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M A N AG E M E N T
M AN A GE M E N T
IT-Tools im Einkauf
Welchen Wertbeitrag liefern Cloudapplikationen
für die Beschaffung im Vergleich zu On-PremiseLösungen? (Baseline On-Premise)
Halten Cloud-Tools, was sie versprechen?
Zur Unterstützung der Beschaffungsprozesse kann auf eine stetig wachsende Zahl von Software-Lösungen zurückgegriffen
werden, die mit verschiedenen Lizenz- und Bereitstellungsmodellen angeboten werden. Die Auswahl des richtigen Tools
und im Speziellen des am besten geeigneten Betriebsmodells stellt jedoch für viele Unternehmen eine große Herausforderung dar. Im Leistungsumfang oftmals vergleichbar, generieren die genannten Lösungen ihren Mehrwert vor allem
durch das gewählte Betriebsmodell. Wie wirkt sich dieses auf den Wertbeitrag der Software für den Einkauf aus und
halten Cloud-Lösungen tatsächlich, was sie versprechen?
M
arktforschungsunternehmen berichten seit Jahren über hohe
Wachstumsraten im Markt für
cloudbasierte Software. Doch gibt es in der
Akzeptanz dieser Lösungen große regionale
und anwendungsspezifische Unterschiede.
Während in Nordamerika, der Heimat von
Salesforce.com, Intuit und Amazon, sich
Cloud-Lösungen schon in vielen Bereichen
durchgesetzt haben, kämpfen die Anbieter
im europäischen Markt mit Vorbehalten und
Bedenken auf Kundenseite. Doch trotz dieser
Zurückhaltung haben sich auch hier CloudLösungen in gewissen Bereichen durchgesetzt und sind bereits fest etabliert. So liegt
ihr derzeitiger Marktanteil im Bereich Customer Relationship Management (CRM) zum
Beispiel bereits bei fast 50 Prozent. Andere
Geschäftsbereiche haben hier noch deutlichen Nachholbedarf.
Für Beschaffungsabteilungen spielten CloudLösungen hierzulande lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle. Vorbehalte gegenüber der
Datensicherheit, Wirtschaftlichkeit und An-
passungsfähigkeit hielten Unternehmen von
einem Einsatz dieser Tools oftmals ab. Doch
sind diese Bedenken wirklich gerechtfertigt?
Viele Beschaffungsabteilungen kämpfen mit
steigenden operativen Kosten, höherer Komplexität und sich schnell ändernden Anforderungen an ihre Beschaffungstools. Durch erhöhte Performance, neue Sicherheitsstandards, verbesserte Integrierbarkeit und Transparenz haben moderne Cloud-Lösungen für
die Beschaffung das Potenzial, hier Abhilfe zu
schaffen.
Cloud-Tools auf dem Vormarsch?
Die im Rahmen der Anwenderbefragung gewonnenen Ergebnisse zum Verbreitungsgrad
von Cloud-Lösungen im Einkauf brachten zunächst keine überraschenden Ergebnisse ans
Licht. Traditionell installierte On-Premise-Lösungen stellen immer noch das gebräuchlichste Betriebsmodell für IT-Tools im Einkauf
dar. In der Studie wurde jedoch deutlich, dass
sich Digitalisierung und Automatisierung zunehmend auch in Beschaffungsabteilungen
Beschaffungssoftware und deren Bereitstellungsmethoden in der DACH Region.
Beschaffung aktuell 2016-05
verbreiten. Ein Großteil der befragten Unternehmen nutzen bereits spezialisierte CloudTools im digitalen Einkauf für einzelne Disziplinen. Reine Cloud- oder hybride Lösungen
sind als Insellösungen anzutreffen. Durchgängige Lösungen sind jedoch eher die Ausnahme.
„
Der durch die Implementierung
von Cloud-Lösungen
versprochene Nutzen wiegt
den scheinbaren Nachteil
Datensicherheit auf.“
Ein ganz anderes Bild ergibt sich, betrachtet
man die Implementierungspläne der Anwender für die nächsten 24 Monate.
Reine Cloud-Angebote und hybride Modelle
lösen reine On-Premise-Installationen als
führendes Betriebsmodell ab. Die derzeit hohe allgemeine Marktdynamik sowie die enormen Wachstumsraten von Cloud-Applikationen konnten auch für Beschaffungssoftware
in der DACH-Region bestätigt werden.
Im Rahmen einer von Camelot ITLab erstellten Studie wurde der Wertbeitrag einzelner
Bereitstellungsmodelle durch eine „IT Business Value Analyse“ untersucht. Zu diesem
Zweck wurden Unternehmen, die tatsächlich
On-Premise- und/oder Cloud-Lösungen im
Einsatz haben, befragt, ob der von CloudTools oft versprochene Wertbeitrag auch im
produktiven Einsatz beobachtbar ist.
Die befragten Unternehmen bestätigten eindeutig, dass sich mit Cloud-Tools tatsächlich
niedrige Gesamtbetriebskosten, erhöhte Flexibilität und eine vereinfachte Anbindung
von Geschäftspartnern realisieren lassen. Ersparnisse im Betrieb resultieren dabei aus geringeren Anschaffungskosten für Lizenzen
und Hardware, gesenkten operativen Kosten
sowie aus geringeren Wartungskosten. Die
Vernetzung der eigenen Unternehmensstandorte und der Lieferanten wird durch den
Definition
On-Premise vs. Cloud
On-Premise ist ein Nutzungsmodell für serverbasierte Computerprogramme (Software). Dabei erwirbt der Nutzer ein solches Computerprogramm und betreibt dieses im eigenen Rechenzentrum, also auf eigener oder eigenverwalteter Hardware.
