Liebe Gemeinde, ich setze unser Jahresthema fort: „Aufbruch zur Herrlichkeit Gottes“. Bei meinen bisherigen Predigten dazu ging es ja mehr um die Wege zur Herrlichkeit Gottes – also wie kommt man dahin? Heute werde ich uns an einen Ort der Herrlichkeit Gottes führen – also wo wird Gott für uns sichtbar? Dazu will ich euch in eine Phantasie mit hineinnehmen, die hoffentlich nie Wirklichkeit werden wird: Stellt Dir einmal vor Du schlägst morgens (oder wann auch immer) Deine Bibel auf und zwischen den beiden Buchdeckeln finden sich ca. 1.500 leere Seiten, die Sätze sind komplett weg, alles ist verschwunden inklusive der Landkarten am Ende. „Seltsam“ denkst Du Dir, gehst zum Regal, nimmst Dir Deine Hörbibel, legst sie in Deinen CD-Player ein und auf der Anzeige erscheint „No Disk“. (zu Deutsch „Keine CD eingelegt“) Kurzum: die Heilige Schrift existierte nicht mehr – Hätte das Auswirkungen auf Deinen Glauben? Oder würde das keinen Unterschied zu vorher machen, weil du sowieso schon seit Monaten „bibelabstinent“ lebst? Wie gesagt eine Phantasie, aber eine sehr nachdenkenswerte, weil sie uns deutlich macht, welchen Wert das Wort Gottes in unserem Leben spielt. Dazu lese ich uns einen Text des Apostels Paulus aus dem 2. Timotheusbrief Kapitel 3, die Verse 16 und 17. 2. Tim. 3, 16f. (Elberfelder) 16 Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, 17 damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig zugerüstet. Peter Stenger Seite 1 19.07.2016 I.) Orte der Herrlichkeit Gottes Diese Textstelle, die uns einen „Aufenthaltsort“ des Herrn zeigt, hat für unser Jahresthema „Aufbruch zur Herrlichkeit Gottes“ eine große Bedeutung: Denn die Herrlichkeit Gottes ist ja dort erfahrbar, wo sich Seine Gegenwart offenbart, darum geht es im Tiefsten unseres Themas. IHM sei Dank, dass ER immer da ist. Nur in der Regel ist Seine ständige Anwesenheit für uns nicht wahrnehmbar. Dort wo Gott dann allerdings für uns sichtbar, hörbar, erfahrbar wird, da erleben wir Seine Herrlichkeit, die Auswirkungen für uns und Andere hat. Das Wesen des Glaubens an Jesus Christus Besteht ja nicht primär darin, dass wir Seine Existenz für wahr halten (so verstehen die meisten Menschen in unserem Leben den Begriff „Glauben“). Oder dass wir die Bibel als historisch zuverlässiges Dokument werten (so wichtig das auch ist!) Nein, das alles wäre zu wenig. Sondern es geht darum, dass wir vor allem Erfahrungen mit dem lebendigen Gott machen, bei denen die Heilige Schrift eine wichtige Rolle spielt. Warum ist das so? Welche Bedeutung hat die Bibel für unser Thema? Zum einen: Sie ist ein Ort der Herrlichkeit Gottes. Gott wohnt in Seinem Wort und spricht zu uns durch dieses Medium mit Hilfe des Heiligen Geistes. FRAGE: „Wer hat das schon einmal erlebt, dass der Herr durch einen Bibelvers oder – abschnitt direkt in eine konkrete Lebenssituation hineingesprochen hat?“ Das spricht für die Bibel als Ort der Herrlichkeit! Es gibt ja noch andere Plätze, wo wir Gottes Wesen und Wirken wahrnehmen können: Das Gebet (vor allem bei Anbetung und Lobpreis), wo der Herr prägenden Zugang zu uns bekommt; die Gemeinde, wo der Christus im Bruder/in der Schwester uns zum Segen werden will; die Schöpfung, wo wir Gottes Kreativität und verschwenderische Vielfalt bewundern können, usw. Das geschriebene Wort Gottes ist aber nicht nur ein Ort Seiner Gegenwart, sondern auch ein Prüfkriterium für alle anderen Erfahrungen, bei denen wir die Herrlichkeit Gottes vermuten. Eine bestätigende aber auch korrigierende Funktion, die wir in diesen Tagen dringender denn je brauchen! Peter Stenger Seite 2 19.07.2016 II.) Die Inspiration und Autorität der Bibel Und genau an diesem Punkt sind wir am Herzen unseres Predigttextes angelangt: Der Apostel schreibt diese Zeilen an einen ehemaligen Schüler, den er persönlich zum Dienst als Pastor für die junge Gemeinde in Ephesus ausgebildet hatte. Timotheus wie auch Paulus erleben, was Christen seit 2.000 Jahren bis heute erfahren müssen, wenn sich das Reich Gottes kraftvoll ausbreitet: Zum einen Verfolgungen, die von außen kommen (s. Vers 11f) Zum anderen aber auch Verführungen, die sich offensichtlich aus dem Inneren der Gemeinde heraus entwickeln. