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SPRACHE IST IHRE LEIDENSCHAFT:
DR. SIMONE BUREL
Germanisten sind verträumte Literaturliebhaber?
Von wegen! Die Sprachwissenschaftlerin Dr. Simone
tiven Ergebnissen, weil Leseeindrücke vom Wissenshorizont
desjenigen geprägt sind, der liest“, erklärt Simone Burel.
Burel (29) will mit ihrer linguistischen Unternehmensberatung Kunden erreichen, Kosten reduzieren
und letztlich Profite steigern.
Ihr LU-Tool dagegen „lese“ und analysiere die Texte automatisch,
bevor sie durch eine klassische qualitative Analyse gesichtet
werden. Die Sprachwissenschaftlerin wertet damit z. B. auch
Texte von Blogs oder Communities aus, in denen sich Nutzer
über ein bestimmtes Unternehmen äußern. So bekommt die
Firma blitzschnell objektive Informationen, welche Schlüsselwörter in den Texten verwendet werden und was dies über
die Einstellung der Zielgruppen aussagt, ob ihre potenziellen
Kunden bspw. jugend- oder fachsprachlich unterwegs sind.
VON JANNA DEGENER
Wer weiß am besten, wie Unternehmen die richtige Kundenansprache wählen? Diejenigen natürlich, die sich tagtäglich mit
Wörtern, Sätzen und Texten beschäftigen: Geisteswissenschaftler,
Germanisten, Linguisten. Davon zumindest ist Simone Burel
(29) als Vertreterin dieser „Spezies“ überzeugt.
Bisher wirft LU zwar noch keine riesigen Gewinne ab und
Simone Burel steckt noch viel Zeit in die Akquise von
Neukunden. Doch immerhin kann die Germanistin schon
von ihren Sprachanalysen leben. Dieser schnelle Erfolg lässt
sich auch damit erklären, dass sie schon vor der Gründung
das nötige methodische Rüstzeug an der Hand hatte: Bereits in
ihrer Promotion hatte sie die Sprache der Dax30-Unternehmen
untersucht und basierend auf diesen Sprachdaten und Parametern die theoretische Basis für ihr LU-Tool entwickelt. Auch die
ersten Kundenkontakte stammen aus dieser Zeit. Und inzwischen präsentiert die 29-Jährige ihre Produkte natürlich auf ihrer
Website, auf Facebook und in diversen Vorträgen, die sie auf
Netzwerkveranstaltungen hält. Nebenbei gibt sie auch Seminare
zu Themen wie „Angewandte Unternehmenskommunikation“
oder „Weibliche Kommunikation“.
Doch sie sieht auch ein Problem: „Viele Geisteswissenschaftler – und vor allem viele Geisteswissenschaftlerinnen – neigen
dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen.“ Die 29-Jährige
selbst wollte jedoch unbedingt ihre Leidenschaft für den strategischen Einsatz dieser Disziplin zum Beruf zu machen und
stieg nach ihrer Promotion als Kommunikationsleiterin bei
einem Frankfurter Finanzdienstleister ein. Da sie sich von der
Firmenphilosophie allerdings eingeschränkt fühlte, gab sie ihr
stabiles Einkommen schon nach wenigen Monaten wieder auf,
um sich selbstständig zu machen. Seit der Gründung von „LU“
(linguistische Unternehmenskommunikation) sind jetzt rund
eineinhalb Jahre vergangen. Simone Burel hat den Schritt bisher
nicht bereut.
Zu ihren Kunden gehören u. a. ein Dax30-Konzern, verschiedene
Finanzdienstleister und mehrere Start-Ups. Für Großkonzerne,
die häufig mit einer riesigen Anzahl von Sprachdaten arbeiten,
hat sie mit Unterstützung von Computerlinguisten ein automatisiertes Analysetool entwickelt: „Häufig versuchen Community
Manager z. B. die Texte von ihren Websites lesend auswerten.
Das nimmt aber sehr viel Zeit in Anspruch und führt zu subjekJETZT
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FOTO // PRIVAT
AUTOMATISCHE ANALYSEN
DANK COMPUTERLINGUISTIK
In der ersten Zeit der Selbständigkeit bekam Simone Burel auch
Unterstützung durch eine Start-Up-Beratung eines Mannheimer
Gründerinnennetzwerks. Hier erfuhr die Geisteswissenschaftlerin, was Selbständige über Businesspläne und Buchhaltung,
Zielgruppenakquise, Versicherungen und Altersvorsorge wissen
müssen. Besonders wichtig aber, so Simone Burel, war und ist
für den Erfolg ihres Unternehmens ihr Selbstbewusstsein als
Geisteswissenschaftlerin und Frau: „Es ist mir sehr wichtig, mich
in einem männerdominierten Bereich zu behaupten. Und darin
lasse ich mich nicht aufhalten.“
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