Landwirtschaftskammer NRW Münster, 27.06.2016 Referate Landbau und Pflanzenschutz Nevinghoff 40, 48147 Münster Redaktion: Tobias Schulze Bisping Seitenzahl: 4 Empfehlungen zum Pflanzenbau und Pflanzenschutz im Rheinland und in Westfalen‐Lippe Überwiegend bewölkt mit Temperaturen um 27 °C. Vereinzelt sind Schauer möglich. Kartoffeln: Krautfäule, Kartoffelkäfer und offene Lentizellen Aktuell tritt in allen Regionen Nordrhein‐Westfalens Krautfäule auf. Dabei geht ein besonders hohes Infektionspotential von den Ausfallkartoffeln aus. Aufgrund der ergiebigen Niederschläge hat sich in den Regionen Kleve/Wesel und Heinsberg/Viersen die Krautfäule innerhalb weniger Tage explosionsartig ausgebreitet. Auch in Beständen die mit hochwirksamen Kombinationen aus lokalsystemischen und sporiziden Fungiziden behandelt wurden, ist Befall zu finden. Auffallend ist dabei der hohe Anteil an Wipfelbefall. Durch die feuchtwarme Witterung sind die Bestände zurzeit sehr wüchsig und bilden schnell Neuzuwachs aus. Deswegen sind aktuell kürzere Spritzabstände von 5 bis maximal 7 Tage angeraten, damit auch der Blattneuzuwachs bzw. die Wipfel ausreichend geschützt sind. Für Stoppspritzungen bevorzugt die cymoxanilhaltigen Fungizide (z.B. Proxanil, Carial Flex, Tanos, Curzate M WG, Zetanil M) in Kombination mit Ranman Top oder fluazinamhaltigen Produkten (z.B. Shirlan, Banjo, Carneol, Nando, Terminus, Winby) in vollen Aufwandmengen einsetzen. Die Stoppspritzungen in kurzen Abständen von 3 Tagen mehrfach wiederholen. Da die meisten Krautfäulefungizide mit einem Spritzabstand von sieben Tagen zugelassen sind, bei kürzeren Abständen die Produkte wechseln. Aufgrund des hohen Infektionsdrucks wurde in den letzten Wochen häufig Proxanil eingesetzt, deswegen kann die im Handel noch vorhandene Ware schnell ausverkauft sein. Alternativ zu Proxanil plus Ranman Top kann auch die Dreiermischung aus Infinito 1,2 l/ha plus Curzate M WG 2,5 kg/ha plus Ranman Top 0,5 l/ha verwendet werden. Massiver Wipfelbefall am Versuchsstandort in Schwalmtal. Innerhalb von 3 Tagen stieg der Befall von < 1 % auf 45 %. Mittlerweile tritt auch in den behandelten Parzellen hoher Befall auf. Unter diesem hohen Befallsdruck zeigt sich das Leistungspotential der einzelnen Fungizide. (Foto: Benker) Wie entsteht Wipfelbefall? Entweder indem der Erreger aus latent infizierten Knollen im Stängel hochwächst oder durch Zuflug von Sporen auf ungeschützten Blattneuzuwachs. In diesem Jahr sind beide Wege möglich. Der Pilz kann bei hoher Bodenfeuchte/Staunässe von einer infizierten Pflanzknolle aus im Stängel direkt nach oben wachsen, aber auch auf der Oberfläche dieser Knolle sporulieren. Die Sporen können sich dann über das Bodenwasser weiter verbreiten, benachbarte Pflanzknollen infizieren, dort im Stängeln hochwachsen und weiteren Stängel‐ und Wipfelbefall verursachen. Es entstehen die typischen Krautfäulenester, im Extremfall großflächiger Stängel‐ und Wipfelbefall. Nach bayerischen Untersuchungen sind etwa 10 % der Pflanzknollen latent mit dem Krautfäuleerreger infiziert. Je nach Witterung entscheidet sich, ob sich daraus ein Stängelbefall entwickelt. In den meisten Jahren entwickelt sich kein Stängelbefall. Fallen aber über mehrere Tage ergiebige Niederschläge oder herrscht hohe Bodenfeuchte/Staunässe vor, ist etwa 10 bis 14 Tage später mit Stängel‐ und Wipfelbefall zu rechnen. Wipfelbefall (Foto: Benker) Die Witterung der letzten Tage war für die Kartoffelkäfer optimal, die Larvenzahlen haben stark zugenommen. Die Bekämpfungsschwelle liegt bei 15 Larven je Pflanze. Eingesetzt werden können z.B. Actara 80 g/ha, Biscaya 300 ml/ha, Coragen 60 ml/ha, Dantop 35 g/ha, Decis forte 50 ml/ha, Mospilan SG 125 g/ha, SpinTor 50 ml/ha oder Spruzit Neu 8 l/ha. Als biologische Produkte stehen NeemAzal‐T/S 2,5 l/ha und Novodor 5 l/ha zur Verfügung. Bienenschutzauflagen beachten. Blattläuse bereiten im Augenblick keine Probleme. Auf Standorten mit hoher Bodenfeuchte weisen die Kartoffeln zurzeit offene Lentizellen auf. In diesem Fall bei Frühkartoffeln die Krautminderung ggf. verschieben, da sich die Lentizellen nach der Maßnahme u.U. nicht mehr schließen, verkorken und die Kartoffeln dann nicht mehr vermarktbar sind. Bestände und Erntegut beobachten, denn über offene Lentizellen können Nassfäuleerreger und Rhizoctonia in die Knollen eindringen. (Foto: Benker) Grünland: Distel‐ und