Betriebsunterbrechungsversicherungen Wenn der Versicherer die Gehälter zahlt Sachschäden können den Betriebsablauf eines Unternehmens lahmlegen. Was passiert dann aber mit Miete und Gehältern? Eine Betriebsunterbrechungsversicherung schützt in diesen Fällen. Mehr als 400 Feuerwehrleute waren im Einsatz: Am Ostermontag schwelt in zwei Produktionshallen des Geflügelproduzenten Wiesenhof am Standort Lohne ein Großfeuer. Stundenlang kämpfen die Feuerwehrmänner dafür, es unter Kontrolle zu bekommen. Während glücklicherweise dabei weder Menschen noch Tiere schwer verletzt werden, geht der Sachschaden in den zweistelligen Millionenbereich. Die Produktion in Lohne steht still: Hähnchen kann Wiesenhof dort erst mal nicht mehr schlachten. Die Tiere – bis zu 370.000 Hühnchen verarbeitete Wiesenhof in Lohne pro Tag – müssen zu anderen Standorten umgeleitet werden. Inzwischen hat der Geflügelproduzent Konsequenzen aus dem Drama gezogen. Von den rund 1.600 Mitarbeitern in Lohne muss „eine hohe zweistellige Zahl“ von Arbeitern gehen. Werbung Wiesenhof, der Klamottenladen, dessen Ware bei einem Rohrbruch vernichtet wird, oder die Druckerei, die nach dem Brand an einer Druckmaschine nicht mehr drucken können – es gibt viele Vorfälle, die dazu führen können, dass ein Betrieb nicht mehr weiterläuft. Das kann Unternehmen hart treffen. Denn Kosten wie Miete, Löhne, soziale Abgaben, Finanzierungen, Aufwendungen für die betriebliche Altersvorsorge der Mitarbeiter laufen trotzdem weiter, auch wenn der Betrieb stillsteht. Auch können Vertragsstrafen drohen, wenn das Unternehmen bestimmte Produkte nicht mehr liefern kann. Im schlimmsten Fall kann das Firmen in die Pleite treiben. Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de Für diese Fälle gibt es Betriebsunterbrechungsversicherungen. Sie ersetzen fortlaufende Kosten wie Löhne, Gehälter, Mieten oder weiterlaufende Zinsen, die das Unternehmen infolge der Betriebsunterbrechung nicht mehr erwirtschaften kann. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Betriebsablauf wegen eines Sachschadens nach Feuer, Rohrbruch, Sturm oder eines anderen Elementarschadens beeinträchtigt oder unterbrochen ist. Auch entstehende Gewinnausfälle gleichen die Versicherer aus. Wichtig dabei: Der Betrieb muss nicht komplett stillstehen – es reicht eine Störung, die den Ertrag des Unternehmens reduziert. Dabei gibt es drei Formen der Betriebsunterbrechungsversicherung: die kleine, die mittlere und die große. Sie unterscheiden sich je nach Größe, Komplexität und Art des Betriebs. „Die kleine Betriebsunterbrechungsversicherung ist eine Zusatzversicherung der Geschäftsinhaltsversicherung und eignet sich vor allem für den Einzelhandel und kleinere Handwerksbetriebe“, sagt Thorsten Herberger, Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de im Produktmanagement der Signal Iduna zuständig für das gewerbliche Sach- und Haftpflichtgeschäft. Die Versicherungssummen der Inhaltsund Unterbrechungsversicherung sind identisch. „Die mittlere und große Betriebsunterbrechungsversicherung sind dagegen eigenständige Versicherungen mit umfangreichen Konditionen wie etwa Nachhaftung, Wechsel- und Rückwirkungsschäden“, so Herberger weiter. Erstere eigne sich dabei mehr für mittelständische Betriebe und die große eher für Industrieunternehmen. Unterschiede gibt es dabei zum Beispiel bei der Haftzeit, also der Dauer, für die der Versicherer die Kosten trägt. Bei der kleinen Betriebsunterbrechungsversicherung beträgt sie standardmäßig zwölf Monate. Ist die Haftzeit um, gibt es vom Versicherer kein Geld mehr, auch, wenn der Betrieb bis dahin nicht wieder hergestellt ist. Das kann gerade dann zum Problem werden, wenn etwa ein Unternehmer eine Halle neu aufbauen will und sich die Bauaufsicht mit der Genehmigung viel Zeit lässt. Auch bedenken müssen Unternehmer, dass sich die Zahlung der Versicherungsleistung verzögern kann, etwa weil die Polizei ermittelt, ob bei einer abgebrannten Halle der Eigentümer das Feuer nicht selbst gelegt hat. Bei der mittleren und großen Police sind auch längere Haftzeiten möglich – etwa 18, 24 oder 36 Monate. Welche ein