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Interview
„Und der Geist und die
Braut sprechen: KOMM!“
Herrn erreichen und dafür würdig werden –
ohne Seelsorge geht das nicht.
Das zweite Ziel ist: die Einheit der Apostel zu
pflegen und zu fördern. Der Stammapostel ist das
Haupt der Apostel und ist als solcher dafür verantwortlich. Das ist mir – ich darf schon sagen –
eine heilige Verpflichtung, daran zu arbeiten. Ich habe den Bezirksaposteln gesagt, dass ich immer für
sie ansprechbar bin und Apostel können sich bei
besonderen Anliegen jederzeit an mich wenden.
Das dritte Ziel ist: Unser Stammapostel Fehr
hat in seiner Amtszeit viele neue Entwicklungen
in Gang gesetzt, die noch nicht zum Abschluss
gekommen sind.
Können Sie spontan ein Beispiel nennen?
Ich denke zum Beispiel an das Thema Ökumene oder an die Gespräche mit apostolischen
Gemeinschaften. Das sind Anstöße gewesen, die
noch nicht zu einem Abschluss gekommen sind.
Sicher kann man das auch noch gar nicht erwarten. Aber das muss weiter verfolgt werden und
wird mir eine besondere Aufgabe sein.
Lieber Stammapostel, welche Ziele haben Sie
sich für Ihre Amtszeit gesteckt?
Als erstes habe ich die Seelsorge im Blick. Das
ist sicherlich die herausragendste Aufgabe des
Stammapostels. Er ist als oberster Geistlicher
dafür verantwortlich, dass weltweit die Mitglieder versorgt werden und die Seelsorge im weitesten Sinn funktioniert. Der Stammapostel – und
so werde ich das auch handhaben – muss auch
entsprechende Impulse setzen. Das heißt, ich
werde überall Gottesdienste halten; ich werde
versuchen, den Brüdern Material und Gedanken an die Hand zu geben, damit eine für unsere
Zeit passende und zielgerichtete Seelsorge möglich ist. Da spielt auch unser Glaubensziel eine
unmittelbare Rolle. Wir wollen den Tag des
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Stammapostel Fehr hat seine Amtszeit unter
das Motto „Maran atha“ gestellt. Haben Sie ein
ähnliches Motto für Ihre Amtszeit?
Da müsste ich differenzieren. Nachdem ich
erfahren habe, dass ich dieses Amt empfangen
solle, habe ich immer das Lied vor mir gehabt:
„Herr, mein Leben es sei dein …“ Das ist mein
persönliches Motto für mich. Das würde ich aber
schon trennen von dem Amtsmotto. Da denke
ich an Offenbarung 22, Vers 17, wo es heißt: „Und
der Geist und die Braut sprechen: Komm!“ Das
soll das Motto für meine Amtstätigkeit sein.
Seit wann wussten Sie, dass Sie Nachfolger
von Stammapostel Fehr werden sollen?
Das kann ich genau beantworten: 14 Tage,
zwei Wochen vor Pfingsten hat mir das der
Stammapostel gesagt.
Aber es hat doch im Vorfeld viele Spekulationen gegeben, in denen auch Ihr Name genannt
worden ist.
Ja, gut. Spekulationen sind das eine. Wenn
man nachher mit der Tatsache konfrontiert wird,
ist das eine andere Situation. Ich muss sagen, es
hat mich getroffen wie ein Keulenschlag, und
noch mehr meine Frau, die Familie. Wir waren
uns darüber im Klaren, dass das ein gravierender
Einschnitt im Leben ist. Das hat wirklich einen
Sturm ausgelöst. Ich habe in der Nacht so gut wie
nicht schlafen können, nachdem ich das erfahren habe.
Sie sagten vorhin, Stammapostel Fehr habe
viele Impulse gegeben und einen Öffnungsprozess der Kirche vollzogen. Betrachten Sie es als
schwieriges Erbe, seine Nachfolge anzutreten?
Ganz eindeutig: Ja! Das Erbe ist schwierig,
denn unser Stammapostel Fehr hat unendlich
viel in Bewegung gesetzt, war sehr, sehr mutig,
hat Dinge verändert, die man sich vorher kaum
vorstellen konnte. Und die Erwartungshaltung
heute ist hoch. Es gibt auf der einen Seite die Erwartung, dass das so weitergeht. Auf der anderen
Seite gibt es Befürchtungen, die sogar so weit gehen, dass man meint, der Charakter der Kirche
oder wesentliche Inhalte würden sich ändern.
Ich glaube schon, es ist ein schweres Erbe.
Sie haben in der Apostelversammlung in
Stuttgart gesagt, Sie wollen das Profil der Kirche
schärfen. Wie stellen Sie sich – unter diesem
Gesichtspunkt – die Neuapostolische Kirche im
21. Jahrhundert vor?
Unter dem Gesichtspunkt „das Profil schärfen“ habe ich die Hoffnung, dass man uns ganz
eindeutig erkennen und identifizieren kann und
wir nicht in einen Topf geworfen werden mit anderen kirchlichen Gemeinschaften oder gar
Sekten, sondern dass wir wirklich eine eigenständige Rolle spielen. So etwas kann man natürlich nicht aus dem Ärmel schütteln, sondern
das muss stimmig sein, muss von den Bezirksaposteln und Aposteln getragen und mit ihnen
abgestimmt sein. Aber das ist schon mein
Wunsch, dass wir als Neuapostolische Kirche
sehr klar und eindeutig einheitlich erkennbar
sind – und zwar weltweit.
Wie beurteilen Sie die innerkirchliche Situation? Ist die Neuapostolische Kirche eher ein
lockerer Zusammenschluss von Gebietskirchen
oder ist es eine einheitliche Kirche?
Lockerer Zusammenhalt wäre viel zu wenig,
und das ist auch nicht der Fall. Es besteht schon
eine sehr starke Ausrichtung hin zum Stammapostel und es gibt eine einheitliche Vertretung
der Lehre nach innen und außen. Aber wir müssen sehen, dass es in den Regionen kulturelle, gesellschaftliche Unterschiede gibt. Vor diesem
Hintergrund die Einheit zu gewährleisten, ist eine hohe Aufgabe, die viel Einsatz erfordert. Das
hat Stammapostel Fehr so gehalten, und ich bin
mir darüber im Klaren, dass das auch meinen
ganzen Einsatz erfordert, denn die Einheit muss
man wirklich pflegen, sonst geht sie verloren.
Jeder Bezirksapostel ist eine eigenständige
Persönlichkeit, hat seine individuelle Überzeugung und kulturelle Prägung. Können so gesehen überhaupt Beschlüsse der Bezirksapostelversammlung einheitlich umgesetzt werden?
Das ist ein wichtiges Thema. Denn es ist tatsächlich so: Wir haben oftmals Beschlüsse gefasst, die aber je nach Verständnis des Einzelnen
unterschiedlich umgesetzt worden sind. Das ist
gar nicht unbedingt böser Wille, das ist einfach
bedingt durch Mentalitätsunterschiede, unterschiedliche gesellschaftliche Hintergründe. Ich
glaube, auf diesem Gebiet – Umsetzen von Beschlüssen, Umsetzen von Anordnungen, Umsetzen von gemeinsam erarbeiteten Ergebnissen
– müssen wir noch viel tun. Es wird notwendig
sein, darüber zu sprechen. Vielleicht müssen wir
sogar im Einzelfall festlegen, in welcher Weise
das umgesetzt werden kann und dies im Kreis
der Bezirksapostel abstimmen, damit nicht so
gravierende Unterschiede bestehen.