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte sich dort in Ephesus, wie auch an andern Orten, die Irrlehre der sog. „Gnosis“ verbreitet (mit scheinbar christlichen Inhalten, die aber deutlich dem Gottes-, Menschen- und Weltbild der Heiligen Schrift widersprach, indem sie zum Beispiel lehrte, dass alles von Gott Geschaffene grundsätzlich schlecht sei – Dagegen heißt es im Schöpfungsbericht bei Gen. 1 immer wieder „dass es gut“ bzw. sogar „sehr gut war!“) Die Gemeinde Jesu Christi hatte und hat immer wieder mit solchen Herausforderungen zu tun. Und ich hatte in der Vorbereitung zu dieser Predigt den Eindruck, dass Paulus hier prophetisch zu uns spricht. Denn es klingt fast wie eine Beschreibung unserer Tage, wenn der Apostel Zum einen den Zustand der Menschen im Allgemeinen darstellt (nachzulesen in den Versen 1 bis 9 von Kapitel 3): Zusammengefasst kann man hier sagen: Das Wesen der Menschheit ist von einem starken Drehen um das eigene Wohlergehen auch auf Kosten anderer gekennzeichnet. Und gleichzeitig gibt es eine äußere Form der Frömmigkeit, die aber letztlich kraftlos ist: Eine Religiosität, die bestimmte spirituelle Bedürfnisse befriedigen soll, aber keine lebensverändernde Wirkung mehr im Sinn Gottes von wirklicher Buße, Umkehr und Wiederherstellung hat. Während Paulus dort von „den Menschen“ spricht, skizziert er ab den Versen 3 bis 5 des vierten Kapitels, also fast unmittelbar nach den beiden Predigtversen zum anderen den Zustand unter den Gläubigen. Und es ist zunächst erschütternd, was er da voraussagt: Die Christen werden die gesunde biblische Lehre nicht mehr ertragen können. Peter Stenger Seite 3 19.07.2016 Ja, bestimmte Aussagen (etwa was den Absolutheitsanspruch Jesu als einzigen Weg zum Vater betrifft) werden regelrecht zum Ärgernis. Statt sich dem Anspruch des Wortes Gottes auszusetzen, werden verstärkt Lehren und Lehrer gesucht, die einen im eigenen Denken bestätigen (da ist von „eigenen Lüsten“ oder einem „Kitzeln in den Ohren“ die Rede). Auch wenn es dabei letztlich sogar um Inhalte geht, die Paulus hier als „Fabeln“, also Erfundenes, Lügenhaftes beschreibt. Und das Dramatische ist: Die Gläubigen werden in der Lage sein, solche Lehren „aufzuhäufen“, also sie scheinen in großen Maßen verfügbar, abruf- und sammelbar zu sein. Kommt Euch das irgendwie bekannt vor? Also mir fällt es nicht schwer, hier die Brücke zur Gegenwart zu schlagen: Bei dem letzten Thema „Aufhäufung“ musste ich unweigerlich an die modernen Medien und vor allem an das Internet denken. Welche Masse an scheinbar biblischen Lehren kann man da erhalten, speichern, anhören, weiterverteilen… Ich will das nicht in Bausch und Bogen verteufeln, aber Segen und Fluch liegen hier nah beieinander. Die Frage ist nur: Wer oder was hilft uns, damit richtig umzugehen? Dann die gegenwärtige „Weichspülung“ des Evangeliums: Sind wir hier doch einmal ehrlich – Uns gefällt der Zuspruch Gottes (etwa was die Versicherung Seiner Gegenwart betrifft) doch besser als der Anspruch Gottes (etwa erkannte Sünde auch zu bekennen und damit zu brechen). So sehr die Bibel wunderbare, auferbauende Verheißungen enthält, die auch wichtig sind; es ist doch bequemer, bestätigt statt herausgefordert zu werden vom Herrn - oder? Wer oder was hilft uns hier die richtige Balance zu finden und zu behalten? Und schlussendlich - um einmal eine gegenwärtige lehrmäßige Herausforderung beim Namen zu nennen - das Thema „Einheit“. Ich nehme Tendenzen wahr, die hier vom Wort Gottes her in eine falsche Richtung führen: