Förderung der Entwicklungshilfe durch Hebung der

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Kapferer, Clodwig
Article
Förderung der Entwicklungshilfe durch Hebung der
Einfuhr aus Entwicklungsländern
Wirtschaftsdienst
Suggested Citation: Kapferer, Clodwig (1962) : Förderung der Entwicklungshilfe durch Hebung
der Einfuhr aus Entwicklungsländern, Wirtschaftsdienst, ISSN 0043-6275, Verlag Weltarchiv,
Hamburg, Vol. 42, Iss. 8, pp. 349-355
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Förderung der Entwicklungshilfe
durch Hebung der Einfuhr aus Entwicklungsländern
Dr. Clodwig ¡Kapferer, Ham burg*)
E
s liegt gegenw ärtig eine politische N otw endigkeit
für die Industriestaaten der westlidien W elt vor, die
E infuhr aus Rohstoffländern zu fördern. Im folgenden
sollen M öglichkeiten aufgezeigt werden, mit denen
w ir d er drohenden Belastung entgegenw irken kön­
nen, die das Ungleichgewicht der wirtschaftlichen Be­
ziehungen in d e r nichtkommunistischen W elt h ervor­
gerufen hat.
E n tw ick lu n g d e r L eiitu n g s- und H a n d elsb ila n zen
Zusam m engefaßt w iesen die Leistungsbilanzen der
Rohstoffländer dm Jahrfünft 1956—1960 eine Passivi­
tä t v on durdischnittlidi jährlidi 4,6 Mrd. $ auf. In
diese Berechnung sind auch die Leistungsbilanzsalden
der karibischen und vorderasiatischen Erdölländer
sow ie der schwach entwickelten west- und südeurop äisdien Randländer Island, Irland, Portugal, Spanien,
G riechenland und Jugoslaw ien mit einbezogen. Rech­
net m an die fortschrittlichen „weißen britischen Do­
minions" (Kanada, A ustralien, N euseeland und Süd­
afrikanische Union) dazu, so erhöht sich die durch­
schnittliche jährliche P assivität um w eitere 1,7 Mrd. $.
Der Ausgleich der Passivsalden erfolgte vor allem
durch direkte Investitionen und K redite sowie durch
unentgeltliche staatliche Kapitalhilfe, in geringerem
Ausm aß auch durch Goldverkäufe.
Bei den Industriestaaten ergibt die saldenm äßige D ar­
stellung der Leistungsbilanzentwicklung in der glei­
chen Periode eine durchschnittliche jährliche A ktivität
v o n 6,3 Mrd. $. Als Industriestaaten sind in diese
Rechnung eingegangen die USA, W esteuropa ohne
. die eben erw ähnten wirtschafthdi noch zurückgeblie­
benen R andländer und Japan. Bei den Diensten w ur­
den die priv aten unentgeltlichen Hilfsleistungen (Emi­
grantenrim essen, Unterstützung, Spenden und dgl.)
miitgerechnet. Die zu Reinvestitionen verw andten nicht
transferierten K apitalerträge wurden sowohl auf der
einen Seite bei den K apitalerträgen als auch auf> der
anderen Seite bei den entspredienden Investitionen
und K rediten mitberücksichtigt. Dagegen w urde die
unentgeltliche staatliche militärische Hilfe w eder in
d er Leistungs- noch in der Kapitalbilanz der gew äh­
renden oder em pfangenden Länder mitgerechnet.
•) G e n era lre fe ra t auf d e r 25. M itgliederversam m lung d e r A rb eitsgem e in sd ia ft D e u tsd ie r W irtsd iaftsw issen sd iaftlid ier Fo rsd iu n gsin s titu te e. V . in H am burg am 1. Ju n i 1962.
1 9 6 2 /V I I I
Aus dieser G egenüberstellung darf m an jedoch nicht
die politisch bedenkliche Folgerung ziehen, die w est­
lichen Industriestaaten bereicherten sich an den Roh­
stoffgebieten. Das w äre ein Trugschluß. Salden der
K apitalbew egung sagen nichts ü ber die Q ualität die­
ser Bewegung aus. Private A uslandsinvestitionen b e­
ruhen in der w estlichen W elt nun einm al auf dem
Prinzip der K apitalerträge. Bei der A kkum ulation der
Investitionen ü ber viele Jah rzeh n te hinw eg w ird
natürlicherw eise eine hohe Summe von jährlichen
K apitalerträgen aus diesen Investitionen erreicht.
W erden die K apitalerträge nicht transferiert, sondern
reinvestiert, so sind diese R einvestitionen ih rer w irt­
schaftlichen Bedeutung nach ebenso zu w erten wie
neue Investitionen. Es w äre daher falsch, den pri­
vaten K apitalexport zu diskrim inieren.
Bei der H andelsbilanzentw icklung schlagen — im Ge­
gensatz zur Leistungsbilanzentwicklung — in den
letzten Ja h re n die term s of trad e zum Schaden der
Rohstoffländer schwer zu Buch. Seit 1953 haben sich
die A usfuhrpreise für Rohstoffe bis 1961 um lOVo
verm indert. Dem gegenüber sind die E xportpreise für
industriell erzeugte F ertigw aren in der gleichen Zeit
um 10 “/o gestiegen. Das J a h r 1953 w urde zum A us­
gangsjahr fiir diesen Vergleich gewählt, w eil es das
erste halbw egs als N orm aljahr anzusehende Ja h r
w ar, in dem sich das durch die K oreakrise stark ge­
stö rte Preisniveau bereits w eitgehend beruhigt hatte.
