SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Musikstunde Von Akerselva nach Bygdøy Musikalische Impressionen aus Oslo Von Anette Sidhu-Ingenhoff Sendung: Samstag, 23. Juli 2016 Redaktion: Bettina Winkler 9.05 – 10.00 Uhr Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Musik sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für € 12,50 erhältlich. Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030 Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert.Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2 2 „Musikstunde“ mit Anette Sidhu-Ingenhoff Von Akerselva nach Bygdøy Musikalische Impressionen aus Oslo SWR 2, 23. Juli 2016, 9h05 – 10h00 Signet: SWR2 Musikstunde Am besten sieht man Oslo vom Holmenkollen aus. Das ist der Berg mit der Skisprung-Schanze! Ringsherum ein großes Sportareal, im Winter bestens geeignet für Olympia und Biathlon-Wettkämpfe. Steil aufwärts schleicht die Bahn aus der Stadt den Berg hinauf, an rot gelb oder blau gestrichenen Holzhäuschen vorbei. Oben gläsern blauer Himmel, weiter Blick auf die Fjordlandschaft. Jenseits des olympischen Areals ragt stolz die schwarze Holmenkollen–Kapelle empor, eine Holzkirche, wie sie typisch für Norwegen ist. Im Juni, Juli, dem kurzen Hochsommer liegt die Stadt sanft in lichtes Grün gebettet, in der Ferne gleißt die Sonne über dem Fjord. Mit dem Schiff oder dem Flieger kommt man meist hier an. Musikalisch stimmt uns jetzt Christian August Sinding ein, der in Oslo Musik studierte, bevor er nach Deutschland ging und für Richard Wagner schwärmte. Hier der Beginn seiner 1894 entstandenen Sinfonie in d-moll. 1:00 Musik 1 Ausschnitt 1. Satz Allgro moderato 3:35 AMS M0107301(AMS) 01-00401-007 40'00 Sinfonie d-Moll, op. 21 Norsk Kulturrads Klassikerserie Knardahl, Eva; Philharmonisches Orchester Oslo; Fjeldstad, Oivin Sinding, Christian Moderation 2 Der aus dem norwegischen Kongsberg stammende Komponist Christian Sinding mit dem Beginn seiner 1. Sinfonie d-moll, es spielte das Philharmonische Orchester Olso unter Oivin Fjelstad. Ob Spuren der alten Wikinger, abenteuerlicher Seefahrer oder Erforscher der Seele wie Edvard Munch, Henrik Ibsen, Gustav Vigeland und Edvard Grieg: in Oslo werden wir fündig! Der Stadtrundgang beginnt am Fluß Akerselva. In einem ca. 2 stündigen Marsch gelangt man hier durch die Stadt nach Norden. Im historischen „Christiania“, so hieß Oslo lange Zeit, war Akerselva die wirtschaftliche Lebensader der Stadt, Sägewerke und Papiermühlen, Werkstätten und Textilbetriebe säumten das Ufer. Heute ist der Pfad ein Paradies für Naturfreunde, man fühlt sich ein bißchen wie auf dem Land, kann baden oder Biber beobachten. 3 Weniger naturbelassen, stattdessen von sehr dicken Mauern umgeben, ist Akershus festning im Süden. Neun schwere Angriffe überstand Bollwerk auf der Landzunge seit dem Mittelalter. Immer wieder versuchten Schweden und Dänen, die Stadt am Oslofjord einzunehmen. 1624 brannte sie nieder, und Christian IV Oslo wurde dänische Provinz - errichtete im Schatten der Burg „Kvadraturen“, einen streng viereckig angelegten Renaissance-Stadtteil. Er nannte die Stadt, die zuvor nach einer Flussmündung „ulsu“ genannt wurde, „Christiania“. Viele Kämpfe gegen die Vorherrschaft von Dänen und Schweden gingen ins Land, bevor Norwegen 1905 unabhängig wurde und die Stadt dann Oslo heißen durfte. 