Bei kommerzieller Software zahlt der Nutzer
hierbei Lizenzen und ggf. Wartungsgebühren.
Er ist somit auch für das IT-Management
selbst zuständig. Software-Updates werden
vom Softwareanbieter zur Verfügung gestellt.
Die Software wird auf den Servern des Anwenders installiert. Installations- und nutzungsspezifische Aspekte treffen auch für Programme für reine Einzelplatzrechner zu, in der Regel
wird der Begriff On-Premise jedoch meist für
Programme verwendet, die mehrbenutzerfähig und netzwerktauglich sind. Das Gegenmodell ist die Nutzung extern gehosteter Installationen, entweder als Software as a Service
oder eine Installation auf einem dedizierten
Host, der dem Nutzer zur Verfügung steht,
aber vom Dienstleister administriert wird.
Hierbei wird entweder eine nutzungsabhängige Gebühr verlangt oder es besteht ein dem
On-Premise vergleichbares Lizenzmodell nach
Installationen.
Quelle: Wikipedia
Zugriff über gängige Web-Browser und dedizierte Support-Teams auf Seite der Tool-Anbieter erleichtert. Aufwendige Installationen
und lokale Anpassungen fallen weg.
Oft wenden Unternehmen ein, dass CloudLösungen sich nicht ausreichend an individuelle Anforderungen anpassen und in andere
Systeme integrieren lassen (= Interoperabilität). Denn auch wenn eine Standardisierung
von Software-Lösungen für niedrige Betriebskosten sorgt, so erschwert dies oft eine Anpassung der Software an kundenspezifische
Beschaffungsprozesse.
Auch die scheinbare Abhängigkeit vom
Cloud-Anbieter wird häufig als Hürde für einen Wechsel in die Cloud angesehen. Viele
Unternehmen fürchten beispielsweise, dass
durch eine plötzliche Insolvenz des Anbieters
jegliche Systemwartung, Support und Knowhow verloren gehen. Wie kann überhaupt eine 24/7-Verfügbarkeit der Systeme gewährleistet werden? Dieser Abhängigkeit könnte
nur durch Unmengen von Verträgen und
Klauseln begegnet werden.
Doch beide oft vorgetragenen Kernbedenken
– mangelnde Anpassbarkeit und hohe
Dienstleisterabhängigkeit – konnten in der
Praxis nicht bestätigt werden. Offenkundig
sind Cloud-Lösungen mittlerweile so ausgereift, dass selbst komplizierteste Kundenprozesse unterstützt werden können. Und gleichermaßen sind die Anbieter selbst, aber
auch der gesamte Cloud-Markt, so professionalisiert, dass weltweit entsprechendes ToolKnow-how – auch unabhängig vom Anbieter
– zur Verfügung steht und Systeme stabil,
teilweise sogar stabiler als ihre On-PremisePendants, laufen.
Einzig bei dem Thema „Datensicherheit“ wurden Cloud-Tools signifikant schlechter als ihre
On-Premise-Gegenparts bewertet. Da eine
gemeinsame Infrastruktur für verschiedene
Kunden genutzt wird, ist eine Überwachung
der eigenen Daten nur noch in bedingtem
Umfang möglich. Kunden sind gezwungen,
Cloud-Anbietern bezüglich der Einhaltung
der vereinbarten Sicherheitsstandards zu vertrauen. Ob nun aber bei Nutzern von CloudTools tatsächlich Datensicherheitsprobleme
auftraten oder die schlechtere Bewertung
eher auf einer „gefühlt“ schlechteren Datensicherheit beruht, war zu diesem Zeitpunkt
nicht Teil dieser Studie.
Trotz der Datensicherheitsbedenken konnte
im Rahmen der Studie ermittelt werden, dass
der durch die Implementierung von Cloud-Lösungen versprochene Nutzen den scheinbaren Nachteil Datensicherheit auf- und überwiegt, was schlussendlich zu einer erhöhten
Akzeptanz von Cloud-Lösungen führt.
Risiken der Cloud wurden überwunden
Alle Wertbeitragsfaktoren wurden von Einkaufsexperten und tatsächlichen Tool-Nutzern auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet.
Die Grafik zeigt, wie viel besser (oder schlechter) Cloud-Tools durchschnittlich auf dieser
Skala gegenüber ihren On-Premise-Konkurrenten abgeschnitten haben. Für Wertbeitragsfaktoren mit grauen Balken konnte keine statistische Signifikanz nachgewiesen
werden.
In zehn der 20 untersuchten Felder konnten
sich Cloud-Applikationen gegenüber ihren
On-Premise-Pendants
durchsetzen.
Die
Nachteile von Cloud-Lösungen scheinen sich
in der Praxis nur bedingt zu bewahrheiten.
On-Premise-Lösungen wurden zwar noch signifikant besser in Bezug auf die Datensicherheit bewertet, für andere potenzielle Schwachstellen von Cloud-Anwendungen konnte jedoch keine statistische Relevanz nachgewiesen werden.
Der Autor
Oliver Hirzel
David Kappauf, Camelot ITLab GmbH
Beschaffung aktuell 2016-05