Marktausblick zu den Versicherungsvertrieben 2016

Marktausblick zu den
Versicherungsvertrieben 2016/2017
Eine Untersuchung der
ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur GmbH
Juli 2016
Die Stimmung innerhalb der Versicherungsvertriebe hat sich gegenüber 2015 kaum
verändert.
Niedrigzinsphase,
rückläufiges
Vergütungsniveau, fortschreitende Marktregulierung und drohender Wettbewerb aus der
digitalen Welt machen der Branche weiterhin zu
schaffen und sorgen für anhaltenden Diskussionsund Orientierungsbedarf. Eine Entspannung
zeichnet sich nicht ab, im Gegenteil: 2016 müssen
sich die Marktteilnehmer weiteren Herausforderungen stellen. Von diesen Veränderungsprozessen
sind alle Protagonisten gleichermaßen betroffen –
wenn auch teilweise in unterschiedlicher
Intensität.
In den Vertriebsressorts vieler Versicherungsgesellschaften liegt der Fokus derzeit darauf, die
Grenzen zwischen den analogen und digitalen
Vertriebskanälen zu überwinden: Omni-KanalStrategie lautet das Schlagwort, nach welchem der
Vertrieb nun ausgerichtet werden soll. Analoge
und digitale Kanäle sollen nicht mehr als separate
Welten nebeneinander existieren, sondern der
Online-Vertrieb soll bestenfalls in die klassischen
Vertriebsstrukturen integriert werden. Entsprechende Veränderungs- und Anpassungsprozesse
kommen hier auf die hauseigenen Vertriebe zu.
Bedingt durch wachsende Regulierungseinflüsse
gestaltet sich das Geschäftsfeld von Maklern und
Gefragt nach der aktuellen Geschäftslage zeichnen
die Befragten 2016 ein verhaltenes Stimmungsbild.
Besonders der Vorsorgebereich (konventionelle
Mehrfachvertretern
zunehmend
komplexer,
Maklerpools und –verbünde müssen in einem
Umfeld sinkender Margen in ihre Geschäftsmodelle investieren. So erweitern beispielsweise
viele Marktakteure ihre Leistungen für angebundene Vertriebspartner, Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote werden ausgebaut, der
Marketing-Support wird erhöht und die IT
modernisiert.
Dies alles beeinflusst natürlich die Stimmung der
Marktteilnehmer, was sich in ihrer Einschätzung
zur Geschäftsentwicklung widerspiegelt, welche
die ASSEKURATA Solutions GmbH turnusmäßigen
unter rund 3.000 Vermittlern erhebt. Gegenüber
dem Frühjahr 2015 zeigen die zunehmenden
Diskussionen um die Zukunft der so genannten
Insurtechs und die daraus resultierenden Effekte
auf die herkömmlichen Vertriebsmodelle Wirkung.
Während vor einem Jahr noch lediglich 22 % der
Befragten die fortschreitenden technischen
Veränderungen als stärksten Einflussfaktor für die
Geschäftsentwicklung gesehen hatten, hat sich der
Anteil innerhalb von zwölf Monaten mit 44 %
knapp verdoppelt. Erst dahinter folgen Aspekte
wie regulatorische oder die gesamtwirtschaftlichen
Veränderungen. Ihr Anteil bleibt mit 40 % bzw.
37 % nahezu konstant zum Vorjahr.
und fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung) sowie die Krankenvollversicherung sind
hiervon betroffen. Für das Segment der
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konventionellen Lebensversicherung trübt sich das
Stimmungsbild weiter ein. Hatte das Saldo aus den
Antwortkategorien gut und schlecht im Vorjahr
noch bei -61,5 gelegen, steht es mittlerweile bei 67,7. Da verwundert es nicht, dass mit 76,2 % über
drei Viertel der Befragten die klassische
Lebensversicherung als Auslaufmodell bezeichnen.
