Der barmherzige Samariter

Schuljahresanfangs
Schuljahresanfangsgottesdienst
jahresanfangsgottesdienst
Was so alles
alles hinter einem Menschen stecken kann „Der barmherzige Samariter“
Votum und Begrüßung - Stille, Zeit zum Ankommen
Unser Anfang geschehe im Namen Gottes, des Vaters, der alle Menschen und Rassen, alle
Hautfarben und Religionen geschaffen hat.
Im Namen Gottes, des Sohnes, der sagt: Ladet all eure Schuld, eure Verzweiflung und
Hoffnungslosigkeit bei mir ab.
Im Namen Gottes, des Heiligen Geistes, des Geistes der Liebe und der Hoffnung, der uns Mut
macht für unser Leben. Amen
Wir beginnen unseren Gottesdienst mit einer Minute der Stille. Wir werden ruhig und lauschen
in uns hinein, was an Dunklem und Traurigen, an Angst und Sorge in uns ist. Was aber auch an
Hoffnungen und Träumen, an Erwartungen und Hellem in uns ist.
Lied: Komm herein und nimm dir Zeit
Gebet
Hinführung zum Thema
Text: P. Watzlawick, Anleitung zum Unglücklich sein. S. 35 f „Die Geschichte mit dem Hammer“.
„Na, so blöd bin ich nicht!" werdet ihr denken. Aber stimmt das? Hat das was mit „blöd sein“ zu
tun? Denken wir nicht auch machmal: „Na, den brauchst du doch gar nicht erst zu fragen.“ Oder
wir denken: „Die hat mich heute so komisch angeredet, hat die was gegen mich?“ Wir machen
uns so unsere Vorstellungen von den anderen Menschen und wissen gar nicht, ob sie stimmen.
In der Geschichte mit dem Hammer ging das ja nicht gerade gut aus. Es gab bestimmt Streit,
und die beiden wurden nicht gerade glücklicher. Später will ich euch aber eine andere
Geschichte erzählen, in der eine überraschende Wende passsiert.
Bibeltext Lk 10, 3030-35
Lied
Ansprache
Herr K. war ein Kaufmann. Nicht besonders reich, aber auch nicht arm. Nicht besonders fromm,
aber er ging in die Kirche und erfüllte seine religiösen Pflichten. Mit einem Wort: Ein ganz
normaler Mensch!
Wir begegnen ihm auf seinem Weg nach Jericho. „Na“, sagt er zu seinem Esel, „ich hab dir
wieder ganz schön viel Gepäck aufgeladen. Kriegst auch eine extra Portion Futter.“ Da kommt
ihm ein ganz anderer Gedanke in den Sinn: „Jetzt kommen wir wieder an das Gebiet der
Samariter. Diese elenden Wegelagerer. Mein Vater mochte sie nicht und ich mag sie auch nicht!“
Herrn K. fröstelt es. Er zieht seine Jacke fester zu und schlägt den Kragen hoch. Seine Schritte
knirschen auf dem Weg. Sein Esel trabt nebenher. Der Weg führt in eine kleine Schlucht.
Ein Ruf, schnelle Schritte. Herr K. fährt herum. Ein fremdes Gesicht, ein Schlag. Als Herr K.
wieder erwacht, spürt er nur Schmerzen am ganzen Körper. „Wo bin ich? Was ist geschehen?“
Mühsam öffnet er die Augen, sieht den Weg, die Schlucht, und er beginnt sich zu erinnern.
Ulrich Jung – Religionspädagogisches Zentrum Heilsbronn – 07/2016
„Räuber! Mist, schnell weg von hier!“ Aber als er sich zu bewegen versucht, stöhnt Herr K. vor
Schmerzen auf. Er blickt sich um, dreht den Kopf so gut er kann. Gebüsch über ihm. „An den
Straßenrand haben sie mich geschleift“, denkt er. Es ist kalt und still. Nur das Rauschen der
Blätter erfüllt die Luft.
„Wie lange ich schon hier liege?“ Herr K. hört Schritte. Erst ganz leise, von ferne. Sie kommen
näher. Ruhige, ganz gleichmäßige Schritte. Mühsam wendet Herr K. seinen Kopf, erkennt eine
Gestalt. Ins Gebet versunken geht ein Mann seinen Weg nach Jerusalem. Die Schritte verhallen
und es ist wieder still.
Hilflos liegt Herr K. am Wegrand. Zäh verrinnen die Minuten, bis wieder aus der Ferne Schritte
zu hören sind. Eilig, gehetzt knirscht der Kies unter den Sohlen. Herr K. sieht einen Priester in
einfachem, gepflegtem Gewand. Kurz begegnen sich ihre Blicke. Der Priester blickt schnell nach
dem Stand der Sonne - und geht eilig weiter. „Will mir denn keiner helfen?“ denkt Herr K.
Aber es soll noch schlimmer kommen.