Durch die A bnahm e der E xportpreise für Rohstoffe
und A grarprodukte, tra t in den Rohstoffländern in
den Jah ren 1958 bis 1961 ein M indererlös von 5,4
Mrd. $ ein, und durch den laufenden A nstieg der
Preise industrieller W aren entstanden ihnen bei ihrer
Einfuhr M ehraufw endungen in Höhe von 10,8 Mrd. $.
Insgesam t belief sich also der „Schaden" der Entwick­
lungsländer durch die V ersdilechterung der term s of
trad e auf rund 16 Mrd. $, d .h .,a u f jahresdurchschnitt­
lich rund 2,7 Mrd. $. D ieser durchschnittliche M inder­
erlös ist das Ergebnis ständig größer w erdender
Schäden.
H ilfeleistu n g en d e r In d u strie lä n d e r
Die Industriestaaten, v oran die USA, bem ühen sich,
die Rohstoffländer aus der wirtschaftlichen Sackgasse,
in die sie auf diese W eise zu g eraten drohen, h eraus­
zuführen. Sie haben ihnen in den Jah ren 1956 bis 1960
349
jahresdurcfaschnittlidi 2,8 Mrd. $ unentgeltliche Ka­
pitalhilfe gew ährt. Damit allein können aber die Roh­
stoffländer ihre A ufbauproblem e n id it lösen. Lang­
fristig w ird dies erst erreidit, w enn nidit n u r die
äußere, sondern audi die innere N adifrage nach den
Erzeugnissen ihrer Eigenproduktion w ädist und ihre
Produktionsfaktoren, nam entlidi die reichlich v orhan­
denen A rbeitskräfte, besser genutzt werden. Im V erein
mit den erforderlidien V eränderungen der Sozial­
struktur und einer rationelleren Einstellung zur A rbeit
und zu ihrem Ertrag können sidi dann die positiven
Beziehungen zw isdien der Sozialprodukterhöhung
und der inneren K apitalbildung sdirittw eise en t­
wickeln.
neuen Investitionen zurück. W äre nicht in m andien
Rohstoffländern die V italität der W irtsdiaft trotz alle­
dem so außerordentlich groß — als Beispiel sei auf
die Prototypen M exiko und Brasilien hingew iesen —,
so w äre es heute um den p riv aten K apitalim port der
Rohstoffländer aus Industriestaaten besorgniserregend
sd iled it bestellt.
Eine vornehm lidie Rolle spielt hierbei der A ußen­
handel. D ieser h at für das w irtschaftlidie W achstum
der m eisten Rohstoffländer Schlüsselbedeutung. Auf
der einen Seite muß die Einfuhr, insbesondere die­
jenige von K apialgütern, in den Rohstoffländern
sdineller als bisher ansteigen. Dies setzt voraus, daß
auf der anderen Seite die Industriestaaten ihre Ein­
fuhr aus den Rohstoffländern in beträditlidiem Um­
fang erhöhen. In der gegenw ärtigen weltpolitischen
Lage ist die w irtschaftlidie Notw endigkeit, daß die In­
dustrieländer ihre Einfuhr aus den Rohstoffländern b e­
günstigen, zugleidi auch eine politische Notw endigkeit.
2. Sicherung der Stetigkeit der Expapsion in den
Industriestaaten,
Zur unentgeltlidien staatlichen Kapitalhilfe m ödite
idi eine exkursorische Bemerkung einschalten. A udi
Rohstoffländer m üssen erkennen, daß ihnen n u r der
öffentliche verzinsliche K apitalim port,, w ie er in der
Form von A nleihen und in A usnahm efällen auch von
staatlichen D irektinvestitionen zustande kommt, und
der private K apitalim port durch D irektinvestitionen
und Kredite die von ihnen ersehnte wirkliche w irt­
schaftliche Souveränität verschafft, und sidi aufs äu­
ßerste bem ühen, ohne unentgeltliche H ilfsleistungen
von seiten der Industrieländer, auszukommen.
Damit soll nicht gesagt werden, daß unentgeltlidie
K apitalhilfe w ährend einer Ü bergangsperiode keine
Bedeutung besitzt. Ihr soll wohl die A ufgabe zufallen,
in Form direkter Zuschüsse und Beiträge an in tern a­
tionale O rgarüsationen vor allem im Bereidi der so­
genannten „Infrastruktur", und zw ar insbesondere
auf dem sozialen G ebiet (Volksgesundheit, Bildung
usw)., Investitionen zu ermöglichen, deren' Finanzie­
rung angesidits ihres besonderen C harakters trotz
ihrer vordringlichen N otw endigkeit auf keine son­
stige W eise erfolgen könnte oder sinnreich wäre.
Indessen scheint m ir die Einsicht w iditig zu sein, daß
in dem wirtschaftlichen A bhängigkeitsverhältnis der
Rohstoffländer von den Industrieländern solange
keine Ä nderung ein treten kann, als K apitalhilfe u n ­
entgeltlich gew ährt wird.