Die im Zuge der Niedrigzinsphase jährlich auf ein
neues Rekordniveau sinkende Überschussbeteiligung von mittlerweile marktweit durchschnittlich 2,86 % hat nach und nach an der
Attraktivität des einstmals liebsten Vorsorgeprodukts der Deutschen gezehrt. Und auch der
Garantiezins, der im kommenden Jahr auf 0,9 %
sinken soll, verliert in der Beratung immer mehr an
Gewicht. Dies trifft in vielen Vertriebsorganisationen das „Brot-und-Butter“-Geschäft.
Diesem Attraktivitätsverlust versuchen die Lebensversicherer mit Innovationen in der Produktlandschaft zu begegnen. So ist marktweit ein Trend
zu Altersvorsorgeprodukten mit einer flexiblen
oder reduzierten Garantieverzinsung zu erkennen.
Einige Versicherer haben sich sogar ganz vom
klassischen Geschäft verabschiedet beziehungsweise fokussieren sich auf kapitalmarktnahe
Policen. Zwar bieten diese neuen Produkte
langfristig die Chance auf höhere Renditen,
gleichzeitig stellen die zunehmende Vielfalt und die
Eine positivere Einschätzung treffen die Vermittler
für die Berufsunfähigkeits-, Risikolebens- und
Krankenzusatzversicherung. Auch die aktuelle
eingeschränkte Vergleichbarkeit die Vermittler nun
vor große Herausforderungen. Denn ein
Produktvergleich anhand nur eines Kriteriums ist
nicht mehr zielführend, da die neuartigen Verträge
ganz spezifische Eigenschaften aufweisen, die sich
im Detail aber auch als sehr unterschiedlich
entpuppen. Bei der Entscheidungsfindung reicht es
also nicht mehr, die Produkte bloß anhand der
prognostizierten Ablaufleistungen miteinander zu
vergleichen. Auch ist es nicht möglich, pauschale
Empfehlungen zu einzelnen Produktsegmenten zu
treffen, da diese stets von der Situation des
Einzelnen abhängen. Die Bewertung der Altersvorsorgeprodukte ist dabei alles andere als trivial,
so dass die Beratung anspruchsvoller wird. Daraus
ergeben sich jedoch auch Chancen für die
Vermittler, sich über eine qualifizierte Beratung
und ein hohes Anbieter- und Produktverständnis in
diesem anspruchsvollen Markt zu positionieren.
Im Segment der fondsgebundenen Lebens- und
Rentenversicherung ist das Stimmungsbild zwar
immer noch besser als in der klassischen, allerdings
ist die Tendenz eher negativ: Hatten 2015 noch
23,6 % der Befragten die aktuelle Geschäftslage im
fondsgebundenen Geschäft als gut eingeschätzt,
verringert sich dieser Anteil 2016 auf 17,9 % und
gleichzeitig empfinden nun schon 40,9 % die
Geschäftslage als schlecht (2015: 27,6 %).
Geschäftslage in der Pflegezusatzversicherung wird
immerhin von jedem dritten (29,7) als gut
bezeichnet.
Kein
Wunder,
stellt
die
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Pflegeergänzungsversicherung doch neben der
Zahnzusatzversicherung das größte Wachstumsfeld
in der PKV-Zusatzversicherung dar. So konnten
beispielsweise 2015 die nicht staatlich geförderten
Pflegetagegeldversicherungen ein Plus von 25 %
verzeichnen. Durch die für 2017 anstehende
Pflegereform und die damit verbundene erhöhte
mediale Aufmerksamkeit dürfet das Thema
Absicherung für den Pflegefall öffentlich präsent
bleiben, was in steigenden Absatzzahlen münden
könnte, denn die gesetzliche Pflegeversicherung
wird auch nach der Gesetzesänderung, genau wie
die staatlich geförderte Pflegevorsorge, eine
Teilkaskolösung bleiben.
Noch entscheidender für den Verlauf des
Geschäftsjahres 2016 ist die Frage nach der
voraussichtlichen Entwicklung des Geschäfts in
den nächsten 12 Monaten. Die Befragten antworten hierbei in den Kategorien günstiger,
gleichbleibend und ungünstiger. Im Ergebnis bleibt
auch hier die Vertriebsstimmung im Vorsorgesegment trübe. 64,7 % bzw. 25,2 % der Befragten
erwarten für die nächsten 12 Monate tendenziell
eine ungünstigere Entwicklung in diesem Segment.
