SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Musikstunde
„Mein Gehör ist seit drei Jahren immer
schwächer geworden…“
Beethovens Taubheit und seine
Konversationshefte (3)
Von Susanne Herzog
Sendung:
Mittwoch, 20. Juli 2016
Redaktion:
Ulla Zierau
(Wiederholung von 2013)
9.05 – 10.00 Uhr
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere
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„Musikstunde“ mit Susanne Herzog
„Mein Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden…“
Beethovens Taubheit und seine Konversationshefte (3)
SWR 2, 18. Juli – 22. Juli 2016, 9h05 – 10h00
Mit Susanne Herzog. Heute mit der dritten Folge zu Beethovens Taubheit und
seinen Konversationsheften.
Titelmusik
„Nicht sehen können trennt von den Dingen, nicht hören können von den
Menschen.“ – soll der Philosoph Immanuel Kant gesagt haben. Das hat der
schwerhörige und später taube Ludwig van Beethoven leidvoll erfahren.
Und zwar nicht nur im persönlichen Umgang, sondern auch im Arbeitsleben. Wie
anstrengend muss es 1824 für Beethoven gewesen sein, die Uraufführung seiner
neunten Sinfonie vorzubereiten, ohne seine Verhandlungspartner hören zu
können? Besonders aufwendig und kompliziert zudem, weil Beethoven ziemlich
genaue Vorstellungen davon hatte, wie das Ganze laufen sollte: wo die
Uraufführung stattfinden sollte, wer Konzertmeister und wer Dirigent, welche
Sänger dabei sein sollten und so weiter. Moritz von Lichnowsky, der Geiger Ignaz
Schuppanzigh und sein Sekretär Anton Schindler waren Beethoven bei der
Organisation behilflich. Aber bald fühlte sich der Komponist auch von ihnen
getäuscht.
Letztlich bekam Beethoven aber seinen Willen: als am 7. Mai 1824 schließlich die
Uraufführung der 9. Sinfonie im Kärtnertortheater stattfand, hatte wie von
Beethoven gewünscht der Hofkapellmeister Michael Umlauf die Gesamtleitung,
Schuppanzigh dirigierte als Konzertmeister das Orchester. Ja und Beethoven
stand auch auf dem Pult: hinter Umlauf und laut Augenzeugen die Tempi
markierend und mit wilden Gesten und Körpersprache den Ausdrucksgehalt der
Musik wiedergebend. Als bereits nach dem zweiten Satz ein enthusiastischer
Applaus losbrach, blieb Beethoven mit dem Rücken zum Publikum stehen. Er
hörte es nicht.
Die junge Sängerin Caroline Unger musste ihn umdrehen, damit er den Applaus
wenigstens sehen konnte. 1„38
3
1. Musik
Ludwig van Beethoven
Ausschnitt Molto vivace – Presto, zweiter Satz aus:
Sinfonie Nr. 9 d-moll op. 125
<2> aufblenden bei 9‟56 bis Ende 12„54 [frei 3„07]
Berliner Philharmoniker
Claudio Abbado, Ltg.
Titel CD: Beethoven: Die Sinfonien
DG, 469 004-2, LC 0173
WDR 5059 579
Das Ende des zweiten Satzes der neunten Sinfonie von Ludwig van Beethoven.
Claudio Abbado dirigierte die Berliner Philharmoniker. 1824 fand die Uraufführung
statt und der fast vollständig taube Beethoven hatte als dritter Mann neben
Umlauf und Schuppanzigh an „der Leitung des Ganzen Antheil“ genommen, wie
man sehr vorsichtig in der Ankündigung des Konzerts formuliert hatte.
Schon zwei Jahre zuvor war Beethoven aufgrund der sehr fortgeschrittenen
Schwerhörigkeit nicht mehr in der Lage, ein Orchester alleine zu dirigieren. Zur
Eröffnung des umgebauten Theaters in der Josefstadt in Wien hatte Beethoven
seine Ouvertüre zu „Der Weihe des Hauses“ geschrieben. Über das Konzert am 3.