Worin sehen Sie die größte Gefahr für die Kirche, für den Glauben allgemein?
Wenn wir einmal die Situation in Mitteleuropa betrachten, dann denke ich, ist das erste Pro-
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Interview
Die
Gesprächspartner
von Stammapostel
Leber: Peter Wild
(l.) und Klaus
Emmerling.
An der Kamera:
Jörg Idler
blem die Oberflächlichkeit und Gleichgültigkeit
im Glauben, die man so sieht und die ein gesellschaftliches Phänomen ist. Dies spüren wir auch
in der Kirche. Das zweite ist: die Menschen sind
heute durch die vielerlei Einflüsse und Meinungen, die allgemeine Hektik in Beschlag genommen. Das erleben auch unsere Geschwister. Es
führt dazu, dass das Gemeindeleben leidet. Das
sehe ich als eine große Gefahr unserer Zeit, dass
das Gemeindeleben nicht mehr diesen Schwung
und diese Kraft hat. Und das dritte: eine nachlassende Dienst- und Opferbereitschaft. Wir
müssen feststellen, dass das ehrenamtliche Engagement nachlässt und wir manches Mal nicht
mehr genügend Amtsträger haben.
Gibt es aus Ihrer Sicht neue Impulse für die
Entwicklung der Kirche in Europa?
Darüber machen wir uns seit längerem Gedanken im Kreis der Bezirksapostel und Bezirksapostelhelfer. Wir haben schon Ansätze zusammengetragen, was wirklich wichtig ist, und
sind übereingekommen, dass die Zielsetzung
sein muss, die Gemeinden auf jeden Fall lebendig zu erhalten. Wir wollen das Gemeindeleben
unbedingt fördern.
Wir sind aber noch dabei, diese Gedanken zu
konkretisieren und werden sicherlich damit an
die Gemeinden herantreten, wenn die Zeit reif
ist. Aber das wird ein Schwerpunkt künftiger
Überlegungen sein.
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Provokativ nachgefragt: Hat die Neuapostolische Kirche in Europa überhaupt eine Überlebenschance angesichts rückläufiger Mitgliederzahlen und geburtenschwacher Jahrgänge?
Zunächst einmal müssen wir Folgendes festhalten: Ohne andere abqualifizieren zu wollen,
glauben wir daran, dass wir am Werk Gottes stehen. Das ist unsere Glaubensauffassung. Daraus
resultiert die Überzeugung, dass der liebe Gott
sein Werk nicht fallen lassen wird und wir auch
weiterhin die Sicherheit haben, dass das Werk
Gottes weitergeht. Das ist meine feste Überzeugung, das ist die Sicherheit unseres Glaubens.
Aber die Erfahrung lehrt, das geht nicht automatisch, sondern das erfordert unseren Einsatz.
Wir haben gerade in Europa im Kreis der Bezirksapostel dieses Problem erkannt und werden uns sehr darum bemühen, Akzente zu setzen, die das Leben in den Gemeinden fördern
und zu einer Belebung im weitesten Sinne führen. Das ist unsere Verpflichtung – das ist aber
auch unsere Chance, denn das hat eine gewisse
Sogwirkung. Zunächst auf solche, die am Rande
stehen und nicht ganz eingebunden sind in die
Gemeinschaft, und vielleicht sogar darüber hinaus. Denn im Grunde des Herzens besteht bei
den Menschen eine gewisse Sehnsucht, eine
feste Orientierung zu haben, eine Ausrichtung,
den Sinn des Lebens erkennen zu können. Das
muss man nutzen und durch ein Paket von Maßnahmen unterstützen und fördern.
Wie stehen Sie zu den ökumenischen Bestrebungen der Neuapostolischen Kirche?
Ich finde richtig, dass diese Initiative von
Stammapostel Fehr ausgegangen ist. Sie hat vieles in Bewegung gesetzt nach innen und außen.
Das will ich weiterhin so fördern, das muss in aller Ruhe verfolgt werden. Aber es darf nicht dazu führen, dass dieses Thema unsere Mitglieder
in irgendeiner Weise spaltet. Wir müssen transparent machen, was in welcher Weise geschieht.
Es darf nicht die Angst aufkommen, dass Positionen unserer Kirche im Hinblick auf die Ökumene geopfert oder aufgegeben werden.
Etliche christliche Kirchen und Organisationen außerhalb der NAK fordern, dass wir so
genannte Sonderlehren aufgeben sollen.
Diesen Forderungen muss ich widersprechen.
Manche Kirchen und Gruppierungen möchten,
dass wir uns ihrer Sicht der Dinge anschließen.
Damit machen sie es sich ein bisschen zu einfach. Ich will jetzt nicht in Details gehen. Aber
ich finde, das kann so nicht gehen. Wir können
nicht mit fliegenden Fahnen alles Bisherige über
Bord werfen und uns der Meinung derer anschließen, die diese Forderungen erheben. Das
muss eine Diskussion sein, in der man sich sachlich und fair über gewisse Inhalte auseinandersetzt. Dabei darf man aber nicht übersehen, auch
die Heilige Schrift gibt bei manchen Dingen keine erschöpfende Auskunft, sondern es bleibt oftmals ein Interpretationsspielraum. Da kann
man von uns nicht verlangen, dass wir die Position anderer einfach übernehmen.
Werden Sie die Kontakte zu anderen apostolischen Gemeinschaften fortsetzen?
Ich bin sehr daran interessiert, die bestehenden
Kontakte zu pflegen, sodass wir zu einem fairen
Umgang kommen auf der Basis des gegenseitigen
Verständnisses. Aber spektakuläre Ergebnisse
sind, nüchtern betrachtet, nicht zu erwarten.
Bedarf die Kirche aus Ihrer Sicht weiterer Reformen, und wenn ja, welche Reformen würden
Sie gerne anstoßen bzw. halten Sie für notwendig?
Da möchte ich im Moment sehr vorsichtig
sein, weil von Stammapostel Fehr vieles angestoßen worden ist, was jetzt kontinuierlich abgearbeitet werden muss. Ich warne vor einem
übertriebenen Reformeifer. Natürlich werden
von unterschiedlichen Interessengruppen Reformen angemahnt. Aber ich setze zunächst einmal auf Kontinuität. Wir sind die Neuapostolische Kirche, das Werk Gottes, nach unserem
Verständnis. Dadurch verbietet es sich, dass wir
allen möglichen Einflüssen zu sehr Raum geben.
Natürlich muss man gesellschaftliche Entwicklungen berücksichtigen. Das werden wir tun,
aber in aller Vorsicht und abgestuft und in Abstimmung mit den Bezirksaposteln. Und dann
schauen wir mal, wie es weitergeht.
Ein anderes Thema ist die Finanzlage der Kirche. Die Einnahmen sind leicht rückläufig, die
Ausgaben bleiben weltweit hoch, die Mitglie-
derzahlen steigen. Inwieweit lässt sich Kirche
unter diesen Umständen noch finanzieren?
Sicherlich ein sehr ernstes Thema, das uns
schon einige Zeit beschäftigt. In der Tat gibt es
ein großes Ungleichgewicht: Einige wenige Gebietskirchen haben Überschüsse, sehr viele Länder und Gebiete müssen aber finanziell unterstützt werden. Wir arbeiten daran, dass jene Länder, die eigentlich nicht selbst zu einem ausgeglichenen Ergebnis kommen, mehr und mehr in
die finanzielle Unabhängigkeit geführt werden.