Inflationäre W irtschaft, soziale U nausgeglidienheit,
politisdie U nstabilität und wirtschaftlicher N ationalis­
mus gegenüber ausländischen U nternehm ungen des
Bergbaus, der Erdölförderung, der Plantagenw irt­
schaft und der öffentlidien V ersorgungsbetriebe
(Eisenbahnen, T elephongesellsdiaften, Elektrizitäts­
w erke usw.) halten das private A uslandskapital vor
350
Der A ußenhandel und die Stärkung der Innenm ärkte
haben für das w irtschaftlidie W adistum der m eisten
Rohstoffländer Sdilüsselbedeutung. Im einzelnen b ie­
ten sidi hierfür folgende M öglidikeiten;
1. Förderung der A usfuhr aus Rohstoffländern durch
handelspolitische Maßnahmen,
3. Diversifizierung des Exportangebotes in den Roh­
stoffländern,
4. V ergrößerung d er A bsatzm ärkte durch Stärkung
des Binnenhandels und durch regionale M arkt­
integration,
5. V ergrößerung des V erbraudies von Rohstoffen
durdi den Kampf der R ohstoffverarbeiter um die
M arktanteile ih rer Fertigprodukte,
6 A bsatzförderung für gewerbliche Erzeugnisse der
jungen Industrie der Rohstoffländer durch Im port­
handel und durch die Großbetriebsform en des
Einzelhandels in den Industriestaaten.
F ö rd eru n g d e r A u sfu h r au s R o h sto fflä n d e rn
d u r d i h a n d elsp o litisch e M a ß n a h m en
Die Entwicklung des W arenaustausches zwischen
Industrie- und Rohstoffländern hält mit dem W achs­
tum des A ußenhandels un ter den hochindustrialisier­
ten Staaten n id it Sdiritt.
Die Spannungen auf den Rohstoffm ärkten sind teils
die Folge stru k tu reller Überproduktion, und teils w er­
den sie durch die Praktiken der H andelspolitik erst
hervorgerufen. Eine Reihe von Produkten der Rohstoff­
länder w erden in den Industriestaaten in zunehm en­
den M engen selbst erzeugt. Das trifft nam entlich auf
die A grarprodukte Zucker, Ölfrüchte, Fleisch und
M olkereierzeugnisse zu. Bei diesen konkurrierenden
Produkten haben die Industriestaaten bis vor kurzem
wenig Rücksicht auf die volksw irtschaftlichen Belange
der Rohstoffländer geübt. Die Folgen äußern siich in
unbefriedigenden Preisen an den W eltm ärkten. Bei
zahlreichen Rohstoffen zeigt die Nachfrage w egen zu­
nehm ender Substituierung in den V erbraudierländern
sinkende Tendenz. Große R eserveläger tragen zur Er­
schwerung der Situation bei.
A uf keine inländische Konkurrenz in den Industrielän­
dern stößt die A usfuhr tropischer A grarprodukte. Ihre
Einfuhr k an n bei Einkom m enssteigerung in den V er­
braucherländern am ehesten mit steigender Nachfrage
rechnen.
In jü n g ster Zeit haben die GATT-Organisation, die
Regierung der USA und die EW G-W irtsdiaftskomm ission Initiativen entwidcelt, die auf eine W ende in der
handelspolitischen Behandlung der A nliegen der Roh1 9 6 2 /V I I I
Stoffländer und ih re r jungen Industrien schließen las­
sen. Insbesondere hat sich die GATT-Organisation
durch fruchtbringende Erörterung und praxisnahe Lö­
sungen schon zu w iederholten Malen bewährt.
Die R eaktion der GATT-Organisation ist audi gegen­
ü ber der Einfuhr gew erblidier Erzeugnisse aus Roh­
stoffländern n id it m ehr auf Absperrung gerichtet. Als
das zur F örderung und M ehrung der internationalen
A rbeitsteilung bestim m te W eltorgan kann das GATT
den Rohstoffländern w irksam e Hilfe bringen. A udi
die w irtsdiaftspolitisdien Memoranden der USA-Regierung und d er EWG-Kcxmmission lassen für den
A bsatz konkurrierender P rodukte eine W ende erhoffen.
D arin verpfliditen sich beide, auch bei konkurrieren­
den Produkten dafür Sorge zu tragen, daß die Roh­
stoffländer bei ihnen audi für diese Produkte A bsatz
finden sollen. Beide sehen in der Herstellung politi­
sd ie r Interessengem einsdiaften, die USA in M ittel­
und Lateinam erika durdi die Alianza para el Progresso, die EWG durdi ihre Abmadiungen mit den
afrikanisdien assoziierten Gebieten, ihre w eltpolitisd ie Entspannungsaufgabe. E i n Untersdiied ist ge­
gen über früheren Z eiten festzustellen. Die heute dis­
k u tierten M aßnahm en zielen mehr auf A usgleidiung
w ährend einer D bergangsperiöde ab. Ferner versucht
man, sie m it M aßnahnien zu koppeln, mit denen in den
Rohstoffexportländern eine größere w irtsdiaftlidie
V ielfalt gefördert w ird, dam it künftighin Selbstpro­
duktion die Einfuhr von Grundnahrungsmitteln e r­
setzt und das Exportangebot um neue ausfuhrfähige
Produkte bereid iert wird.
Predssdiw ankungen auf den Rohstoffmärkten haben
für die D urdiführung der Entwidclungsprogramme
w eittragende Folgen. Den internationalen Preisstabilisierungsm aßnahm en w aren bisher nur beschränkte
Erfolge besdiieden. Ihr Ziel ist, in den Zeiten steigen­
der W eltm arktpreise eine Preisabsdiöpfung vorzu­
nehm en und bei sinkenden Preisen Preisstützung in
G estalt garan tierter M indestpreise, Subventionen und
N ad ilässen der A usfuhrzölle zu gewähren, d. h. mit
anderen W orten gew isserm aßen dem M arkt entgegen­
zuarbeiten.
