II Histologie
(Sol A Ban)
1. Blutgefäße
1.1 Arten von Blutgefäßen
Blutgefäße führen das Blut als Transportmittel von Blutzellen Nährstoffe und Gase (O2, CO2) vom
Herzen in den Körper und vice versa. Grundsätzlich kann man zwischen dem makrovaskulären
System, das aus kleinen und großen Arterien und Venen besteht, und dem mikrovaskulären System
aus Arteriolen, Kapillaren und Venolen unterscheiden.
Die Arterien befördern das Blut vom Herzen entweder in den großen Körperkreislauf oder in den
kleinen Lungenkreislauf. Man unterscheidet zwischen den Arterien vom muskulösen und jenen vom
elastischen Typ. Die großen Arterien verzweigen sich immer mehr zu kleineren Arterien und werden
schließlich zu Arteriolen, Kapillaren und Venolen. In den Kapillaren findet der Gas- und
Stoffaustausch statt. Immer größere Venen sammeln das Blut von Venolen und kleinen Venen, und
bringen das Blut wieder zurück zum Herzen.
Die arterio-venöse Anastomosen stellen eine Brücke zwischen Arteriolen und Venolen dar, um so bei
bestimmten Krankheitszuständen (z.B. Verletzung, Thrombose, Schock) das Kapillarstrombett
umzugehen.
1.2 Aufbau der Arterienwand
Die Wand der Arterien setzt sich aus drei Schichten zusammen, nämlich der
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Tunica intima
Tunica media und
Tunica adventitia.
1.2.1 Tunica intima
Die Tunica intima ist die innerste Schicht und besteht aus
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dem Endothel
der Basalmembran
der subendothelialen Bindegewebeschicht sowie
der darunter liegenden Membrana elastica interna.
Das Endothel stellt das Epithel der Blutgefäße dar und ist einschichtig, flach und in Längsrichtung der
Gefäße weit ausgebreitet. Als Innenauskleidung aller Gefäße stellt es den einzigen Kontakt zum
Lumen und somit zum Blut her und verhindert gleichzeitig den Kontakt zwischen dem Blut und der
extrazellulären Matrix. Es kontrolliert den Durchtritt bestimmter Zellen durch die Wand des Gefäßes,
und versorgt über seine Fortsätze, die tief in die Tunica intima reichen und die Membrana elastica
intima durchbohren, die innerste Schicht der Tunica media mit Sauerstoff und Nährstoffen. Das
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Endothel ist auf einer Basallamina verankert, die zusammen mit einer Lamina fibroreticularis die
Basalmembran bildet. Die Membrana elastica interna ist eine Bindegewebeschicht, die aus dicht
gepackten elastischen Fasernetzen besteht. In der HE-Färbung erkennt man diese Membran bei
starker Vergrößerung als helles Band, wenn man die Mikroschraube des Mikroskops leicht hin- und
zurückdreht. Man kann aber auch die elastischen Fasern durch eine Braunfärbung mit saurem Orcein
darstellen.
1.2.2 Tunica media
Die Tunica media ist die dickste Schicht der Arterienwand und besteht in erster Linie aus glatten
Muskelzellen, aber auch aus extrazellulärer Matrix mit elastischen und kollagenen Fasern. Durch den
Reichtum an glatten Muskelzellen erscheint die Tunica media sehr kompakt. Die zirkulär
angeordneten glatten Muskelzellen haben unter anderem die Funktion, die Kontraktionswelle des
Herzens fortzuleiten. Außerdem ersetzen sie hier die Fibroblasten, indem sie die extrazelluläre Matrix
produzieren. Auch die elastischen Fasern der Membrana elastica interna, welche ja der Tunica intima
angehört, werden von den glatten Muskelzellen der Tunica media produziert.
Die Versorgung der Tunica media erfolgt durch Diffusion von Sauerstoff und Nährstoffen vom
Gefäßlumen her. Bei größeren Arterien wird jedoch der Hauptteil dieser Schicht durch Vasa vasorum
versorgt, welche seitens der Tunica adventitia einziehen.
Endothelzellen können über Zellkontakte (gap junctions) mit glatten Muskelzellen der Tunica media
verbunden sein, wodurch eine Ionen-vermittelte Signalübertragung möglich ist. Diese Zellkontakte
ziehen durch feine Poren der Basalmembran.
1.2.3 Tunica adventitia
Die Tunica adventitia ist eine aus faserreichem Bindegewebe bestehende Schicht, welche die
Verbindung zur Umgebung darstellt. Sie enthält viele elastische Fasern, die bei größeren Arterien die
Membrana elastica externa bilden. In dieser Schicht sind außerdem die Vasa vasorum eingebettet.
