76 Marketing & Vertrieb Messeauftritt Digitale Markenerlebnisse schaffen Die Digitalisierung beeinflusst zunehmend die Marketingaktivitäten von Unternehmen. Das gilt auch für den Messeauftritt. Was möglich ist, zeigt das Beispiel der HaushaltsgeräteHerstellerin V-Zug AG während der Ausstellung «Swissbau 2016». ››Christian Wild Auf Messen treffen Unternehmen ihre Kunden, präsentieren ihre Produkte und Dienstleistungen. Es ist eine Chance, sich nachhaltig im Bewusstsein des Kunden einzuprägen und Alleinstellungsmerkmale gegenüber den Mittbewerbern zu präsentieren. Messen spielen zur Schaffung von physischen sowie mit allen Sinnen erlebbaren Markenerfahrungen eine wichtige Rolle. Diesen Vorteil kann (bisher) auch die digitale Welt nicht ausräumen. Die Digitalisierung kann heute noch nicht alle Sinne bedienen, aber sie kann einen Beitrag dazu leisten, dass das Zusammentreffen von Anbietern und ihren Kunden effizienter organisiert wird. Vor allem geht es darum, während und nach einer Messe die Instrumente der Digitalisierung gezielt einzusetzen. Digitale Tools gilt es zum Beispiel für die Erleichterung und Aufwertung der LiveErlebnisse zu nutzen. Markenwelt erlebbar machen Wie Unternehmen die Digitalisierung für ihren Messeauftritt nutzen können, zeigt das Beispiel der V-Zug AG. Das Ziel der Haushaltsgeräte-Herstellerin war, ihren Messestand auf der Baumesse «Swissbau 2016» in Basel als ein digitales Erlebnis zu gestalten, das die Unternehmenswerte KMU-Magazin Nr. 7/8, Juli /August 2016 auf moderne Art präsentiert. «Auf diese Weise wollten wir die Besucher des Standes durch unsere Markenwelt führen sowie ihnen Kenntnisse über V-Zug vermitteln, die sie noch nicht hatten», sagt Phi- lipp Hofmann, Leiter Global Marketing Services. Auch deshalb legten die Verantwortlichen des Projekts den Fokus auf eine neue Das Projekt Ziel/Aufgabenstellung ››V-Zug bietet auf einem 600 Quadrat- meter grossen Messestand an der «Swissbau 2016» in Basel den Besuchern ein neues digitales Erlebnis. Die Markenwerte sollen sympathisch, innovativ und schweizerisch transportiert werden. Daten von Besuchern sollen gewonnen werden, um diese anschliessend mit weiteren Informationen bedienen zu können. Der Messeauftritt dient als Basis, um später auf ähnliche Weise POS-Aktivitäten durchzuführen. ›› ›› ›› Verwendete Software/ Hardware Zeitrahmen Projektstart im April 2015; anschlies send Grobkonzeptphase und Erstellen des Prototyps; Kick-off für Realisierung im Juli 2015; danach Eruieren Systemanforderungen, Erstellen Detailund Designkonzept; Abnahme durch V-Zug im September 2015; Installation vor Ort und Präsentation an Messe im Januar 2016 ›› Aufwand ››Konzeptionelle Arbeiten: rund 80 Stunden ››Arbeiten für Umsetzung und Programmierung: rund 200 Stunden Erreichtes Ziel ››60 iPads, mit der eigens entwickelten ››Insgesamt besuchten 2560 Personen ››7 Beacons von «Kontakt.io», einem ››Beim Wettbewerb wurden 1107 Selfies Applikation «V-Zug-Messeerlebnis». Unternehmen für berührungslose Technologien. den digitalen Messestand. gemacht. Marketing & Vertrieb 77 persönliche «Onboarding»-Strategie. Mit «Onboarding» bezeichnet man hier das Vorgehen, damit die Menschen auf ein Produkt einsteigen und dieses benützen. So hiessen am prominent aufgestellten Messestand speziell geschulte Hostessen die Besucher willkommen. Sie übergaben ihnen gebrandete V-Zug-Kopfhörer sowie das dazugehörende iPad und erklärten ihnen die Funktionsweise auf verständliche Weise. Die Idee zu dem digitalen Vorhaben reifte im Vorfeld der Messeplanung. Es fanden hierzu mehrere Gespräche mit dem Be ratungs- und Technologieunternehmen «iTrust AG» statt, zu dem bereits seit längerem eine Geschäftsbeziehung bestand. Beide Firmen waren sich einig, etwas Neuartiges zu realisieren, das den Messebesuchern lange in Erinnerung bleibt. Technologische