sind - Blase, Verdauungstrakt und Atemwege sind wesentlich sensibler, Reiz-und
krankheitsanfälliger. Funktionelle Störungen wie Reizdarm, Reizblase etc. lassen sich durch
ein fehlgesteuertes Zusammenspiel von Stressreiz, hormonellem Einfluss und Energiebilanz
der Zellen der Schleimhaut erklären.
Organische Veränderungen entstehen, wenn diese Einflüsse lange genug anhalten.
Wie der Körper dann letzten Endes reagiert, also ob sich Allergien und
Autoimmunerkrankungen oder eine Infektabwehrschwäche mit chronischer Belastung
verschiedener Schleimhautareale (besonders der Nebenhöhlen) entwickelt, das hängt von
verschiedenen Faktoren ab: Hygiene, Belastung mit Umweltschadstoffen, Schwermetallen
(Schwermetalle können die Oberflächenstruktur von Schleimhautzellen verändern, was zu
einer immunologischen Reaktion im Sinne einer Autoimmunreaktion führt), Ernährung (in
der Naturheilkunde ist man allgemein der Ansicht, dass zum Beispiel Milchprodukte bzw.
allgemein zu viel Eiweiß die Bewegungen der Lymphe verlangsamen und der allgemeine
Mangel der modernen Ernährung an Enzymen sein Übriges dazutun), und nicht zuletzt die
Konstitution des Einzelnen.
Entscheidend dabei ist, dass die Ursprünge eines krankhaften Geschehens sich sehr ähnlich
sind und dass dann Details darüber entscheiden, in welche Richtung sich die Problematik
entwickelt. Nach dieser Auffassung ist ein manifestes, chronisches Leiden im
Verdauungstrakt quasi das „Endstadium“ einer solchen Entwicklung.
Die Naturheilkunde muss dafür sorgen, dass diese Entwicklung wieder rückwärts durchlaufen
wird. Viele meiner Patienten machen in den ersten Monaten der Therapie immer mal wieder
eine kräftige Erkältung durch, gelegentlich kommt es auch zu einer vorübergehenden und
kurzfristigen Wiederbelebung früher durchgemachter Krankheitsstadien - typisch ist ein
Hautausschlag entweder an den Beuge- oder an den Streckseiten der Gelenken, wo er sich
vorher in aller Regel bereits ereignet hat.
WICHTIGER HINWEIS:
Vom 6. bis 16. Juni befinde ich mich in Urlaub. Der Newsletter macht erst einmal eine
kreative Pause und nimmt im Verlauf des fortgeschrittenen Sommers den Faden an der
gleichen Stelle wieder auf!
Andreas Ulmicher