1866 kam Edward Grieg nach Christiania, von hier aus wurden ihm Reisestipendien gewährt, die seine Ohren für die europäische Musikszene öffneten: für Franz Liszt, Johannes Brahms, Max Bruch, Clara Schumann. Fasziniert haben ihn auch die Russen, Tschaikowsky und Mussorgski mit ihrer Offenheit für volkstümliche Klänge! Hier ist sein „Klokkeklang“ aus den Lyrischen Stücken op. 54. Radikal für seine Zeit: schwingende Quintenintervalle zwischen Pianissimo und dreifachem Piano, bis die Stimmen im Unendlichen zu verhallen scheinen. Musik 2 Grieg Klokkeklang 50 AMS M0015547(AMS) 01-012 Glockengeläut für Klavier, op. 54 Nr. 6 Lyrische Stücke Pletnjew, Michail 1999 Grieg, Edvard 3:03 Moderation 3 Michail Pletnev. Wenn man das alte Oslo sucht, muß man aus der lebhaften Innenstadt heraus in die Ovre Slottsgate gehen, zum „Christiana Torv“, einem kleinen historischen Marktplatz und „Gamle Radhus“, dem alten Rathaus. Weiter Richtung Meer steht man schon bald vor der mächtigen Mauer von Akershus festning. Ein bißchen duster und einsam kann es hier abends werden, Cafés und Geschäfte gibt es nicht, erst im Hafen trifft der Tourist wieder auf mehr Leben. Von dort gelangt man auf die Halbinsel Bygdoy (Büggöii), im Winter mit dem Bus, im Sommer mit der Fähre. Als ich im März dort herumlaufe, liegt die Wasserfläche still da, glänzend im Sonnenlicht, Schwäne und Enten ziehen leise ihre Bahnen, Möwen kreischen, Wasservögel fliegen vorüber, in der Ferne kriecht langsam ein Schiff an blau-silbernen Hügeln vorbei, die im Morgendunst liegen. Auf der kleinen Halbinsel versammelt sich einiges: das berühmte norwegische Freilichtmuseum, das Maritim-Museum, der Hangar mit dem Expeditionsschiff Fram, das Häuschen mit Thor Heyerdals Floß Kon-Tiki, und, weiter landeinwärts, das Wikinger Museum. 4 Dort besonders faszinierend drei Schiffe aus der Zeit um 800 n. Chr: das Oseberg, Gokstad und das Tuneschiff. Als Grabstätten genutzt, enthalten sie viele Beigaben: Möbel, Handwerkzeug, geschnitzte Schlittenköpfe, Truhen mit Nähmaterial, ja sogar Stoffe gibt es aus einer Zeit vor 1200 Jahren! Zarte, zerbrechliche Seide aus Anatolien, in rot sind die bedrohlichen Recken mit ihren Waffen aufgedruckt. Weit herum gekommen waren diese Wikinger und kämpferisch! Halb Europa, ja sogar die Küsten Nordamerikas waren ihnen bekannt. Dass man großen Respekt, ja Furcht hatte vor Ihnen - auf dem Festland – zeigt das mittelalterliche Ludwigslied. Dort heißt es u.a.: „“Ludwig, kuning min, Hilph minan liutin. Heigun sa northman harto bidwungan.“ – „Ludwig, hilf meinen Leuten, die Normannen haben sie hart bedrängt“. Geredet wird von „northman“, „Männer des Nordens“. Damit sind Skandinavier gemeint. Im Thronfolgestreit nach dem Tod Ludwigs II. um 880 überfielen sie westfränkisches Gebiet. Musik 3 CD Notker Balbulus Take 11 2:03 Anonym: Ludwigslied kürzen auf 4’00 AMS M0272260(AMS) 01-011 9'44 Einan Kuning weiz ich Althochdeutsches Ludwigslied Sequenzen Tropen & Gregorianscher Choral aus dem Kloster St. Gallen Morent, Stefan Johannes Anonymus; Morent, Stefan Johannes Moderation 4 Stefan Johannes Morent mit einem Ausschnitt aus dem mittelalterlichen Ludwigslied. Das größte Museum auf Oslos Halbinsel Bygdoy ist das „Norsk Folkemuseum“, ein weitläufiger Park, er bietet eine Art Zeitreise: in bunten Behausungen warten Trachten und Handwerkskunst, das ländliche Leben in Norwegen ist nach Regionen zu sehen, Bauernhöfe, Handwerksbetriebe, Stabkirchen. Das Maritim Museum beherbergt mit dem Stokke-Boot das älteste in Norwegen gefundene Wasserfahrzeug aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. Interaktiv kann man sich hier durch die Schifffahrtsgeschichte durcharbeiten, Schiffsmodelle studieren, in Kajüten kriechen und Filme zum Leben auf See anschauen. Im nächsten