Unternehmen wählt, hängt dabei auch davon ab, welche Geschäfts- und Produktionsausstattung für den Betrieb notwendig ist. „Sind zum Beispiel speziell angefertigte Maschinen mit längeren Lieferfristen erforderlich, sollte das bei der zu vereinbarenden Haftzeit berücksichtigt werden“, sagt Arag-Sprecher Christian Danner. Auch höhere Versicherungssummen können die Unternehmen hier abschließen. Wie ermittelt man aber die richtige Versicherungssumme? „Der Versicherungsnehmer muss seine fixen Kosten und den erwarteten Gewinn im Voraus kalkulieren“, heißt es vom Versicherer HDI. „Dabei müssen alle Einflüsse auf die Unternehmensentwicklung so berücksichtigt werden, als ob der Schaden nicht passiert wäre.“ Umsatz minus Wareneinsatz ist gleich Rohertrag, ist hier die Faustformel. Dabei geht aber nicht immer alles glatt, weiß Holger Schnittker. „Die Unterversicherung ist immer ein Risiko“, so der Versicherungsmakler aus Steinfeld. Als Beispiel nennt er die kleine Betriebsunterbrechung, bei der die Versicherungssumme sich ja nach derjenigen der Betriebsinhaltsversicherung richtet: „Hat ein Unternehmer parallel zur Inhaltsversicherung mit 100.000 Euro Versicherungssumme eine Maschinenversicherung über 60.000 Euro abgeschlossen, muss er das bei der Festlegung der Deckungssumme bei der Betriebsunterbrechungspolice natürlich berücksichtigen.“ Letztere müsste also eine Summe von 160.000 Euro aufweisen, nicht von 100.000 Euro. Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de „Das wird in der Praxis aber sehr oft vergessen“, so Schnittker. Auch andere wichtige Punkte gehen manchmal unter, weiß Herberger von der Signal Iduna. „Hier können Fehler auftreten, indem der Versicherungsnehmer bei der heutigen Produktionsverflechtung etwa Zulieferer im Vertrag nicht berücksichtigt, obwohl er von ihnen abhängig ist.“ Oft kann der Rohertrag im Endeffekt nur recht grob geschätzt werden. „Unternehmen, deren Geschäfte sich stark entwickeln, sollten daher einen entsprechenden Puffer einplanen und die Versicherungssumme ständig aktualisieren“, sagt Arag-Mann Danner. Damit Unternehmern das leichter fällt, erfolgt jedes Jahr eine rückwirkende Abrechnung des Rohertrags aus dem vergangenen Geschäftsjahr. Stellt der Versicherer dabei fest, dass der Puffer zu groß war, kann er dem Unternehmen nachträglich bis zu 50 Prozent der Prämie erstatten. Umgekehrt gibt es bei der mittleren und großen Betriebsunterbrechungsversicherung eine Nachhaftung. Sie beträgt bis zu einem Drittel der Versicherungssumme. Diese Nachhaftung ist erst mal beitragsfrei mitversichert – erst, wenn der tatsächlich erwirtschaftete Rohertrag die dokumentierte Versicherungssumme übersteigt, muss der Unternehmer die höhere Prämie zahlen. Auch ein Blick in die Bedingungen lohnt sich für Unternehmer natürlich immer. So sollte die Gefahrendefinition, wann also etwa ein Feuer- oder Leitungswasserschaden konkret vorliegt, möglichst umfassend sein. Auch ein Punkt, der oft übersehen wird: die Personalpolitik. „Theoretisch kann der Versicherer erwarten, dass das Unternehmen zum nächstmöglichen arbeitsrechtlichen Zeitpunkt Mitarbeiter entlässt, um die Kosten zu senken“, sagt Versicherungsmakler Schnittker. „Das kann man über eine Sonderklausel im Vertrag wieder abbedingen. Man muss nur wissen, dass das ein Baustein ist, den man hinzubuchen muss.“ Versicherungsnehmer sind laut Schnittker gut beraten, wenn sie sich außerdem nicht alleine auf den Versicherungsschutz verlassen. „Unternehmer müssen sich damit befassen, wie ein Worst-Case-Szenario aussehen kann – auch was etwa Vertragsstrafen oder verlorene Kunden angeht.“ Dann gelte es, einen Notfallplan zu erarbeiten. Wichtigster Punkt laut Schnittker: die Datensicherung. Kopien von Kundenlisten, Lieferlisten und so weiter sollte man an einem getrennten Ort aufbewahren“, empfiehlt der Makler. Dieser Artikel erschien am 20.07.2016 unter folgendem Link: http://www.pfefferminzia.de/betriebsunterbrechungsversicherungen-wenn-der-versicherer-die-gehaelter-zahlt-1469038297/ Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)
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