Pastoralreferentin Stephanie Rieth aus Mainz-Kastel hr1-Sonntagsgedanken 10.07.2016 Sommerreihe Mit Popsongs auf Sinnsuche: „Change – alles wird anders“ Revolverheld: „Ich werd die Welt verändern“ 0:22-1:11 Ich kenne diese Tage Jetzt seit Jahr'n schon zur Genüge Und es ist schon fast als ob ich mich selber gern bekriege Ich kann nicht gut allein sein Und unter Mensch fang ich an durchzudrehen Ich kann mir viel zu viele Fragen stellen Doch kann ich niemals klare Lösungen sehen Doch irgendwann wird alles das zu Ende sein Und ich werd anfangen mein Leben zu feiern 2x Ich werd die Welt verändern Werd endlich alles besser machen Werd anfangen wieder klarzukommen und mal über mich selber lachen Breitbeinig steh’n sie da, lässige Klamotten haben sie an, fünf Jungs mitten in der Prärie, einer cooler als der andere. Ich werd die Welt verändern, singt Johannes Strate, der Sänger der Band Revolverheld. Und ein bisschen wirken sie so wie Jungs eben sind, mit Mitte zwanzig: kraftstrotzend, großspurig, immer einen Spruch auf den Lippen. Welt, hier bin ich. Die Jungs, die bei mir diesen Eindruck hinterlassen, sind auf einem Video zu sehen, es ist das Video zum Song „Ich werd die Welt verändern!“ 2007 ist er entstanden, die Band war gerade richtig erfolgreich geworden und ihre Mitglieder irgendwo zwischen 20 und 30. Man hört es am Slang, am Tonfall, da ist jemand unterwegs: nicht mehr ganz jung, aber noch nicht so richtig reif für das Leben in den geregelten Bahnen. Ein Zustand irgendwo dazwischen, so hört es sich für mich an, und ich erinnere mich an einige meiner Schüler von früher, die halbstarken, mit der großen Klappe, gleichermaßen faszinierend und einnehmend wie egozentrisch: Ich werd die Welt verändern. Kein Zweifel an der Absicht, kein Zweifel am Vermögen: Keine Note, keine Niederlage kann mich davon abbringen. Ihr werdet es schon sehen. (2:00 – 2:08/09 loopen und darunter legen, wenn möglich) Und wenn ich den Song so höre, dann fühle ich mich auf einmal auch in meine eigene Zeit irgendwo dazwischen zurückversetzt. In die Zeit, in der ich geglaubt habe, ich könnte alles bewegen, alles erreichen, alles verändern, wenn ich es nur will und wann ich es will. Ich hab es selbst in der Hand, ich muss mich nur dazu entscheiden, meine Welt zu verändern. Irgendwann eben, wenn es soweit ist. Bei mir war das die Zeit gegen Ende meines Studiums, da habe ich so gefühlt. Einerseits war es toll, unterwegs zu sein, mein Leben so zu leben, wie es eben kommt. Die Nacht zum Tag machen und mit Freunden das Leben genießen. Alles konnte ich mir vorstellen und alles war möglich. Andererseits habe ich gemerkt: das, was ich da erlebe, das ist nicht für immer. Es sind zu viele Schleifen und die kosten Kraft. So langsam muss ich, so langsam will ich erwachsen werden. Ich habe da eine Sehnsucht gespürt: eine Sehnsucht nach Perspektive, nach klaren Lösungen und nach einer klaren Ausrichtung für mein Leben, nach Ruhe und zu Hause ankommen. (dann freistehend 2:09-2:28) „Ich werd die Welt verändern Werd einfach alles anders regeln Und wieder gern zu Hause sein Und anfang‘n alles auszupegeln. Ich werd die Welt verändern! Das ist die eine Spur dieses Liedes, die die vorne dran steht, die so großspurig daher kommt, herausgeschrien wird. Und ja, der Song transportiert zuerst und überhaupt ganz viel Gefühl, das Gefühl einer Lebensphase irgendwo dazwischen. Aber ich höre im Song auch diese Sehnsucht: die Sehnsucht, gerne zu Hause zu sein, bei sich selbst anzukommen und wie bei einem Musikstück: das Leben auszupegeln. Dann gibt es nach wie vor Höhen und Tiefen, aber nicht mehr die absoluten Ausreißer und Abstürze, die das Leben so anstrengend machen. Denn langfristig ist so etwas wie Krieg gegen sich selbst. Die Lösung der Revolverhelden kommt vielleicht ein wenig einfach und naiv daher: Ich werd die Welt verändern, werd endlich alles besser machen, werd anfangen, wieder klar zu kommen, und mal über mich selber lachen. Und genau diese letzte Idee ist für mich so ein Schlüssel: mal über mich selber lachen. Vielleicht verstehen die Jungs so auch ihren Bandnamen, den sie sich 2004 zugelegt haben. Revolverheld – ein Name, der ein wenig kokettiert mit dem Image der Halbstarken, der zugleich aber vielleicht auch zeigen soll: Hey, nehmt das nicht so ernst, wir nehmen uns auch nicht so ernst, wir können auch gut über uns selber lachen. 