Pastoralreferent Rolf Müller, Frankfurt, „Übrigens“ in hr 4 am Sonntag, 10. Juli 2016 Ein paar Wenige und doch ganz Viele Ich gebe zu: Manchmal bin ich schon ein wenig frustriert, wenn ich an einem Sonntag wie heute in meine Pfarrkirche zum Gottesdienst gehe. Der Pfarrer und der Organist geben sich viel Mühe, der Gottesdienst ist schön gestaltet, die Predigt gut – und trotzdem sind nur wenige Menschen da. Rein statistisch leben in meinem Stadtteil zwar noch ganz viele Christen. Aber im Gottesdienst sehe ich oft nur ganz Wenige davon. Da fühle ich mich schon manchmal etwas einsam. „Gehöre ich zu den letzten Mohikanern?“, frage ich mich dann oft. Ich weiß: Das hat viele Gründe: Das fängt bei der frühen Uhrzeit am Sonntagmorgen an und hört beim Glaubensverlust vieler Menschen und den Fehlern der Kirche noch lange nicht auf. Aber am Sonntagmorgen in der Kirche ist es für mich müßig, darüber nachzudenken. Ich wäre einfach froh, wenn ein paar mehr mit mir zusammen da wären. Aber eine Sache macht mir trotzdem Mut. Und das hat mit meinen vielen Besuchen in unseren Partnergemeinden in Europa zu tun. Vor vier Wochen erst war ich zusammen mit Jugendlichen in unserer Partnergemeinde in Rumänien. Wir haben dort mit vielen Freunden selbstverständlich am Sonntagmorgen einen schönen Gottesdienst gefeiert. Genauso war es in Budapest, wo wir bei befreundeten Christen Station gemacht hatten: Auch hier haben wir sonntags miteinander gesungen und gebetet. Ich denke an diese Leute und ich weiß: Auch die sind heute am Sonntagmorgen im Gottesdienst. Und sofort denke ich noch an viele andere mir bekannte Gesichter: Die Familien, denen ich in Ostafrika begegnet bin, die Brasilianer, die bei uns im Pfarrhaus zu Gast waren und viele Andere mehr. Sie alle sind jetzt wahrscheinlich auch in irgendeinem Sonntagsgottesdienst. Ich weiß: Alle katholischen Christen hören heute dieselben Worte aus der Bibel und feiern dieselbe Liturgie, auch wenn eine andere Sprache dabei gesprochen wird. Wer weiß – vielleicht denken ja auch einige von denen jetzt gerade an uns. Und schon fühle ich mich schon nicht mehr ganz so allein in meiner Kirche. Ich spüre: Ich bin mit all diesen Menschen verbunden; gerade jetzt am Sonntagmorgen. „Wer glaubt, ist nie allein“ – so hat es Papst Benedikt XVI. einmal auf den Punkt gebracht. Denn wenn ich weiter überlege weiß ich: Überall auf der Welt sind jetzt Menschen in einer Kirche, selbst in den entferntesten Gegenden. Und so mancher spricht jetzt sogar zuhause ein Gebet. Ich bin mir sicher: wir teilen so Freud und Leid miteinander. Das macht mir Mut. Ich weiß: Auch wenn wir hier nur ein paar Wenige sind, sind wir doch eigentlich ganz Viele.
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