1.2.4 Muskulär vs. Elastisch
Herznahe Arterien wie die Aorta sind vom elastischen Typ, d.h. sie besitzen sehr viele elastische
Fasern in der Tunica media, welche die zwischen den Muskelzellen liegenden großen fenestrierten
elastischen Membranen bilden. Diese Membranen sind nicht leicht von der Membrana elastica
interna und externa zu unterscheiden. Die große Menge an elastischem Material ist vor allem wichtig
für die Windkesselfunktion der Aorta, wodurch das Blut trotz des stoßweise erfolgenden
Blutauswurfes aus dem Herzen möglichst gleichmäßig weiterbefördert wird.
Die Tunica media der Arterien vom muskulären Typ ist nicht durchgehend von elastischen Fasern
besetzt. Außerdem sind die Membrana elastica interna und externa hier deutlicher zu erkennen.
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Am leichtesten kann man die beiden Typen voneinander unterscheiden, indem man die elastischen
Fasern mit saurem Orcein färbt. Dadurch wird erkennbar, wie stark die Tunica media von elastischen
Fasern geprägt wird.
1.3 Aufbau der Venenwand
Wie die Arterien besitzen auch die Venen eine Wand aus den drei folgenden Schichten: Tunica
intima, media und adventitia. Diese Gliederung ist im histologischen Schnitt nicht leicht zu erkennen.
Außerdem ist die Wand einer Vene grundsätzlich dünner als die Wand einer Arterie.
1.3.1 Tunica intima
Auch die Vene ist innen von einem Endothel ausgekleidet, das auf einer Basallamina befestigt ist.
Venen besitzen keine Membrana elastica interna. Die subendotheliale Schicht enthält elastische
Fasern. In den unteren Extremitäten sowie im unteren Teil des Rumpfes bilden Intimaduplikate
zweiflügelige Taschenklappen, welche den Rückfluss des Blutes verhindern, sodass das Blut gegen
die Schwerkraft zum Herzen befördert werden kann.
1.3.2 Tunica media
Die Tunica media enthält zwar auch glatte Muskelzellen, jedoch sind diese irregulär angeordnet und
nicht so dicht gepackt wie bei den Arterien. Stattdessen ist diese Schicht durch kollagene und
elastische Fasern aufgelockert. Durch die Färbung mit saurem Orcein wird deutlich, dass auch die
Venenwand durchgehend von elastischen Fasern durchsetzt ist.
1.3.3 Tunica adventitia
Die Tunica adventitia der Venenwand besteht ebenfalls aus faserreichem Bindegewebe mit
elastischen Fasern und enthält bei größeren Venen Vasa vasorum.
1.4 Arteriolen
Arteriolen sind kleine Arterien, die in ihrer Tunica media wenige Lagen glatter Muskelzellen besitzen.
Sie werden bereits zum mikrovaskulären System zugeordnet. Arteriolen werden auch
Widerstandsgefäße genannt, weil sie den peripheren Widerstand im Gefäßsystem durch
Veränderung ihres Lumendurchmessers regulieren können.
1.5 Kapillare
Kapillaren sind die kleinsten Gefäße des Körpers, sodass gerade
Endothelzelle
einmal die Erythrozyten mit ihrem Durchmesser von 7,5 m
durchkommen, wobei sie sich manchmal sogar verformen
müssen. Am besten sieht man diese kleinen Gebilde im
Perizyt
Cerebellulm nach einer Weigert’schen Markscheidenfärbung, Abb. 1: Kapillare
wodurch die Erythrozyten schwarz erscheinen. Die Wand besteht nur aus einer Endothelschicht,
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einer Basallamina und einzelnen Perizyten, welche die Endothelzellen mit ihren vielfach verzweigten
Fortsätzen von außen umgeben. Das Endothel besteht im Querschnitt nur aus einer Zelle. Die dünne
Wandschicht und die Tatsache, dass Erythrozyten einzeln durch die Kapillare wandern müssen, sind
Voraussetzung für einen funktionierenden Gas- und Stoffaustausch. Es gibt je nach Ort und Funktion
verschiedene Typen von Kapillaren.
1.5.1 Geschlossene/Kontinuierliche Kapillaren
Bei geschlossenen oder kontinuierlichen Kapillaren verläuft die Endothelauskleidung durchgehend
und besitzt weder Poren noch interzelluläre Spalten. Das Endothel wird von einer Basallamina
umgeben. Diese Kapillaren kommen in vielen verschiedenen Geweben und Organen vor,
beispielsweise in Zentralnervensystem (ZNS), Skelettmuskel, Herzmuskel, Haut und Lunge.
Eine Besonderheit stellen die geschlossenen Kapillaren im ZNS dar, weil deren Endothelzellen relativ
hoch und mit sehr dichten Tight junctions (Zonulae occludentes oder Abdichtungszonen) versehen
sind. Sie bilden gemeinsam mit der subendothelialen Basallamina und abdichtenden füßchenartigen
Fortsätzen der Astrozytenglia die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, welche eine Barriere zwischen
dem Blutkreislauf und dem ZNS darstellt. Die Blut-Hirn-Schranke erlaubt nur einen aktiven und
Energie-verbrauchenden Stofftransport. Sie dient dem Schutz des ZNS vor Krankheitserregern oder
Toxinen. Solche Blut-Organ-Schranken findet man sonst auch unter anderem im Thymus und Hoden.
