Europäische Kommission - Pressemitteilung Stabilitäts- und Wachstumspakt: Neubeurteilung der Haushaltslage in Spanien und Portugal Brüssel, 7. Juli 2016 Fazit der Kommission: Spanien und Portugal werden übermäßiges Defizit nicht innerhalb der empfohlenen Frist korrigieren Wie in ihrer Mitteilung vom 18. Mai angekündigt, hat die Kommission heute die Lage der öffentlichen Finanzen in Spanien und Portugal beurteilt. Das Kollegium der Kommissionsmitglieder hat bestätigt, dass Portugal sein übermäßiges Defizit nicht bis Ende 2015 korrigiert hat und dass Spanien sein übermäßiges Defizit voraussichtlich nicht fristgerecht bis Ende 2016 korrigieren wird. Diese Fristen hatte der Rat im Jahr 2013 festgelegt. Das Kollegium hat daher Empfehlungen für Beschlüsse des Rates nach Artikel 126 Absatz 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) angenommen, mit denen festgestellt wird, dass Spanien und Portugal in den Jahren 2014 und 2015 keine wirksamen Maßnahmen getroffen haben. Für Spanien und Portugal müssen neue Fristen für die Korrektur ihres übermäßigen Defizits festgelegt werden. Die Annahme der heutigen Empfehlungen ist ein notwendiger rechtlicher Schritt in diesem Verfahren. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Kommission für jedes Land einen neuen Konsolidierungspfad vorschlagen. Der für den Euro und den sozialen Dialog zuständige Vizepräsident Valdis Dombrovskis erklärte: „ Spanien und Portugal haben seit Beginn der Krise viel geleistet und durch wichtige haushaltspolitische Anpassungen und umfassende Reformen Wettbewerbsfähigkeit zurückerlangt. In letzter Zeit sind die beiden Länder jedoch von ihrem Kurs zur Korrektur ihres übermäßigen Defizits abgedriftet und haben ihre Haushaltsziele nicht erreicht. Wir sind bereit, gemeinsam mit den spanischen und portugiesischen Behörden die beste Vorgehensweise auszuarbeiten. Für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in beiden Ländern ist der Abbau des hohen Defizits und Schuldenstands eine Grundvoraussetzung.” Der für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll zuständige Kommissar Pierre Moscovici fügte hinzu: „Ich gehe davon aus, dass die EU-Finanzminister unsere Bewertung bald bestätigen werden. Die Kommission hat stets im Sinne der Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gehandelt und wird dies auch weiterhin tun. Es sind komplexe, aber wohldurchdachte Bestimmungen, die von der Kommission und vom Rat wohldurchdacht angewandt werden müssen. Wir werden mit Spanien und Portugal zusammenarbeiten, um ein gemeinsames Verständnis für die zu treffenden politischen Verpflichtungen zu erzielen.“ Bei der Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen werden lediglich die in der Vergangenheit verzeichneten Haushaltsdaten der beiden Länder betrachtet. Zwar haben beide Länder seit dem Tiefpunkt der Finanzkrise, als ihre Defizite Höchststände erreichten, eine beachtliche Haushaltskonsolidierung erzielt, doch wurden die vom Rat gesetzten Ziele nicht erreicht. Dies gilt sowohl für die zentralen Kennzahlen als auch für die strukturellen Konsolidierungsanstrengungen. - Das Gesamtdefizit Spaniens hatte im Jahr 2009 mit 11 % des BIP seinen Höchststand erreicht und ging 2012 auf 10,4 % und 2015 weiter auf 5,1 % zurück, wobei das empfohlene Ziel für 2015 bei 4,2 % des BIP lag. Die kumulativen strukturellen Konsolidierungsanstrengungen im Zeitraum 2013-2015 werden auf 0,6 % des BIP geschätzt und liegen damit deutlich unter den vom Rat empfohlenen 2,7 % des BIP. Die Staatsverschuldung war mit 99,3 % des BIP im Jahr 2014 und 99,2 % im Jahr 2015 relativ stabil. - Das Gesamtdefizit Portugals ging von 11,2 % im Jahr 2010 auf 4,4 % im Jahr 2015 zurück, wobei das empfohlene Ziel für 2015 bei 2,5 % des BIP lag. Die kumulativen strukturellen Konsolidierungsanstrengungen im Zeitraum 2013-2015 werden auf 1,1 % des BIP geschätzt und liegen damit deutlich unter den vom Rat empfohlenen 2,5 % des BIP. Nach einem Höchststand von 130,2 % des BIP im Jahr 2014 war die Staatsverschuldung mit 129,0 % im Jahr 2015 weiterhin hoch. Wie aus den spanischen und portugiesischen Reformprogrammen und aus den Länderberichten der Kommission für Spanien und Portugal hervorgeht, haben die beiden Länder in den vergangenen Jahren bedeutende Strukturreformen durchgeführt, was die Kommission anerkennt. Wenn der Rat Beschlüsse gemäß Artikel 126 Absatz 8 erlässt, ist die Kommission rechtlich verpflichtet, innerhalb von 20 Tagen einen Vorschlag für eine Geldbuße vorzulegen. Ferner muss sie eine Aussetzung eines Teils der Mittelzusagen aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIFonds) vorschlagen. Der