Oktober 1822 schrieb ein Rezensent der Leipziger Allgemeinen musikalischen
Zeitung: „Der Meister dirigirte selbst; da man jedoch seinen leider noch immer
geschwächten Gehörswerkzeugen nicht sicher vertrauen kann, so war ihm im
Rücken Hr. Kapellmeister Gläser postirt, um dem gleichfalls neuorganisirten
Orchester des Autors Willensmeynung erst recht eigentlich zu verdollmetschen,
welches doppelte, nicht selten ganz verschiedene, Taktiren sich in der That recht
sonderbar gestaltete. Dennoch ging Alles so ziemlich glücklich von statten, bis
auf die Chöre, welche manche Dissonanzen extemporirten; der Tonsetzer wurde
freudig empfangen, am Schlusse hervorgerufen und mit Jubelbeyfall überhäuft.“
Soweit das Zitat. Trotz „Doppeldirigat“ war diesmal alles glimpflich abgelaufen.
1„26
2. Musik
Ludwig van Beethoven
Ausschnitt: Ouvertüre Die Weihe des Hauses op. 124
3. <6> aufblenden bei 4‟10 bis Ende 10‟04 [frei 5„54]
The Philadelphia Orchestra
Riccardo Muti, Ltg.
Titel CD: Beethoven: 9 Symphonien
EMI, CDC 7 49488 2, LC 0110
WDR 5057 672
4
Riccardo Muti dirigierte das Philadelphia Orchestra bei diesem Ausschnitt der
Ouvertüre zu „Die Weihe des Hauses“ op. 124 von Ludwig van Beethoven. Eben
jene Ouvertüre, die 1822 nur noch im verdolmetschten Dirigat Beethovens durch
den Kapellmeister für die Orchestermusiker halbwegs zu verstehen war.
Wenig später im gleichen Jahr, im November 1822, kam es allerdings während
der Generalprobe zu einer Fidelio Aufführung zu einem ziemlichen Desaster, weil
Beethoven Sänger und Orchester nicht mehr zusammen halten konnte. Als
Leonore debütierte die damals siebzehnjährige Sängerin Wilhelmine SchröderDevrient, die aufgrund ihrer Darstellungskraft zu der gefeierten Leonore
schlechthin werden sollte und später dann zur Lieblingssängerin von Richard
Wagner. Ihr Debüt als Leonore mit Beethoven als Dirigenten hat die junge
Sängerin seinerzeit beinahe traumatisch in Erinnerung. Sie berichtete über die
Generalprobe folgendes: „Verwirrten Antlitzes, mit überirdisch begeistertem Auge
seinen Taktstock unter heftigen Bewegungen hin und her schwingend, stand er
mitten unter den spielenden Musikern und hörte keinen Ton! Sollte nach seiner
Meinung piano gespielt werden, so kroch er fast unter das Notenpult, und wollte
er das forte, so sprang er hoch empor mit den seltsamsten Gebärden, die
wunderlichsten Laute ausstoßend. […] Es konnte nicht fehlen, daß der gehörlose
Meister Sänger und Orchester in die größte Konfusion und gänzlich aus dem Takt
brachte, und keiner mehr wußte, wo er war.“
Beethoven schien in seinem Enthusiasmus nichts von dem Chaos zu bemerken
und nach dieser Generalprobe musste ihm beigebracht werden, dass er selbst
die Aufführung nicht würde leiten können. Ein ziemlicher Schlag für Beethoven.
Kurz darauf soll er seinen damaligen Arzt Dr. Smetana aufgesucht haben und
sogar Pater Weiss mit seinen Ohrentropfen kam noch mal kurzzeitig ins Spiel.
Nichts half: Beethovens Ohren wurden unaufhörlich taub. 2„02
3. Musik
Ludwig van Beethoven
Ausschnitt aus: Fidelio op. 72
<7> ausblenden bei 7„23
Charlotte Margiono, Leonore
Chamber Orchestra of Europe
Nikolaus Harnoncourt, Ltg.
Titel CD: Beethoven: Fidelio (highlights)
Apex, 0927 41374 2, LC 6019
WDR 5081 416
5
Das Rezitativ „Abscheulicher! Wo eilst Du hin?“ und die Arie „Komm, Hoffnung,
lass„ den letzten Stern“ der Leonore aus Beethovens Oper Fidelio op. 72. Es sang
Charlotte Margiono, begleitet vom Chamber Orchestra of Europe unter der
Leitung von Nikolaus Harnoncourt.