1.5.2 Fenestrierte Kapillaren
Die Endothelzellen der fenestrierten Kapillaren haben kleine Löcher, welche
mit einem Diaphragma versehen sind. Sie gleichen einem Fenster – einer
Öffnung mit einer Glasscheibe –, wonach dieser Kapillartypus benannt ist.
Abb. 2: fenestrierte
Die Fenster der Endothelzellen sind für die hohe Permeabilität der Gefäße Kapillaren: Löcher mit
Diaphragma
verantwortlich. Fenestrierte Kapillaren findet man beispielsweise in den
endokrinen Drüsen oder in der Niere.
1.5.3 Diskontinuierliche Kapillaren
Die Endothelzellen der diskontinuierlichen Kapillaren besitzen größere Poren ohne Diaphragma,
manchmal auch interzelluläre Spalten. Die Basallamina ist nur teilweise vorhanden. Die Permeabilität
ist größer als bei den fenestrierten Kapillaren. So kann beispielsweise das Plasma in der Leber über
die intraendothelialen Poren leicht in den Disse’schen Raum hinausströmen. An bestimmten
Regionen wie im Knochenmark oder in der Milz, wo es interzelluläre Spalten gibt, können sogar
einzelne Blutzellen durch das Gefäß durchtreten.
Leber, Milz, Knochenmark, aber auch die endokrinen Organen besitzen stark erweiterte Kapillaren
mit einem relativ großen Durchmesser. Diese werden als Sinusoide bezeichnet.
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1.6 Postkapilläre Venolen
Kapillaren münden in postkapilläre Venolen. Diese werden mit anderen Venolen zu immer größeren
Venolen und Venen, welche das Blut schlussendlich zum Herzen zurücktransportieren.
Eine besondere Form der postkapillären Venolen sind die hochendothelialen Venolen (HEV). Wie der
Name schon sagt, sind sie den Kapillaren unmittelbar nachgeschaltet und besitzen eine
hochprismatische Endothelschicht. Die HEV sind unter anderem in Lymphfollikeln, Tonsillen und
Thymus zu finden, und ist die bevorzugte Stätte der Migration von Immunzellen aus der Blutbahn in
lymphatisches oder entzündetes Gewebe, was auch als „Homing“ bezeichnet wird.
1.6.1 Transendotheliale Migration
Der Vorgang, bei der bestimmte Zellen durch das Endothel durchtreten, heißt transendotheliale
Migration. Die einzelnen Schritte werden am Beispiel der Emigration von Leukozyten besprochen.
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Rollen: Durch die leichte Interaktion von Oberflächenmolekülen an Leukozyten und
Endothelzellen können Leukozyten auf dem Endothel rollen.
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Aktivierung & Adhäsion: Die Endothelzellen werden dazu angeregt, bestimmte Adhäsionsmoleküle zum Lumen hin zu präsentieren, welche dann von entsprechenden Membranmolekülen der Leukozyten wie Integrinen gebunden werden können. So haften die
Leukozyten an einer Stelle des Gefäßes ans Endothel.
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Diapedese bzw. Emigration: Der Leukozyt drängt sich zwischen zwei Endothelzellen, um aus
dem Gefäß auszuwandern. Dabei muss er auch die Basalmembran überwinden, indem er sie
enzymatisch auflöst und so durchbricht.
Der umgekehrte Vorgang der Imigration, bei dem Zellen aus dem Gewebe in das Gefäß gelangen,
erfolgt bei der hämatogenen Metastasierung von Tumorzellen.
1.7 Weibel-Palade-Körperchen
Bei einem intakten Endothel wird die Blutgerinnung durch Bildung von NO und Prostazyklinen sowie
durch die Verhinderung des direkten Kontakts des Blutes mit der subendothelialen Schicht
unterdrückt. Sobald jedoch ein Gefäß verletzt ist, wird die Gerinnung durch Freisetzung bestimmter
Stoffe ins Gefäßlumen gefördert. Zu diesen Stoffen gehört der Von-Willebrand-Faktor, der die
Thrombozytenaggregation fördert. Er ist in den sogenannten Weibel-Palade-Körperchen, die als
Granula im Zytoplasma der Endothelzellen liegen, in multimerer Form in longitudinalen
mikrotubulären Strukturen gespeichert, und wird in Form einer regulierten Exozytose sezerniert. Die
Weibel-Palade-Körperchen sind als auffällige Organellen im Transmissionselektronenmikroskop
erkennbar.
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