Das ist ein relativ schmerzhafter Prozess, denn
niemand gibt gerne etwas auf. Aber wir haben
schon ganz gute Fortschritte erzielt. Das ist die
eine Seite, dass diese wirklich sehr weitreichende Unterstützung im Laufe der Zeit zurückgefahren wird. Das andere ist, dass die Verwaltungen in Europa durchleuchtet werden mit dem
Ziel, Einsparungen zu realisieren. Wir müssen
uns diesem Thema stellen, denn die Kirche muss
zukunftsfähig sein.
Welchen Standpunkt vertreten Sie in der Frage: Ordination von Frauen?
Ich denke, das ist eine Sache der Tradition.
Wir berufen uns zunächst auf die Heilige Schrift.
Dort lesen wir, dass nur Männer in ein Amt berufen wurden. Die Frage ist offen, ob das so bleiben
muss. Allerdings gibt es doch sehr weitreichende
Konsequenzen und Fragen, denen man sich stellen muss. Wir sehen dieses Thema immer nur aus
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Interview
dem europäischen Blickwinkel, weil es hier eine
populäre Forderung ist, dass auch Frauen ordiniert werden. Wie sieht das aber in anderen Ländern aus? In Afrika? In muslimischen Staaten?
Da glaube ich, sieht das ganz, ganz anders aus.
Wenn wir hier zu einer Regelung und Öffnung
kommen wollten, dann müsste das weltweit einheitlich geschehen. Also, das wird doch sehr genau zu durchleuchten sein. Ich sehe diese Frage
der Ordination von Frauen auch im Zusammenhang innerkirchlicher Kommunikation. Wie weit
sind alle einbezogen in die Kommunikation?
Wie weit können alle Gruppen mithelfen und
mitarbeiten? Ich könnte
mir vorstellen, dass wir
das eine oder andere
noch ändern. Dann
könnte das Resultat sein,
dass die Frage der Ordination von Frauen nicht
mehr eine so gravierende Rolle spielt. Aber das
ist jetzt spekulativ.
Werden Sie ähnlich
viel reisen wie ihr Vorgänger, Stammapostel
Fehr, und jeden Sonntag
Gottesdienste halten?
Ja, eindeutig ja, das
werde ich so beibehalten. Ich meine auch,
dass das meinem Auftrag entspricht, solange
ich mich gesundheitlich
dazu in der Lage fühle.
Sie haben ja bisher als
Bezirksapostel auch
mittwochs oder donnerstags Gottesdienste
gehalten. Wie werden
Sie künftig diese Abende gestalten?
Das weiß ich noch nicht. Durch das Pendeln
zwischen Hamburg und Zürich, wie es im Augenblick geschieht, werde ich in der Regel nicht
imstande sein, in der Woche Gottesdienste zu
halten. Auch die Anforderungen des Amtes, die
ich jetzt noch gar nicht ganz überschauen kann,
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sind sicherlich so, dass es mir an Zeit fehlen wird.
Ich denke, dass ich am Mittwochabend schon mal
den Blick auf den nächsten Sonntag richte und
mich auf den nächsten Gottesdienst vorbereite.
Muss aus Ihrer Sicht die internationale Kirchenleitung, die Arbeit von Projektgruppen,
eventuell die Organisation der Gebietskirchen
neu strukturiert werden?
Was die Projekt- und Arbeitsgruppen anbelangt, so ist da schon viel geschehen. Wir haben
kontinuierlich versucht, die Arbeit zu verbessern, effizienter zu machen und dahin zu führen,
dass relativ schnell Ergebnisse vorliegen. Aber
so schnell geht das nicht immer, wenn etwas
sorgfältig und gründlich untersucht werden soll.
Eine andere Frage ist, wie die Verwaltungen
zukünftig zu strukturieren sind. Da könnte man
sich in der Tat vorstellen, dass es auf lange Sicht
gesehen zu Entwicklungen kommt. In der Vergangenheit war es beispielsweise in Europa so,
dass jeder Bezirksapostel seine eigene Verwaltung hatte, die alle administrativen Bereiche abgedeckt hat. Man könnte sich schon eine Zusammenarbeit über den Bereich des jeweiligen
Bezirksapostels hinaus vorstellen, vielleicht in
der Form von gewissen Kompetenzcentern, die
unterschiedliche Aufgaben wahrnehmen, eine
gewisse Arbeitsteilung über die Gebietsgrenzen
hinweg. Das sind daher sehr weitgehende
Überlegungen.
Aber so eine „Mammutverwaltung“, in der alle deutschen oder gar alle europäischen Gebietskirchen unter einem Dach vereint wären,
wollen Sie nicht unbedingt?
Nicht unbedingt. Selbst Experten sind unterschiedlicher Meinung. Eine „Mammutverwaltung“, wie Sie eben sagten, könnte sich ja auch in
einer Weise ausweiten, die nicht unbedingt hilfreich ist. Es bietet sich eher an, dass man innerhalb der verschiedenen Verwaltungen zu gewissen Absprachen kommt, vielleicht den einen
oder anderen Standort verändert oder aufgibt.
Ich glaube aber nicht, dass es angebracht ist, alles unter einem Dach zusammenzufassen.
Eine Frage noch zu den Projektgruppen: Werden Sie selbst wichtige Ergebnisse und Erkennt-
nisse aus der Projektgruppenarbeit persönlich
den Amtsträgern oder Geschwistern mitteilen?
Als Bezirksapostel haben Sie es ja beim Thema
„Gehaltvolle Predigt“ getan.
Das kann ich mir sehr wohl vorstellen. Ich
komme zurück auf das, was ich vorhin sagte: Wir
müssen sehr darauf achten, wie gewisse Beschlüsse und Inhalte umgesetzt und weitergereicht werden. Das wäre ein Mittel, wenn man
solche Themen gleich zentral an einen gewissen
Kreis weitergibt. Ich glaube auch, bei der Seminarreihe, die Sie eben ansprachen, war das ein
ganz guter Weg, um die Brüder einzustimmen
und eine einheitliche Linie vorzuzeigen. Das
kann man noch ausbauen.
Kommen wir zum Thema humanitäre Aktivitäten. Die Neuapostolische Kirche hat ja in
vielen Ländern gerade in jüngster Vergangenheit
humanitäre Aktivitäten angestoßen. Wo sollte
aus Ihrer Sicht mehr getan werden, was ist aus
Ihrer Sicht verzichtbar?
Wir haben in der Tat viele Aktionen gemacht
und angestoßen und vieles hat sich in den letzten
Jahren auf diesem Gebiet entwickelt. Aber ich
denke, das ist alles ein bisschen zufällig gewesen.
Dort, wo man aus der Missionsarbeit Kontakte
hatte, sind Projekte umgesetzt worden. Natürlich
haben wir auch bei Katastrophen geholfen. Das
waren alles schöne Ansätze. Was mir ein bisschen fehlt, ist eine einheitliche Strategie und die
Überlegung: Wie kann man – auch weltweit in
etwa einheitlich – humanitäre Aktionen unserer
Kirche steuern und so effizient machen, dass es
eine bestmögliche Wirkung gibt und wir uns
nicht in vielen Einzelaktionen verzetteln.
Das hieße ja, Sie würden die Aussage begrüßen: Die Neuapostolische Kirche soll Entwicklungshilfe-Projekte in der Dritten Welt aufbauen?