Leicht positive Signale kommen aus der
Berufsunfähigkeits- und Risikoversicherung. Mit
23,4 %
(Berufsunfähigkeitsversicherung)
und
14,4 % (Risikolebensversicherung) überwiegen im
Saldo die optimistischen Stimmen gegenüber den
Skeptikern. Steigerungspotenziale werden auch im
Bereich der Krankenzusatz-, Pflegezusatz- und
Sachversicherung gesehen.
Mit Abstand am besten stellt sich die
Geschäftslage aktuell laut Meinung der Vermittler
in der privaten Sachversicherung dar. Drei von vier
Befragten schätzen die Geschäftslage hier gut ein.
Für die gewerbliche Sachversicherung sagt dies
immerhin noch jeder zweite.
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Die Erwartung hat sich diesbezüglich gegenüber
dem Vorjahr nur marginal verändert. Auch zum
damaligen Zeitpunkt war diesen Produktbereichen
ein positiver Verlauf für die nächsten 12 Monate
attestiert worden.
Was ist also für 2016 zu erwarten? Der Markt
bleibt unverändert schwierig. Dies ist aber nicht
vorrangig auf die Kundensituation zurückzuführen,
da beispielsweise der Bedarf im Bereich der
Altersvorsorge grundsätzlich ungebrochen ist. Im
Zuge der Diskussionen um zukünftige politische
Rentenreformvorhaben rückt speziell das Thema
Altersarmut zunehmend in den medialen Fokus. Im
Kontext der Niedrigzinspolitik der Europäischen
Zentralbank (EZB) fehlt es dem Vertrieb aus Sicht
der handelnden Akteure vielmehr an passenden
Produktlösungen bzw. schlüssigen Argumentationshilfen. Die Kompensation durch andere
Beratungsfelder bzw. alternative Produktsegmente
ist naheliegend und herausfordernd zugleich. Denn
speziell in die Bereiche der Zusatz- und
Sachversicherungen dringen verstärkt neue
Wettbewerber aus dem digitalen Bereich. Wenngleich alle gegenwärtigen Untersuchungen
momentan noch zeigen, dass die Marktrelevanz
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dieser so genannten Insurtechs, sowohl gemessen
an Anzahl der Kunden bzw. Zuwachsraten des
Kundenbestands, als auch bezogen auf das
vermittelte
Neugeschäft,
noch
deutlich
überschaubar ist, wird ihre Bedeutung mittelfristig
zunehmen. Im Rahmen der Studie „Versicherung
gesucht – Im Wettbewerb mit dem Internet“,
welche
wir
in
Kooperation
mit
dem
Marktforschungsinstitut United Research erstellt
haben, sind wir der Frage nachgegangen, welche
Rolle das Internet auf dem Weg zum
Versicherungsabschluss spielt. Im Ergebnis ließ sich
feststellen, dass der Weg des Kunden zum
Versicherungsprodukt vielschichtig ist. Er nutzt
häufig verschiedene Kanäle, sowohl die
persönliche Interaktion, als auch webbasierte
Informationsforen. Dabei spielt das Internet zwar
eine zentrale, keinesfalls aber eine dominante
Rolle. Es besteht unverändert eine starke Präferenz
zum Berater und damit zur Möglichkeit der
persönlichen Interaktion. Die Komplexität vieler
Produkte spielt dem Berater hier sicherlich in die
Hände. Und gerade die oben beschriebene
Einführung neuer Altersvorsorgeprodukte birgt
hier eine große Chance für die Akteure, da die
Komplexität dieser Policen eine intensive und
qualitativ anspruchsvolle Altersvorsorgeberatung
unabdingbar machen.
Um
im
Informationsbeziehungsweise
Abschlussprozess des Kunden weiterhin eine Rolle
einzunehmen, muss der Berater allerdings Präsenz
zeigen. Denn ein weiteres Ergebnis hat die
Untersuchung auch zutage gefördert: Die Auslöser
der betrachteten Prozesse resultierten in der Regel
aus Veränderungen der Lebensumstände oder
aber Gesprächen im Freundes- und Kollegenkreis.
