Elektrisch ableitfähige, keramische Beläge mit chemischer

Das 4x4 der Bauchemie
4/2011
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Elektrisch ableitfähige,
keramische Beläge mit
chemischer Beständigkeit
Die Herstellung eines elektrisch
ableitfähigen Fußbodens ist mit den
unterschiedlichsten Belagsmaterialien möglich. Ist jedoch zusätzlich
eine chemische und mechanische
Beständigkeit gefordert, ist dies nur
noch mit keramischen Materialien
lösbar. Die Systemplanung keramischer Bodenbeläge mit elektrischer
Ableitfähigkeit für Labor-, Forschungs- und Produktionsflächen
wird im Folgenden erläutert.
Elektrisch ableitfähiger, keramischer Belag in einer industriellen Produktion
Ein Griff zur Türklinke und ein kurzer Schreck: Der kleine
Entladungsblitz beim Berühren eines metallischen Gegenstandes kann unangenehme Folgen haben, wenn sensible
Stoffe oder Prüfinstrumente dadurch beeinflußt werden. Für
den menschlichen Organismus ist die Situation unbedenklich,
solange man sich nicht in einer explosiven, leicht entzündlichen Umgebung befindet. ln einer solchen jedoch kann die
Entladung zu extremen Situationen bzw. in Zusammenhang
mit sehr sensiblen elektronischen Bauteilen zu weitreichenden Störungen führen. Daher ist es erforderlich, in Bereichen,
in denen mit explosionsfähigen Gemischen, Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben gearbeitet wird, Vorkehrungen zu
treffen, damit gefährliche elektrische Entladungen vermieden
werden. ln diesem Zusammenhang muss insbesondere die
elektrische Ableitfähigkeit der Bodenbeläge eingeplant und
sichergestellt werden. Sensible Bereiche sind beispielsweise:
Explosionsstoffherstellung
Batterieladeanlagen, Gasstationen
Chemische Industrie, Lackherstellung und -Verarbeitung,
Laboratorien
Computerbereiche, Operationsräume, Reinräume, etc.
Da in den genannten Bereichen oftmals mit aggressiven
Medien gearbeitet wird, ist die Frage der chemischen
Beständigkeit der Belagsmaterialien und bauchemischen
Produkte im System naheliegend und muss in diesem
Zusammenhang mit berücksichtigt werden.
Ist für die einzurichtenden Räumlichkeiten ein keramischer
Belag vorgesehen, muss sich der Planer und Ausführende
an folgenden Regelwerken orientieren:
DIN 18 352
Fliesen- und Plattenarbeiten
AGI-Arbeitsblatt S30
Elektrisch ableitfähige Bodenbeläge
BGR-13L
Richtlinie für die Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladung
(Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften)
Gemäß dieser Regelwerke lässt sich das entstehende Bauvorhaben mit seiner Nutzung in die entsprechenden Bereiche einteilen und der geforderte Ableitungswiderstand
festlegen, der für den Bodenaufbau gefordert ist.
Das 4x4 der Bauchemie
Bereiche
geforderter Erdableitungswiderstand
RE von Fußböden
Räume mit elektronischen Geräten wie Rechenzentren, Computer-Betriebsräumen, Büroräume mit
besonderer Ausstattung
RE< 1x109 Ω
Ungeschützte elektronische Baugruppen oder
Komponenten mit Personenschutzanforderungen,
z. B. Prüffelder im Elektronik-Fertigungsbereich
RE< 1x108 Ω
Ungeschützte elektronische Baugruppen oder Komponenten, z. B. Laborräume zur Herstellung und Reparatur von elektronischen Geräten
RE< 1x108 Ω
Explosionsfähige Atmosphäre, z. B. in Laboratorien,
Gasdruckregelanlagen
RE< 108 Ω
ln medizinisch genutzten Räumen
frisch verlegt
RE< 107 Ω
nach 4 Jahren
RE< 108 Ω
HF-Chirurgie
RE> 5x104 Ω
Explosionsgefährliche Stoffe, Sprengstoff- und
Munitionsproduktion und Lagerstätten
RE< 106 Ω
Diese Ladungsverschiebungen führen zu ungleichen Potenzialen und „elektrostatischen Aufladungen“. Diese haben das Bestreben, sich
wieder auszugleichen bzw. einen neutralen
Zustand zu erreichen. Das geschieht unweigerlich bei Annäherung zweier Gegenstände oder
Körper und deren Berührung. Durch den hohen
Ladungsausgleich in einer sehr kurzen Zeiteinheit
ist dies mit einem Entladungsblitz verbunden.