Im Prinzip wäre das nicht verkehrt. Natürlich
stellt sich die Frage, inwieweit wir da nicht überfordert wären. Unsere Finanzkraft ist begrenzt.
Aber ich fände es gut, wenn man Projekte einrichtet, die effizient sind und über einen kurzfristigen Zeitraum hinausgehen. In dem Sinn würde ich das unterstützen. Dabei muss man sicherlich sehr sorgfältig prüfen, was machbar ist und
welche Rahmenbedingungen zu beachten sind.
Als Bezirksapostel von Nordrhein-Westfalen
ist Ihnen der Förderverein „NAK karitativ“ ein
Begriff. Inwieweit kann aus Ihrer Sicht die praxisbezogene Tätigkeit dieses Fördervereins ausgebaut werden? Könnte der Förderverein so ein
Instrument sein, um solche Projekte umzusetzen?
Zweifellos. Mir wäre es auch lieb gewesen,
wenn „NAK-karitativ“ in mildtätiger Weise Geschwistern in Einzelfällen eine Hilfe sein könnte. Das ist aber laut Satzung nicht möglich. Ich
würde schon anstreben, dass wir gebündelt und
strukturierter versuchen, etwas in Bewegung zu
setzen, was man mit dem Namen unserer Kirche
verbindet.
Nach einem
Gottesdienst mit
Stammapostel
Fehr (l.) in
Mülheim/Ruhr
Wie bewerten Sie die Bestrebungen oder Ansätze von „NAK-karitativ“ als kirchlicher Wohlfahrtsverband staatlich anerkannt zu werden?
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Interview
Da müssen wir im Einzelnen sehr genau prüfen, inwieweit die Bedingungen so gestaltet werden können, dass sie den Zwecken der Kirche
entsprechen. Ich würde es jetzt für ein wenig verwegen ansehen, dies aus dem hohlen Bauch heraus zu beurteilen.
Kommen wir noch einmal zu dem Punkt
„Unterschiede zwischen Europa und Drittweltländern“. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die
Einheit und die Gemeinschaft zwischen Geschwistern aus der ersten Welt und aus Drittweltländern zu stärken und zu intensivieren?
Da komme ich zurück auf das vorhin angesprochene, einheitliche Profil. Es ist mir in diesem Zusammenhang sehr wichtig, dass wir rund
um die Welt ein einheitliches Profil haben. Ich
glaube, das würde die Identität und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Geschwister
untereinander sehr stärken. Der zweite Punkt
ist, eine sehr enge Abstimmung unter den Bezirksaposteln und Aposteln in dem Sinn, dass alle angestoßenen Maßnahmen und Ergebnisse
einheitlich umgesetzt werden. Ansonsten muss
man sich vor Augen halten, dass die Gemeinden
hier in Europa nicht so gestaltet sind wie die Gemeinden auf anderen Erdteilen. Es wird immer
gewisse kulturelle Unterschiede geben. Das ist
auch gar nicht schlimm. In der Vielfalt die Einheit – das wäre ein Idealbild für die Zukunft .
Können Sie sich vorstellen, dass zum Beispiel
die Gemeinde Buchholz, aus der Sie kommen,
eine Patenschaft übernimmt für eine Gemeinde
in Afrika und dass dadurch das Zusammenwachsen gefördert werden könnte?
Wir haben diese Gedanken von Patenschaften erst einmal projektbezogen gesehen. Beispielsweise wurden Patenschaften für Waisenhäuser in der Dritten Welt übernommen. Was
Sie anregen, ist ein weiterführender Gedanke.
Ich bin allerdings ein bisschen skeptisch, denn es
stellt sich die Frage, wie eine solche Patenschaft
konkret ausgestaltet werden soll. Das müsste im
Einzelfall sehr genau geprüft werden.
Ihr Vorgänger hat mit den Seminaren „Dienen
und Führen“ und „Gehaltvolle Predigt“ Neuland betreten. Welchen Stellenwert messen Sie
der Unterweisung von Amtsträgern bei und beabsichtigen Sie, diese beiden Seminarreihen für
Amtsträger zu vertiefen oder sogar noch durch
neue Ideen zu intensivieren?
Ja, unbedingt. Es ist so, dass wir sowohl „Dienen und Führen“ als auch „Gehaltvolle Predigt“
nur als einen Anfang sehen können. Da ist eine
Entwicklung angestoßen worden; aber damit ist
das Thema nicht erledigt, sondern es wird immer
noch so sein, dass man sich aufgrund der eigenen
Prägung verhält wie eh und je.
Wir haben Amtsträger, die das ehrenamtlich
machen. Sie sind auch nicht unbegrenzt belastbar.
Man muss die Unterweisungen dosieren. Es muss
ebenso gewährleistet werden, dass neu heranwachsende Amtsträger eingebunden werden.
Das wird ein längerer Prozess sein. Aber es ist notwendig, diese Themen wach zu halten und zu vertiefen. Inzwischen gibt es auch weiterführende
Unterlagen.
Eine Frage, auf die Sie schon in der Apostelversammlung in Stuttgart geantwortet haben:
Werden Sie, wie Ihr Vorgänger, alle drei Jahre die
Apostel zu einer internationalen Konferenz zusammenrufen?
Das muss man unter dem Gesichtspunkt „Kosteneinsparungen und Notwendigkeit“ abwägen. Längerfristig, ich betone längerfristig, wird
man sicherlich zu Änderungen kommen. Wir
sind aber auch durch die Statuten gebunden; in-
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sofern ist es nicht so ohne weiteres möglich, das
zu ändern. Aber wir werden prüfen, inwieweit
man die Statuten ändern kann, um vielleicht danach die Möglichkeit zu haben, die Apostel einzelner Regionen zu versammeln. Das hätte bei
den Kosten enorme Vorteile; zum anderen kann
man dann in den Regionen spezielle Probleme
ansprechen. In einem großen Kreis, wie das jetzt
der Fall war, sind naturgemäß die Themen, die
für alle interessant sind, recht begrenzt.
Kirchenintern wird seit einiger Zeit über die
Bedeutung der Wassertaufe gesprochen. Können Sie etwas zu gewissen Forderungen sagen,
dass man die Wassertaufe von anderen Gemeinschaften in der NAK anerkennt?
Wir haben uns im Kreis der Bezirksapostel
sehr bemüht, hierzu eine Antwort auf der Grundlage der Bibel zu finden. Dabei mussten wir feststellen, dass das gar nicht so einfach und eindeutig ist, was in der Heiligen Schrift zur Taufe steht.
Es gibt auch da unterschiedliche Sehensweisen
und man hat einen gewissen Spielraum. Wir wollen zu angemessenen Sachlösungen kommen.
Ich kann noch nicht sagen, wie das ausgeht und
in welche Richtung das geht. Es muss aber ganz
klar auf dem Boden der Heiligen Schrift sein; es
muss auch mit unserem Sakramentsverständnis
generell übereinstimmen, also auch zu dem Verständnis der Heiligen Versiegelung, die für uns
besonders wichtig ist. Und es muss natürlich auch
zu unserem Kirchenverständnis passen. Deswegen möchte ich mich vor einer vorschnellen
Bewertung hüten und die Ergebnisse weiterer
Gespräche und Prüfungen abwarten.
Sie haben vorhin die Gleichgültigkeit und
Interesselosigkeit als Gefahr für den Glauben in
Zentraleuropa genannt. Wie wollen Sie unter
diesem Gesichtspunkt die Hoffnung auf die
Wiederkunft Christi wach halten?
