—— FAKULTÄT FÜR PHILOSOPHIE, KUNST-, GESCHICHTSUND GESELLSCHAFTSWISSENSCHAFTEN Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte GASTVORTRAG Mittwoch, 29.06.2016, 18 Uhr c.t. Raum: VG 2.45 Dr. Sabine Baier ETH Zürich Moleküle jagen - Eine wissenschaftsphilosophische Studie zur Arzneimittelherstellung in der pharmazeutischen Industrie Mein Paper beschreibt eine wissenschaftsphilosophische Studie zur pharmazeutischen Forschung in der industriellen Arzneimittelentwicklung, ausgehend vom Beispiel des early molecular discovery. Ich unterscheide dazu zwischen der technischen sowie der philosophischen Perspektive auf den Prozess der Arzneimittelentwicklung: Die Arzneimittelentwicklung versteht den Prozess der Entwicklung neuer Wirkstoffe in ihrer Eigenperspektive als rein technische Problemlösung, bei dem es um Verbesserung und Effizienzsteigerung geht. Aus der philosophischen Perspektive geht es hingegen darum, die Arzneimittelentwicklung als kreative Praxis in einer pharmazeutischen Wissenskultur zu analysieren. Da es in der Arzneimittelentwicklung keine allgemeine Theorie des early molecular discovery gibt, sind die Laborleiter in diesem Bereich auf Narrative zur Deutung ihrer kreativen Tätigkeit im Labor angewiesen, die – so die Grundthese des Papers – eine intermediäre Rolle zwischen implizitem Erfahrungswissen und einer nicht vorhandenen Theoriebildung einnehmen und als Heuristiken handlungsleitend sind. Laborleiter benutzen spezifische Narrative, um ihre Arbeit zu beschreiben; aber auch, um mithilfe dieser Narrative Entscheidungen treffen zu können, etwa welches Molekül weiterverfolgt werden soll und welches nicht. Das Habilitations-Projekt steht damit sowohl in der pragmatistisch-prozessphilosophischen Tradition der Science & Technology Studies (STS) als auch der neueren experimentellen Philosophie. Sabine Baier ist wissenschaftliche Mitarbeiter am Collegium Helveticum, assoziiertes Mitglied am Zentrum „Geschichte des Wissens“ der Universität Zürich und der ETH Zürich, Lehrbeauftragte an der Professur für Philosophie an der ETH Zürich. Sie hat Philosophie, Psychologie und Informatik an der LMU München studiert und sich 2014 an der ETH Zürich mit einer wissenschaftsphilosophischen Arbeit zu Theorien der Entstehung des Neuen anhand einer historischen Fallstudie eines frühneuzeitlichen alchemistischen Textes promoviert. Die Arbeit ist 2015 unter dem Titel Feuerphilosophien. Alchemie und das Streben nach dem Neuen erschienen. Zum Gastvortrag ergeht herzliche Einladung.
© Copyright 2024 ExpyDoc