Die Kälte dringt Herrn K. in die schmerzenden Glieder. Lang sind die Schatten geworden. Es geht
auf den Abend zu. Da - Schritte und Hufgetrappel. Ein Mann mit einem Esel kommt durch die
Schlucht. Ein Händler, wie er. Aber was ist das? Entsetzt reißt Herr K. die Augen auf. Ein
Samariter. Diese verhassten Samariter. „Verdammt“, denkt er. „Auch das noch. Was habe ich
schon alles über dieses Pack gehört. Hoffentlich bemerkt er mich nicht. Der wird mir noch den
Rest geben. Von dem habe ich bestimmt nichts Gutes zu erwarten.“ Herr K. hat Angst,
Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. „Wenn ich nur davonlaufen könnte!“ Hilfesuchend
schweift sein Blick umher. Da - ein Stein neben seiner Hand. Seine Finger krallen sich um den
Stein. Der Samariter hat ihn gesehen. Er kommt direkt auf ihn zu: „Lieber verbluten, verdursten
und erfrieren, als einem Samariter in die Hände fallen“, denkt Herr K. Der Schatten des
Samariters fällt auf ihn. Er beugt sich herab. „Jetzt!“, denkt Herr K. Aber er ist zu schwach um
zuzuschlagen. Verzweifelt schließt er die Augen, hilflos ausgeliefert. Aber was ist das? Ein kühles
Tuch auf der heißen Stirn. Jemand wischt ihm das Blut aus dem Gesicht. Freundliche Worte.
„Das kann doch nicht sein. Nicht von dem“, schießt es Herrn K. durch den Kopf.
Aber es war so, wie Herr K. es sich nicht vorstellen konnte. Ein Samariter hatte ihm geholfen.
Der Rest ist schnell erzählt. Herr K. verliert das Bewußtsein. Als er wieder zu sich kommt, liegt er
in einem Bett in einem Gasthaus. Seine Wunden sind versorgt, er hat neue Kleider an. Als der
Gastwirt zu ihm kommt, erzählt der, dass der Fremde ihn versorgt hat und für alle Kosten
aufkommt. Was für ein Glück.
Nach zwei Wochen ist Herr K. wieder recht munter. Die Wunden sind gut geheilt. Nachdenklich
steht er am Fenster: „Wer hätte das gedacht. Ich kann es immer noch nicht fassen. Ein Feind hat
mir geholfen. Ein Feind? Ich habe gedacht, es wäre ein Feind. Gut, dass ich zu schwach war, um
wegzulaufen oder gar mit dem Stein zuzuschlagen.“
Herr K. ist geheilt von seinen Wunden. Aber auch noch eine andere Heilung hat er erlebt: Er ist
mit seinen Vorurteilen vorsichtiger geworden. Menschen können ganz anders sein, als wir es
erwarten. Er ist offener geworden für ungewöhnliche Begegnungen. Er wartet erst einmal ab,
was im anderen steckt.
Soweit die alte Geschichte, die ihr sicher alle erkannt habt. Jesus erzählte diese Geschichte so
ähnlich seinen Jüngern.
Hoffentlich geht es niemandem von uns so wie Herrn K. - dass er zusammengeschlagen wird.
Die Begenung mit dem Samariter kommt mir allerdings vertraut vor. Ich wundere mich auch oft,
was in anderen Menschen steckt, was ich nicht erwartet hätte.
Erinnert ihr euch an die Geschichte mit dem Hammer? Der Mann hat von seinem Nachbarn auch
nichts Gutes erwartet - und ihm keine Chance gegeben. Herrn K. ging es genauso: Er erwartete
auch nichts Gutes von dem Samariter. Er wurde überrascht! Angenehm überrascht!
Ulrich Jung – Religionspädagogisches Zentrum Heilsbronn – 07/2016
Jetzt beginnt ein neues Schuljahr. Wir sehen wieder die alten Gesichter. Aber was mag noch
alles in den Menschen stecken, die wir da wieder treffen? Ob sie uns nicht auch angenehm
überraschen können, wenn wir sie nur lassen? Ich denke: „Ach - der oder die schon wieder.” Ich
drehe mich weg, höre nicht zu oder schlage sogar zu und merke gar nicht, was in dem anderen
Menschen noch steckt. Wie er oder sie wirklich ist. Das gilt natürlich auch für uns LehrerInnen.
Wir denken auch manchmal: „Ach, der will doch eh nur stören". Oder: „Der weiß doch eh nichts.“
Lassen wir und doch erst einmal überraschen. Aber genauso ist das bei euch SchülerInnen.
Ich wünsche uns für das kommende Schuljahr, dass wir offener werden füreinander. Denkt an
die Geschichte von Herrn K. Was hat doch in dem verhassten Samariter gesteckt. Bestimmt
machen wir mit den Menschen um uns herum auch so überraschende Erfahrungen.
Jesus will uns Mut machen, die anderen Menschen so zu sehen, wie sie wirklich sind. Er will uns
Mut machen, unsere Vorurteile und unsere Ängste abzulegen. Er will uns Mut machen, uns auf
neue Begegnungen mit Menschen einzulassen und für andere offen zu sein. Offen auch für
unerwartete Begegnungen und angenehme Überraschungen. Amen.
Lied
Fürbitten
Lied: Vater unser
Segen
Mögen wir vor vielen Türen stehen,
die Neues und Unbekanntes hinter sich verbergen.
Und den Mut haben einen Schritt zu tun,
die Tür zu öffnen und neue Wege zu gehen.
Dazu segnen uns der gnädige Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen
Ulrich Jung – Religionspädagogisches Zentrum Heilsbronn – 07/2016