Es wird mein permanentes Bemühen sein, die
Erwartung auf die Wiederkunft Christi wach
und lebendig zu halten. Das ist ganz ursächlich
mit meinem Amtsauftrag verbunden. Es gibt da
keine Patentlösung; es sind viele Dinge, die da
ineinander greifen und möglichst zu diesem Ergebnis führen sollen. Wichtig ist, dass das Leben
in den Gemeinden gefördert wird. Dann kommt
hinzu, was ich eingangs sagte: Meine oberste
Aufgabe ist die Seelsorge. Ich bin überzeugt,
wenn sie wirklich von Herzen kommt, effizient
ist, aus der Liebe Christi heraus geschieht, dann
hat Seelsorge auch heute noch Wirkung. Ich
glaube, dass sich viele danach sehnen, so umsorgt zu werden. Diese Seelsorge muss gefördert
werden, wobei wir uns der Schwierigkeiten und
Probleme, die aus der Zeit resultieren, durchaus
bewusst sind. Aber da Akzente zu setzen, meine
ich, wird uns helfen, dass wir den Glauben an die
Wiederkunft Christi behalten.
Eine Frage zum Thema Medien. Man hat in
den vergangenen Monaten durch die Berichterstattung über Krankheit und Tod von Papst Johannes Paul II. sowie über die Wahl seines
Nachfolgers, Papst Benedikt XVI. gesehen, welche Wirkung heutzutage eine gute Medienarbeit
hat. Wie beabsichtigen Sie, sich und die Kirche
in den Medien darzustellen?
Wir müssen zunächst einmal unsere kircheninterne Kommunikation verbessern und effizienter als bisher gestalten, vielleicht auch unseren Internetauftritt überdenken, dass er noch attraktiver wird und für junge Leute ansprechend
ist. Was die Medienlandschaft insgesamt betrifft,
muss man sehen, dass da gewisse Grenzen sind.
Wir haben es gerade heute Morgen bei der Pressekonferenz erlebt: Viele sind eingeladen worden; aber das Interesse war relativ gering. Um
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Interview
das zu ändern, haben wir nur begrenzte Möglichkeiten. Wir können versuchen, Kontakte zu
den maßgeblichen Stellen aufzubauen. Wir
möchten dahin kommen, dass wir anerkannt
werden und in den Medien präsent sind. Aber
das ist ein langer Prozess.
Der Verlag Friedrich Bischoff gehört auch zu
dem Bereich Medien. Welche Rolle wird er in
Zukunft innerhalb und außerhalb der Kirche
spielen?
Ich sehe den Verlag zum einen als Zentralstelle für theologische Fragen. Vieles, was die
Substanz unseres Glaubens anbelangt, wird dort
erarbeitet und geprüft. Außerdem laufen dort die
Fäden zusammen für alle Publikationen, die es
gibt. Die entsprechenden Kompetenzen sind in
der Redaktion vorhanden. Es muss immer jemand sein, der das Ganze auf Stimmigkeit prüft,
denn die Lehre muss rein bleiben. Uns unterlaufen auch einmal Fehler, denn wir sind alle miteinander Laien.
Die Auflage der Zeitschrift „Unsere Familie“
als offiziellem Organ der Neuapostolischen Kirche, sinkt kontinuierlich. Gibt es Themen, die Sie
dem Leser darbieten möchten, um neue Leser gewinnen zu können bzw. an das Heft zu binden?
Patentantworten gibt es sicher nicht. Die Zeitschrift hat in der Zwischenzeit sehr, sehr viel erreicht. Ich würde mir noch wünschen, dass manche Themen, die noch nicht abgeschlossen sind,
mehr von der Zeitschrift begleitet werden. Ich
denke jetzt an Ökumene, an die apostolischen
Gemeinschaften. Es ist oftmals so gewesen: Da
erschien ein Artikel, der manche ein bisschen
aufgeschreckt hat – und dann hat man monatelang nichts mehr davon gehört. Da könnte ich
mir vorstellen, dass man bei diesen Dingen aktuell die Entwicklungen darstellt, den Leser
führt, um dann auch zu erreichen, dass sich Vorurteile überwinden lassen. Was in Zukunft ein
Thema für die Zeitschrift sein könnte: historische Dinge aufarbeiten. Daran wird zurzeit in
Projektgruppen gearbeitet.
Außerdem müsste man noch mehr auf die jüngere Generation eingehen – obwohl wir eine separate Zeitschrift haben. Ich beobachte das in
meinem Umfeld: Jüngere Geschwister haben
nicht mehr diesen Zugang wie früher, als „Unsere Familie“ einen sehr hohen Stellenwert hatte. Für sie ist die Zeitschrift ein Angebot von vielen. Deshalb muss die Zeitschrift etwas bieten,
was für die Jugend in gewisser Weise spannend ist.
Wir haben in der Redaktion einmal den Gedanken besprochen, zu so genannten „RoundTable-Gesprächen“ vielleicht zweimal im Jahr
einzuladen, um mit Ihnen über verschiedene
Themen zu sprechen. Wie stehen Sie diesem Ansinnen gegenüber?
Spontan sage ich Ja. Das muss nicht unbedingt
an meine Person gebunden sein, es könnten
auch Gespräche mit den Vorsitzenden der Projektgruppen stattfinden. Aber in diesem Sinne
stelle ich mir das vor, dass die Zeitschrift immer
aktuell begleitet. Wir haben doch manche Änderungen gehabt. Es braucht Zeit, diese im vollen Umfang verstehen zu können. Ich glaube,
dass es notwendig ist, mehr Begleitung zu geben.
Und da wären solche Gespräche, was Sie sie
eben anregten, hilfreich.
In der Zeitschrift „Unsere Familie“ ist die „Seite 3“ immer dem Stammapostel vorbehalten.
Wäre dies für Sie ein Podium, sich dort einmal
persönlich an die Geschwister zu wenden?
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Darüber habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht. Aber das würde ich durchaus
aufnehmen. Es gibt manche Dinge, die man einmal den Geschwistern gerne sagen möchte. Im
Moment würde ich sagen, das sollte sporadisch
sein. Ich habe als Bezirksapostel oftmals die
Möglichkeit genutzt, nach einem Übertragungsgottesdienst im Bezirk oder einem Ämtergottesdienst ein paar Punkte den Geschwistern bzw.
Brüdern zu sagen. Da habe ich dann Stellung genommen zu aktuellen Fragen, und das kam immer sehr gut an. Manche Bezirksapostel machen
das genauso.
Wir haben vorhin das Thema Jugend gestreift.
Im August findet in Köln der Weltjugendtag
statt. Wird sich die Neuapostolische Kirche daran in irgendeiner Art und Weise beteiligen oder
präsent sein?
Ich bin im Moment überfragt, ob da irgendwelche Überlegungen bestehen.
In der Projektgruppe Ökumene soll darüber
gesprochen worden sein und man wollte sich
wohl noch überlegen, in welcher Form man an
diesem Großereignis der Katholischen Kirche
teilnimmt.
Warum nicht? Das müsste man prüfen. Wenn
es eine Chance gibt, dass wir uns vernünftig
darstellen können mit unserem Glauben und es
zu Gesprächen kommt, habe ich da keine Einwände.
Können Sie sich in absehbarer Zeit einen
internationalen NAK-Jugendtag vorstellen?