Museum lockt ein urzeitlich anmutendes Ungetüm, das große Holzschiff Fram, das Frietjof Nansen fast zum Nordpol und Roald Amundsen zum Südpol führte. Die Dokumentation über diese abenteuerlichen Polarfahrten nimmt den Besucher gewaltig gefangen. Zumal er im Maschinenraum und der Kombüse der Fram herumlaufen und sich orientieren kann, wie man sich wohl auf so einem Schiff mitten im Eismeer gefühlt haben muss, beim Überwintern nahe dem Nordpol. Die Fram riecht förmlich noch nach Meer und Kälte: die alten 5 Sextanten, die Schlitten, die Fotos und Filme von eisigen Landschaften in Arktis und Antarktis bringen dem Besucher die gelungenen und die tragischen Expeditionen eindrücklich nahe. Fritjof Nansen entwickelte das Schiff für seine Nordostpassage 1893, es sollte dem Packeis standhalten, hochgedrückt werden und mit der Drift des Eises ganz natürlich zum Nordpol gelangen. Ganze drei Jahre (!) zog die Mannschafft von den neusibirischen Inseln aus auf hohen nördlichen Breitengraden ohne Steuerung durch das Nordmeer und langte tatsächlich im August 1896 wieder in Norwegen an. Während Frietjof Nansen, von Abenteuerlust gepackt, mit seinem Kameraden Johannsen zu Fuß versuchte, den Nordpol zu erreichen. Er scheiterte (bei etwa 86‘ Grad nördlicher Breite) und beide Männer mußten mit ihren Hundeschlitten und Kajaks eineinhalb Jahre lang einen gefährlichen Rückweg durchs Eis suchen. Sehr spannend auch heute noch, Nansens Tagebuch zu lesen: „In Nacht und Eis. Die norwegische Polarexpedition“. Nach dem 1. Weltkrieg, in den 20er Jahren betätigte sich Frietjof Nansen übrigens als Retter von Kriegsgefangenen, half Millionen hungernder Russen und setzte sich für Flüchtlinge ein, denen er zum sog. Nansen Pass verhalf, ein Dokument, das Staatenlose vor Verfolgung schützte. Geheiratet hatte Nansen ganz jung, noch vor seiner Nordpolexpedition, seine Liebe war Eva Sars, eine erfolgreiche Konzertsängerin, die man in Olso besonders gerne hörte mit „Solveigs Lied“. 2:57 Musik 4 Solveigs Lied - Philharmonisches Orchester Bergen 5:26 AMS M0345347(AMS) 01-005 5'34 Solveigs Lied, op. 23 Nr. 19. Fassung für Singstimme und Orchester Olav Trygvason - Songs Solberg, Marita; Philharmonisches Orchester Bergen; Ruud, Ole Kristian Grieg, Edvard; Ibsen, Henrik Moderation 5 Marita Solberg mit dem Philharmonischen Orchester Bergen. Dass die Abenteuerlust der Wikinger auch noch in Gestalten des 20. Jahrhunderts, steckt erfährt man im Kontiki-Museum. 1947 wagte es Thor Heyerdal, der selbst kaum schwimmen konnte, mit einem Floß aus Balsaholz von Peru aus über den Pazifik zu den Osterinseln zu segeln, nur mithilfe der Meeresströmung und der Ostwinde! Es ging ihm darum, zu beweisen, dass es den präkolumbianischen Indianern Südamerikas technisch möglich gewesen war, Polynesien zu besiedeln. Damit brachte er die sog. experimentelle Archäologie voran, den Versuch, praktisch nachzuweisen, wie Menschen früher Zeitalter die Distanzen vom Festland zu weit entfernten Inseln oder anderen Kontinenten zurücklegen konnten. Auch seine nach ägyptischen Vorlagen konstruierten Papyrusboote „Ra“ und „Ra II“ sind zu sehen, mit denen er 1970 von Marokko aus mit dem Äquatorialstrom und im Nordostpassat versuchte den Atlantik zu queren, 6 und die Antilleninsel Barbados in Mittelamerika zu erreichen. Im Auftrag der UNO machte seine Mannschaft auf diesen Fahrten schon damals auf die weltweite Meeresverschmutzung aufmerksam. „Hotu Matua“ singen hier in einer frühen Feldaufnahme Bewohner der Osterinsel. Musik 5 1:07 AMS M0034253(AMS) 01-023 1'07 Hotu Matua