Aus der Perspektive des Vertriebs gilt damit einmal
mehr: Kundennähe ist wichtig – auch um im
Wettbewerb mit dem Internet zu bestehen.
Dennoch ist zu erwarten, dass sich die Berater
künftig den Markt mit den digitalen Wettbewerbern teilen werden, sei es in Form von
Vergleichsplattformen, in Gestalt des reinen
Online-Maklers oder in Form von hybriden
Geschäftsmodellen, die sich aktuell bereits
abzeichnen. Die besondere Stärke der Insurtechs
liegt in der digitalen Schnittstelle zum Kunden. Dies
können sich auch andere Vertriebsformen zunutze
machen. Stärkere Umverteilungseffekte sind im
Rahmen des aktuellen Geschäftsjahrs gleichwohl
nicht zu erwarten. Vielmehr werden sich die
Marktteilnehmer – und hier speziell die Makler kurzfristig die Frage stellen müssen, ob und wie
das eigene Geschäftsmodell mittelfristig neu
ausgerichtet werden muss. Für den klassischen
Vermittler der Ausschließlichkeitsorganisation wird
sich diese Frage im Rahmen der Omni-KanalStrategie beantworten.
Kurzfristige Effekte für alle Marktteilnehmer
werden sich vielmehr aus sinkenden Margen
ergeben. Das gegenwärtige Provisionsniveau wird
infolge des Lebensversicherungs-Reformgesetzes
(LVRG) in einer zweiten Anpassungswelle weiter
abnehmen. Zwar abgeschwächt durch ein ohnehin
geringes
Vertriebspotenzial
in
der
Lebensversicherung, wird es im Ergebnis dennoch
im Deckungsbeitrag der Vertriebsprotagonisten
messbar sein. Es dürfte recht anspruchsvoll
werden, dies über eine Ausweitung der
Produktion, sei es durch höhere Produktivität oder
die Ausweitung der Beratungskapazitäten, zu
kompensieren. Gleichzeitig ist für das laufende und
kommende Geschäftsjahr zu erwarten, dass die
anhaltende Niedrigzinsphase und die geplante
Absenkung des Garantiezinses den Druck auf die
Kostenseite der Versicherer weiter erhöht. Somit
können auch die Diskussionen um weitere
Kürzungen im Bereich der Abschlusskosten neuen
Anschub erhalten. Hiervon wären sämtliche
Vertriebswege betroffen, wobei sich für die
overheadbasierten Vertriebs- und Servicegesellschaften sicherlich stärkere Effekte ergeben
würden.
Auf der Kostenseite ist für 2016 und insbesondere
für 2017 mit steigenden Aufwendungen infolge
zunehmender Regulierungsintensität zu rechnen.
Die konkrete Ausgestaltung der EU-Vermittlerrichtlinie „Insurance Distribution Directive“ (IDD)
wird insbesondere Versicherer, Finanzdienstleister
und Maklerpools bzw. -verbünde beschäftigen und
fordern. Hiervon betroffen sind auch der
Direktvertrieb sowie die Vergleichsplattformen
und Fintechs. Die IDD definiert in Artikel 2 sehr klar
den Begriff Versicherungsvertrieb und nimmt nicht
alleine nur den klassischen Berater in die Pflicht.
Im Hinblick auf Fragen der Vergütung werden die
Marktteilnehmer die bisherigen Vergütungsmodelle auf den Prüfstand stellen müssen. Dies gilt
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insbesondere für diejenigen, die sich noch nicht
den freiwilligen Leitsätzen des Gesamtverbands
der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) für
den Versicherungsvertrieb, dem so genannten
GDV-Verhaltenskodex, angeschlossen haben. Wie
der Verhaltenskodex fordert auch die IDD, die
Vergütungsmodelle auf Interessenkonflikte zum
bestmöglichen Interesse des Kunden hin zu
überprüfen. Und mit Vergütung ist hierbei nicht
nur die reine Provisionszahlung gemeint. Vielmehr
umfasst der Begriff alle Arten von Provisionen,
Gebühren, Entgelte oder sonstige Vergütungen,
wie beispielsweise wirtschaftliche, finanzielle oder
nicht finanzielle Vorteile und Anreize.