Oh, das wäre eine tolle Sache. Ich habe diesen
Gedanken in der Vergangenheit öfters gehört
und könnte mir vorstellen, dass das ein grandioser Impuls wäre. Man darf allerdings nicht verkennen: Es bedarf einer großen Vorbereitung,
das ist mit vielfältigen Fragen verbunden und
nicht zuletzt auch mit der Frage: Wer bezahlt
das? Ich würde aber gerne einmal diesem Gedanken näher treten und das prüfen lassen. Ich
warne aber davor, dass man kurzfristig konkrete Ergebnisse erwartet.
Könnte es nicht mit einem neuapostolischen
Kirchentag verbunden werden?
Ja, wobei ein Jugendtag sicherlich noch ein
bisschen attraktiver wäre, denn die Begegnung
der Jugend hat auch in unserer Kirche einen besonderen Stellenwert. Grundsätzlich kann man
sich auch einen Kirchentag der NAK vorstellen.
Man muss aber sehen, dass der organisatorische
und finanzielle Aufwand enorm ist. Man müsste
sichergehen, dass das nicht ein Fehlschlag wird.
Wir haben nicht das Potential und die Möglichkeit für eine medienwirksame Vermarktung, wie
das andere große Kirchen haben. Ein solches
Vorhaben muss sicher genau geprüft werden.
Stammapostel Fehr legte großen Wert auf Harmonie. Was ist Ihnen besonders wichtig in der
Kirche und auch privat?
Harmonie ist auch für mich ein wichtiges Thema. Wichtig in der Kirche ist für mich vor allem
die Seelsorge. Das ist ein ganz, ganz wichtiges
Kapitel, gerade in einer Zeit, wo die Brüder sehr
unter Druck sind, wo man spürt, dass man
irgendwo am Anschlag ist. Ich sehe sehr wohl die
Belastungen der Brüder und weiß, dass sie oftmals alles geben. Aber Seelsorge bleibt unser Kapital. Wenn sie stimmt, gibt es gute Voraussetzungen für lebendige und schöne Gemeinden.
Im privaten Bereich: Harmonie in einer heilen
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Interview
Familie – damit kann ich mich auch sehr verbinden. Es ist schön, eng miteinander verbunden zu
sein und an einem Strang zu ziehen. Natürlich
gibt es in der Familie unterschiedliche Interessen. Unsere Kinder sind schon älter und selbstständig und haben ihre eigene Welt. Wenn aber
innerlich noch diese Verbindung, dieser Zusammenhalt da ist, diese Harmonie, dann ist es
etwas, was einen immer wieder auf das Wesentliche zurückführt und was letztlich unser inneres Wohlbefinden ausmacht.
Sie sehen aber nicht besorgt in die Zukunft,
wenn sie jetzt als Pendler zwischen Hamburg
und Zürich unterwegs sind, dass dies gerade im
privaten Bereich die Harmonie stört?
Ich habe mir noch einmal den Pfingstgottesdienst angesehen. Stammapostel Fehr hat die
Zusage gegeben, dass ich unter der Last des Amtes nicht zerbrechen werde. Daran halte ich
mich. Im Einzelnen muss man das jetzt angehen
und sehen, wie man das realisieren kann. Das ist
kein Selbstläufer. Gerade in der nächsten Zeit
wird es nicht leicht sein, alles unter einen Hut zu
bringen. Aber wir gehen eins nach dem anderen
an und versuchen, ein bisschen Freiraum für uns
selbst zu bewahren.
Sie haben also demnach keine Wohnung in
Zürich?
Nein, ich habe noch keine, leider, aber ich bemühe mich aktiv darum. Wir suchen nach einer
Zweitwohnung, um uns auch hier zurückziehen
zu können, denn solange das noch nicht ist, bin
ich auf das Hotel angewiesen. Das ist kein Dauerzustand.
Sie sind nun der Präsident der Neuapostolischen Kirche International mit Sitz in der
Schweiz. Gibt es für Sie als Nichtschweizer irgendwelche rechtlichen Hürden in bzw. für Ihre Arbeit?
Ich habe mir von Mitarbeitern hier aus dem
Hause sagen lassen, dass es gewisse Einschränkungen gibt, die aber nicht so bindend sind, dass
sie mich total blockieren.
Welche Fremdsprachen sprechen Sie und
trauen Sie sich zu, in Fremdsprachen Gottesdienste zu halten?
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Englisch spreche ich einigermaßen gut und
traue mir auch zu, einen Gottesdienst in Englisch
zu halten. Sicherlich nicht perfekt. Man muss
dann abwägen, was besser ist: eine perfekte Übersetzung oder ein etwas eingeschränkt gutes Original. Wenn es zu speziell wird oder zu sehr in die
Tiefe geht und einem die Worte fehlen, könnte
man partiell auf einen Übersetzer zurückgreifen.
Ansonsten: Französisch habe ich Schulkenntnisse, aber nie praktiziert. Ich müsste jetzt wieder
ein bisschen Praxis haben, um hineinzukommen
und Konversation treiben zu können.
Welches Verhältnis haben Sie zur Bibel?
Ich bin von der Bibel fasziniert, weil sie vielseitig und umfassend ist und in vielerlei Hinsicht
immer wieder was Neues bietet. Sie ist ein Wegbegleiter durchs Leben, die Heilige Schrift. Es
hat mich immer sehr gefreut, wenn ich bei unseren Kindern gesehen habe, dass sie ihre erste Bibel überall hin mitnahmen. Die Heilige Schrift
gehört einfach zu unserem Leben.
Haben Sie ein Lieblingswort in der Heiligen
Schrift?
Das wechselt. Ich habe jetzt zum Beispiel sehr
über das Wort Offenbarung 22 nachgedacht:
„Und der Geist und die Braut sprechen: Komm!“
Wenn man darüber nachdenkt, was alles in dem
Wörtchen „Komm“ steckt, dann entfaltet sich
viel. Das ist so ein Wort. In den vergangenen Jahren habe ich sehr das Wort aus Römer 12, Vers 21
in mir getragen: „Lass dich nicht vom Bösen
überwinden, sondern überwinde das Böse mit
Gutem.“ Das war so ein Motto, ein Wahlspruch.
Noch weiter zurück denke ich an ein Wort aus
Sirach 2, Vers 1: „Mein Kind, willst du Gottes
Diener sein, so bereite dich auf Anfechtung vor.“
Dieses Wort hat eine besondere Bedeutung für
mich. Als ich 1969 mit anderen Brüdern in
Frankfurt/Main-West vor dem Altar stand und
das Unterdiakonenamt empfing, hat Bezirksapostel Rockenfelder dieses Wort mit Donnerstimme vorgetragen. Ich weiß noch, wie ich geschluckt habe. Das hat mich aber begleitet.
Wären Sie froh, einen Beraterstab zu haben,
der sie in allen Fragen unterstützt und berät, wie
das beim Vatikan der Fall ist?
In diesem ausgeprägten Maß haben wir das sicherlich nicht. Es wäre auch die Frage, ob wir uns
das leisten können, denn solche Berater, die das
dauerhaft tun und solche Funktionen ausüben,
können ja kaum oder nur eingeschränkt als
Amtsträger tätig sein. Das muss man sehr genau
überlegen, ob man in eine solche Richtung gehen
will. Wir haben gegenwärtig die Projekt- und Arbeitsgruppen, die dem Stammapostel zuarbeiten. Das ist ein bisschen anders strukturiert, als
das, was Sie eben ansprachen. Wenn man das
ändert und grundsätzlich erweitert, muss erst
das ganze Umfeld abgeklärt werden. Dass man
das in gewissen Teilbereichen macht, z. B. im Bereich Kommunikation oder Medien, das könnte
ich mir vorstellen.