Die
A ußenseiter w erden von den V ereinbarungen nidit
betroffen, und bei ansteigender K onjunktur weiß auch
m andier Teilnehmer, diese zu um gehen oder aus der
Verpfliditung auszusdieiden. A uf die D auer sdilägt
bei Ü berproduktion, die das G rundübel der Sdiw ie­
rigkeiten ist, doch der aus dem V erhältnis von A n­
gebot und N adifrage gebildete Preis durch und er­
zwingt eine E insdiränkung der Produktion.
N un liegen die Dinge in der W elt aber so, daß bei
den heute em pfohlenen A usgleidism aßnahm en dei
politisdie C harakter n id it m ehr übersehen w erden
darf. Ausgleichsm äßnahmen ersdieinen deshalb nam entlidi im V erhältnis zu jen en Ländern, deren
W irtsdiaft auf nur w enigen Produkten beruht, als
eine politisdie N otw endigkeit. Die V ereinten N atio­
nen befürw orten entsprediende M aßnahmen, die
Internationale H andelskam m er ist dagegen.
Mit halben M itteln handelspolitisdier N atur k ann das
neue Ziel der Zusam m enarbeit zw isdien Industrdeund Rohstoffländern, die p artnersdiaftsähnlidien Cha­
rak ter tragen muß, n id it erreid it w erden. A ber idi
neige der A uffassung zu, daß sich im Ü bergang das
Freihandelsprinzip nid it ungezügelt ausw irken darf.
Sicherung e in e r stetig en W irtsch a ftsex p a n sio n
in d e n In d u striesta a te n
W enn das w irtsdiaftlidie W adistum in den Industrie­
staaten kontinuierlidi steigt, so bedeutet das für die
Rohstoffländer eine gleidim äßigere Entwidclung dei
N adifrage. Eine auf stetige Entwidclung g eriditete
K onjunkturpolitik m ittels k onstruktiver M aßnahm en
gegen überhitzungsersdieinungen und expansionsför­
dernden M aßnahm en in Zeiten der D epression in den
Industriestaaten ist deshalb eine Stütze für die Roh­
stoffländer. W ie abhängig die Rohstoffländer von
der N adifrageentw idclung in den Industrieländern
sind, zeigt sdion die T atsadie, daß Länder w ie Ka­
nada und die v o rderasiatisdien Erdölländer, deren
A usfuhrprodukte von den expandierenden Industrie­
ländern besonders gefragt w erden, ihre Investitions­
gütereinfuhr am m eisten steigern konnten, w ährend
Lateinam erika und Ozeanien, deren Produktion w egen
M
DEUTSCHE B U N D E S B A H N
unabhängig von Witterung und Jahreszeit für alle Güter
Ih r V erk e hrsunte r ne h m e n
Bundesbahndirektion Hamburg
1 9 6 2 A ^ III
3 51
des hohen A nteils an A grarprodukten von den
Industrieländern in geringerem Maße gefragt wird,
in der K apitalgütereinfuhr die geringste Zunahme
aufzuweisen haben.
In den USA w ird die K onjunkturpolitik seit Jah ren
mehr aktiv betrieben. In W esteuropa h at sie ihre
Bewährung noch nicht bestanden. Im vergrößerten
. W irtschaftsraum liegt eine bessere Möglichkeit, konjunkturpolitisdie iMaßnahmen gegen D epressionen
oder Überhitzungserscheinungen einzusetzen, die
dann audi eine größere Durchschlagskraft besitzen, als
w enn sie von den einzelnen Ländern vorgenom m en’
werden.
D iv e rtifizie ru n g d es E xp o rta n g eb o tes
in d e n R o h sto fflä n d e rn
Den Rohstoffländern ist es. nur in sehr begrenztem
Umfang möglich, durch V erbreiterung der Rohstoffpro­
duktion ihre K risenabhängigkeit zu mildern. Bezüglid i der Erhöhung der traditionellen Produktion in
den Rohstoffländern kann man verallgem einernd sa­
gen; Bei Produkten, deren W eltnachfrage nur relativ
rückgängig ist, mag die Erhöhung der Produktion v er­
tretb ar sein. Sie ist dagegen kaum, zum indest nur
schwer vertretbar, w enn die' W eltnachfrage absolut
rückgängige Tendenz hat.
durch eigens hierfür errichtete Forschungs- und Ersdiließungsgesellschaften und auf die Intensivierung
der landw irtsdiaftlichen Produktion durch Einführung
des vertragsm äßigen A nbaus von Industriepflanzen
sow ie durch Errichtung von B eispielsbetrieben und
Landmaschinenschulen,
Der M itteleuropäische W irtschaftstag m achte keine
eigenen G esdiäfte, griff aber als O rganisation ta t­
kräftig ein, wo es sid i um A npassung der A g rar­
erzeugung an den deutschen Einfuhrbedarf und den
Auf- oder A usbau von Industrien handelte. Er drängte
seine M itarbeit den Ländern des Südostens auch nicht
auf, sondern w urde erst tätig, w enn die Länder en t­
sprechende W ünsdie geltend machten.
Der M itteleuropäische W irtschaftstag nahm seine Pla­
nungen in Zusam m enarbeit und in A rbeitsteilung mit
Ländervereinen und wissenschaftlichen Instituten vor,
namentlich solchen, die sich mit Südosteuropa befaß­
ten. Dadurch w ar von vornherein die V oraussetzung
geschaffen, daß sow ohl A nregungen als au d i die A us­
führung von P lanungsarbeiten w eder einseitig unter
w irtschaftspraktisdien G esiditspunkten n odi einseitig
nach th eo retisd ier Einsicht erfolgte.
