Operative Techniken - Alloplastisch unterstützte Techniken Hoher posterior vaginal mesh repair mit/ohne Vaginaefixatio (uni-oder bilateralis) (Abb. 1 und 2) Nach hinterer medianer Kolpotomie wird die Scheidenhaut von der Rectocele abpräpariert. Die Präparation reicht seitlich bis zum Levator, der, analog zur Technik bei der Vaginaefixatio sacrospinalis, auf beiden Seiten durch Eröffnen des Levatordaches freigelegt wird. Ein Durchbohren des Rektumpfeilers in Richtung auf das Ligamentum sacrospinale oder sacrotuberale ist allerdings bei dieser Technik nur dann erforderlich, wenn man das Scheidenende zusätzlich sacrospinal oder sacrotuberal fixieren möchte. Dazu verwendet man PDS-Fäden der Stärke 1 mit einer CT1-Nadel transvaginal für die unilaterale Fixation. Für die bilaterale Fixation empfiehlt sich die Verwendung eines geflochtenen nicht-resorbierbaren Fadens der Stärke 0 oder 1. Diese Fäden werden dann durch die Vaginalfaszie gestochen (Scheidenepithel unversehrt) und vor Verschluss der Kolpotomie so geknüpft, dass der Apex der Scheide in die gewünschte Position kommt. Die Fäden verlaufen dann als Schlingen (analog zur Cowan’schen Modifikation der Burch-Kolposuspension) und werden bindegewebig ummauert. Ein beidseitiges Anziehen der Knoten zur Herstellung eines direkten Kontakts des Bandes mit der Scheide wie bei der unilateralen Fixierung ist nicht denkbar, weil sonst das Rektum stenosiert würde. Die rectale Palpation verifiziert die ausreichende Weite des Rectumlumens. Eine Deviation der Scheidenachse ist bei der unilateralen Fixierung nicht zu vermeiden, bezieht jedoch nicht dauerhaft die Mittelachse ein, wohl aber die Achse in der Sagittalebene. Nach einer gewissen Zeit bildet sich in der Regel ein Rezessus nach der fixierten Seite aus. Bei der unilateralen Fixierung allerdings fehlt der Halt auf der kontralateralen (linken) Seite, obwohl durch die Nachbarschaft zum Rektosigmoid hier oftmals ein Deszensus persistiert. Es werden nach Vorlegen der Fäden für die Vaginaefixatio die kranialen Levatorenränder dargestellt, häufig ist aufgrund des lockeren Bindegewebes in dieser Gegend auch der M. coccygeus freigelegt. An der Stelle, an der beide Muskeln aufeinandertreffen wird nun auf beiden Seiten ein PDS®-Faden (Stärke 0 oder 2-0) durch den Levatorrand vorgelegt. Dieser Faden wird vor der Vulva durch die jeweilige Implantatkante gestochen und dann nacheinander auf beiden Seiten geknüpft. Hierbei wird der etwa 4—5 cm breite und 10—12 cm lange trapezförmig vorgeschnittene Patch mit seiner cranialen Kante allenfalls leicht zwischen den cranialen Levatorrändern aufgespannt. Nun wird mit einem Breisky-Speculum hinten und einem schmalen Langenbeck-Haken vorn unter dem Scheidenhautlappen der Levator bzw. das Levatordach dargestellt und das Implantat entsprechend der in Abb. 2 und 3 dargestellten Ebene durch mehrere Einzelknopfnähte (2—3 pro Seite) oder eine fortlaufende überwallende Naht mit dem vorgelegten Faden fixiert. Der präparierte Scheidenhautlappen wird dabei durch eine Kocherklemme am Rand gehalten und nach oben geklappt. Nach cranial überragt der Patch etwas die craniale Levatorkante. Dieser Teil des Implantats wird ausgebreitet und stützt nach Verwachsung mit dem Peritoneum dieses zusätzlich ab. Je nach Zuschnitt endet die Naht etwa 1—2 cm vor der Hymenalsaumebene oder in der Hymenalsaumebene, wobei der darüber hinaus überschüssige Implantatanteil nun reseziert wird. Kaudal des Implantates wird auf beiden Seiten der introitusnahe Anteil der Levatoren sowie der meist auseinandergewichene M. bulbospongiosus durch 2—3 Einzelknopfnähte (z.B. Vicryl 1, CT-1-Nadel) in der Mittellinie adaptiert und anschließend die caudale Patchkante hier mit einer oder mehreren Vicryl 2-0-Einzelknopfnähten