Die Zahnlosen Schliessmundschnecken ziehen um

Stiftung Wildnispark Zürich
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Sihlwald, 08. Juli 2016
Medienmitteilung aus dem Wildnispark Zürich
Die Zahnlosen Schliessmundschnecken ziehen um
Durch einen Hinweis entdeckten Mitarbeitende des Wildnispark Zürich auf gefällten
Kastanienbäumen im Langenberg schmale, spindelförmige Kleinschnecken. Die
Freude war gross, als der herbeigerufene Experte bestätigte, dass es sich bei den
Mini-Schnecken um die vom Aussterben bedrohte Zahnlose
Schliessmundschnecke handelt. Die seltenen Schnecken werden nun an einen
neuen Ort gebracht.
Kürzlich hat der Schneckenexperte Jörg Rüetschi gemeinsam mit Rangern des
Wildnispark Zürich mit der Umsiedlung der Zahnlosen Schliessmundschnecke (lat. Balea
perversa) vom Wildnispark zur Schnabelburg (siehe Kasten) begonnen. «Der Aufwand
für die Umzugsaktion ist grösser als erwartet», erzählt Rüetschi. Die Schnecken seien
Spezialisten im Versteckspielen: Häufig rage nur die winzige Spitze der Schnecke aus
einem Loch, das kaum grösser als der Gehäusedurchmesser sei. Dieser beträgt nur
einen Millimeter. Auch farblich unterscheide sich die Mini-Schnecke kaum vom Rest des
Baumes. Die Suche gestaltet sich deshalb selbst für den Kenner als grosse
Herausforderung. Dennoch – je geschulter das Auge, desto rascher stellt sich der Erfolg
ein. Für die Rettungsaktion sind auch die Wetterbedingungen entscheidend: «Optimal ist
eine hohe Luftfeuchtigkeit, Nieselregen und dazu genügend helle Lichtverhältnisse»,
erklärt Jörg Rüetschi. Ansonsten ziehen sich die Schnecken zu weit unter die Rinde
zurück. Die alten Kastanienbäume, auf denen eine grosse Population Zahnloser
Schliessmundschnecken gefunden wurde, bildeten einst eine schattenspendende Allee.
Die Bäume mussten aus Sicherheitsgründen gefällt werden.
Unkomplizierte Rindenbewohner
Zahnlose Schliessmundschnecken brauchen wenig, um an einem Standort heimisch zu
werden. Sie fühlen sich auf allen Bäumen mit grober, aufgerissener Rinde wohl.
Bevorzugt leben sie auf alten, moosbewachsenen Bäumen. Überlebenswichtig für die
Mini-Schnecken sind kleine Ritzen, in denen eine minimale Restfeuchtigkeit auch
während längeren Trockenperioden vorhanden bleibt. Es kommen nicht nur Bäume in
Frage: Schliessmundschnecken finden auch auf alten Mauern mit Spalten zum
Verstecken optimale Lebensbedingungen vor.
Gelingt die Wiederansiedlung?
Das neue Zuhause der Schnecken befindet sich im Sihlwald auf der Krete zwischen der
Hochwacht und der Schnabelburg. Dort werden die Mini-Schnecken mit Pinzetten aus
ihren Umzugsdöschen befreit und auf Bergahorn und Eschen ausgesetzt – «angesalbt»,
wie es in der Fachsprache heisst. Auf den alten Bäumen mit der rauhen Rinde sollen je
2/3
zwanzig Zahnlose Schliessmundschnecken für Nachwuchs sorgen. Sowohl die Bäume
als auch die Schnecken wurden mit einem farbigen Punkt markiert. In frühestens einem
Jahr wird Jörg Rüetschi die Standorte erneut absuchen und hofft, möglichst viele von den
markierten Schnecken wiederzufinden und damit auf eine erfolgreiche Wiederansiedlung.
Die Schnabelburg – ein bekanntes Zuhause für Schliessmundschnecke
Das Gebiet rund um die Schnabelburg auf der Albiskette ist kein neuer Standort für die
Zahnlose Schliessmundschnecke: Durch die Renovation der einsturzgefährdeten
Burgruine im Sommer 2011 wurde der Bestand der Zahnlosen Schliessmundschnecke
stark dezimiert. Die Archäologen haben die Mauern so dicht verputzt, dass der
Lebensraum der kleinen Schnecke zerstört wurde. Sie liessen lediglich wenige kleine
Mauerstücke unangetastet, wie der Tagesanzeiger damals schrieb. Auch die künstlichen
Ritzen, die in weiteren Sanierungsetappen in den neuen Verputz eingebracht wurden,
führten nicht zum erhofften Erfolg. Der Schneckenbestand hat sich nicht erholt.
Machen Sie sich auf die Suche!
Die Zahnlose Schliessmundschnecke befindet sich auf der Roten Liste der vom
Aussterben bedrohten Tierarten. Zahnlose Schliessmundschnecken kommen im Kanton
Zürich nur noch an sehr wenigen Standorten vor. Da aber nur einzelne Experten das Tier
kennen und suchen, sind weitere Standorte möglich. Machen Sie sich im Park, Garten
oder im Wald auf die Suche nach alten Bäumen mit rauher, aufgerissener Rinde. Fündig
geworden aber unsicher, ob es sich wirklich um die Zahnlose Schliessmundschnecke
handelt? Fotografieren Sie die Schnecke so, dass die Mündug gut zu erkennen ist.
Senden Sie das Bild mit Angaben zum Fundort an den Schneckenexperten Jörg Rüetschi
([email protected]).
Eine ausgewachsene Zahnlose Schliessmundschnecke ist nur etwa zehn Millimeter lang
und einen Millimeter breit. Damit ist sie etwas kleiner als die anderen
Schliessmundschnecken. Ihr Name ist Programm: Unter den verschiedenen, teilweise
häufig auftretenden Schliessmundschnecken, ist sie die einzige ohne «Zähne» oder
«Lamellen». Übersetzt heisst das: In der Mündung des Gehäuses finden sich keine
speziellen Strukturen wie Fältchen oder Kalkablagerungen. Mit Hilfe einer Lupe ist sie
dadurch für geschulte Augen leicht zu erkennen. Mit etwas Flair und Ehrgeiz erkennen
aber auch interessierte Laien die Schnecken rasch.
Weitere Auskünfte: Bianca Guggenheim, Kommunikation, 044 722 55 22 (Sekretariat),
[email protected]
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Bilder zur Medienmitteilung Download unter www.wildnispark.ch/medienseite
Bildlegende: Die Zahnlose
Schliessmundschnecke befindet sich auf der
Roten Liste der vom Aussterben bedrohten
Tierarten. (Bild Wildnispark Zürich)
Bildlegende: Vorbereitungen für den Umzug
der Zahnlosen Schliessmundschnecke.
(Bild Wildnispark Zürich)