Dass Beethoven das Dirigieren 1822 quasi unmöglich war und zwei Jahre später
bei der Uraufführung seiner 9. Sinfonie eigentlich nur funktionierte, weil zwei
andere Dirigenten und Leiter von Chor und Orchester für Ordnung sorgten, das
überrascht eigentlich nicht. Denn schon 1818, also vier Jahre vor dem Fidelio
Debakel, hörte Beethoven offensichtlich so schlecht, dass er stets kleine Hefte bei
sich trug, in die seine Gesprächspartner ihre Anteile an der Konversation
aufschreiben konnten. Deshalb auch Konversationshefte genannt: 139 dieser
Hefte sind heute überliefert. Verloren sind dagegen alle Gespräche von
Beethoven mit Besuchern, die auf einer Schiefertafel notiert wurden. Ein anderes
Hilfsmittel, um sich zu verständigen.
Das Lesen der Konversationshefte kann man sich eigentlich Vorstellen wie das
Belauschen eines Telefonats: man hört nur einen Gesprächspartner: manchmal
kann man aus seinen Äußerungen erraten, was der andere wohl gesagt hat,
aber zuweilen bleibt es einem auch schleierhaft. Gleichzeitig hat man beim
Belauschen ein wenig das Gefühl, durchs Schlüsselloch zu spicken: denn die
Konversationshefte entführen den Leser in eine ganz private Welt und liefern zum
Teil einen faszinierenden Einblick in Beethovens Alltag: nicht nur politische oder
musikalische Ereignisse werden kommentiert, auch beim Essen mit Freunden im
Gasthaus ist man dabei, wenn Neffe und Onkel aneinandergeraten oder wenn
mal wieder über die Hausangestellten geklagt wird.
Eine Quelle, die die Nachwelt Beethovens Schwerhörigkeit und späterer Taubheit
sozusagen zu verdanken hat. 1‟59
4. Musik
Ludwig van Beethoven
Vivace ma non troppo
aus: Sonate Nr. 30 E-Dur op. 109
2. <1> 3„51
Igor Levit, Klavier
Titel CD: Beethoven: The late piano sonatas
Sony classical, 88883703872, LC 6868
WDR 5188 940
Igor Levit mit dem ersten Satz aus Beethovens 1820 komponierten Klaviersonate in
E-Dur op. 109.
6
Der Komponist Ferdinand Hiller hat als Junge von fünfzehn Jahren Beethoven
noch auf dem Sterbebett erlebt und über die Verständigung per
Konversationsheft mit ihm berichtet. Und zwar darüber wie es für Beethoven wohl
gewesen sein muss, stets auf die Antworten oder Fragen des Schreibenden zu
warten, wogegen er selbst sich ja mündlich – also wesentlich schneller und
unmittelbarer - am Gespräch beteiligte. Hiller also erzählt: „Wie peinvoll mag es
für den lebhaften, sogar leicht ungeduldigen Mann gewesen sein, jegliche
Antwort abwarten zu müssen, in jeder Minute des Gesprächs eine Pause
eintreten zu lassen, während welcher die Denktätigkeit gleichsam zum Stillstand
verdammt war. Auch verfolgte er die Hand des Schreibenden mit begierigem
Auge und übersah das Geschriebene mehr mit einem Blicke, als daß er es laß.
Der Lebhaftigkeit des Gespräches tat die fortwährende schriftliche Arbeit der
Besuchenden natürlich großen Eintrag.“
Nicht nur für ungeduldige Menschen muss solch eine Kommunikationsform eine
ziemliche Nervensache sein.
Manche dieser einseitig aufgezeichneten „Gespräche“ allerdings haben gar
nicht stattgefunden, sondern waren reine Erfindung. Nach Beethovens Tod
nämlich brachte sich Anton Schindler, für einige Zeit sein Sekretär und dann auch
erster Biograph, vermutlich unrechtmäßig in den Besitz der Hefte und fügte
erdichtete Gespräche von sich und dem Meister hinzu, um seine eigene Person
als Autorität in Bezug auf die Aufführungspraxis der Werke Beethovens
aufzuwerten. Inzwischen hat die Beethoven Forschung allerdings auseinander
klamüsert, was echt ist und was Schindler sich ausgedacht hat. 1‟46
5. Musik
Ludwig van Beethoven
Presto aus: Klaviertrio in D-Dur op. 70 Nr. 1 „Geister Trio“
<7> 8„20
Jos van Immerseel, Hammerklavier
Vera Beths Violine
Anner Bylsma, Violoncello
Titel CD: Beethoven: “Erzherzog”- & “Geister” – Trio
Sony classical, SK 51353, LC 6868
WDR 5054 776
Das Presto aus dem Klaviertrio in D-Dur op. 70 Nr. 1, dem sogenannten „Geister
Trio“. Es spielten Jos van Immerseel Hammerklavier, Vera Beths Violine und Anner
Bylsma Violoncello.