The Secret Museum of Mankind - Ethnic Music Classics: 1925-48, Vol. 2 Ensemble N. N. Moderation 6 Wie Sie sehen: die Museen auf der Halbinsel Bygdoy in Oslo versetzen einen gedanklich schnell rund um den ganzen Globus! Zugleich ist die Stadt aber auch eine Top Destination für Live Musik und zwar in jedem Genre. Besonders in den langen, warmen Sommernächten gibt es so ziemlich alles: von den großen Festivals bis zu Veranstaltungen auf fast geheimen, kleinen Hinterhofbühnen. „Oslo ist zur Zeit einer der aufregendsten Plätze für Live- Musik in Europa“ sagt Tord Krogtoft, er leitet „Oya“, ein hippes Festival im Tøyenpark mit jungen Künstlern. Beim „Norwegian Wood“ im Frognerbad gibt es internationale Stars aber auch unbekannte norwegische Bands. Besonders eindrucksvoll ist „Over Oslo“, dort schaut man von 370 m Höhe aus hinunter auf Stadt und Fjord. Festival Leiter Lars Petter Fosdahl meint: „Da wir überwiegend auf norwegische und skandinavische Musiker setzen, sind andere Festivals ev. internationaler bekannter, aber wer Norwegen live erleben will, bekommt hier eine ganze Menge davon“. Tord Krogtoft sinniert: „Das Licht - es wird im Juni erst kurz vor Mitternacht dunkel - dürfte vielen Musikern exotisch und einzigartig erscheinen“, dieses Phänomen zieht Künstler und Besucher gleichermaßen stark an. Und warum diese lebendige Musikszene? Nicht nur, weil man hier nach den langen, kalten Wintern die kurze Sommerzeit besonders genießen will, sondern auch, weil „die Musiker in bisher nicht gekanntem Ausmaß auf die Einnahmen aus live-Veranstaltungen angewiesen sind“ sagt Geir Ramnefjell, Kulturredakteur von Dagbladet. Ob es Rock und Popkonzerte sind oder die Oper, das Slottsfjell Festival in Tonsberg oder „Over Oslo“, die milden sommerhellen Nächte schaffen eine besondere, einmalige Atmosphäre, die man erlebt haben muss. In diesem Jahr traten bei „Over Oslo“ Mitte Juni z.B. Tom Jones, Chris de Burgh, Ingebjorg Bratland und die Carpe Diem Band auf, besonders beliebt auch: die norwegische Liedermacherin Kari Bremnes. (Informationen: http://overoslo.no/ ) 7 Musik 6 3:54 AMS M0316505(AMS) 01-002 3'54 Like før dagen går ned Og så kom resten av livet Bremnes, Kari Bremnes, Kari; Bremnes, Kari Moderation 7 Die norwegische Sängerin Kari Bremnes. Nach dem Blick auf die Musikfestivals geht’s jetzt in der SWR 2 Musikstunde mit der Stadtwanderung durch Oslo weiter in Richtung Schloss. Prachtvoll liegt der repräsentative klassizistische Bau am Ende der Karl Johans Gate. Kurz vor dem Schlosspark stößt man auf das Nationaltheater, alle zwei Jahre findet hier das „Ibsen Stage Festival“ statt, mit Theaterproduktionen aus vielen Ländern, seit 2008 gibt es dort den hoch dotierten internationale Ibsen Preis. Auf Henrik Ibsen trifft man in Oslo immer wieder. Seinen Lebensabend verbrachte in einem Haus mit Blick direkt auf’s Schloss in der heutigen Henrik Ibsens Gate. Im Museum kann man seine mit wunderbaren Möbeln des späten 19. Jh.s ausgestatteten Privaträume besuchen. Ganz in rot gehalten sind die Vitrinen und Räume der Ausstellung, die mit frühen Drucken seiner Werke, Bildern, Sounds von Bühnenszenen, Alltagsgegenständen an sein Leben erinnern. Stiche aus der Zeit lassen seine lebenslange Begeisterung für das Festland und den sonnigen Süden Europas aufleuchten. Man kann Interviews mit Schauspielern zu seinen Bühnengestalten hören, Betrachtungen zu seinen verschiedenen Lebensphasen, zu seinem Verständnis von Religion und Politik. Faszinierend die Psychologie seiner kämpfenden, gegen die bürgerliche Fassade ringenden