Das heißt: Die Beratung durch Projektgruppen würden Sie als gut ansehen?
Ja, das habe ich im Großen und Ganzen als
ausreichend und sinnvoll empfunden. Wie gesagt, in Teilbereichen wie z. B. Öffentlichkeitsarbeit, könnte man sich eine andere Konstellation vorstellen. Wir haben hier lediglich einen
Medienreferenten als permanenten Mitarbeiter.
Von Ihnen werden moralische Perfektion,
seelsorgerische Höchstleistungen, theologischer
Tiefgang, persönliche Bedürfnislosigkeit, administratives Geschick, weltweite Präsenz erwartet: Wie werden Sie diesen Ansprüchen gerecht?
Ja, wie wird man dem gerecht? Als wir mit der
Situation konfrontiert worden sind, dass ich dieses Amt übernehmen solle, hat das die Familie
auch gefragt. Die erste Reaktion war: Jetzt werden wir immer im Blickpunkt stehen und alle
werden es bewerten, ob das in Ordnung ist oder
nicht. Das Privatleben wird leiden. Aber das Amt
ist das eine; die Person, der Mensch, der dahinter steht, das andere. Wir sind keine Perfektionisten. Wir bemühen uns, im neuapostolischen
Sinn tätig zu sein, ganz gewiss. Aber wir müssen
immer im Auge behalten, dass wir allzumal Sünder sind. Und da sitzt der Stammapostel im selben Boot wie jedes andere Kirchenmitglied. Ich
glaube, dass die Geschwister in vielen Fällen
heute dieses Empfinden haben und keine übertriebenen Erwartungen mehr da sind. Das
schließt nicht aus, dass der eine oder andere mal
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Interview
Lebenslauf Wilhelm Leber
– geboren am 20. Juli 1947 in Herford/Westfalen; Vater starb kurz vor seiner Geburt
– versiegelt durch den damaligen Bezirksapostel Walter Schmidt am 11. Oktober 1947
– zieht im Alter von 12 Jahren mit seiner Mutter nach Frankfurt/Main, wo sie eine zweite Ehe eingeht
– studiert Mathematik an der Universität Frankfurt
– wandert 1967 mit seinen Eltern für ein Jahr nach Kanada aus; besucht die Gottesdienste in der Gemeinde Kitchener
– kehrt 1968 nach Frankfurt zurück und beendet sein Studium
– empfängt am 21. Dezember 1969 das Unterdiakonenamt für die Gemeinde Frankfurt-West
– heiratet 1972 Barbara Bischoff, die Tochter des Bezirksapostels Friedrich Bischoff; zwei Kinder (eine Tochter, ein Sohn)
– erhält 1973 eine Assistentenstelle an der Uni Hamburg; verzieht von Frankfurt nach Buchholz/Nordheide
– arbeitet von 1977 bis März 1991 im mathematischen Bereich einer Lebensversicherung
– empfängt in der Gemeinde Buchholz folgende Ämter: Diakon am 21. April 1974;
Priester am 6. Dezember 1975;
Evangelist am 2. Juli 1986; Bezirksevangelist am 20. Dezember 1987
– war von 1985 bis 1989 Vorsteher der Gemeinde Buchholz
– wird am 7. Mai 1989 in Lübeck von Stammapostel Fehr zum Bischof ordiniert
– empfängt am 9. September 1990 das Apostelamt; tätig im Bereich Bremen
– wird am 22. November 1992 in Oldenburg zum Bezirksapostel ordiniert; leitet die Bereiche Hamburg und Bremen; tritt die Nachfolge von Bezirksapostel Gijsbert Pos an
– zusätzlich wird ihm am 16. Januar 1994 nach der Ruhesetzung von Bezirksapostel
Willy Adam der Bereich Mecklenburg-Vorpommern anvertraut
– darüber hinaus verantwortlich für die Länder Skandinaviens, einschließlich Grönland.
1990: Ordination des Bischofs Leber
(2. v. r.) als Apostel
Betreut Estland, Litauen; bis 1. Januar 2005 auch Gebiete im asiatischen Ural und
Westsibirien
– leitete (1. Januar 2003) nach der Ruhesetzung von Bezirksapostel Horst Ehlebracht
bis 26. Juni 2005 auch die Gebietskirche Nordrhein-Westfalen mit den anvertrauten Missionsgebieten
eine kritische Stimme erheben wird. Heutzutage ist der Umgang mit dem Amt, glaube ich, einer
gewissen Normalität gewichen, was ich gut finde. Die Ämterstruktur ist ja nicht eine Hierarchie, die niederdrückend wirkt oder in der der
Höherstehende immer etwas zu sagen hat und
der Darunterstehende nichts mehr. Nein, so soll
das nicht sein. Wir sind alle miteinander gesetzt,
den Anvertrauten zu dienen und zu helfen, dass
alle bestmöglich versorgt werden.
Wie werden Sie Ihre Arbeit hier bei NAKI sehen? Werden Sie sich in die Verwaltungsarbeit
einbringen oder nur oberster Repräsentant der
Kirche sein, der hier seinen Amtssitz hat?
Ich werde sehr kommunikativ mit den Mitarbeitern verkehren. Mir ist es keinesfalls egal,
was hier geschieht, sondern ich möchte einge-
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bunden sein in diesen Prozess. Die Mitarbeiter
von NAKI bilden mit dem Stammapostel eine
Einheit. Deswegen ist es mir wichtig, mit den
Mitarbeitern hier eng verbunden zu sein und mit
zu begleiten, was hier geschieht.
Ihrem Lebenslauf haben wir entnommen,
dass Ihr Vater kurz vor Ihrer Geburt verstorben
ist. Wie haben Sie es empfunden, ohne Vater groß
zu werden?
Mein Vater hatte eine Glaserei und hat dort
mit einem Sandstrahlgebläse gearbeitet, um Muster oder Verzierungen ins Glas hineinzubringen.
Damals noch ohne irgendwelche Schutzvorrichtungen, ohne Schutzmaske. Deshalb hat er
eine Staublunge bekommen und ist daran verstorben, ebenso sein Bruder, beide noch relativ
jung an Jahren. Meine Mutter hat sehr gelitten
Zürich – Stadtpanorama mit
Limmat und dem
Zürichsee
unter dem Tod meines Vaters. Sie hat oft geweint.
Es war für sie eine schwierige Situation. Sie musste allein den Lebenskampf bestreiten. Durch ihre Liebe und Fürsorge ist alles ausgeglichen worden. Ich hatte nie das Gefühl, dass mir irgendetwas gefehlt hat.
Wie haben Sie als 12-Jähriger reagiert, als Ihre Mutter sagte, „wir ziehen jetzt nach Frankfurt“, und eine zweite Ehe einging?
Das war für mich schon eine Umstellung, das
ist für ein Kind nicht einfach, eine solche Situation zu verarbeiten. Aber ich kam in eine etwas
größere Familie und habe das letztlich verkraften können. Es ist kein Defizit gewesen, sondern
eine Bereicherung.
Wie reagierten Sie auf die Ausreise nach Kanada?