angeheftet. Auf ausreichende Weite des Introitus und auf die Vermeidung „scharfer Kanten“ ist dabei zu achten. Nun kann man in den Fällen, in denen keine sacrospinale oder -tuberale Fixation vorgenommen wurde, die Scheide mit einer kranialen Naht auf dem kranialen Patchrand fixieren (Abb. 1). Dieser Faden wird, in Analogie zu den Fäden bei unilateralen Vaginaefixationes, ganz am Ende der OP geknüpft. Die mediane Kolpotomie wird unter sparsamer Resektion überschüssigen Gewebes bis in Höhe des kaudalen Netzrandes verschlossen (fortlaufend mit z.B. 2-0 Vicrylnaht überwallend). Abschließend Adaptation des Unterhautgewebes und Dammnaht. Da das Rektum auf beiden Seiten von den Levatoren abpräpariert und bei der Fixierung der Netzkante mit dem Breisky-Haken distanziert wurde, ist eine Nahterfassung des Darmes nicht wahrscheinlich. Abschließend wird digital die Unversehrtheit des Rektums überprüft. Auf eine sorgfältige Hämostase ist während des Eingriffs zu achten. Vaginale straffe Tamponade für 48 Stunden und aus diesem Grund auch transurethralen Katheter 14 Charr bei OP ohne Vaginaefixatio, mit Vaginaefixatio empfiehlt sich in aller Regel eine suprapubische Zystostomie. Drainagen sind in der Regel nicht erforderlich. Eine perioperative Antibiotikaprophylaxe mit einem Cephalosporin der 2. Generation ist sinnvoll. Abb. 1a Abb. 1b Abb. 1a: Vaginaefixatio sacrospinalis kombiniert mit einem posterior mesh repair Abb. 1b: Warum keine „Ärmchenfixierung” des posterioren Implantats an den Ligg. sacrospinalia? Abb. 2: Lage des posterioren Implantats in Relation zur Levatorplatte Abb. 3: Lage des Implantats im posterioren Kompartiment Anmerkung: Warum sollte eine Fixierung des posterioren Implantats an den Ligg. sacrospinalia unterbleiben? Man ersetzt mit dem posterioren Implantat (Interponat) das Septum rectovainale, das sich zwischen den Levatoren ausspannt. Seine Begrenzung ist caudal das Perineum, cranial reicht es bis zur Interspinalebe, hat aber keine Verbindung zu den Ligamenten im Retroperitoneum. Betrachtet man den Defäkationszyklus, so wird klar, warum (Abb. 4: obere Reihe). Die Angulation zwischen sacralem und ampullärem Rectum befindet sich in der Höhe der von ventral einspringenden Ligg. sacrouterina (Rectumpfeiler). Das ampulläre Segment des Rectums wird vom sacralen Segment mit Stuhl befüllt und dehnt sich nach ventral und cranial aus. Zur Entleerung erfolgt dann die Steilstellung des erweiterten ampullären Segmentes unter Einengung seiner Verbindung zum sacralen Segment. Implantiert man nun ein Netz und fixiert es außerhalb des mobilen Systems an knöchernen Fixpunkten, dann stört man damit die Mobilität und Dynamik des Defäkationszyklus’ (Abb. 4: untere Reihe). Die Ausdehnungsfähigkeit des Rektums ist reduziert, bei der Steilstellung kommt es zu Zug auf die ligamentäre Fixierung. Daraus resultieren mehrere Entleerungen kleiner Stuhlportionen täglich. Die Verhältnisse werden umso ungünstiger, je mehr das Implantat und seine induzierte Narbe mit der Zeit schrumpfen. Es kommt dann bei gutem Anschluss an den Perinealkeil und an die Ligamente zu einem Zug, der mit Schmerzen verbunden sein kann. Das Defäkationsmuster kann weiter pathologisch werden. Ist das Implantat wirklich nur ein interlevatorielles Interponat kann es sich mit dem System bewegen. Auch dieses limitiert das Füllungsvolumen des Rectums ist aber aufgrund der Beweglichkeit der Ankerpunkte dem physiologischen Effekt des Septum rectovaginale ähnlicher. Abb. 4 – warum keine Fixation des posterioren Implantats am Ligamentum sacrospinale erfolgen sollte nach: Armin Fischer: OP-Atlas – Praktische Urogynäkologie; Implantatunterstützte Deszensuschirurgie, ISBN 978-3-00-022161-3 (1. Auflage 2007)
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