Frauengestalten. Das Museum evoziert sehr gut die Stimmung des „fin de siècle“. Am meisten gefällt mir ein dunkles kleines Theater, man sitzt auf Stufen, schaut auf einen kleinen Theaterprospekt, und hört Ibsens kraftvolle Originalsprache: Norwegisch! Dank seiner Kenntnis der nordischen Sagen fand er zu einem herben Ton, ganz anders als die damals allein gültige dänische Sprache. Ibsens Norwegisch macht einen schroffen Eindruck! Hier, im dunklen Theaterraum hört man ihm zu und darf in die tiefen Abgründe der Seele steigen bei „Gespenster“ oder „Hedda Gabler“. Mit einer Bühnenfassung für sein Gedicht über den Fantasten und Abenteurer „Peer Gynt“ beauftragte er selbst Edward Grieg. Musik 7 rein erst ab 1:40 5:43 Edvard Grieg: Peer Gynt: AMS M0263414(AMS) 01-00501-007 14'30 3 Chöre Peer Gynt, Szenische Musik für Soli, Chor und Orchester, op. 23 Oper, Chorwerke Philharmonischer Chor Oslo; London Philharmonic Orchestra; Dreier, Per Grieg, Edvard; Ibsen, Henrik (1) Nachtszene, 5. Akt Nr. 21 01-A-005 7'10 8 Moderation 8 „Nachtszene“ aus dem 5. Akt „Peer Gynt“ mit dem Philharmonischen Chor Oslo, dem London Philharmonic Orchestra, Leitung Per Dreier. Wenn man in Oslo vom Schloss aus weiter in Richtung Westen läuft, kommt man zum Frognerparken, der jedes Jahr tausende Besucher anlockt. Die Begeisterung weckt eine Skulpturensammlung, entworfen hat sie Gustav Vigeland in den 1920er Jahren: hunderte menschliche Körper, eingebunden in formal und inhaltlich aufeinander bezogene Groß-Skulpturen. Themen sind der Zyklus des Lebens und die Geschichte der Menschheit. Am beliebtesten ist wohl „Sinnataggen“, der zornig aufstampfende kleine Trotzkopf aus Bronze, „Monolitten“, die große Säule mit sich windenden Menschen und das „Livshjulet“, das Lebensrad. Die naturalistischen Figuren erinnern an Auguste Rodin, der Vigelands Vorbild war. Im Sommer fällt das tiefrote Abendlicht in den Park und scheint sie lebendig zu machen. In den 1890er Jahren hielt sich Vigeland, Norwegens berühmter Bildhauer, in Berlin in einem Kreis skandinavischer Literaten, Künstler und Intellektueller auf, dazu gehörten z.B. August Strindberg und der dänische Maler und Schriftsteller Holger Drachmann. Man traf sich im Gasthaus „Zum schwarzen Ferkel“ Unter den Linden. Hier diskutierte man über Okkultismus, Psychologie und die Philosophie Friedrich Nietzsches. Mit von der Partie: Edvard Munch. „Der Fotoapparat kann mit Pinsel und Palette nicht konkurrieren, so lange man ihn im Himmel und in der Hölle nicht verwenden kann“ sagt Munch. Die Eindrücke der Seele sind ihm wichtiger als die des Auges. Das wird klar, wenn man ein Bild wie „Das kranke Kind“ von 1885 anschaut, wo er den frühen Tod seiner Schwester Sophie verarbeitet, oder „Tod im Krankenzimmer“ aus dem „Lebensfries“, ein Bild wie das Schlusstableau eines Ibsen Schauspiels. Tatsächlich stattet Munch immer wieder auch Ibsens Dramen mit Bühnenbildern aus. Eine Serie seiner Bilder hat er übrigens auch Oslos Landschaft: den Christiania-Fjord zum Thema. Man findet Edvard Munch in der Nationalgalerie und im Munch Museum in Toyen, das übrigens in 3 Jahren in ein neues Museum nahe der Oper umziehen soll. Munch, der sich lange Jahre in Mitteleuropa aufhielt, kam 1909 nach Oslo zurück und stattete dort die Universitätsaula aus: die Bilder heißen „Sonnenaufgang“, „Fjord“, „Geschichte der Alma Mater“ und „Die ewigen Kräfte des Lebens“. Wenig bekannt ist, dass Munch auch Novellen und Kurzgeschichten schrieb. So kommt es, dass der norwegische Komponist Ketil Bjørnstad zum Jubiläum des Oslo Chamber