Die IDD beinhaltet auch Weisungen zu dem
Beratungs-, Produktauswahl- und – in Abhängigkeit
des Vermittlerstatus – dem Produktpartnerauswahlprozess. Die Wünsche und Bedürfnisse des
Kunden werden durch die Richtlinie prägnant
hervorgehoben und sind entsprechend in den
Prozessen zu dokumentieren bzw. in den
Beratungs- und Dokumentationsinstrumenten zu
implementieren. Hiervon sind sowohl die Berater
selbst als auch die Vertriebsunterstützungsabteilungen der Versicherungsgesellschaften,
Finanzvertriebe und Maklerpools betroffen. Wie
umwälzend sich die IDD auf den Versicherungsvertrieb auswirken wird, lässt sich bislang noch
nicht seriös prognostizieren. Hier gilt es zunächst
die finale Ausgestaltung und Umsetzung in
nationales Recht abzuwarten. Dennoch ist damit zu
rechnen, dass die Marktteilnehmer spürbare
Anpassungsprozesse durchlaufen müssen. Die
sicherlich deutlichste Zäsur, welche im Falle eines
generellen Provisionsverbots erfolgt wäre, ist
zunächst vertagt.
Zusätzliche Kapazitäten wird der Vertrieb auch im
Bereich der Aus- und Weiterbildung aufbringen
müssen. Zum einen wird mit der IDD die bisher
freiwillige Selbstverpflichtung zur regelmäßigen
Qualifizierung in Form der Initiative „gut beraten“
nun auch gesetzlich verpflichtend geregelt, zum
anderen steht mit der gesetzlichen Neuregelung
der Immobiliendarlehensvermittlung ein neuer
Sachkundenachweis in den Startlöchern. Zwar wird
speziell die neue Erlaubnis nach § 34i Gewerbeordnung nicht alle Berater im Geschäftsmodell
tangieren, aber alleine die gesetzliche Würdigung
einer Weiterbildungsverpflichtung zeigt die
wachsende
Notwendigkeit
für
verstärkte
Investitionen in die Qualifizierung der Beratungskompetenzen.
Losgelöst von den teils negativen Vorzeichen der
Vertriebsbranche, bietet der Markt bezogen auf
die Geschäftsentwicklung und die anspruchsvollen
regulatorischen Rahmenbedingungen 2016 jedoch
auch unverändert Chancen. Ein Ausbau der
eigenen Kompetenzen und die Fokussierung des
Beratungsangebots eröffnet unverändert zahlreichen Marktteilnehmern eine gute Wachstumsperspektive. Auch ohne die IDD wird die
Qualifizierung künftig ein Schlüsselfaktor für den
Vertrieb sein. Hierzu gehört jedoch nicht alleine die
fachliche Qualifizierung, sondern vielmehr auch die
unternehmerische Fähigkeit, die bisherigen
Beratungsund
Geschäftsmodelle
der
Veränderungsdynamik der Branche anzupassen.
Dies bezieht sich sowohl auf die Inhalte der
Beratungsansätze, als auch auf deren Umsetzung.
Auch wenn, wie zuvor festgestellt, fast jeder
zweite Befragte den technischen Veränderungen
den stärksten Einfluss auf die Geschäftsentwicklung im Versicherungsvertrieb einräumt, setzt
sich die Digitalisierung der Beratungs- und
Betreuungsprozesse bei den Vermittlern nur
zögerlich durch. So geschieht einer der wichtigsten
Kernprozesse des Vermittlers, der Beratungsprozess, im direkten Kundenkontakt noch
weitestgehend analog.
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Immerhin dem Tablet-PC räumen die Befragten in
der Zukunft eine wachsende Bedeutung ein.
