Elektrizität, Erdalter und Eremitendasein

Wer War’s?
Elektrizität, Erdalter und Eremitendasein
Ein mathematischer Freigeist
N
achts schließt er sich in sein Zimmer
schrift »The Electrician« einen hervorra-
ein, um bei fest verschlossenem Fens-
genden Ruf als einer der wichtigsten Theo-
Preisausschreiben: Unter allen Lesern,
ter im Dunst einer Öllampe und seiner
retiker der Elektrizitätslehre – den er gleich
die den Namen der beschriebenen
Pfeife Elektrodynamik zu studieren. Noch
wieder zerstört, indem er freundliche Zeit-
Persönlich­keit per E-Mail an
mit 40 Jahren lebt er bei seinen Eltern, nur
genossen und Ehrungen brüsk zurückweist
[email protected]
kurz unterbrochen von einigen Jahren Be-
einsenden, verlosen wir zwei Exem­­
rufstätigkeit für die Dansk-Norsk-Engelske
und mit Kollegen heftige Briefkriege führt.
Eine dieser Auseinandersetzungen
Telegraf Selskab und die Great Northern
betrifft das Alter der Erde: Der Gesuchte
Nacht«. Der Einsendeschluss ist der
Telegraphe Company. Es bleibt Zeit seines
berechnet, wie sich die Erdkugel allmäh-
7. Juli 2016.
Lebens sein einziger Job.
Die Telegrafie ist das Internet seiner
lich von einem glutflüssigen Magmaball
Zeit. Die mathematische Beschreibung
sionsgleichung anwendet, eine partielle
des Stromflusses in den Drähten, welche
Differentialgleichung zur Beschreibung
Mittelwellen reflektiert. Deren Existenz
die Welt zu umspannen beginnen, macht
von Wärme- oder anderen Flüssen. Sein
errechnet er aus Messdaten.
einen Großteil seines Lebens als Physiker
Modell greift dabei eine Arbeit von Lord
Der Gesuchte modelliert auch die Fern-
aus. Wie das funktioniert, findet er weitge-
Kelvin auf und führt auf ein Erdalter von
übertragung von Telefonsignalen und soll
hend selbst heraus, vor allem durch Lek-
100 Millionen Jahren. Das halten viele
womöglich sogar Gravitation und Elektro-
türe von Maxwells »Treatise on Electricity
Zeitgenossen für völlig absurd; für sie sind
dynamik vereinigt haben – obschon hand-
and Magnetism«.
In seinem Zimmer arbeitet er sich durch
einige Zehntausend Jahre schon zu viel –
feste Belege dafür fehlen. Sicher ist, dass er
heute geht man von etwa 4,6 Milliarden
das blaue Leuchten vorhersagt, das etwa
die Bücher und erarbeitet sich dabei als
Jahren aus. Nach dem Gesuchten ist auch
im Wasserbecken von Atomreaktoren zu
langjähriger Autor für die Ingenieurszeit-
eine Schicht der Ionosphäre benannt, die
beobachten ist. Dafür erhält sein Kollege
plare des Buchs »Das Ende der
abkühlt, indem er geschickt die Diffu­
Pawel Tscherenkow den Nobelpreis; der
Gesuchte steht selbst auf der Liste mög-
Kreuzworträtsel
Alpha
Serpentis
(kurz)
Fred Goyke
visuelle
Wahrnehmung
Radar
von
Envisat
Pi mal
Daumen
Gebirge
auf der
Venus (...
Montes)
Linsenmaterial
licher Nobelpreisträger, wird aber wieder
gestrichen. Auch die Einführung von Vektoren in Analysis und Physik geht zu einem großen Teil auf sein Konto.
Zum Verhängnis wird ihm schließlich
2
Asteroid
Nr. 634,
weibl.
Vorname
zwischen
den
Sternen
sein gleichermaßen kreativer wie zu lo-
11
AstroMesse
(10. Sept.
2016)
10
Spektrograf der
Sonde
JUICE
Supernovaüberrest
(...-Nebel)
größter
Wasserstoffbombentest
Astronomin und
H. Drapers
Nichte
Rhythmus
(Plural)
Sternbild
mit Gürtel
Leoniden,
Perseiden
Bildauswahlverfahren
(2 Wörter)
...sehen
(photopisches
Sehen)
Mondrille
(lat.)
Abk. für
Rhode
Island
matisch wacklige, aber hochinteressante
Erweiterung des Ableitungsoperators verteidigt. Damit will er so genannte Sprung-
9
Verein für
Meteorbeobachter (Abk.)
grafische
Benutzeroberfläche
(Abk.)
krank
(engl.)
funktionen ableiten – die heute nach dem
Gesuchten benannt werden. Die Mathematik dazu wird erst im 20. Jahrhundert
geschaffen, lange nach seinem Tod.
6
Tipp
Film empfindlicher
machen
7
weil ich die Vorgänge bei der Verdauung
er in einem Brief, in dem er seine mathe-
Amtstracht
3
Sternbild
mit Dabih
und Giedi
(int. Abk.)
das? Soll ich ein Abendessen stehen lassen,
nicht vollkommen verstehe?«, schreibt
5
bewegliches
Teil eines
Teleskops
ckerer Umgang mit Mathematik. »Was soll
Eiche
(engl.)
4
8
...vergütung,
...versum
Gegen Ende seines Lebens halten ihm
angenehme
Witterung
nur noch wenige Kollegen die Treue. Verarmt und vereinsamt siecht er Jahre lang
1
dahin. Sein größtes Vergnügen bleibt sein
Fahrrad – »ich fahre täglich«, schreibt er
einem Freund. Doch Depressionen und
Un­ter al­len E-Mails an [email protected] mit dem Lö­­­
Verfolgungswahn kosten ihn alle Kraft. So
sungs­­­­­­wort aus den eingekreis­ten Buch­staben verlosen wir ein
signiert er am Ende seine Briefe mit dem
Newton-Spiegelteleskop als Kartonbausatz im Wert von 19,90 €,
Kürzel W.O.R.M. – denn als einen solchen
gestiftet von der Firma AstroMedia, Neustadt/Holstein. Einsende­
sieht er sich – und stirbt inmitten von Gra-
schluss ist der 7. Juli 2016.
nitbrocken, die ihm als Möbel dienen. Viel Spaß beim Kno­beln!
www.sterne-und-weltraum.de
Andreas Loos
Juli 2016
99