Die agrarw irtschaftlichen Ersdiließungsgesellschaften,beispielsw eise für Leinsaat in U ngarn u n d . für Soja
in Rumänien, sdilossen mit den Landw irten A nbau­
Es besteht aber die Möglichkeit, durch Aufnahme
verträge ab, w iesen ih n en das erforderlidie Saatgut
neuer P rodukte das Exportangebot vielfältiger zu ge- ■
zu. Eine fortw ährende Betreuung der Landw irte sorgte
stalten. Eine Diversifizierung des Exportangebotes ist
dafür, daß M ißerfolge m öglidist ausgeschaltet wurden.
in vielen Fällen schon bei besserer Exportpflege zu
Die Betreuung bezog sich auf alle Stufen, beginnend
erreichen. Das ist insbesondere bei solchen Rohstoffen
mit der A nlieferung der Saat, dem Zeitpunkt der
der Fall, deren A usfuhr bisher noch keine größere
Impfung des Saatgutes, dem A bstand der Saat, der
Bedeutung .besaß, deren internationale K onkurrenz­
Saatlese, der Düngung, der Bearbeitung der Pflanze
fähigkeit aber erreidibar erscheint. Deshalb kann die
und dem Ernten und Dreschen. Die Betreuung erfolgte
Erzeugung w eiterer Produkte als die d er traditio­
durch eine w eitverzw eigte O rganisation von Dorf­
nellen Rohstoffe nützlidi sein. Sie ist in den m eisten
agenten und Bezirksagronomen. Die D orfagenten kon­
Fällen ungleidi leichter zu erreichen als die Umstel­ trollierten den örtlichen Fortgang der A rbeiten, eine ge­
lung auf die industrielle Produktion.
ringe Zahl Bezirksagronom en überw achte deren A rbeit.
Idi m ödite hier an ein wirtschaftshistorisches Ereignis
erinnern, das in der W eim arer Zeit stattfand. Da­
mals herrschten in Südosteuropa ähnliche V erhält­
nisse, w ie w ir sie heute insbesondere in den aus der
K olonialherrschaft entlassenen jungen Staaten an ­
treffen. Die term s of trade zeigten eine ähnliche Ent­
widclung, wiie sie heute zwischen Industriestaaten und
Rohstoffländern besteht. Lange Türkenherrschaft h atte
den Fortschritt ihrer V olksw irtsdiaften im V ergleidi
mit den übrigen europäischen Staaten aufgehalten.
Das veranlaßte im Ja h re 1925 deutsche Firm en und
Banken, den M itteleuropäischen W irtschaftstag zu
gründen. Er w ar ein erfolgversprediender A nsatz zu
einer privatw irtsdiaftlich orientierten, von U nter­
nehm ergeist gelenkten und völlig unpolitischen. Ent­
wicklungshilfe. Bei seinen ersten Beratungen ü ber­
wog der Gedanke, regionale Präferenzen in G estalt
regionaler A usnahm en von der M eistbegünstigung zu
vereinbaren, ähnlich w ie sie im V erhältnis zwischen
den K olorualm äditen und ihren ausländischen Be­
sitzungen bestanden. A ber schon bald lenkte er seine
T ätigkeit auf die Erschließung von Bodensdiätzen
352
Da die Lieferungen in bar bezahlt wurden, w ährend
für die deutschen G egenlieferungen von Investitions­
gütern m eistens langjährige Fristen gew ährt wurden,
wuchsen die Clearing-G uthaben der südosteuropäi­
schen Länder. So kam es, daß die aufgelaufenen Forde­
rungen bisw eilen m ehrfadi überdeckt waren.
Der bilaterale W aren au stau sd i zw isdien dem ehe­
m aligen Deutschen Reicff und den einzelnen D onau­
staaten führte dam als zu einer Steigerim g des gegen­
seitigen W arenverkehrs. Die A nw endung des glei­
chen Prinzips auf den A ußenhandel zwischen Indu­
striestaaten und Rohstoffländern m üßte audi heute
Erfolge zeitigen. N ur müßten heute die Industrie­
staaten auf m ultilateraler Ebene handeln, und ihre
Hilfe m üßte zeitlidi auf eine Ü bergangsperiode b e­
grenzt sein.
W enn die in den traditionellen Rohstoffbereichen lie­
genden M öglichkeiten ausgesdiöpft sind, k ann nur
noch Industrialisierung A rbeitsplätze schaffen. M an
k ann von den politisch erw aditen Ländern nicht er1 9 6 2 /V I I I
. w arten, daß sie ihre wirtschaftlidie Entwidiliing den
P rinzipien der bisherigen internationalen A rbeits­
teilu ng in Rohstoff- und Industriestaaten opfern. ?ie
w issen, daß Industrialisierung ih re rüdsständigen
V olksw irtsdiaften in höhere V erarbeitungsstufen
rüdct und laten te Arbeitslosigkeit, w ie sie nam entlidi
in sta rk bevölkerten G ebieten unerträgliche Ausmaße
angenom m en hat, absorbiert. Diversifizierung der
A grar- und Rohstoffproduktion, die sidi mit dem
A ufbau verarb eiten d er Industrien und der erforder­
lichen H andels- und Verkehrsunternehm ungen v e r­
bindet, führt n id it nur zur Erhöhung des V olksein­
kom m ens, sondern bedeutet eine w irtsdiaftliche und
politische N euordnung für die westliche W elt. Die
in d u strielle A rbeitsteilung zwisdien hodientw idcelten
In d u striestaaten und den nichtindustrialisierten Län­
d ern ist unverm eidlidi. Aufgabe der Politik ist es,
u n sere W irtsdiaft und die öffentlidie M einung auf
diesen W andlungsprozeß vorzubereiten.