Ampferbekämpfung nicht vernachlässigen Die Witterung der letzten Woche führte dazu, dass in weiten Teilen von NRW noch kein Heu geerntet werden konnte. In dem jetzt überständigen Gras reifen auch die Unkräuter wie Distel und Ampfer heran. Im Gegensatz zu Disteln, die leicht mit zum Beispiel 2 l/ha U 46‐ M fluid kurzfristig bekämpft werden können, wird die Bekämpfung des Ampfers nur langfristig möglich sein. Ampfersamen ist im Boden über Jahre keimfähig, selbst durch die Darmpassage der Tiere oder in der Gülle leidet die Keimfähigkeit nicht. Deswegen müssen alle Register gezogen werden eine dichte Narbe zu erzeugen. Auf Flächen die Ampferbewuchs aufweisen, sind Bekämpfungsmaßnahmen im nächsten Aufwuchs vorzunehmen. Im Sommer sollte bevorzugt zugelassene fluroxypyrhaltige Präparate wie zum Beispiel Lodin eingesetzt werden. Bei breiterer Verunkrautung ist Ranger zu bevorzugen Samenreife Ampferpflanzen im Bestand (Foto: E. Winkelheide) Ackerbohnen: nesterweise Virusbefall zu erkennen Ackerbohnen mit Virus (Foto: E. Winkelheide) Viren werden durch Blattläuse übertragen. Es gibt unendlich viele Viren, die die Pflanzen schädigen können. Zwei in der Literatur beschriebene wichtige Viruskrankheiten in Ackerbohnen sind die Blattrollkrankheit und das Gewöhnliche Ackerbohnenvirus. Beim Blattrollvirus werden die Blätter grünlich bis gelb, stehen im spitzen Winkel nach oben und sind tütenförmig nach oben eingerollt. Dieser Virus ist persistent und bleibt in der übertragenden Laus ein Leben lang bestehen. Beim Gewöhnlichen Ackerbohnenmosaikvirus sind die Blätter hell bis dunkelgrün gescheckt. Die Ränder der Blattflecken sind deutlich begrenzt. Dieser Virus ist nicht persistent, das heißt, dass der Virus zwar von der Laus aufgenommen wird, beim nächsten Probestich jedoch größtenteils wieder ausgeschieden wird. Das Virus hat etwa 150 Wirtspflanzen unter anderem Klee und Luzerne. In diesem Jahr haben durch den milden Winter viele Blattläuse überlebt. Sie konnten den Virus aufnehmen und in die Bestände einbringen. In gewöhnlichen Jahren sind nur Einzelpflanzen betroffen. In diesem Jahr sind jedoch nesterweise 1 ‐ 2 m² große Flecken zu erkennen, die im Wuchs zurück bleiben. Zuckerrüben: Wildrüben und Schosser frühzeitig bekämpfen Wildrüben aus nicht bereinigten Kulturschossern treten zunächst nur in kleinen Nestern auf und werden leicht übersehen. Sie führen wegen der starken Vermehrung innerhalb weniger Jahre zu einer massiven Verunkrautung der Flächen, die dann kaum noch für den Zuckerrübenanbau geeignet sind. Sobald Rübenpflanzen außerhalb der Reihen zu finden sind, unbedingt mit den Bekämpfungsmaßnahmen beginnen. Bei kleineren Nestern und innerhalb der Rübenreihen kann dabei die Handhacke zum Einsatz kommen. Sind schon größere Flächenanteile mit Wildrüben belastet, ist der Einsatz der Maschinenhacke die sinnvollste Maßnahme zur Lösung des Problems. Je nach Stärke der Belastung muss die Hacke auch mehrfach eingesetzt werden. Die Wildrüben jetzt Zeitpunkt einfach wachsen zu lassen und später die Schosser per Hand zu beseitigen, scheitert meist an nicht vorhandenen Arbeitskapazitäten. Zuckerrüben: Blattkrankheits‐ Monitoring startet Das wöchentliche Blattfleckenmonitoring wird wieder durchgeführt. Jeweils am Mittwoch finden Sie auf der Internetseite der Landwirtschaftskammer NRW unter www.isip.de die aktuellen Erhebungsdaten von über 100 Rübenschläge aus NRW. Bisher wurden keine Blattkrankheiten gefunden. Auf keinen Fall vorzeitig behandeln, da die Bekämpfungsschwelle für pilzliche Blattkrankheiten noch nicht erreicht ist. Sie liegt bis zum 31.Juli bei 5 % Befallshäufigkeit (5 von 100 Blättern aus dem mittleren Blattkranz zeigen Befall). Zudem ist die Dauerwirkung der Mittel begrenzt und darüber hinaus verbietet die aktuelle heiße Witterung eine Behandlung. Achtung: Nach den letzten Starkregen‐ ereignissen sind vereinzelt bakterielle Blattflecken (Pseudomonas syringae) zu finden. mit pilzlichen Blattflecken, wie Cercospora zu verwechseln. Eine sichere Diagnose kann letztlich nur mit einer Lupe erfolgen, bei der die durch Pilze verursachten Schäden deutlich an ihren Sporen und Konidien zu erkennen sind. Bakterien sind nicht bekämpfbar, aber auch nicht bekämpfungswürdig, da sich der Schaden normalerweise schnell auswächst. Bakterielle Blattflecken (Foto. E. Winkelheide)
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