Um dem Aufladen von Personen oder Gegenständen entgegenzuwirken, muss in diesen
Bereichen der Fußboden so aufgebaut werden,
dass er nicht ladungspotentialbildend wirkt.
Dies bedeutet, dass der Fußboden so hergestellt
werden muss, dass er auf der einen Seite nicht
elektrisch leitfähig wirkt (Stahlplatte) aber einen
so niedrigen Widerstand besitzt, dass ein elektrostatisches Potential beim Begehen des Fußbodens nicht aufgebaut werden kann. Soll dieser
Effekt mit einem keramischen Belag erreicht
werden, besteht die Möglichkeit, unterschiedliche Systemaufbauten zu wählen - abhängig vom
gewünschten Belagsmaterial und Plattenformat.
Dabei werden drei Bauarten unterschieden.
Elektrotechnische Grundlagen
Durch das Begehen einiger Bodenbelagsarten können
beim Berühren eines metallischen Gegenstandes (Türklinke) Entladungsblitze durch statische Elektrizität entstehen. Derartige Endladungsblitze, die jeder schon erlebt
hat, stellen im allgemeinen für den Menschen keine Gefahr
dar, wenngleich es durch den Schreck zu Fehlhandlungen
kommen kann. ln den oben beschriebenen Bereichen
müssen diese an sich harmlosen Entladungsblitze jedoch
unbedingt vermieden werden, da sie von einer Zerstörung
elektrischer Bauteile bis hin zur Explosion ganzer Anlagen
führen können.
Eine maßgebliche Größe im Bereich der Elektrotechnik
sind elektrische Ladungen. Alle Gegenstände - und Personen enthalten positive und negative Ladungen, die sich
normalerweise im Gleichgewicht befinden, also in einem
neutralen Zustand. Statische Elektrizität entsteht immer bei
Bewegung von festen Isolatoren oder flüssigen Substanzen
durch mechanische Trennung, z. B. beim Abheben, Reiben,
Zerkleinern und Ausschütten von festen Gegenständen
und Stoffen. Ferner kommt es beim Strömen, Ausschütten
und Versprühen von Flüssigkeiten sowie beim Strömen von
Gasen und Dämpfen, die geringe Menge von fein verteilten
Feststoffen enthalten, zu Ladungsverschiebungen.
Abstand
4–5m
Systemaufbau für einen elektrisch ableitfähigen Belag mit keramischen Fliesen.
Hochführen des Kupferbandnetzes an der Wand für den
späteren Anschluß an eine Potenzialausgleichsschiene.
Drei unterschiedliche Systemaufbauten
Planungstechnisch ist im Vorfeld sicherzustellen, dass in
diesen Räumen grundsätzlich ein Potentialausgleich vorhanden ist, an dem die elektrisch ableitfähigen Fußböden
angeschlossen werden können.
Systemaufbau eines keramischen ableitfähigen Fliesenbelags
Die notwendigen Kupferbänder, die in einem Rastermaß
von ca. 4 m auf dem Boden verlegt werden, müssen einen
Mindestquerschnitt von 1 mm² besitzen. Bei der Verlegung
und Verfugung der Keramik, die in der Regel mit hydraulisch
abbindenden, also zementären Mörteln erfolgt, wird ein vom
Hersteller geprüftes, leitfähiges Mörtelsystem eingesetzt. Dies
bedeutet, dass beim Anmischvorgang ein spezielles Additiv
(Sopro Electra Leitdispersion ELD 458) zum zugelassenen und
geprüften Dünnbettmörtel (Sopro‘s No. 1 Flexkleber 400)
zugegeben und damit homogen vermischt wird. Durch die
Zugabe der Spezialflüssigkeit wird die elektrische Leitfähigkeit
des Verlege- und des Verfugungsmörtels erreicht. Nach Wahl
des gewünschten Belagsmaterials erfolgt die leitfähige Einstellung des Verlege-­oder des Fugenmörtels. Unter Umständen müssen sowohl Klebe-, als auch Fugenmörtel leitfähig
eingestellt werden.
Nicht leitender Fliesenkörper mit leitfähiger
Spezialglasur
Entscheidet man sich für eine Keramik mit elektrisch leitfähiger Glasur und nicht leitfähigem Fliesenkörper, ist es erforderlich, Verlegemörtel und Fugenmörtel elektrisch leitfähig
einzustellen. Da die Glasur keine direkte Verbindung zum
leitfähigen Verlegemörtel hat, ist dies nur durch die Verwendung einer leitfähigen Fuge gewährleistet.
