SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Bernd Mesovic, Stellvertretender Geschäftsführer Pro Asyl, gab heute, 27.07.16, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: „Gewalttaten durch Flüchtlinge“. Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Florian Rudolph. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 27.07.2016 Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl warnt nach den jüngsten Gewalttaten vor einem Überbietungswettbewerb. Baden-Baden: Der stellvertretende Geschäftsführer, Bernd Mesovic wehrt sich vor allem gegen die Forderung des bayrischen CSU-Innenministers Herrmann, Flüchtlinge notfalls auch in Krisengebiete wie Afghanistan abzuschieben. Im SWR-Tagesgespräch sagte Mesovic, dieser Vorschlag sei schon länger bekannt – jetzt würde die aktuelle Sicherheitsdiskussion genutzt, um ihn erneut aufzugreifen. Die Sicherheitslage in Afghanistan werde immer schlechter, sie gleiche inzwischen schon der Situation 2001. Wo man da sichere Zonen sehe, bleibe geheimnisvoll, meint Mesovic. Es werde aber schon in Form von ablehnenden Asylentscheidungen beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge umgesetzt. Wortlaut des Live-Gesprächs: Rudolph: Wie groß ist augenblicklich die Gefahr, dass aus Furcht vor Gewalt durch Flüchtlinge, Gewalt gegen Flüchtlinge wird? Mesovic: Die war ja schon die ganze Zeit relativ groß. Es wurde ja lange vor diesen Ereignissen Stimmung gemacht gegen Flüchtlinge und die Willkommenskultur. Das muss man ja auch deutlich in diesen Tagen in den Raum stellen, dass es eine stark steigende Zahl von Angriffen gegen Flüchtlingsunterkünfte und auch gegen Flüchtlinge auf der Straße gab. Das soll in diesen Zeiten gerade nicht vergessen werden. Rudolph: Nach den Gewalttaten binnen einer Woche, überbieten sich die Politiker jetzt mit ihren Forderungen und Vorschlägen. Bayerns Innenminister Herrmann kann sich beispielsweise vorstellen, in Regionen Afghanistans abzuschieben. Abschiebungen in Krisengebiete dürfen kein Tabu sein. Mesovic: Diese Debatte wird ja nun schon etwa ein dreiviertel Jahr geführt. Sie hat eigentlich aus meiner Sicht mit der aktuellen Situation, mit dem Terrorismus überhaupt nichts zu tun, sondern die Lage wird jetzt benutzt, um die Diskussion erneut aufzugreifen. Warum fliehen diese Menschen, warum sind Sie da? Man würde sie abschieben in ein Land, in dem die Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Sicherheitslage immer schlechter wird. Man kann es vergleichen, wir nähern uns der Situation vor 2001 an. Die Taliban beherrschen größere Gebiete als je zuvor, und die Gefahr das hier jetzt, ist eine reale Bedrohung im Osten Afghanistans für die dortige Bevölkerung gewesen. Also, wo man da wirklich sichere Zonen sieht, das bleibt teilweise geheimnisvoll, wird aber schon im Moment bei Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Form von als ablehnende Asylentscheidung exekutiert. Rudolph: Auf der anderen Seite, ein Flüchtling, der schon in Bulgarien registriert worden ist, warum sollte der nicht wieder dorthin gebracht werden? Mesovic: Das betrifft diesen Fall in Ansbach, der gehörte wohl zu denjenigen, die 2013 in Bulgarien gewesen sind und wir haben über die Situation in Bulgarien für Flüchtlinge in den Jahren 2013 und 2014 einen Bericht veröffentlicht, eine Recherche gemacht und man muss ganz klar sagen, Bulgarien hat in diesem Zeitpunkt einen Umgang mit Flüchtlingen gehabt, der eigentlich dem eines Verfolgerstaates gleicht. Man hat Flüchtlinge in großem Maße inhaftiert, bevor sie überhaupt mal in einem Verfahren waren, misshandelt bis hin zur Folter. Man hat dann was sehr Absurdes gemacht, aber Erklärbares, man hat teilweise ohne Anhörung einen Teil dieser Leute eine Anerkennung oder den subsidären Schutz, also eine mindere Schutzform, die Bescheinigung in die Hand gedrückt in der Erwartung, sie werden das Land schon verlassen. Man hat ihnen also in Bulgarien keinerlei Zukunft angeboten. Der Täter von Ansbach scheint zu dieser Gruppe gehört zu haben, denn er hatte diesen subsidären Schutz in Bulgarien, hat aber möglicherweise dort, das wissen wir noch nicht, das ist Spekulation, auch Schlimmes erlebt, weswegen er nicht zurück wollte. Er ist schon hier in ärztlicher, in psychotherapeutischer Behandlung gewesen und zu diesem Zweck hat man ihm die Aussetzung der Abschiebung gewährt. Rudolph: Kommen wir zurück ins Inland. Unter dem Eindruck der letzten Gewalttaten fordert der CDU-Innenpolitiker Schuster jetzt eine Abschiedskultur. Ist die Willkommenskultur endgültig tot? Mesovic: Ja gut, das ist der zynische Gegenschlag. Es gibt ja viele Politiker, die schon in den letzten Monaten gesagt haben, sie ärgert diese ganze Willkommenskultur, weil die Bürger, die man auf der einen Seite für ihr Engagement lobt, nicht das tun, was der Staat will, sondern sich intensiv um die Menschen kümmern. Das scheint mir jetzt die zynische Formulierung zu sein. Ich habe dieser Tage vor Schnellschüssen gewarnt. Natürlich ist im Moment eine Debatte über vernünftiges Handeln eröffnet und es sind ja auch einige Vorschläge auf dem Markt, die nicht von der Hand zu weisen sind. Rudolph: Zum Beispiel? Mesovic: Vieles ist im Moment ein Überbietungswettbewerb, des Halbgaren, wo selbst die Polizei sagt, lasst uns doch erst einmal die Arbeit tun, lasst die Ermittlungen ein Stück weiter sein und dann kann man doch erst beurteilen, was ist versäumt worden, was hätte getan werden können. Ich stimme zum Beispiel der Forderung zu, dass Flüchtlinge so frühzeitig wie möglich registriert werden sollten. Das ist kein gutes Zeichen, wie die dilettantische Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im letzten Jahr gelaufen ist, und dass wir solange brauchen, sozusagen die Nachregistrierung vorzunehmen. Wir hätten dann biometrische Daten von den Leuten. Das allerdings klärt nicht alle Fragen, dann wissen wir, wer ist da und wenn er künftig auffällig wird, können wir ihn sozusagen wieder rausfiltern. Aber das klärt ja nicht die Frage, was ist dessen Vorgeschichte, wir hatten ja solche Fälle, wenige, aber die auswärts katalogisiert worden sind. Es gibt den einen oder anderen Verbrecher oder gar Kriegsverbrecher auch unter ankommenden Asylsuchenden und das ist sehr wünschenswert, dass die irgendwie herausgefunden werden. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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