33/Krimis Noll (Page 164)

Kultur
KRIMIS
Charmanter Wonnegraus
In „Röslein rot“, dem neuen Krimi der Erfolgsautorin
Ingrid Noll, rechnet eine Frau lustvoll mit ihrem Mann ab.
D
B. BOSTELMANN / ARGUM
er Ehemann gleicht nach all den Männern vernachlässigt, mit ausgeprägJahren einem müden, alten Gaul, tem Hang zur Neurose. Mit anderen Worund die beiden Kinder machen ten: Nolls Heldinnen sind ziemlich normeistens mehr Arbeit als Freude. Aber mal, häufig sogar nett. Ihre verbrecheriEhefrauen sind pragmatisch, ihre Kosten- schen Neigungen sind einem beängstigend
Nutzen-Rechnung ist einfach: Die Ehe ist vertraut, daher rührt wohl der Wonnenun mal kein Lustspiel, und wenn einem graus, der einem beim Lesen ihrer Bücher
die Männer nicht mehr scharenweise hin- überkommt.
terherlaufen, hält man sich eben an die
Auch „Röslein rot“ hat das, was einen
vertraute Hausmannskost und sucht sich typischen Noll-Roman auszeichnet:
ein nettes Hobby.
schwarzen Humor, charmante Ironie, heiStilleben sind die Leidenschaft von Hel- tere Abgründigkeit. Die freche Geschichdin Annerose, sie betrachtet sie gern und te hat Tempo und eine ungewöhnliche
malt traumverloren selbst welche. Das er- erzählerische Leichtigkeit. Darauf vereignislose Leben plätschert so dahin, bis steht sich die spätberufene Schreiberin –
plötzlich eine junge Frau auftaucht, An- keines ihrer Provinzabenteuer vergißt
neroses Gatten anschmachtet und ihm Blu- man leicht. Zu anschaulich, präzise und
men schenkt. Von da an kommt –
buchstäblich – Leben in Anneroses
Bude. Und irgendwann liegt, unvermeidlich und sehr zur Freude
des Lesers, eine Leiche im Bett.
Krimi-Autorin Ingrid Noll, 62,
hochgerühmt und millionenfach erfolgreich mit ihren hinterhältigtückischen Morden, hält sich in
ihrem neuen Roman „Röslein
rot“* erstaunlich zurück: Ich-Erzählerin Annerose ist weniger
rigoros als Nolls bisherige Heldinnen, an die man sich gern erinnert: Da gibt es „Die Apothekerin“, die kaltblütig-hingebungsvoll
mordet, und die biestigen Luder Schriftstellerin Noll: Spaß an genüßlichen Intrigen
Cora und Mara, die in „Die Häupter meiner Lieben“ einige Herren erledi- farbig zeichnet sie ihre Geschöpfe, denen
gen, ohne mit der getuschten Wimper zu man willig durch sämtliche Lebenskrisen
zucken. Und unvergessen Rosemarie Hir- folgt und denen man, egal wie amoralisch
te aus dem Erstling „Der Hahn ist tot“, ein sie sein mögen, von Herzen alles Gute
resolutes Frauenzimmer, das, in verhee- wünscht.
render Liebe zu einem Mann entbrannt,
Ihr selbst gehe es weniger um Morde
jeden aus dem Weg räumt, der da lästi- als um so schwierige Themen wie Ergerweise herumsteht.
wachsenwerden oder die Unbill des
Annerose ist sanfter, sie sei, erklärt Noll, Alters, erklärt Noll den Kollegen Jürgen
„zu zaghaft für ein Verbrechen“. Macht Alberts und Frank Göhre in einem ausnichts, auch die gute Annerose hat es faust- führlichen Radiointerview, das im Rahdick hinter den Ohren und rächt sich, nach men der Sendereihe „Geschichte des
anfänglichem Zaudern, auf raffinierte Art. deutschsprachigen Krimimalromans“ am
Anders als andere Vielschreiber wird 31. Oktober im zweiten Programm von
die Weinheimer Autorin Noll, die nahezu Radio Bremen zu hören sein wird.
pro Jahr ein Buch abliefert, nicht schlechDort singt sie mit großem Vergnügen alter. Sie hat Spaß an genüßlichen Intrigen, lerlei Lieder, spricht über ihre entrückte
und ihre Figuren ähneln sich: Es sind Kindheit in China, den Besuch einer vereigensinnige, manchmal spießige Frauen, haßten Nonnenschule, ihre Vorbilder Friedzu kurz gekommen, vom Leben und den rich Schiller und Heinrich Heine, ihre Ehe,
die Sehnsucht nach einem Zimmer für sich
allein – und schließlich ihre Romanideen.
