SERIE Patient Blood Management, 8. Teil* Umsetzung in den Bundesländern gespag hospital blood and tissue bank Ein medizinisch korrekter Umgang mit Blutprodukten ist in erster Linie im Hinblick auf die qualitativ höchstwertige PatientInnenversorgung von großem Interesse. Zudem sind Blutprodukte und deren Einsatz kein unbeträchtlicher Kostenfaktor. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über Umset zung des „patient blood management“ innerhalb der Oö. Gesundheits- und Spitals-AG (gespag). Mag. Dr. Ulrike Sandner, MBA, Regionale Qualitätsmanagerin, Direktion Qualitätsmanagement, Dr. med. Tilman Königswieser, MPH, Prokurist, Direktor Qualitätsmanagement, OA Dr. Franz Wallner, Leiter überregionale Transfusionsmedizin, gespag Gewebebank, Blutdepot LKH Steyr Ausgangssituation Die Kosten für Blutprodukte, insbesonde re Thrombozytenkonzentrate sowie blut gruppenserologische Leistungen wie Be strahlungen, Waschen oder Sondertestun gen (CMV, Antigene), steigen seit Jahren kontinuierlich, unabhängig vom Ver brauch. Zuletzt, im Jahr 2010, betrugen diese bereits rund 5 Millionen Euro. Die Transfusionspraxis sowie der Umgang mit Blutprodukten in den Häusern der ge spag war 2007 uneinheitlich. Schließlich liegen die Ergebnisse der vom Bundesministerium beauftragten Studie zum Blutverbrauch innerhalb Österreichs vor, an der auch seitens der gespag mit 2 Krankenhäusern teilgenommen wurde. Das „Patient Blood Management“ soll die Antwort auf den erhöhten Verbrauch dar stellen: „,Patient Blood Management (PBM)’ ist ein multidisziplinäres, evidenzbasiertes Behandlungsmodell, welches zum Ziel hat, durch optimale Behandlung des pa tientInneneigenen Blutvolumens die Ver abreichung von Fremdblut und Fremd blutprodukten bei akzeptablem Anämieri siko auf ein Minimum zu reduzieren oder gar zu vermeiden. Mit dem PBM-Konzept können Transfu sionen nicht ganz vermieden, aber – geht man vom derzeitigen Verbrauch aus – deutlich reduziert werden. Damit werden nicht nur die Nebenwirkun gen der Bluttransfusion verhindert, son dern auch die Risiken einer vorbestehen den oder neu auftretenden Anämie auf ein Minimum reduziert.“ [1]. Das Patient Blood Management der ge spag fußt auf der Drei-Säulen-Strategie (Abb. 1) des Bundesministeriums: Sowohl im konservativen als auch im operativen 42 6/2011 klinik Bereich soll durch optimale Behandlung die Verabreichung von Blutprodukten bei akzeptabler Anämietoleranz reduziert oder gar vermieden werden, um Risiken zu minimieren. Maßnahmen und Ergebnisse Zur Verbreitung des um konservative Transfusionsbehandlungen erweiterten „Patient Blood Managements“ wurden Strukturen in den Häusern (Abb. 2) aufgebaut und von der Standardisierungs gruppe „Transfusionsagenda“ umfassende Standards entwickelt sowie in den Häusern deren Umsetzung gefordert. Die erfolgreiche Implementierung wird einer seits über Kennzahlen, wie Verwurfrate (Ery-Konzentrate: 2009: 2,05%, 2010: 1,98%; Thrombo-Konzentrate: 2009: 1,34%; 2010: 1,17% im gespag-Schnitt), Anteil der Null-negativ-Konserven (EryKonzentrate: 2009: 7,83%, 2010: 8,16%) und andererseits über die Anzahl der Kon serven je transfundiertem Patienten/trans- Mag. Dr. Ulrike Sandner, MBA Dr. med. Tilman Königswieser, MPH Abb. 1: 3-Säulen-Strategie für Patient Blood Management OA Dr. Franz Wallner • Einbeziehen aller transfundierenden Abtei lungen mit dem Schwerpunkt der recht zeitigen Behandlung der präoperativen Anämie vor einem elektiven Eingriff. • Minimierung des diagnostischen, interven tionellen und operativen Blutverlustes. • Strenge Indikationsstellung zur Bluttrans fusion und auf den Patienten/die Patientin abgestimmter optimaler Einsatz von Blut produkten unter Berücksichtigung der in dividuellen Sauerstoffkapazität. fundierter Patientin (2010: 4,15 [2,96; 4,80]; 2011 bis einschließlich Oktober: 4,15 [3,27; 5,11]) im bewährten gespag weiten Benchmarking transparent gemacht und überwacht. Im Zuge der internen ISO-9001-Audits, die von der Direktion Qualitätsmanagement haupt verantwortlich unter Beiziehung von Fachexpertinnen und Fachexperten durch Abb. 2: Struktur „gespag hospital blood and tissue bank“ gespag hospital blood and tissue bank Center of Excellence Patient Blood Manager Leiter der gespag-Gewerbebank Qualitätsmanagerin Transfusionskommission Arbeitskreis Transfusionsagenda Gewebekommission Arbeitskreis Gewebeagenda Kinderwunsch-Zentrum Autologe Knochenbank Blutdepots Gewebebank IVF Verantwortliche Person Leiter Entnahmeeinrichtung Leiterin/Leiter Einnahmeteams Knochendepots Verantwortliche Person Leiterin