Systemaufbau mit Fliesen, die eine leitfähige Glasur besitzen.
Durchgehend leitfähiger, keramischer
Scherben
Fällt die Wahl auf einen durchgehend elektrisch leitenden
Fliesenkörper vereinfacht sich der Aufbau, da nur noch der
Systemaufbau mit unglasiertem, elektrisch leitfähigen Fliesenkörper.
Verlegemörtel elektrisch leitfähig eingestellt werden muss.
Die Wahl des jeweiligen Fliesenscherbens orientiert sich
zum einen an technischen Aspekten und zum anderen an
optischen Ansprüchen.
So sind die durchgängig elektrisch leitfähigen keramischen
Scherben für den mechanisch hoch beanspruchten Bereich
vorgesehen, da sie sich durch höchste Verschleißfestigkeit
auszeichnen.
Die Fliesenkörper mit elektrisch leitfähiger Spezialglasur sind
im allgemeinen großformatige, helle Materialien, die für
anspruchsvolle Funktionsbereiche (Laboratorien) mit geringem Fugenanteil durch ihre Optik und Ästhetik bestechen.
Nicht ableitfähiger Fliesenbelag mit ableitfähiger Fuge und Mörtelbett
Will man die elektrische Ableitfähigkeit nur über den
Fugenanteil im keramischen Belag erzielen, ist die Fliesengröße im Format auf 240 x 115 mm oder 150 x 150
mm begrenzt. Bei dieser Variante müssen Verlegemörtel
und Fugenmörtel elektrisch leitfähig sein. Zu bedenken ist,
dass bei dieser Art der Verlegung die Fugen oberflächenbündig (kein Auswascheffekt) ausgeführt werden müssen.
Dies kann auf der Baustelle mitunter zu Problemen führen.
So kann es sich negativ auswirken, wenn bei der späteren
Überprüfung der elektrischen Leitfähigkeit durch den TÜV
die geforderten Widerstandswerte nicht erreicht werden
und der Belag keine Zulassung erhält. Aus diesem Grunde
sollte man die vorangehend erläuterten Bauarten favorisieren und diese dritte Letztere von vorn herein ausschließen.
Entscheidet man sich dennoch dafür, ist eine Musterfläche anzulegen, welche erst durch den TÜV zu
bewerten ist. Nur nach positiver Bewertung ist mit der
Verlegung und Verfugung zu beginnen.
Das 4x4 der Bauchemie
Systemaufbau mit einer „nur“ leitfähigen Fuge. Achtung:
Dieser Aufbau sollte immer vor Ausführung an einer Musterfläche durch den TÜV auf Funktionsfähigkeit hin geprüft
werden.
Nach Abschluss der Verlegearbeiten ist der Bodenbelag durch den TÜV zu überprüfen. Gemessen werden
die Ist-Widerstände des Bodenbelags, die den geforderten Grenzwerten entsprechen müssen, um eine
Zulassung zu erhalten.
Ist eine Fläche mit hoher chemischer Beständigkeit gefordert, ist zusätzlich zu den chemisch resistenten Fliesen, ein
chemikalienbeständiger Fugenmörtel auf Reaktionsharzbasis (Sopro FugenEpoxi) einzusetzen. Auch die notwendige
Abdichtung unter dem Fliesenbelag muss dann chemisch
beständig sein (Sopro PU-FD). Dies ist bereits bei der Planung entsprechend zu berücksichtigen.
Batterieladeraum der sowohl eine chemische Beständigkeit,
als auch eine elektrisch ableitfähige Bodenkonstruktion
benötigt.
Hierfür werden Verbundabdichtungen auf Reaktionsharzbasis (Sopro PU-FlächenDicht) eingesetzt. Der elektrisch
ableitfähige keramische Belag wird im direkten Kontakt
mit der abgedichteten Fläche verlegt.
Da es sich hierbei in der Regel um sehr sensible und komplexe Bereiche handelt, sollte bei der Planung und Ausführung das Beratungsteam (Sopro Objektberatung) der
Sopro Bauchemie GmbH hinzugezogen werden.
Autor: Mario Sommer
Dipl.- Bauingenieur
Zugabe der Sopro Electra Leitdispersion zum Anmachwasser des für die genannten Bereiche zugelassenen und
geprüften Verlegmörtels Sopro‘s No.1 Flexkleber.
Impressum:
4 Seiten, Das 4 x 4 der Bauchemie 4/2011
Herausgeber:
Sopro Bauchemie GmbH, Wiesbaden
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