* Ingrid Noll: „Röslein rot“. Diogenes Verlag, Zürich;
„Ich kenne meine Personen sehr gut“, sagt
273 Seiten; 39 Mark.
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Noll. „Ich nehme sie mit in meine Träume,
und sie sitzen bei mir auf dem Sofa und
trinken Tee.“
Gewalttätigkeit und grausame Blutbäder liegen der dreifachen Mutter nicht,
wichtiger sind ihr genaue psychologische Porträts, die Beschreibung verlogener
Bürgeridyllen, die Tücken der Harmonie.
Noll gehört zu den besten deutschen Erzählern, und natürlich weiß sie das. „Es ist
klug, im Alter zu schreiben“, sagt sie lakonisch. Darin lägen „höhere Erfolgschancen,
als wenn ich jetzt mit Eislaufen anfangen
würde“. Diese Bescheidenheit und Selbstironie hat sie mit ihrer Heldin Annerose gemeinsam.
Angela Gatterburg
Bestseller
Im Auftrag des SPIEGEL wöchentlich
ermittelt vom Fachmagazin „Buchreport“
Belletristik
Sachbücher
1 (1) Donna Leon Sanft entschlafen
1 (1) Jon Krakauer In eisige Höhen
Diogenes; 39 Mark
Malik; 39,80 Mark
2 (2) Marianne Fredriksson
Hannas Töchter W. Krüger; 39,80 Mark
2 (2) Stéphane Courtois und andere
Das Schwarzbuch des Kommunismus
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3 (4) Harriet Rubin Machiavelli für
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Hoffmann und Campe; 48 Mark
4 (4) Ken Follett Der dritte Zwilling
Lübbe; 46 Mark
5 (5) Benoîte Groult Leben heißt frei sein
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4 (3) Dale Carnegie Sorge dich
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5 (5) Ute Ehrhardt Gute Mädchen
kommen in den Himmel, böse überall hin
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6 (7) Peter Mayle Cézanne gesucht!
6 (6) Isabel Allende Aphrodite
Blessing; 39,90 Mark
Suhrkamp; 49,80 Mark
7 (6) Catherine Clément Theos Reise
Hanser; 39,80 Mark
8 (9) Nicholas Sparks Weit wie das Meer
7 (8) Günter Ogger Absahnen und
abhauen Droemer; 39,90 Mark
Heyne; 32 Mark
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Pferden spricht Lübbe; 44 Mark
9 (8) Ingo Schulze Simple Storys
9 (9) Peter Kelder Die Fünf „Tibeter“
Berlin; 38 Mark
Integral; 22 Mark
10 (12) Richard Preston Cobra
10 (11) Peter
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Lügen im Heiligen Land
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Leitfaden durch
politischen Wahnwitz:
Irrungen und Wirrungen
im Nahen Osten
12 (11) Minette Walters Das Echo
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13 (13) Paulo Coelho Der Alchimist
Diogenes; 32 Mark
11 (12) Richard von Weizsäcker
Vier Zeiten Siedler; 49,90 Mark
12 (14) Hans Herbert von Arnim Fetter
Bauch regiert nicht gern Kindler; 44,90 Mark
14 (–) Arundhati Roy
Der Gott der
kleinen Dinge
13 (13) Marion Gräfin Dönhoff
Der Effendi wünscht zu beten
Blessing; 42,90 Mark
Siedler; 39,90 Mark
Erzähl-Parforceritt
durch indischen
Aberwitz: Glück und
Verderben einer
verbotenen Liebe
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Titanic Burgschmiet; 39 Mark
15 (15) Donna Leon Acqua alta
15 (15) Guido Knopp
Hitlers Helfer – Täter und Vollstrecker
Diogenes; 39 Mark
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