Helfer In der Folge entwickelte «iTrust» – basierend auf der Plattform «iTrust Insight» – für V-Zug eine eigene Applikation namens «V-Zug-Messeerlebnis». Diese App erkennt, wo ein Mensch steht, und spielt im richtigen Moment multimediale Inhalte ab. Sie erscheint grafisch aufbereitet im V-Zug-Kleid. Zudem setzten die Unternehmen auf die kontaktlose Technologie «Beacon». «Diese kleinen Bluetooth-Sender erleben in den USA derzeit einen Hype. Sie sind speziell für Ausstellungen geeignet», sagt René Müller, Senior Digital Innovation Consultant bei «iTrust». «‹Beacons› senden permanent wie ein Leuchtturm – daher der Name. In Kombination mit einer App wird eine Aktivität ausgelöst. So sind standortbasierte Interaktionen möglich, sprich: In geschlossenen Räumen kann eine genaue Ortung von Menschen und Geräten stattfinden und mit digitalen Elementen gekoppelt werden. Ganz ohne komplizierte Menüführung.» In der Erlebniswelt Der Besuch des Messestandes von V-Zug lief wie folgt ab: Ausgerüstet mit iPad und KMU-Magazin Nr. 7/8, Juli /August 2016 78 Marketing & Vertrieb Das Projekt verlief in sicheren Bahnen. Trotzdem ergaben sich einige Schwierigkeiten: Beispielsweise waren bei ersten Tests die «Beacon»-Signale nicht konstant, und die vorbeigehenden Personen wurden nicht im gewünschten Radius erkannt. Eine Fehlerbehebung und eine längere Testphase folgten. Müller: «Wir lasen etliche Forschungsberichte, konfigurierten die Sender und kreierten eine weitere eigene Applikation, um herauszufinden, an welchem Ort die Signale wie stark sind.» Die Besucher des Messestandes reagierten positiv. Primär lobten sie, dass sich dieser Stand bezüglich Aufmachung und Innovationsgeist deutlich vom Durchschnitt abhob. Aufgrund des Erfolges wird V-Zug ihren Auftritt vermutlich auch auf kleinere Messen adaptieren und in eigene Ausstellungen integrieren. Bilder: Online Marketing AG Kopfhörer ging der Gast von Station zu Station. Diese erzählten Geschichten zu Design, Qualität, Ressourcenschonung etc. Der Besucher schritt dabei an mehreren unsichtbaren Sendern vorbei, die an sogenannten «Wandersteinen» platziert waren. Neu war der Effekt, dass dadurch auf dem Tablet jedes Mal automatisch – und nicht wie bisher per Berührung – ein Video gestartet wurde. Abgeschlossen wurde die Erlebniswelt mit einem Wettbewerb und einem Selfie mittels iPad. Da der Teilnehmer zuvor seine E-Mail-Adresse angegeben hatte, bekam er das Bild direkt zugestellt. Auf diese Weise konnte V-Zug ihre CRM-Daten anreichern und erreichte eine Profilschärfung. Messebesucher beispielsweise bei mehreren Ständen vorbeischaut, erkennen ihn die Sender und entscheiden dann laufend aufgrund der vorhandenen und neu erhaltenen Daten, welche weiteren Aussteller interessant für ihn sind. Je besser die Technologie den User kennt, desto genauere Informationen und Vorschläge kann sie liefern. Zudem besteht dank der Positionsbestimmung und «Beacon» die Möglichkeit einer standortbasierten Contentlieferung. Wenn zum Beispiel ein Passant vor einem Warenhaus steht und dieses Unternehmen seinen Eingangsbereich mit entsprechenden Sendern ausgerüstet hat, erhält er auf seinem mobilen Endgerät passende Werbung angezeigt. Porträt Christian Wild Redaktor, Online Marketing AG Möglichkeiten Aufgrund der guten Erfahrungen steht fest: Die Kombination der «Beacon»-Technologie mit einer eigenen Applikation hat gerade im Messebereich eine grosse Zukunft. Man könnte etwa einen digitalen Besucherguide kreieren – oder einen digitalen Verkaufsunterstützer. Gerade bei Letzterem besteht zudem die Möglichkeit, dass viel mehr Interaktionen als bisher erzeugt werden können. Wenn ein KMU-Magazin Nr. 7/8, Juli /August 2016 Kontakt [email protected] www.online-marketing.ch, www.vzug.com, www.itrust.ch «
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