Ran an den Speck - Park Hotel Vitznau

Nenad kocht
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3. Juli 2016 | sonntagszeitung.ch
Spitzenkoch
Mlinarevic hat
angerichtet:
Schweinebauch
mit selbst
gemachter
BarbecueSauce
Fotos: Stefano Schroeter
Ran an den Speck
Nenad Mlinarevic macht aus geschmortem Schweinebauch einen Snack zur Fussball- und Grillsaison
Kaum ein Fleischstück hat in den
letzten fünf Jahren eine so erstaunliche Karriere gemacht wie der sogenannte Schweinebauch. Aus
dem hinteren Teil der Brust des
Tiers wird meistens Speck gemacht, aber roh und ungeräuchert
lässt sich dieses Fleisch vielfältig
verwenden und zubereiten.
Vom asiatischen Imbiss, der den
Schweinebauch schmort und mit
Sojasauce glasiert, bis zum 3-SternRestaurant, wo einem das gute
Stück mit knusprig gebratener
Schwarte serviert wird – das Bauchfleisch vom Schwein schmeckt
meistens ausgezeichnet. ­Spanferkel
war in meiner Kindheit ein Festessen, das höchstes drei-, viermal im
Jahr zubereitet wurde. Mein Vater
fing schon frühmorgens damit an,
irgendwann entwickelte er sogar
einen Drehspiess, den er mit einer
Autobatterie betrieb. Während das
Fleisch über dem offenen Feuer
briet, wurde es immer wieder mit
Bier übergossen, der Bratensaft in
einer Wanne ­aufgefangen.
Damit es wirklich gut wird, sollte man nicht irgendein Fleisch verwenden, sondern am besten das von
Weideschweinen, die frei herumlaufen und frisches Futter fressen.
Besondere Rassen wie das Wolloder Mangalica-Schwein, die frei
lebend gehalten werden, sind empfehlenswert. Von Fleisch aus Massentierhaltung ist grundsätzlich abzuraten – aus ethischen, aber auch
aus geschmacklichen Gründen. Der
Schweinebauch ist zwar kein ­teures
Stück, aber billig soll es nicht sein.
Denn beim Kochen gibt es eine einfache Grundregel: Man bekommt
nichts Besseres aus dem Topf als
das, was man hineingegeben hat.
Am besten bestellt man das Fleisch
ohne Knorpel beim Metzger oder
direkt bei einem Züchter wie dem
Uelihof in der Zentralschweiz.
Apropos Topf: Wir schmoren
den Schweinebauch mit einer Flüs-
sigkeit und Gewürzen vakuumiert
im Dampf oder im Wasserbad; das
ist die einfachste und effektivste
Methode, um zartes, geschmackvolles Fleisch zu erhalten. Aber natürlich klappt es auch mit einer
konventionellen Garmethode,
zum Beispiel in einem verschlossenen Schmortopf im Ofen bei
nicht allzu hoher Temperatur
(rund vier Stunden bei etwa 120
bis 140 Grad).
Grilliert man das Fleisch auf der
Schwartenseite, wirds knusprig
Nach dem Schmoren gibt man das
Fleisch mit der Schwartenseite nach
unten in ein flaches Gefäss, legt ein
Brett darauf und beschwert es über
Nacht im Kühlschrank mit Gewichten. Danach kann man das Stück
nach Wunsch zuschneiden und
weiter­verarbeiten. Das Gute am
Schweinebauch ist nicht nur sein
Geschmack, dem man ganz verschiedene Richtungen geben kann,
sondern auch seine Unempfindlichkeit: Einmal gegart, ist er robust
wie ein stattlicher Eber und kann
problemlos tiefgefroren werden.
Passend zur Grill- und Fussballsaison gibt es hier einen Vorschlag
für einen handlichen Snack aus
einer klassischen, aromatischen
Verbindung: Schwein und Bier.