2:28-2:50 dann unterlegen und ausblenden Ich werd die Welt verändern Werd endlich alles besser machen Werd anfangen wieder klarzukommen und mal über mich selber lachen Humor ist unglaublich wichtig, wenn ich die Welt verändern will, wenn ich meine Welt verändern will. Den Revolverhelden geht es genau darum, das glaube ich zumindest. Mal über sich selber lachen hilft dabei mit der Welt klar zu kommen und sich und seine eigene Welt zu verändern, zu gestalten. Und das gilt nicht nur für die Zeit zwischen 20 und 30. Diese Zeit irgendwo dazwischen gibt es im Leben immer wieder mal. Die Zeit, in der ich das Gefühl habe, ich will, ich muss die Welt verändern, meine Welt verändern. Und ich kenn das Gefühl, wie es die Band in der zweiten Strophe beschreibt: wenn ich beflügelt bin von der tiefen Überzeugung: aus Böse kann Gut werden, wenn gar nichts mehr geht, kann ich von vorne anfangen. Ich kann es schaffen, mich nicht immer nur als Verlierer zu sehen, und es lohnt sich nicht, andere zu kopieren, denn ich selbst bin ein Original und genauso gewollt. Das durfte ich schon oft erleben und erkennen, aber ich muss es mir immer wieder einmal auch selbst zusprechen oder zusprechen lassen. 1:11- 1:40 Und ich weiß, dass irgendwann Aus Böse auch mal Gut werden kann Und wenn gar nichts mehr geht Fang ich einfach wieder von vorne an Vielleicht muss ich nur die Tage zählen Mich durch nervig lange Stunden quälen Es ist ganz egal wie lang das noch geht Weil ich weiß wer am Ende noch steht Ich werd aufhör'n immer zu verlieren Werde alles Alte ausrangieren Ich werd mich nur noch selber kopieren Wenn ich so darüber nachdenke, finde ich einige Ideen aus dieser Strophe auch in der Bibel wieder. Und einen von diesen Geschichten ist eine echte Veränderergeschichte. Es ist die Geschichte vom obersten Zollpächter Zachäus aus Jericho. Zachäus ist ein Jude, der mit den Römern gemeinsame Sache macht, er treibt für die Machthaber an den Stadtgrenzen von den eigenen Leuten den Zoll ein. Und er macht sich dabei nicht gerade beliebt: Er wirtschaftet nämlich in die eigene Tasche und nimmt mehr Zoll ein als nötig, viel mehr. Damit wird er zum Verlierer: reich, aber einsam und gehasst. Noch dazu ist er klein und somit echt benachteiligt. Zachäus will sein Leben so nicht mehr, er hat eine Sehnsucht, danach, dass sein Leben anders wird, und er spürt: Dieser Jesus kann ihm dabei helfen. Und das einzige, was Jesus tut, ist: Er begegnet dem Zachäus auf Augenhöhe, er zeigt ihm damit: du bist ein Original, du bist es wert, mit dir zusammen zu sein und zu essen. Und das wiederum ermöglicht dem Zachäus, sich zu verändern, Böses zu erkennen und Gutes zu wollen, von vorne anzufangen und kein Verlierer mehr zu sein. Tolle Geschichte, toller Song. Auch wenn es da einen kleinen – aber wie ich finde entscheidenden - Unterschied gibt zwischen dem Song von Revolverheld und der Geschichte aus der Bibel: In der Geschichte von Zachäus passiert die Veränderung nicht, weil Zachäus sich das einfach vornimmt: so jetzt werd ich die Welt verändern, jetzt werd ich mich verändern. Die Veränderung passiert, weil Jesus ihm begegnet. Diese echte Begegnung mit Jesus setzt erst die Kraft frei, dass er sich verändern kann. Und irgendwie ist das ja auch heute oft so: ich kann mich verändern, wenn mir jemand begegnet, der mir sagt: „Trau dich, mach es, du schaffst das!“ Letztlich berühren mich beide, der Song, wie auch die Geschichte von Zachäus auf ihre Art, weil sie mir das Gefühl vermitteln: Veränderung ist immer möglich und oft im Leben auch nötig, nicht nur zwischen 20 und 30 sondern immer dann, wenn ich dafür offen bin. Ich kann mich und meine Welt verändern und so die Welt verändern und es gibt immer einen, der mich trotzdem und genau so liebt, wie ich bin. 1:40-2:02 und dann ausklingen lassen 2x Ich werd die Welt verändern Werd endlich alles besser machen Werd anfangen wieder klarzukommen Und mal über mich selber lachen
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