Dabei denke ich nicht nur an eine Art „multireligiöse Verführung“, wo versucht wird, in sicherlich guter Absicht, Brücken zu Menschen zu schlagen, indem man etwa den Alleinanspruch Jesu in der Begegnung mit Muslimen „entschärft“. Mir kommt dabei auch das Ziel einer Art „multikonfessionellen Einheit“ in den Sinn. Ja, der Sohn Gottes hat in Johannes 17 für Einheit gebetet. Peter Stenger Seite 4 19.07.2016 Aber ER hatte dabei wiedergeborene Christen im Sinn. (auch wenn sie aus anderen Gemeinden und Kirchen kommen) Ich kann nicht erkennen aus der Heiligen Schrift, dass es IHM dabei um eine geistliche Einheit von Institutionen ging, bei denen man sich so ohne weiteres nicht sicher sein kann, ob uns hier das gleiche Glaubensverständnis verbindet. Und von daher kann ich solche Veranstaltungen wie „Miteinander für Europa“, die gerade an diesem Wochenende in München stattfand, nicht gut heißen und niemandem mit gutem Gewissen empfehlen, daran teilzunehmen. Wer oder was hilft uns hier, solche Entwicklungen zu erkennen und zu bewerten? Nun die Antwort auf all diese drei Fragen lautet: Die Bibel als Ort der Herrlichkeit Gottes, durch die Gott spricht, gibt uns hier die nötige Weisung. Sie muss daher eine entsprechende Priorität in unserem Leben haben. Warum? 1.) Weil sie Gottes ureigenstes Reden beinhaltet. Sie ist von IHM eingegeben (gr. „theopneustos“ = „von Gottes Geist eingehaucht“). Ob und in welchem Umfang Gott durch Lehren, Bewegungen, Veranstaltungen, usw. spricht und handelt oder ob es sich dabei um menschlich-seelische oder gar antigöttliche Ursachen handelt, entscheidet sich an der Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift. Nicht umsonst hat die frühe Kirche die Zusammenstellung der unterschiedlichen Schriften des Alten wie auch des Neuen Testaments als „Kanon“ (zu Deutsch „Richtschnur“) bezeichnet. Wie ein Lot beim Hausbau zeigt, ob eine Mauer gerade oder schief ist, will uns auch das Wort Gottes entsprechend helfen, diese Dinge zu bewerten. Hat die Bibel diese Autorität in unserem Leben oder steht sie gleich- wertig oder sogar niedriger als die Lehren von „Lehrer X“? 2.) Wir hören nicht nur Gottes Reden aus der Heiligen Schrift sozusagen zur Kenntnisnahme. Nein Paulus spricht hier von vier Wirkungsweisen, die so wichtig sind gerade bei den genannten gegenwärtigen Herausforderungen. Was schreibt er hier? o Sie „überführt“ Sie lässt uns Falsches erkennen. o Sie ist „nützlich zur Lehre“ Sie zeigt uns das Richtige. o Sie „weist uns zurecht“ Sie korrigiert Falsches o Sie „unterweist uns in Gerechtigkeit“ Sie verändert uns zum Richtigen. Peter Stenger Seite 5 19.07.2016 Also: Sie hat eine Wirkkraft, die nicht nur auf der intellektuellen Ebene („erkennen“; „zeigen“) angesiedelt ist, sondern auch zur Veränderung des Lebens führt („korrigieren“)! Wozu aber soll das Ganze letztlich führen? Auch hier spricht der heutige Predigttext in Vers 17 mit großer Klarheit: Es geht um unsere „Vollkommenheit“: Gott sei Dank brauchen wir nicht „vollkommen“ zu werden, damit Gott uns als Seine Kinder annimmt. Aber wir werden auf der Basis Seiner Erlösung mit Hilfe Seines vollkommenen Wortes immer mehr in Sein Wesen verwandelt. (2. Kor. 3, 18) Und es bewirkt unsere „Zurüstung zu guten Werken“: Die Begegnung mit dem Herrn in Seinem Wort zeigt uns, was die Dinge sind, die wir tun sollen (aber auch die wir lassen sollen!): Zum Beispiel Gemeinde bauen. Und sie gibt uns auch Auskunft darüber, wie wir das tun sollen. (Eph. 2, 10) III.) Den Herausforderungen begegnen Um diesen und anderen Herausforderungen zu begegnen und auf dem richtigen Weg zu bleiben und nicht geistlich zur einen oder anderen Seite „abzustürzen“, brauchen wir Sein Wort. Und „Gott sei Dank“ haben wir es noch, die Phantasie zu Beginn meiner Predigt ist eben eine Phantasie und nicht Wirklichkeit! Statt uns (was leider Gläubige immer wieder