Als „geisterhafter“ Schatten erscheint Beethoven zumeist in den
Konversationsheften: denn seine Fragen und Antworten bei den Gesprächen mit
Besuchern bleiben ja Leerstellen. Allerdings hat der Komponist die Hefte auch als
7
Notizbücher genutzt: für Gedanken, die er festhalten wollte, kleine Notenskizzen
oder auch Notizen aus Zeitungen. Zudem finden sich regelmäßig Einkaufs- und
heute würde man sagen „to do“ Listen wie zum Beispiel: „Maußfalle erst ansehen
[…], die Haushälterin muß eine Decke u. ein neues leintuch haben. das
Kaffeegeld muß ausgemacht werden, […] Stiefel mitnehmen […]“ und so weiter.
Darüber hinaus schrieb Beethoven oft Anzeigen aus Zeitungen ab, die ihn
interessierten. Und 1819 schien er die Heilung oder wenigstens Verbesserung
seiner Schwerhörigkeit noch keineswegs aufgegeben zu haben. Da notierte er
einen Teil einer Anzeige aus der Wiener Zeitung: „Electro Vibrations Maschine,
deren wirkung durch verstärkung der Electricität etc für hartnäckige
rheumatische ohrensause Schwerhörigkeit und Taubheit.“
Auf Dr. Carl Joseph Mayer, Dr. der Medizin und Chirurg ging diese Maschine
zurück. An anderer Stelle im selben Konversationsheft hatte man Beethoven
davon berichtet, dass besagter Dr. Mayer angeblich eine Frau geheilt habe, die
seit fünfzehn Jahren taub war. Das ist natürlich mehr als unwahrscheinlich und ob
Beethoven Dr. Mayer je aufgesucht hatten, ist nicht bekannt.
Eine andere „Kopfmaschine für Schwerhörende“ hatte Dr. Siegmund Wolfssohn
entwickelt. Da Beethoven inzwischen der prominenteste Schwerhörige in Wien
war, schien Wolfssohn diese Tatsache verkaufsfördernd nutzen zu wollen. Seine
Maschine habe dem „unsterblichen Beethoven“ bereits sehr geholfen,
verkündete der Erfinder. Beethoven reagierte verärgert auf diese unwahre
Werbemaßnahme in einer Zeitungsanzeige und schrieb ins Konversationsheft: „
[…] 29ten Februar 1820 lügt Herr wolfsohn von mir.“ 2‟20
6. Musik
Ludwig van Beethoven
Bagatelle in B-Dur Nr. 11 op. 119
<18> 1„54
Linda Nicholson, Hammerklavier
Titel CD: Beethoven: Bagatelles, „Für Elise“ and other piano pieces
Accent, ACC 24180, LC 6618
WDR 5167 200
Ludwig van Beethoven: die Bagatelle in B-Dur aus op. 119, komponiert um 1820.
Hammerklavier spielte Linda Nicholson.
Anscheinend hielt Beethoven nicht viel von „Gehörmaschinen“ weder von Dr.