Choir 2011 in der Aula der Universität eine Kantate nach Munchs Texten komponierte. „Soloppgang“ widmet sich hymnisch dem Sonnenaufgang 9 Musik 8 Ketil Björnstad AMS M0362315(AMS) 01-019 5'15 Soloppgang Sunrise - A cantata on texts by Edvard Munch Björnstad, Ketil; Oslo Chamber Choir Björnstad, Ketil; Munch, Edvard; ... Moderation 9 „Sonnenaufgang“ aus der gleichnamigen Kantate von Ketil Björnstad nach Edvard Munch mit dem Oslo Chamber Choir. Vom Hauptbahnhof in Oslo kommt man mit wenigen Schritten zur Oper. Das Gebäude zu besichtigen lohnt sich: ähnlich wie das Sidney Opera House liegt diese schlanke, einer Welle ähnliche Baugestalt aus Beton, Marmor, Glas und Holz, entworfen vom norwegischen Büro „Snøhetta“, direkt am Meer, 2008 war Eröffnung. Eine an das Gemälde „Das Eismeer“ von Caspar David Friedrich gemahnende Plastik, die „Eisscholle“, schwimmt beweglich davor auf dem Wasser. Den Saal mit über 1300 Plätzen erreicht man über eine ganz leicht schwankende, den Zuschauerraum wie ein riesiger Baumstamm umfassende Holzwendeltreppe, die den Besucher in die visionäre Welt des Theaters entführt. Bei einem Rundgang durchs Haus erschließen sich die große Bühnenwerkstatt, Schneiderei, Ballettsäle und zahlreiche Nebenbühnen. Als ich im März dort war, konnte ich der Hauptprobe von „Elysium“ von Rolf Wallin zuschauen. Nach „Peer Gynt“ von Jüri Reinvere ist „Elysium“ bereits die zweite Uraufführung unter der Intendanz von Per Boye Hansen gewesen, die sich mit der Zukunft des Humanen befasst. Ich hörte vielfältiges Schlagzeug, Xylophone, Harfen, Bläser, sechsfach besetzte Celli und Bässe, Szene mit Vater, Mutter, Kind. Es geht um die letzten vierzig überlebenden Menschen auf der Erde, sie müssen für ihre CyberNachfolger „Fidelio“ Oper darbieten und das geht schrecklich schief. Die menschliche Frau wäre gerne die transhumane, die andere gerne eher ein Mensch. Eine fast panische Stimmung vermittelte sich, düster, beklemmend! Erinnert an Richard Strauss‘ „Frau ohne Schatten“. Ein bisschen verwandt zur Klangwelt von „Elysium“ ist „Concerning King“, ein Quartett von Rolf Wallin: Musik 9 1‘47 Rolf Wallin 3. Satz Ausschnitt AMS M0052822(AMS) 01-00401-009 23'59 Concerning King Quartett für 2 Violinen, Viola und Violoncello Second string quartet Arditti Quartet, London Wallin, Rolf 10 Moderation 10 Ein Ausschnitt aus dem 3. Satz des Streichquartetts „Concerning king“ von Rolf Wallin mit dem Arditti Quartett. Nördlich des Bahnhofs stößt man übrigens in der Hollendergata 4 auf Willy Brands Wohnung, der hier in den 1930er Jahren Geschichte studierte und politisch aktiv war. Damit gehen unsere Streifzüge durch Oslo in der SWR Musikstunde zu Ende. Die norwegische Hardanger Fiedel soll das letzte Wort haben. Die schön verzierte Kastenhalslaute hat neben den vier Spielsaiten auch Resonanzsaiten, die wie bei der Viola d‘amore unter dem Griffbrett liegen und ihr einen starken, vollen Klang verleihen. Miriam Andersen und ihr Ensemble spielen Tanzmelodien der Wikingerzeit: „Olaf und Harald im Wettstreit um das Königteich von Norwegen“. Am Mikrofon war Anette Sidhu-Ingenhoff. Musik 10 Hardanger Fiedel Ausschnitt AMS M0320686(AMS) 01-006 11'34 Tanzmelodien der Wikingerzeit (Die beiden Brüder St. Olaf & Harald im Wettstreit um das Königtum von Norwegen) für Harfe, Flöte, Gesang, Fidel. Mandora und Gesang Konzert mit Miriam Andersen, Ale Möller (Møller) und Gunnar Stubseid vom 17.06.2012 in Freyburg an der Unstrut Andersén, Miriam; Møller, Ale; Stubseid, Gunnar Traditional
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