tun) intensiv mit den „Fabeln“ auseinanderzusetzen, sollten wir uns mehr mit der Bibel beschäftigen und zwar in doppelter Weise: 1.) Zum einen im persönlichen Lesen des Wortes Gottes. Es ist ja für einen Verkündiger schmeichelhaft, wenn er gelobt wird für seine guten Predigten. Aber wenn Deine einzige Begegnung mit der Bibel nur aus dem Hören oder Lesen anderer Lehren besteht, dann lebst Du aus „2. Hand“. Das Resultat daraus: Du bleibst geistlich gesehen unmündig, ein ewiges Baby, das abhängig von anderen bleibt. Die Heilige Schrift aber sagt, dass Du zwar immer Gottes Kind bleibst, aber darin in Deiner geistlichen Entwicklung Fortschritte machen sollst, indem Du selbst aus der Quelle Seines Wortes schöpfst. Etwas was letztlich sogar darin mündet, dass Du andere aus dem Wort Gottes heraus anleiten kannst. (Hebr. 5, 12) Ich bin hier sehr dankbar, dass es viele Geschwister unter uns gibt, welche die Lehre unserer Gemeinde immer wieder aufgrund des eigenen Bibelstudiums reflektieren. Peter Stenger Seite 6 19.07.2016 Zum anderen ist es aber genauso wichtig, dass Du Dich in Deinen persönlichen Erkenntnissen von anderen ergänzen und korrigieren lässt - auch was das Verständnis der Heiligen Schrift betrifft. Dazu ist nicht nur im Gottesdienst im Rahmen der Wortverkündigung Raum, sondern auch in kleinen Gruppen. Gerade der Austausch etwa im Hauskreis ist hier sehr hilfreich, um nicht eigenen Irrtümern geistlich auf den Leim zu gehen. Also die Beschäftigung mit der Bibel alleine und gemeinsam hilft uns hier, auf Kurs zu bleiben. 2.) Es geht zum einen um das beständige Studium der Bibel. Und zwar in der Form, wie es der Psalmist in Psalm 1 beschreibt: Das „Sinnen“ über Sein Wort bei Tag und bei Nacht (Ps 1, 2). Damit ist eine Art „betendes Lesen“ gemeint. Es geht ja nicht nur darum, Kenntnisse über biblische Sachverhalte zu bekommen, sondern vor allem Gottes Stimme aus der Schrift zu hören. Dabei brauchen wir beim Lesen den gleichzeitigen Dialog mit dem Heiligen Geist, der uns ja „in alle Wahrheit“ führen will (Joh. 16, 13). Und zum anderen geht es daraus hervorgehend um die Umsetzung des Gehörten. Gott will durch dieses Buch nicht nur erkannt und verstanden werden; Sein Wort soll geschehen (Mt. 7, 24-27), damit es seine prägende Wirkung in Dir entfalten und Dich in die guten Werke führen kann (2. Tim 3, 17). „Aufbruch zur Herrlichkeit Gottes“ – Das bedeutet, wir wollen uns mehr als bisher ausstrecken nach wahrnehmbaren Begegnungen mit dem lebendigen Gott. Das soll um Seinetwillen und nicht um der Erfahrungen willen geschehen. Und das soll nicht auf Kosten des Wortes Gottes, sondern gerade in der Reflektion durch die Heilige Schrift passieren. Bei unserem Gemeinde-Info-Abend, der vor kurzem wieder stattfand, geht es ja auch um das geistliche Profil unserer Gemeinde. Ich frage an der Stelle die Teilnehmer, was sie hier wahrnehmen. Zwei Begriffe tauchen in den Antworten immer wieder auf: 1.) Die große Bedeutung des Wortes Gottes Und 2.) Die Offenheit für das Reden und Wirken des Heiligen Geistes. So hat Gott die Gemeinde in den 70er und 80er Jahren geformt und so soll es auch bleiben. Wir brauchen Beides: Ohne Seinen Geist erstarren wir in einer Form von Frömmigkeit und werden geistlich kraftlos. Peter Stenger Seite 7 19.07.2016 Ohne die Autorität der Heiligen Schrift lassen wir uns von jeder geistlichen Woge hin- und herzerren und verführen. Sein Wort will uns hier ein Ort der Begegnung mit Seiner Herrlichkeit sein, der uns heilsam prägt. Liebe Gemeinde, ich will uns zum Schluss noch einmal den Predigttext vorlesen und lade uns anschließend zu einer Gebetsgemeinschaft ein: 16 Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, 17 damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig zugerüstet. Amen !!! Peter Stenger Seite 8 19.07.2016
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