G ew iß verfügen die jungen Industrieländer über den
P roduktionsfaktor A rbeit in reidilidier Menge, und
deshalb sind ihre Aufwendungen für Löhne und Ge­
h ä lte r niedriger als in den hodientwickelten Industrie­
staaten. D araus entsteht ein Niedriglohnproblem und
aus diesem ein Niedrigpreisproblem. D araus den V or­
w urf des Dumjjing oder des unlauteren W ettbew erbs
abzuleiten, ist ungereditfertigt. D iese Sdiw ierigkeiten
dauern niidit ' ewig. Der F o rtsd iritt des Lebensstan­
dards läßt auch in jungen Industrieländern die Ge­
stehungskosten ansteigen. Das zeigt die jüngste Ent­
wicklung der japanisdien Exportpreise. Dem A npas­
sungsprozeß der Produktions- und K ostenverhältnisse
u n besdiränkten Lauf zu lassen, k ann andererseits ganze
Industriezw eige in den alten Industrieländern v e r­
nichten. M arktordnende M aßnahmen, die den Zwedc
verfolgen, Ü bergangsperioden zu bew ältigen, ersdiei­
nen in diesem Falle als eine N otw endigkeit. Sie v er­
stoßen n id it gegen die Prinzipien der M arktw irtsdiaft.
Sie w ürden darin bestehen . müssen, den jungen In­
dustrieländern progressiv ansteigende Exportmaxima
zuzusidiern. Die GATT-Organisation h at erstm alig im
Jah re 1960 für Baum w ölltexlilien diesen G edanken
auf gegriffen. Die V erhandlungen führten 1961 zu
einem Abkommen über den internationalen H andel
mit W olltextilien, dessen Präam bel die Notw endigkeit,
den jungen Industrieländern steigende Absatzmöglidikeiten für Fertigw aren zu bieten, anerkennt. V or­
h er h at die Internationale H andelskam m er den Grund­
satz, die reid ien M ärkte für gewerbliche Erzeugnisse
aus w eniger begünstigten Ländern zu ö ffnen,' gebil­
ligt, und zw ar auf dem W eltkongreß 1961 in Kopen­
hagen. V or kurzem h at die GATT-Organisation auf
VICTORIA
VE RS I CH E R U N GS G R U P P E
Ende 1961:
7726000
Leb en s‘, Unfall-^ HaffpfUchf^r Krafifahrt-/ R e ch tssch u tz ;
Sach-und Transport-Versicherungen
3^7 M illiarden DM
Lebensversicherungsbestand
1 9 6 2 /V I I I
353
W unsch einzelner Rohstoffländer die Liste der H aib­
und Fertigfabrikate, deren Eihfuhrerschw ernisse in
den Industriestaaten auf Art, Umfang und W irkung
untersucht w erden sollen, von drei auf elf industrielle
Erzeugnisbereiche ausgedehnt.
V ergrößeru n g d e r A b sa tzm ä rk te durch S tä rk u n g d es
B in n en h a n d els u n d durch re g io n a le M a rk tin teg ra tio n
Die tertiäre Beschäftigung des H andels nimmt ,in den
m eisten Rohstoffländern an der W ertschöpfung einen
ungerechtfertigt hohen A nteil in Anspruch. Der H an­
delsapparat ist in den m eisten Rohstoffländern ü ber­
besetzt, obwohl w egen des hohen G rades von Selbst­
versorgung der Bedarf an H andelsleistungen relativ
geringer als in den Industriestaaten ist. Deshalb geht
auch von der Förderung der V erm arktung in diesen
Staaten eine dynamische W irkung auf die gesam t­
wirtschaftliche Entwicklung aus.
H andelshilfe haben beispielsw eise am erikanische
Investoren der m exikanischen V olksw irtschaft durch
Errichtung von Selbstbedienungszentralen geleistet,
deren kostengünstige W arenbeschaffung und W aren­
verteilung alsbald zur Senkung der hohen Gewinn­
spannen in der Lebensm ittelversorgung der m exika­
nischen Städte führten. In anderen K onsum güterbe­
reichen haben französische Investoreil zeitlich früher
eine ähnliche W irkung erzielt, und beide neuen Groß­
betriebsform en des Einzelhandels haben die Errich­
tung einer großen A nzahl von Zulieferproduktions­
stätten erst angeregt.
N ur große V erbraucherm ärkte bieten die M öglichkeit,
die Industrialisierung in Rohstoffländern auf kosten­
günstiger Ebene voranzutreiben. Bei zu niedrigen
K apazitätsgrößen und zu niedriger K apazitätsausnut­
zung lohnt sich die mit hohem K apitalaufw and v e r­
bundene Industrialisierung nicht. Sie verzerrt das
innere Preisgefüge und schadet mehr, als die Im port­
substitution den Volksw irtschaften V orteile verschafft.
M arktenge unterbricht den Industrialisierungsprozeß,
zum m indesten verzerrt sie seine Entwicklung.
