Immobilienwirtschaft 2016 ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. Sören Reckwardt Aktuelle Umsatzsteuerthemen bei der Fondsverwaltung Umsatzsteuerbefreiung, Verwaltungsbegriff und Vorsteuerabzug D er EuGH hatte jüngst über die Auslegung der umsatzsteuerbefreiten Verwaltung von Sondervermögen zu befinden: Das Urteil führt zu Handlungsbedarf beim deutschen Gesetzgeber. Die entsprechend geplante Änderung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG im Regierungsentwurf zum Investmentsteuerreformgesetz lässt jedoch Wünsche offen. In diesem Zusammenhang soll zugleich die Systematik des Vorsteuerabzugs bei Kapitalverwaltungsgesellschaften, deren Investmentvermögen Immobilien umsatzsteuerpflichtig vermieten, näher beleuchtet werden. Fondsverwaltung nach Fiscale Eenheid X N.V. vermögen spezifisch und wesentlich seien. Der deutsche Der EuGH hat in seinem mit Spannung erwarteten Urteil Gesetzgeber befreit hingegen nur die Verwaltung von In- vom 9.12.2015 (Rs. C-595/13) entschieden, dass die in vestmentfonds i.S.d. InvStG von der Umsatzsteuer (§ 4 der MwStSystRL vorgesehene Umsatzsteuerbefreiung Nr. 8 Buchst. h UStG), d.h. im Wesentlichen OGAW sowie für die Verwaltung von „Sondervermögen“ grundsätzlich Investmentvermögen. Geschlossene Fonds werden in der (rechtsformunabhängig) jegliche regulierte Anlageformen Regel nicht begünstigt. Der EuGH stellte jedoch klar, dass umfasse. Das sind im Ausgangspunkt die Organismen für unter dem Begriff „Sondervermögen“ nach unionsrechtli- gemeinsame Anlagen in Wertpapiere, sog. OGAW. Dane- chem Verständnis auch geschlossene Alternative Invest- ben unterfallen der Umsatzsteuerbefreiung Investitionsve- mentfonds zu verstehen sind. Damit ist die aktuell gültige hikel, die mit den OGAW grundsätzlich vergleichbar sind, deutsche Regelung offenkundig europarechtswidrig. Um- so dass sie mit ihnen im Wettbewerb stehen. Neben der satzsteuerbescheide betroffener Fonds sollten ggf. offen Poolung von Kapital zu Investitionszwecken und der Er- gehalten werden. tragsbeteiligung der Anleger sei vor allem maßgeblich, dass das in Rede stehende Anlagevehikel besonderer Auswirkungen des Regierungsentwurfs zum staatlicher Aufsicht unterliege, die in Anlehnung an die Investmentsteuerreformgesetz OGAW-Richtlinie, u.a. gemeinsame Mindestanforderungen Deshalb war zu hoffen, dass der Gesetzgeber im Zuge für Zulassung, Struktur, Geschäftstätigkeit und Informa- des Investmentsteuerreformgesetzes Abhilfe schafft. Am tionsveröffentlichungspflichten umfasse. In diesem Sinne 24. Februar 2016 billigte das Bundeskabinett den entspre- vergleichbar dürften sämtliche regulierten AIF sein. chenden Gesetzesentwurf. Von der Umsatzsteuer soll nunmehr auch die Verwaltung Alternativer Investmentfonds 30 Darüber hinaus äußerte sich der EuGH zum Begriff der i.S.d. § 1 Abs. 3 K AGB befreit sein. Der Gesetzestext „Verwaltung“ und urteilte, dass die tatsächliche Bewirt- schränkt den Anwendungsbereich der Umsatzsteuerbefrei- schaftung von Immobilien keine steuerfreie Verwaltungs- ung jedoch zugleich wieder ein, indem nur geschlossene tätigkeit für Immobilienfonds darstelle. Der Umfang der Fonds die mit OGAW vergleichbar sind, erfasst werden. Zur Umsatzsteuerbefreiung sei auf Verwaltungsdienstleistun- Bestimmung der Vergleichbarkeit werden sieben Merkma- gen beschränkt, die ein im Großen und Ganzen eigenstän- le in der Gesetzesbegründung angeführt (u.a. Grundsatz diges Ganzes bilden und für die Verwaltung von Sonder- der Risikostreuung und Vorhandensein mehrerer Anleger), ZIA Geschäftsbericht 2016 31 die der Verwaltungsleistung zuzurechnen sind, und solchen die der (umsatzsteuerpflichtigen) Vermietungsleistung dienen. Während für erstere in der Regel keine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht, ist diese für letztere bei umsatzsteuerpflichtiger Vermietung gegeben. Diese Unterscheidung der Leistungen entspricht dem Unterschied zwischen der Vergütung der KVG für die Verwaltung des Immobilienfonds und dem vom Investmentvermögen geschuldeten Aufwendungsersatz. Letzterer wird geschuldet, wenn die KVG für das (rechtlich unselbstständige) Investmentvermögen Leistungen Dritter zwar im eigenen Namen aber für Rechnung des Investmentvermögens beauftragt. Diese Eingangsleistungen sind den Vermietungsumsätzen zuzuordnen. Dabei erfolgt die Zurechnung entsprechend der allgemeinen Regeln (ggf. entsprechend der Quote) abgestuft zum einzelnen