Der Bauch wird in Dinkelbier, nur
mit etwas Lorbeer und Knoblauch
gewürzt, gegart. Für einen intensiveren Geschmack und eine kompaktere Struktur wird das Fleisch
zuvor gebeizt, also in Salz und Zucker eingelegt. Wer es lieber asiatisch mag, nimmt zum Garen statt
Bier Sojasauce und würzt mit Ingwer, Zitronengras und Kaffir-Limetten-Blättern. Und dann ist
noch die Sache mit der Schwarte:
Wer das Fleisch mit einer knusprigen Fettschicht servieren möchte, lässt die Schwarte dran und
schneidet sie vor dem Garen mit
einem scharfen Messer kreuzwei-
se ein. Knusprig wird das Ganze,
wenn man es nur auf der Schwartenseite anbrät, grilliert oder mit
einem Bunsenbrenner abflämmt.
Kommen wir zum Schluss noch
zu einem weiteren wichtigen Geschmacksgeber für diesen Schweinebauch-Fussball-und-GrillsaisonSnack: die Barbecuesauce. Wir machen so etwas natürlich selbst, aber
die Auswahl an hochwertigen
Saucen in den Delikatessenabteilungen ist so gross, dass man leicht
eine Entschuldigung dafür findet,
wenn man kauft statt kocht. Andererseits: Selbst gemacht, mit Liebe, ist immer das beste Rezept.
Nenad Mlinarevic ist Küchenchef
des Restaurants Focus im Park
Hotel Vitznau (2 «Michelin»Sterne, 18 «Gault Millau»-Punkte)
und «Koch des Jahres 2016».
Er kocht nur mit Schweizer
Produkten und schreibt hier
monatlich über seine Arbeit
In Bier geschmorter Schweinebauch mit Barbecue-Sauce
Butan-Gasbrenner
Schweinebauch
- 1000 g Schweinebauch (Brust), roh, ohne
Knochen, Knorpel und Schwarte
- 200 g Salz, 100 g Zucker
- 2 dl Dinkelbier
- 3 Knoblauchzehen, geschält
- 3 frische Lorbeerblätter
Die kleine
Gasflamme
in der Küche kann
man längst nicht nur zum
Karamellisieren des Zuckers auf der Crème brûlée benutzen. Mit einem
leistungsfähigen
Bunsenbrenner kann
man damit auch Grillkohle anzünden oder aus
der
Schwarte
eines geschmorten Schweinebauchs in
kurzer Zeit eine wunderbar knusprige Fettschicht machen. Wichtig:
Nur geruchsneutrales Gas wie Butan verwenden und einen potenten Brenner einsetzen.
Salz und Zucker mischen, das Fleisch damit komplett bedecken und 2 Stunden im Kühlschrank
beizen. Abspülen, trocken tupfen und mit den
restlichen Zutaten in einem kochfesten Beutel
vakuumieren. In einem Steamer bei 95° 4 Stunden garen (oder in einem verschlossenen
Schmortopf im Ofen bei 120–140°). Heraus­
nehmen (den Bratenfond allenfalls zur Sauce
­reduzieren), das Fleisch abkühlen und mit der
Fettseite nach unten in ein flaches Gefäss legen.
Beschweren und über Nacht im Kühlschrank
­ruhen lassen. In Stücke schneiden und auf dem
Grill oder in einer beschichteten Pfanne goldbraun anbraten. Fleisch in mundgerechte ­Stücke
schneiden, in ein Salatblatt legen und mit Bar-
becuesauce und fein geschnittenen Frühlingszwiebelringen servieren.
Barbecue-Sauce
– 115 g Zwiebeln, gehackt
– 20 g Knoblauch, grob gehackt
– 1 kg Pelati-Tomaten, kalt geräuchert,
oder zusätzlich 1 EL Liquid Smoke (aus
dem Delikatessenladen)
– 85 g Apfelessig
– 20 g Apfelverjus (oder entsprechend
mehr Apfelessig)
– 70 g Zucker, 25 g Honig
– 1 TL Salz
Zwiebeln und Knoblauch in etwas Sonnenblumenöl in einem grossen Topf goldbraun anrösten. Die restlichen Zutaten hineingeben, die
­Tomaten etwas zerdrücken und rund 90 Minuten lang bei tiefer bis mittlerer Temperatur
­dickflüssig einkochen. Möglichst fein mixen, nach
Bedarf abschmecken, durch ein feines Sieb
­streichen und in abgekochte Gläser füllen.
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