Diese Zusam m enhänge führen die heute noch in den
Anfängen des Industrialisierungsprozesses stehenden
Rohstoffländer gebieterisch zur wirtschaftlichen Zu­
sam m enarbeit untereinander. Je nach ihrer w irtschaft­
lichen V erflechtung und der K om plem entarität ihrer
W irtschaftstrukturen ergeben sich aus ihrer nachbarli­
chen Zusam m enarbeit bedeutsam e Impulse. Regionale
M arktzusammenschlüsse machen die Im portsubstitu­
tion lohnender. Die Integrationsbew egungen in Ü ber­
see sind nicht nur aus der Reaktion gegen die euro­
päische Integrationsbew egung entstanden. Sie leiten
einen Prozeß ein, der die Rohstoffländer aus der Pa­
rallelstruktur ihres A ußenhandels befreit und eine für
sie neue kom plem entäre W irtschaftsstruktur begrün­
det. W o sich der innere Absatz nicht vergrößert und
der w eltw eite W arenaustausch stagniert, bleibt für
die Rohstoffländer kaum ein anderer A usw eg als der
des nachbarlichen Zusammenschlusses. Ein M arkt ist
für Industrieerzeugnisse genügend groß, w enn er ge­
nügend V erbraucher besitzt. Aus diesem Grund muß,
354
solange große Teile der Bevölkerung m angels Ein­
kommen und niedrigem Zivilisationsstand als Ver­
braucher ausscheiden, die Integration von vornherein
großräum iger geplant werden.
Auch hier ist eine Parallele zu den Bemühungen des
schon erw ähnten M itteleuropäischen W irtschaftstages
am Platze. Schon die sechste M itteleuropäische W irt­
schaftstagung von 1931 gab der Überzeugung A us­
druck, daß die H erstellung enger wirtschaftlicher Be­
ziehungen zwischen Staaten, die durch m ittelbare
oder unm ittelbare Nachbarschaft verbunden sind, wie
es dam als bei den Ländern Südosteuropas der Fall war,
ihre wirtschaftliche Entwicklung wesentlich fördert.
Die Tagung trat dam als einm ütig für den Abschluß
regionaler Abkommen zwischen den Staaten M ittel­
und Südosteuropa ein.
W enn eines Tages m ehrere zollunierte Blöcke in der
nichtkommunistischen W elt existieren, w erden sie
sich wahrscheinlich untereinander leichter auch über
die M eere hinw eg verständigen und gegenseitig zu
einer neuen Politik gelangen. A lsdann liegt es mehr
an den Empfängerländern, sich auf regionaler Ebene
über die V erw endung von H ilfsleistungen zu einigen,
was insbesondere bei der Planung optim aler Stand­
orte von P roduktionsstätten von Bedeutung ist.
V erg rö ß eru n g d e s R oh stoffverbrau ch es du rch d en
K a m p f d e r R o h sto ff V erarbeiter um ih re M a rk ta n te ile
V erbraucher w erden nicht nur durch Q ualität und
Preis, sondern auch durch unbew ußte und u n terb e­
w ußte M otive beeinflußt, neue Produkte zu erw erben
und die bisher verbrauchten w eiterhin zu beziehen
oder ihren V erbrauch zu steigern. H ersteller von
Konsum gütern sind daher darauf angew iesen, ständig
m it Hilfe system atischer V ertriebam aßnahm en um die
K aufkraft der anonym en V erbraucher zu ringen. Die
M ittel hierfür sind M arktforschung, W erbung, V er­
kaufsförderung und V ertriebskostenrechnung. Die
M arktforschung bedient sich hierbei quan titativ er und
q ualitativer Beobachtungsinstrum ente. Im ersten Fall
sind es Erhebungen, die bei repräsentativen Bevöl­
kerungsausschnitten durchgeführt w erden, im letzteren
Fall geschieht dies durch Produktforschung und M otiv­
forschung. Durch fortlaufende Beobachtung der V er­
brauchsentwicklung in den H aushaltungen und der
Käufe und V erkäufe im Groß -und Einzelhandel v er­
schaffen sich die rohstoffverarbeitenden U nternehm un­
gen der Industriestaaten die Grundlagen, auf denen sie
ihre A bsatzpläne und ihre absatzfördernden M aßnah­
m en aufbauen.
A b sa tzfö rd e ru n g fü r gew erb lich e E rzeu gn isse d e r R oh '
sto fflä n d er durch Im p o rth a n d e l u n d G ro ß b etrieb s­
fo r m e n d es E in zelh a n d els in d e n In d u strie sta a te n
Zwischen den Produzenten in Rohstoffländern und
dem Binnenhandel in den Industriestaaten kann der
nationale und internationale Im porthandel eine w irk­
same Hilfe leisten. Die U m satztätigkeit der europäi­
schen Ein- und A usfuhrhandelshäuser, nam entlich der
in den großen H afenplätzen niedergelassenen Häuser,
findet überw iegend mit überseeischen M ärkten statt.
1 9 6 2 /V I I I
Ih re bew iesene Fähigkeit liegt in der raschen Um“stellung auf notw endige Sortim entsveränderungen
und Ä nderungen der Absatzmärkte und A bnehm er­
kreise. Es ist geradezu ihre traditionelle Funktion, stän­
dig Ersatz für entgangene Gesdiättsgelegenheiten zu
finden. H eute w ird ihnen eine Chance geboten, die
ih rer geschäftlichen S truktur besonders gemäß ist,
nämlich für die gew erblichen Erzeugnisse der jungen
Industrien in überseeisdien Ländern Exportm ärkte zu
erschließen. Das bedeutet für diese eine H andelshilfe
von erstrangiger Bedeutung. Ähnliches gilt für den
D irektim port der Großbetriebe des Einzelhandels
(W arenhäuser, Filialbetriebe und Freiwillige Ketten),
d er eine zunehm ende Tendenz zeigt und in beträcht­
lichem Umfang über gemeinsame internationale Ein­
k aufszentralen geleitet wird.