Mietverhältnis, zu einer bestimmten Immobilie oder einem bestimmten Immobilien- Gerichtshof der Europäischen Union portfolio bzw. Investmentvermögen. nahme von Anwaltsleistungen als von der KVG erbrachte Leider befindet sich hier die Betriebsprüfungspraxis seit Verwaltungsleistung ist allein schon aus berufsrechtlichen kurzem mitunter auf Irrwegen. So wird z.T. argumentiert, Gründen abwegig. Gleiches gilt u.a. für die Leistungen der dass der Aufwendungsersatz für Leistungen Dritter im Verwahrstelle, die der Überwachung der KVG dienen. Zusammenhang mit dem An- und Verkauf von Immobilien Gerichtshof der Europäischen Union die voraussichtlich später in einem BMF-Schreiben noch Zweifel bleiben jedoch insbesondere bei Spezialfonds mit spezifiziert werden. nur einem Anleger. Dass die Änderung erst zum 1. Januar 2018 in Kraft treten soll, vermag vor dem Hintergrund des Der Regierungsentwurf stößt vor dem Hintergrund des augenscheinlichen Verstoßes der deutschen Regelung ge- Fiscale Eenheid-Urteils auf erhebliche Bedenken. Zwar gen Europarecht ebenfalls nicht zu überzeugen. betonte der EuGH, dass den Mitgliedstaaten ein gewisser Ermessensspielraum für das Verständnis von „Sonderver- Vorsteuerabzug einer KVG mit umsatzsteuerpflichtig mögen“ i.S.d. Umsatzsteuerbefreiungsvorschrift zustehe, vermieteten Immobilien jedenfalls aber seien mit OGAW in Wettbewerb stehen- Umsatzsteuerlich erbringt eine KVG als Ausgangsleistun- de (vergleichbare) Investitionsvehikel erfasst. Dabei ist gen zum einen umsatzsteuerfreie Verwaltungsleistungen der EuGH so zu verstehen, dass diese Vergleichbarkeit gegenüber den Anlegern und zum anderen durch das bei nach der AIFM-Richtlinie regulierten Fonds bereits Investmentvermögen (Sondervermögen bzw. offener Pu- gegeben ist. Auf weitere Anforderungen, wie sie im Re- blikumsfonds) als unselbstständigem Teilbetrieb umsatz- gierungsentwurf vorgesehen sind, kann es deshalb nicht steuerfreie und -pflichtige Vermietungsleistungen. Für die ankommen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Missverständ- Ermittlung des Umfangs der Vorsteuerabzugsberechtigung nis im laufenden Gesetzgebungsverfahren beseitigt wird. ist streng zwischen Eingangsleistungen zu unterscheiden, 32 (z.B. für Makler, Anwalt) oder für Leistungen der Verwahr- Darüber hinaus wird Sinn und Zweck der gesetzlichen Re- stelle (ehemals Depotbank), Bestandteil der Vergütung der gelung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG – die Herstellung von KVG für ihre Verwaltungsleistung sei und mithin diese Ein- Umsatzsteuerneutralität – durch ein solches Verständnis gangsleistungen der umsatzsteuerfreien Verwaltung zuzu- der Finanzverwaltung ad absurdum geführt. Fondsanle- rechnen seien. Im Ergebnis würde eine solche rechtliche ger sollen gegenüber Direktanlegern gerade nicht durch Beurteilung zur Versagung des Vorsteuerabzugs und zu umsatzsteuerliche Mehrbelastung benachteiligt werden. einem strukturellen Nachteil der KVGs gegenüber ande- Die Gesetzesbegründung verweist dabei ausdrücklich ren Anlageformen bei umsatzsteuerpflichtig vermieteten auch auf Grundstücksfonds. Schließlich darf die aktuel- Immobilien führen. le EuGH-Rechtsprechung nicht missverstanden werden. Der EuGH hatte gerade nicht über die Zuordnung von Ein- Diese Auffassung begründet nicht nur einen Verstoß gegen gangs- zu Ausgangsleistungen zu befinden. Vielmehr war die seit Einführung des § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG (im Jahr fraglich, ob bereits die Leistungen an die KVG ihrerseits 1979) geübte Verwaltungspraxis, sondern widerspricht „Verwaltung von Investmentfonds“ darstellen und daher zudem eklatant der Systematik des K AGB (vorher InvG) ggf. umsatzsteuerbefreit sind. und des UStG. Die im K AGB verankerte konzeptionelle Trennung zwischen Vergütung für die Verwaltung und Auf- Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der Vorsteuerab- wendungsersatz für die Geschäftsbesorgung wird dabei zugsberechtigung ist die Thematik und die diesbezügliche ignoriert. Da sich die umsatzsteuerliche Zuordnung stets vertragliche Dokumentation mit der gebotenen Sorgfalt zu nach dem wirtschaftlichen Leistungsempfänger („Verwen- behandeln. dung“) richtet, sind die Investmentvermögen auch Empfänger der Beratungsleistungen in diesem Sinne. Eine An- Sören Reckwardt ist Counsel bei P+P Pöllath + Partners mbB. ZIA Geschäftsbericht 2016 33
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