Mayer noch von Wolfsohn und wohl auch Mälzels Hörrohre scheint er nicht gern
benutzt zu haben. Das erfahren wir durch eine der seltenen Unterhaltungen, bei
denen auch Beethovens Gesprächsanteil in einem Konversationsheft
aufgezeichnet ist. Und das hat einen ganz simplen Grund: sein Gesprächspartner
war ebenfalls schwerhörig. Im April 1823 spricht – oder besser gesagt verständigt
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sich Beethoven mittels Konversationsheft – mit einem Herrn Sandra, einem
reisenden Geschäftsmann, mehr erfährt man nicht über ihn. Hier der Beginn des
Gesprächs: Beethoven: „Bäder, Landluft können vieles verbeßeren, gebrauchen
Sie nur nicht zu früh Maschinen, durch deren Enthaltung habe ich mein Linkes Ohr
so ziemlich erhalten. Sandra: Ich habe gar keine Maschine noch gebraucht,
allein ich werde doch gezwungen seyn, Beethoven: schriftlich wo möglich ist
beßer, das Gehör wird geschont, da es mit Maschinen dasselbige verhärtet.“
Offensichtlich konnte Beethoven 1823 also links noch ein wenig hören und setzte
insgesamt auf Schonung. Sandra empfahl dann Beethoven noch ein Rezept aus
einem alten medizinischen Buch, das er auf dem Flohmarkt erstanden hatte: die
„jungen Wipfel des Tannenbaums“ sollten angeblich helfen. Beethoven erzählt,
dass er früher das „galvanisiren“ probiert habe, gemeint ist eine Elektrotherapie,
es aber nicht habe ertragen können. Sandra klagt ebenfalls, dass er schon mehr
als 800 Dukaten für Heilungsversuche ausgegeben habe. Resigniert bemerkt
Beethoven: „ein trauriges Übel, die Ärzte wissen wenig und man ermüdet endlich,
[…]“ Wie Recht hat er. 1„50
7. Musik
Ludwig van Beethoven
Die laute Klage WoO 135
<2> 2„59
Iris Vermillion, Mezzosopran
Peter Stamm, Klavier
Titel CD: Beethoven: Lieder
Cpo, NDR, cpo 999 436-2, LC 8492
WDR 5035 065
„Die laute Klage“, ein Lied von Ludwig van Beethoven. Es sang Iris Vermillion
begleitet von Peter Stamm am Klavier.
„Die Ärzte wissen wenig“ beklagte sich Beethoven im Gespräch mit dem
schwerhörigen Herrn Sandra. Dennoch finden sich in den Konversationsheften
immer wieder Einträge zu neuen Behandlungsmethoden: Meerrettich auf
Baumwolle gerieben und in die Ohren gesteckt zum Beispiel. Oder
homöopathische Methoden. Der Neffe Beethovens berichtete im August 1825
über einen Beamten, der schon seit zehn Jahren schwerhörig sei. Sein
homöopathischer Arzt habe ihm „Pulver in unglaublich kleinen Dosen“ gegeben
und er müsse eine strenge Diät einhalten. Beethoven schien sich nach dem Erfolg
zu erkundigen. Der Neffe: „Es wird schlechter statt besser.“ Beethoven suchte
vermutlich nach einer Erklärung und der Neffe lieferte seine Idee: „Sie richten sich
nach der Mode. Denn wie man sieht, finden auch in der Medizin Moden statt.“
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Natürlich ist Beethovens Neffe Karl häufig als Gesprächspartner in den
Konversationsheften anzutreffen, ebenso Beethovens Bruder Johann. Über diese
Verwandten hinaus aber auch Helfer Beethovens im Alltag wie natürlich Anton
Schindler, aber etwa auch die Geiger Karl Holz und Ignaz Schuppanzigh, beide
Mitglieder jenes berühmten Streichquartetts, das Beethovens späte Quartette aus
der Taufe hob.
Die heute noch erhaltenen 139 Konversationshefte bieten allerdings so viel
Material, das wir hier in der SWR 2 Musikstunde diese Quelle nur schlaglichtartig
beleuchten können. Und so wird es zum Beispiel morgen unter anderem um den
vermeintlichen Besuch gehen, den der damals elfjährige Franz Liszt dem Maestro
in Wien abgestattet haben soll. Außerdem werden wir Beethoven bei seinen
schwierigen Vorbereitungen zur Uraufführung seiner 9. Sinfonie über die Schulter
blicken und Anton Schindler von Beethoven – vermutlich wüst beschimpft – von
einem gemeinsamen Essen nach dem Konzert flüchten sehen. 1‟55
8. Musik
Ludwig van Beethoven
Finale: Allegro – Presto aus:
Sonate Nr. 7 in c-moll op. 30 Nr. 2
3. <7> 5„30
Anne-Sophie Mutter, Violine
Lambert Orkis, Klavier
WDR 5033 908
Der letzte Satz aus Beethovens Violinsonate in c-moll op. 30 Nr. 2 gespielt von
Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis beschloss die heutige SWR 2 Musikstunde.
Mein Name ist: Susanne Herzog. Ich sage tschüss und bis morgen. 0„13