Entnahmeeinrichtung Leiterin/Leiter Einnahmeteams Blutdepotleiterin/Blutdepotleiter Blutdepotleiterin/Blutdepotleiter Transfusionsbeauftragte Ärztin Transfusionsbeauftragter Arzt geführt werden – alle Blutdepots der ge spag sind seit Jahren ISO 9001 zertifiziert –, werden Stellungnahmen und Maßnah men von den Blutdepotleiterinnen und Leitern eingefordert. Das hat gespag-weit zu einer Reduktion des Konservenver brauchs (minus 5,8% Ery-Konzentrate (2009: 22.371; 2010: 21.083) und minus 8,3% Thrombo-Konzentrate (2009: 1.247; 2010: 1.144) geführt. Zusätzlich konnten über die Konservenbörse 2009 insgesamt 303 Ery-Konzentrate und 2010 bereits 589 Ery-Konzentrate wieder in die Transfusionskette eingeschleust werden. Dadurch wurde eine Kostenersparnis von ca. € 43.629,– im Jahr 2009 und ca. € 64.093,– im Jahr 2010 erreicht. Zur Messung der Güte der Kommunika tion zwischen transfundierender Abtei lung und Blutdepot bzw. der Effizienz des OP-Managements und des „Patient Blood Management“ auf den transfundierenden Abteilungen wird der Transfusionsbereit stellungsindex für Erythrozytenkonzen trate als tatsächlicher Verbrauch an bereit gestellten Blutprodukten gemessen. Die ser sollte im Idealfall über 50% liegen, das heißt, dass im Durchschnitt jede Kon serve weniger als 2-mal ausgekreuzt wird, bevor sie transfundiert wird, oder dass deutlich mehr als die Hälfte der angefor derten und damit bereitgestellten Konser ven auch tatsächlich gebraucht, also transfundiert werden. Dieser Wert liegt derzeit (2010) bei 47,9% mit einer erheb lichen Streuung von 38,08% bis zu 90,08%. Hier sehen wir weiteres Optimie rungspotenzial, wobei die Unterschied lichkeit der Krankenhäuser (Fächermix, Schwerpunkte) zu berücksichtigen ist. Fazit Aufgrund zusätzlich zu den bestehenden Transfusionsrisiken für Patientinnen und Patienten steigender Preise und damit Kostensteigerungen trotz sinkenden Blut- 4 Strategie der gespag Ein medizinisch korrekter Umgang mit Blutprodukten ist in erster Linie im Hin blick auf die qualitativ höchstwertige PatientInnenversorgung von großem Inter esse. Zudem sind Blutprodukte und deren Einsatz kein unbeträchtlicher Kostenfak tor. Der Aufwand kann für das Jahr 2010 innerhalb der gespag mit 5 Mio. Euro be ziffert werden (Aufnahmezahl 2010: 184.000). Bereits im Jahr 2007 hat die Direktion Qualitätsmanagement der gespag darauf mit der Beauftragung des Projektes: Stan dardisierung gespag-Blutdepots zur Um setzung der „Hämotherapie nach Maß“ mit dem Ziel einer effektiven PatientInnenver sorgung mit effizientem Ressourcenein satz unter Berücksichtigung der gültigen Vorschriften reagiert. Im Zuge des Projek tes wurden unternehmensweite Standards erarbeitet und entsprechende Strukturen in den Häusern aufgebaut. Unter anderem fällt in diese Zeit die Institutionalisierung der Transfusionskommission und der Stan dardisierungsgruppe Transfusionsagenda. Die interdisziplinär und interprofessionell erarbeiteten Standards und Strukturen wer den nun zur Realisierung des vom Bundes ministerium geforderten „Patient Blood Managements“ innerhalb der gespag ge nutzt. Das Patient Blood Management im Sinne der „Drei-Säulen-Strategie“ sowie dessen Anwendungen auch im konservati vem Bereich ist ein deklariertes Unterneh mensziel, um Transfusionsbehandlungen ressourcenschonend zu ermöglichen: • Der „Patient Blood Manager“ und Leiter der gespag-Gewebebank wird für die ge samte gespag eingesetzt. • Die fachliche Kompetenz und Möglich keit zur praktischen Ausbildung wird im „Center of Excellence“ „gespag hospital blood and tissue bank“ konzentriert. • Über die gespag-interne Konservenbörse wird der Verwurf von Blutprodukten weiter gesenkt. • Der „Patient Blood Manager“ organisiert gemeinsam mit dem Qualitätsmanage ment verpflichtende In-House-Trainings für alle Blutdepotleiterinnen und Blutde potleiter sowie für die Transfusionsbe auftragten Ärztinnen und Ärzte, um das Wissen gespag-weit auf aktuellem Stand zu halten. • Die Überprüfung der Umsetzung in den Häusern erfolgt in Form von medizini schen Fachaudits, gestützt auf das ge spag-interne Benchmarking im PeerReview-Verfahren unter der Verantwort lichkeit des Qualitätsmanagements. • Das Blutmanagement im Sinne des „Patient Blood Managements“ im perioperativen Bereich sowie erweitert im konservativen Bereich wird über interdisziplinär und interprofessionell erarbeitete Standards, gestützt auf inter nationale Studienergebnisse und Richt linien innerhalb der gespag, im Grund festgelegt. 6/2011 klinik 43
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