Foto: SOD/Stefan Holtzem Noch bevor in Rio das olympische Feuer brennt, feierten 4.800 Athletinnen und Athleten die Special Olympics Hannover 2016. Das Sportfest hilft, Vorurteile gegenüber behinderten Menschen abzubauen, meint Bernhard Conrads. Wer Inklusion wünscht, sucht Wege, wer Inklusion die sich an ihrer Leistung freuen. Viele Nicht-Beablehnt, sucht Gründe – dieser Satz machte nach hinderte erkennen, dass man auch dann viel Freude der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskon- und Glück empfinden kann, wenn man in Teilbevention durch die Bundesrepublik Deutschland reichen seines Seins beeinträchtigt ist. So ändern 2009 die Runde. Er hat sich bewahrheitet. Special sich Haltungen. Olympics Deutschland gehört zu jenen OrganisaDies ist entscheidend für das Gelingen von Intionen, die Wege suchen. Über den (Um-)Weg des klusion: Bevor man Strukturen verändert und die Sports beweist Special Olympics, dass Inklusion erforderlichen Finanzquellen erschließt, ist es notgelingen kann. Die vom Internationalen Olympi- wendig, Einstellungen zu entwickeln, die Behindeschen Komitee offiziell anerkannte Sportbewegung rung anders sehen lassen. Vielleicht ist uns in rückt Athletinnen und Athleten mit sogenannter Deutschland bei der Umsetzung des Inklusionsgegeistiger Behinderung ins dankens eine UnterlassungsBlickfeld der Öffentlichkeit – sünde unterlaufen. Artikel 8 der Im Sport gelingt mit der Botschaft, dass auch UN-Behindertenrechtskonvendiese Sportler etwas leisten tion ist mit „Bewusstseinsbildas gleichberechtigte können und Spaß daran haben. dung“ überschrieben und zielt Miteinander. Oder durch das Konzept „Speauf den Abbau von Vorurteilen. cial Olympics Unified Sports“: Hier hat die Politik zu wenig In den meisten der bei Special Olympics Deutsch- investiert mit der Folge, dass sich die Gesellschaft land betriebenen 26 Sportarten gibt es Unified Sport mit der Inklusion im Bildungsbereich, im ArbeitsTeams, in denen Menschen mit und ohne Behinde- leben oder im gemeinsamen Wohnen außerhalb von rung gemeinsam trainieren und an Wettbewerben klassischen Heimstrukturen schwer tut. teilnehmen. Inklusion vermittelt auch das ProZwar zeichnen sich auch in Deutschland erste gramm „Gesunde Athleten“. Darin können sich Erfolge für die Inklusion ab. Allerdings ist der Weg Sportlerinnen und Sportler von medizinischen noch lang, bevor man flächendeckend von einem Fachkräften beispielsweise auf ihre Zahn- oder angemessenen inklusiven Angebot bei Bildung, Fußgesundheit checken oder Augen und Ohren Arbeit oder Wohnen sprechen kann. Sport – und untersuchen lassen. Dieses niedrigschwellige Ange- auch Kunst und Kultur – sind hierzu wirkungsvolbot erleichtert vielen den Weg zum Haus- oder le Wegbereiter, weil sie an der Wurzel anpacken: den Facharzt im Heimatort. Vorbehalten, die Menschen, die in irgendeiner Alle diese Angebote zwischen klassischem Wett- Weise anders sind, entgegengebracht werden. Diese bewerb und Gesundheitsprogramm waren lebendi- Vorbehalte sind zumeist unberechtigt und durchweg ge und stark nachgefragte Elemente der Nationalen überwindbar. Spiele 2016 in Hannover, an denen kürzlich etwa Inklusion im Sport kommt nicht ohne Struktur4.800 Athletinnen und Athleten teilnahmen. Sie veränderungen und angemessene Finanzen aus. haben wieder einmal gezeigt, dass im Sport das Reguläre Sportvereine sollten ihre Strukturen und gleichberechtigte und gleichwertige Miteinander Trainingsangebote überdenken und beispielsweise unterschiedlicher Menschen gelingen kann. Viele behinderte Menschen in den Vorstand wählen oder Helfer, Gäste und Besucher, die Special Olympics- ihre Übungsleiter entsprechend qualifizieren. Das Veranstaltungen erleben, werden nachdenklich. Sie eröffnet nicht nur die Chance, eine neue und starke hinterfragen ihre Vorurteile oder Berührungsängs- Mitgliedergruppe zu gewinnen, sondern sorgt zudem te gegenüber behinderten Menschen. Auf einmal für frischen Wind in den Vereinen. Special Olympics erleben sie Jungen und Mädchen, Frauen und Män- in Bund und den Ländern berät und begleitet Sportner, die trotz einer Beeinträchtigung gut drauf sind, vereine auf dem Weg zur Inklusion. √ Ausgabe 7-8/16, 19. Jahrgang Einwurf Wegbereiter der Inklusion Dr. Bernhard Conrads, geboren 1944, hat Special Olympics Deutschland (SOD) im Jahr 1991 mitgegründet. Seit 2005 gehört er dem SOD-Präsidium an und ist seit 2011 Erster Vizepräsident. Der Diplom-Kaufmann war viele Jahre lang hauptberuflich Bundes geschäftsführer der Bundesvereinigung Lebenshilfe und ehrenamtlich Vorstands- und Kuratoriumsmitglied der „Aktion Mensch“. Seine Themenschwerpunkte im SODPräsidium sind die Länder- und Verbandsentwicklung sowie die Umsetzung des Inklusionsgedankens. Kontakt: [email protected] www.specialolympics.de 3
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