Ein H andicap ist, daß junge Industrien zunädist w enig
g ew illt sind, sidi mit Exportgesdiäften abzugeben,
ein er G esdiäftsart, deren N utzen weniger in G ew inn­
erzielung als in besserer Kapazitätsausnutzung, also
in d er K ostendegression liegt. Anderes kommt hinzu.
H äufig fallen ln den jungen Industrien die Erzeug­
nisse v ersdiieden aus. Damit läßt sich kein ko n ­
tinuierlicher Export durdiführen. Junge Industrien
w ollen es häufig n id it wahrhaben, daß zur H erstel­
lung beständiger Handelsbeziehungen m ustergetreue
und term ingerechte Vor-, Haupt- und N achlieferungen
w ichtige V oraussetzungen sind. Junge Industrien v e r­
nachlässigen m eistens auch das individuelle Angebot.
Die K orrespondenz, die sich daraufhin entwickeln
w ürde, w ürde sie über die Einkaufswünsdie und über
die G ründe der A blehnung ihrer ersten A ngebote
aufklären. Das b edeutet ebenfalls H andelshilfe für
junge Industrien. A udi Im porteure, W arenhäuser und
Freiw illige K etten w ollen inform iert werden.
Um ihre A ngebote auf den Geschmack und die K äufer­
gew ohnheiten der großen Industriestaaten auszurich­
ten, bleibt es den jungen Industrien nicht erspart, auf
diesen M ärkten M arktforsdiung zu treiben. Das gilt
insbesondere für die problem reiche Gemeinschafts­
werbung. Sie w urde vor einem Ja h r seitens der 28
Kaffee erzeugenden Länder erstm alig in der Bundes­
republik D eutsdiland auf genommen. Ihre Aufw en­
dungen betrugen für die A nzeigenw erbung brutto
1,2 Mill. DM. Die K akaoexportländer treiben diese
W erbeart nicht, obgleidi einige K akaoexportländer
nationale Propagandafonds unterhalten. Bei Tee —
um dieses Beispiel zu erw ähnen — existiert eine Gem einsdiaftsw erbung der E xportländer sdion seit vier
len Jahren.
V iele G roßbetriebe des Einzelhandels in den Indu­
striestaaten im portieren heute selbst. U ber sie besteht
die M öglidikeit, überseeische P rodukte in Einzel­
handelsm engen verkaufsfertig und abgepackt z. B. als
T iefkühlw are zu liefern und über Tiefkühlanlagen
ohne W eiterverarbeitung dem Konsum enten anzubie­
ten. D erartige A ngebote entsprechen den modernen
W ünschen des europäisdien Handels. Eine H andels­
hilfe durdi den H andel etw a in der Form der V er­
gebung langfristiger A ufträge ist dagegen nid it mög­
lich. Der H andel kann w egen der sdinellen W and­
lungen auf seinen A bsatzm ärkten sein Sortim ent nidit
auf Ja h re planen.
Die Bewältigung des Hungers als Problem der Entwicklungsplanung
Prof. Dr. O tto Sdiiller, Bonn
Planung des w irtsdiaftlidien Fortschrittes ist in
D iedenjenigen
Entwicklungsländern besonders er­
schwert, in denen die ländlidie Übervölkerung dazu
geführt hat, daß ein großer Teil der A grarbevölkerung
am Rande des Existenzminimums lebt und ständige
U nterernährung eine weitverbreitete Ersdieinung ist.
Die Sdiaffung neuer Arbeitsplätze im nichtlandwirt. sd iaftlidien Bereich ist daher in diesen Ländern ein
dringendes Erfordernis, um möglidist v ie le n 'A rb e its­
k räften den Ü bergang aus der Landwirtschaft in andere
Berufe zu erm öglidien. D ieser Übergang ist aber audi
m it ernährungsw irtsdiaftlidien Problemen eigener A rt
verbunden, die leid it übersehen werden, w enn man
von M aßstäben ausgeht, die in anderen Ländern gelten.
E m äh ru n gsw irtsch aftlich e B ilanz b ei B eru fsw ech sel
U nter norm alen Um ständen wird die ernährungsw irtsd iaftlidie Bilanz eines Landes von V eränderungen in
der beruflichen G liederung seiner Bevölkerung nur
insow eit berührt, als die Ernährungsbedürfnisse je
n ad i der Berufsausübung verschieden sind. W echseln
1 9 6 2 /V I I I
Personen aus der Landw irtsdiaft in städtische Berufe
über, so ergibt sidi zw ar ein erhöhter N ahrungsbedarf
im städtischen Bereich, der aber einigerm aßen kom­
pensiert w ird durch den entsprechend verm inderten
N ahrungsbedarf im agrarischen Sektor. In Gebieten
der U nterernährung muß jedoch in B etradit gezogen
w erden, daß ein M ehrverbraudi eintritt, w enn aus dem
H aushalt einer ländlichen Familie ein Familienm itglied
in einen anderen Beruf abw andert, w eil nämlich die
verbleibenden Fam ilienm itglieder die Chance w ahr­
nehmen, das N ahrungsdefizit zu beseitigen und sich
satt zu essen.
M an k ann also nicht dam it rechnen, daß die M arktübersdiüsse ländlidier Bezirke in G ebieten der U nter­
ernährung in dem selben Umfange steigen, w ie sich
dort die Zahl der N ahrungskonsum enten verm indert.
Das bedeutet aber, daß durch die A bw anderung vom
Lande n id it nur ein V erteilungsproblem aufgeworfen
wird, indem gew isse Nahrungsm engen, die bisher d o r t'
verzehrt wurden, wo sie produziert sind, nunm ehr zu
städtisdien M ärkten transportiert w erden müssen. Es
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