Aktuell geben rund 21 % der Vermittler an, bereits
einen Tablet-PC im direkten Kundenkontakt
einzusetzen. Rund 45 % können sich vorstellen,
zukünftig im Beratungsgespräch häufiger auf
dieses Instrument zurückzugreifen. Nach wie vor
überwiegen jedoch die Anhänger der klassischen
Beratungsinstrumente wie Stift und Schreibblock
und auch in Zukunft wird diese Beratungsmethode
eine treue Fangemeinde haben. Auch die generelle
Kundenkommunikation wird noch weitestgehend
über die herkömmliche Briefpost abgewickelt.
65,0 % der Befragten messen dem Brief eine sehr
große Bedeutung in ihrer Kundenkommunikation
bei. Bezogen auf die E-Mail sind es lediglich 58,5 %,
die dies bestätigen.
Sicherlich liegt im Einsatz von Tablet-PC und EMails kein zusätzliches Geschäftspotenzial für die
Vermittler. Ein Mehr an Produktion lässt sich
hieraus nicht ableiten. Vielmehr ist es aber eine
Frage der Effizienz der Prozesse und der
Skalierbarkeit der eigenen Kapazitäten, die an
dieser Stelle entscheidend ist. Losgelöst von den
Beratungs- und Betreuungsinstrumenten geht es
auch um die Frage der Attraktivität von
zukünftigen Beratungsansätzen.
Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass das
gegenwärtige Branchenumfeld anspruchsvolle
Rahmenbedingungen für den Vertrieb bereithält.
Sinkende Margen, komplexer werdende Vertriebs-
und Beratungsprozesse, Produktportfolios und
konkurrierende Geschäftsmodelle, welche sich im
Wandel befinden, stellen insgesamt schwierige
Rahmenbedingungen für ein Branchenwachstum
dar, unabhängig davon, wie Wachstum letztendlich
definiert wird, sei es durch Provisionserlöse,
Vermittlerzahlen oder Neugeschäftskennzahlen.
Gleichwohl bieten sich gerade in dieser Situation
auch
Wachstumsperspektiven
für
die
Marktteilnehmer, die in der Reorganisation ihrer
Geschäftsmodelle zügig voranschreiten. Darüber
hinaus ist in diesem Kontext auch eine dezidierte
Betrachtung der unterschiedlichen Marktteilnehmer notwendig, denn es bleibt zu erwarten,
dass trotz neuer Konkurrenz durch die digitalen
Kanäle der „klassische“ Vertrieb quantitativ
weiterhin abnehmen wird. Auf Basis der
Veröffentlichungen des Deutschen Industrie- und
Handelskammertages (DIHK) ist die Anzahl der
Vermittler im Bereich der Ausschließlichkeit bereits
seit Jahren kontinuierlich rückläufig. Während
diese Entwicklung bislang noch eher auf die
demographischen Rahmenbedingungen zurückzuführen war, ist zukünftig damit zu rechnen, dass
die Neuausrichtungen im Kontext der Omnikanalund Digitalisierungsstrategien dafür sorgen
werden, dass der Rückgang innerhalb der
gebundenen
Vertriebe
anhalten
wird
beziehungsweise sich im schlimmsten Fall sogar
beschleunigt. Aufgrund des relativen Gewichts
dieses Vertriebsweges – rund 65 % der insgesamt
registrierten Vermittler sind der Ausschließlichkeit
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zuzuordnen – schlägt sich diese Entwicklung sehr
drastisch in den Vermittlerzahlen nieder.
Der Bereich der Versicherungsmakler stagnierte
über die vergangenen Jahre. Bereits heute hat
auch diese Zunft mit der demographischen
Entwicklung
zu
kämpfen.
Speziell
die
regulatorischen Anforderungen und sinkende
Margen könnten aber künftig ein bewusstes
Ausscheiden aus dem aktiven Vertriebsleben
forcieren. Vorausgesetzt im Kontext der IDD
erfolgen keine drastischen Einschnitte in die
Vergütungspraxis, ist daher kurz- bis mittelfristig
mit einem weiteren Rückgang der Vermittlerzahlen
analog der Vorjahre zu rechnen, verstärkt um
einen geringen Abschlagsfaktor aufgrund der
komplexen Marktbedingungen.
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Die in dieser Untersuchung verwendeten Daten
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