Höchstbetrag dieser Geldbuße und die Aussetzung eines Teils der Zahlungsverpflichtungen sind in den einschlägigen Rechtsakten festgelegt und können in begründeten Fällen verringert werden. Insbesondere für die Geldbuße kann die Kommission dem Rat empfehlen, den Betrag zu reduzieren oder ganz zu streichen. Dies ist entweder aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen oder auf begründeten Antrag des betreffenden Mitgliedstaats möglich, der innerhalb von 10 Tagen nach dem Erlass des Ratsbeschlusses nach Artikel 126 Absatz 8 bei der Kommission eingehen muss. Die heutigen Empfehlungen an den Rat berücksichtigen die neuesten verfügbaren Daten und ergänzen das im Mai von der Kommission vorgelegte Paket der länderspezifischen Empfehlungen, in denen die Kommission angekündigt hatte, die Haushaltslage Spaniens und Portugals Anfang Juli erneut zu beurteilen. Diese Empfehlungen greifen etwaigen zukünftigen Beschlüssen nach Artikel 126 AEUV nicht vor. Es obliegt den Finanzministern der EU-Mitgliedstaaten, diese Empfehlungen zu erörtern, während die Kommission weiterhin die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes überwacht. Insgesamt sei darauf hingewiesen, dass sich die öffentlichen Finanzen in der gesamten Europäischen Union und insbesondere im Euro-Währungsgebiet in den letzten Jahren deutlich verbessert haben. Das gesamtstaatliche Defizit ging im gesamten Euroraum von 6,3 % des BIP im Jahr 2009 (EU: 6,7 %) auf 2,1 % des BIP im Jahr 2015 (EU: 2,4 %) zurück und wird 2016 voraussichtlich bei 1,9 % (EU: 2,1 %) und 2017 bei 1,6 % (EU: 1,8 %) liegen. Die Schuldenquote des Euroraums soll der Prognose zufolge von 94,4 % im Jahr 2014 auf 91,1 % im Jahr 2017 sinken (EU: 85,5 %). Nur 6 Mitgliedstaaten der EU unterliegen derzeit noch der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts, während es 2011 noch 24 Mitgliedstaaten waren. Hintergrund Portugal unterliegt seit Dezember 2009 der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und sollte sein übermäßiges Defizit bis Ende 2015 korrigieren. Portugal hat die Frist für die Korrektur seines übermäßigen Defizits nicht eingehalten, da sein Defizit 2015 4,4 % des BIP betrug und damit über dem im Vertrag vorgesehenen Referenzwert von 3,0 % des BIP und über dem vom Rat 2013 empfohlenen Wert von 2,5 % lag. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass die kumulierten Konsolidierungsanstrengungen, die Portugal im Zeitraum 2013-2015 unternommen hat, deutlich hinter dem vom Rat empfohlenen Wert zurückbleiben. Dies führt zu dem Schluss, dass die Maßnahmen, die Portugal aufgrund der Empfehlung des Rates ergriffen hat, unzureichend waren. Spanien unterliegt ebenfalls seit 2009 der korrektiven Komponente des Pakts und sollte sein übermäßiges Defizit bis Ende 2016 korrigieren. Spanien hat 2014 und 2015 seine Zwischenziele für das Gesamtdefizit verfehlt, und nach der Frühjahrsprognose 2016 der Kommission dürfte es das Defizitziel auch 2016 nicht erreichen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass Spanien bis Ende 2016 eine fristgerechte und dauerhafte Korrektur seines übermäßigen Defizits erzielen wird. Ferner lagen seine kumulierten Konsolidierungsanstrengungen im Zeitraum 2013-2015 deutlich unter dem in der Empfehlung des Rates vom Juni 2013 vorgegebenen Wert. Dies führt zu dem Schluss, dass Spanien keine wirksamen Maßnahmen getroffen hat, um der Empfehlung des Rates im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit nachzukommen. Weitere Informationen: Übersicht über die Mitgliedstaaten im Europäischen Semester Beschlüsse im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts Frühjahrsprognose 2016: Bei hohen Risiken weiter auf Kurs Die wirtschaftspolitische Steuerung der EU im Überblick Twitter: @VDombrovskis @pierremoscovici Stabilitäts- und Wachstumspakt – Lage der einzelnen Mitgliedstaaten Kasten: Stabilitäts- und Wachstumspakt – Lage der einzelnen Mitgliedstaaten (Stand: 7. Juli 2016) Kein Defizitverfahren Laufendes Defizitverfahren Österreich, Belgien, Bulgarien, Tschechische Republik, Dänemark, Zypern, Estland, Deutschland, Ungarn, Italien, Irland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Schweden, Malta, Polen, Finnland Kroatien, Frankreich, Griechenland, Portugal, Spanien, Vereinigtes Königreich IP/16/2375 Kontakt für die Medien: Vanessa MOCK (+32 2 295 61 94) Audrey AUGIER (+32 2 297 16 07) Siobhán MILLBRIGHT (+32 2 295 73 61) Kontakt für die Öffentlichkeit: Europe Direct – telefonisch unter 00 800 67 89 10 11 oder per E-Mail
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