Ich war nicht begeistert davon. Ich habe das
damals als Unterbrechung meines Studiums gesehen. Ich habe auch meine Mutter verteidigt,
die das widerwillig aufgenommen hat, weil sie
nicht Englisch sprach. Es war schon ein sehr,
sehr harter Einschnitt für sie; für uns Kinder
letztlich nicht so sehr, im Gegenteil. Heute muss
ich sagen, dass es mir vieles gebracht hat. Ich ha-
be mich von der Sprache her weiterbilden können, ein ganz anderes Land und eine neue Gemeinde in Kitchener kennen gelernt. Das war
sehr aufschlussreich und hat mir in jenen Jahren
geholfen, glaubensmäßig fest zu werden.
Stimmt es, dass Sie in der Gemeinde Kitchener im Gottesdienst die Orgel gespielt haben?
Ja, das ist richtig. Es gab eine Schwester, die
war die Hauptorganistin. Ich habe dann sonntagnachmittags gespielt. Dabei kann ich mich an
folgende Begebenheit erinnern. Hochzeiten
wurden in besonderer Weise abgehalten. Dazu
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Interview
Kommen wir in die aktuelle Zeit zurück. Als
Bezirksapostel von Nordrhein-Westfalen haben
Sie vor kurzem eine Gebietsreform angestoßen.
Werden Sie dieses Thema abschließen um dem
neuen Mann eine neu gegliederte Gebietskirche
zu übergeben?
Das sind zwei verschiedene Fragestellungen:
Auf der einen Seite die Strukturreform, auf der
anderen Seite die Notwendigkeit, einen neuen
Bezirksapostel für Nordrhein-Westfalen zu setzen. Die Strukturreform ist ausgelöst worden,
weil es in Nordrhein-Westfalen sehr ungleichmäßig große Bezirke gibt. Es gibt beispielsweise
Bezirke mit 28 Gemeinden, die von einem Ältesten kaum gut versorgt werden können. Ich hatte
darüber mit Stammapostel Fehr gesprochen, der
diese Situation auch nicht gut fand. Daraus resultierte der Gedanke, etwas zu ändern. Es war
ursprünglich gar nicht meine Absicht, alles zu reformieren. Aber dann kamen Bezirksämter und
sagten: Hier laufen die Bezirksgrenzen quer
durch die Städte hindurch, die sind ja alle historisch gewachsen, das wäre doch jetzt mal eine
Gelegenheit, zu ändern! Nun will ich das aber
nicht auf Biegen und Brechen machen, sondern
ich habe immer darauf gesetzt, dass es einen
Konsens gibt und im Einverständnis mit den Bezirksämtern erfolgt. Die Gespräche laufen noch.
Insofern ist nicht klar, ob die Reform so schnell
geschehen kann, bevor ein neuer Bezirksapostel
für Nordrhein-Westfalen kommt.
(Anmerkung der Redaktion: Am 26. 6. wurde
Apostel Armin Brinkmann als Bezirksapostel
für NRW ordiniert).
Das Verwaltungsgebäude der
Internationalen
Kirchenleitung
und gleichzeitig
der Amtssitz des
Stammapostels in
Zürich
gab es bestimmte Lieder, die gespielt werden
mussten. Erst „Jesus geh voran“ und dann den
Hochzeitsmarsch. Nun war ich relativ neu da
und kannte das nicht. Bezirksapostel Kraus
sollte an einem Sonntagnachmittag eine Hochzeit halten. Da er sich nicht sicher war, ob ich
alles richtig mache, haben wir im Anschluss an
den Vormittags-Gottesdienst einen Probelauf
gehabt. Er hat sich das persönlich angesehen
und angehört und war dann zufrieden.
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Wie sind die Überlegungen für Norddeutschland?
Es ist klar, dass momentan das eine oder andere leidet, denn alles zusammen kann man
nicht tun. Ich habe schon viele Termine absagen
müssen aufgrund der neuen Aufgabe. Die Apostel springen jetzt alle in die Bresche, aber das
kann nicht unbegrenzt so gehen, das ist sicher
richtig. Es ist notwendig, dass ein neuer Bezirksapostel gesetzt wird in Norddeutschland, wie
auch in Nordrhein-Westfalen. Das wird wohl relativ kurzfristig erfolgen. Ich werde zu gegebener
Zeit die Gemeinden unterrichten.
Als studierter Mathematiker geht Ihnen der
Ruf voraus: Sie sind der Mann mit dem dicken
Rotstift. Stimmt das?
Das überrascht mich, das würde ich nicht so
sehen und entspricht nicht meiner Selbsteinschätzung.
Wie schätzen Sie sich denn selbst ein?
Immer auf Konsens bedacht, immer bemüht,
zu verbinden und nicht zu spalten. Ich würde sogar sagen, das ist eher meine Stärke, in diese Richtung zu arbeiten. Aber wenn mal eine Entscheidung getroffen ist, dann muss sie auch umgesetzt
werden, sonst besteht die Gefahr – auch kirchlich
gesehen – , dass das Profil leidet und es nicht mehr
klar erkennbar ist, wofür wir eigentlich stehen.
Wo werden Sie Ihren ersten Gottesdienst als
Stammapostel halten?
Das wird am kommenden Sonntag ein Überraschungsbesuch in Waldshut/Süddeutschland
sein. Bezirksapostel Saur hat mich eingeladen.
Stammapostel Fehr ist dort in der Nähe im Urlaub und wird an diesem Gottesdienst teilnehmen. Das war so die Vorstellung, für Stammapostel Fehr ist es der Start in den Ruhestand und für
mich der Start ins neue Amt.
und Glaubenserfahrungen gehabt. Ansonsten
schöne Amtsstufen waren die Zeiten als Bezirksevangelist und als Bischof, denn ich hatte
immer jemanden, den ich um Rat fragen konnte.
Ich sehe heute noch mit Hochachtung zu den
Männern auf, die ich damals hatte und die zum
Teil auch heute noch tätig sind.
In Westfalen geboren und aufgewachsen,
dann Frankfurt/Hessen, dann Kanada, dann
Hamburg. Vier Regionen, vier unterschiedliche
Mentalitäten. Fühlen Sie sich irgendeiner Region verbunden?
Ich bin jetzt 33 Jahre in Hamburg und fühle
mich doch schon als Hamburger. Auf der anderen Seite: Wenn ich nach Frankfurt komme, lässt
mich das nicht völlig unberührt. Es war für mich
eine sehr prägende und wichtige Zeit. Und ich
bin dankbar, das alles erlebt zu haben, selbst dieses eine Jahr in Kanada. Wenn ich mal Gelegenheit hatte, dorthin zu kommen, bin ich so begrüßt worden wie der verlorene Sohn, der wieder heimkommt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Im Pfingstgottesdienst hat der Chor ein Lied
in spanischer Sprache gesungen. Während des
Vortrages saßen Sie zusammengesunken auf Ihrem Platz neben dem Altar. An was haben Sie in
diesen Augenblicken gedacht?
Ich kann jetzt nicht mehr so genau diesen Augenblick nachvollziehen, aber mich hat diese
Internationalität berührt, die da spürbar wurde.
Dann denkt man daran, dass man jetzt zuständig, verantwortlich für die Gesamtkirche und
weltweit für alle da ist – das erdrückt einen dann
schon, ein solcher Gedanke.
Gibt es eine Amtszeit, an die Sie besondere,
schöne Erinnerungen haben?
Sehr eindrucksvoll war für mich die Zeit als
Vorsteher, wo man mit den Geschwistern sehr
eng verbunden war. Ich habe manche Dinge
kennen gelernt, hineingesehen in Familien, was
für mich bis heute ein Reichtum ist. Ich habe gerade in dieser Zeit auch viele Gebetserhörungen
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