Drucksache 6/5598

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN
6. Wahlperiode
Drucksache 6/5598
28.06.2016
BESCHLUSSEMPFEHLUNG UND BERICHT
des Ausschusses für Arbeit, Gleichstellung, Gesundheit und Soziales
(9. Ausschuss)
zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung
- Drucksache 6/5189 -
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Gleichstellungsrechts (Gleichstellungsreformgesetz)
A Problem
Das Gesetz zur Gleichstellung von Frau und Mann im öffentlichen Dienst des Landes
Mecklenburg-Vorpommern (Gleichstellungsgesetz) ist seit 1994 in Kraft. Damit wurde eine
gesetzliche Grundlage geschaffen, um dem seit Verabschiedung des Grundgesetzes normierten Grundrecht der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und dem entsprechenden europarechtlichen Auftrag aus Artikel 23 Satz 2 der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union zunehmende Geltung zu verschaffen. Das Gleichstellungsgesetz dient
dem Förderauftrag des Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz und Artikel 13 der Verfassung
des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Danach fördert der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern.
Im Zuge der Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes wurde ein faktisches Gleichheitsdefizit
im öffentlichen Dienst festgestellt, dem mit mehrfachen Änderungen des Gesetzes in den
darauffolgenden Jahren auch begegnet wurde. Die Einführung einer Regelung zur bevorzugten Einstellung und Beförderung von Frauen bei gleicher Qualifikation, ausdrückliche
Regelungen zu den Rechten der Gleichstellungsbeauftragten, Konkretisierungen der
Frauenförderpläne als Instrumente der Personalplanung und die Verankerung der Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten der Landesverwaltung im Gesetz brachten
Verbesserungen für die Chancengleichheit von Frauen und Männern.
Drucksache 6/5598
Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Trotz der erreichten Steigerungen sind weiterhin Frauen in Führungspositionen in der Landesregierung unterrepräsentiert. Der deutlich geringere Frauenanteil widerspricht einer
geschlechtergerechten Teilhabe an verantwortungsvollen Positionen im öffentlichen Dienst
des Landes. Der Schutz- und Förderauftrag des Gesetzgebers ist daher durch einfachgesetzliche Regelungen weiter auszugestalten. Es sind effektivere Umsetzungs- und
Kontrollmechanismen zu installieren.
Aufgrund der anerkannten strukturellen Benachteiligung von Frauen (vergleiche Bericht der
Landesregierung über die Umsetzung des Gesetzes zur Gleichstellung von Frau und Mann im
öffentlichen Dienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Gleichstellungsbericht
2011/2012, Landtagsdrucksache 6/1169 vom 21.09.2012) ist insbesondere deren Unterrepräsentanz in Führungspositionen der Landesverwaltung und den Bereichen, auf die die
Landesregierung unmittelbar Einfluss nehmen kann, durch geeignete Maßnahmen
entgegenzuwirken. Zugleich soll stärker in den Blick genommen werden, ob auch Unterrepräsentanzen von Männern auf eine strukturelle Benachteiligung zurückzuführen sind und
dementsprechend der staatliche Förderauftrag ausgelöst wird.
Hinzu kommt, dass die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit zwar weiterhin
wesentlich durch Familienaufgaben bestimmt wird, dass aber auch andere Bereiche,
insbesondere zunehmende Pflegeaufgaben, an Einfluss auf die Gestaltung des Erwerbslebens
gewinnen. Die Erkenntnisse über die Arbeitsplatzqualität und nachhaltige Arbeit, über die
Alterung der Beschäftigten und ihre Gesunderhaltung in Zeiten des demografischen Wandels
sind dabei zu berücksichtigen. Maßnahmen zur flexibleren Organisation der Arbeit,
einschließlich der Aufwertung von flexiblen Arbeitszeitmodellen, bilden zusammen mit einer
gezielten Personal- und Führungskräfteentwicklung, Maßnahmen der Arbeitsgestaltung und
des Arbeitsschutzes sowie der betrieblichen Gesundheitsförderung die Grundlage für die
Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Landesverwaltung
Mecklenburg-Vorpommern.
Zur Umsetzung des in Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 Grundgesetz und Artikel 13 der Verfassung
des Landes Mecklenburg-Vorpommern verankerten Auftrags an den Staat, die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern, bedarf es entsprechend den Ergebnissen der Gleichstellungsberichte 2006 und 2012 der Landesregierung
für den Bereich des öffentlichen Dienstes einer Weiterentwicklung des Gleichstellungsgesetzes.
B
Lösung
Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, dass das Gleichstellungsgesetz in Artikel 1
grundlegend überarbeitet wird. Unterrepräsentanzen sowohl von Frauen als auch von
Männern sollen noch stärker in den Blick genommen werden. Den Defiziten, die auf
struktureller Benachteiligung eines Geschlechts beruhen, ist entsprechend dem staatlichen
Förderauftrag mit geeigneten Mitteln zu begegnen. Dies soll über eine stärkere Inanspruchnahme von Dienststellenleitungen und Beschäftigten mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben, konkreten Zielvereinbarungen mit den obersten Landesbehörden und eine engmaschigere Erfolgskontrolle nebst Begleitmaßnahmen geschehen.
Fördermaßnahmen zur Vereinbarkeit, insbesondere von Familien- und Pflegeaufgaben mit der
Berufstätigkeit, werden durch den Gesetzentwurf der Landesregierung ausgeweitet.
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Drucksache 6/5598
Durch eine Freistellung der Gleichstellungsbeauftragten in Anlehnung an das Personalvertretungsrecht und eine effektive Ausgestaltung des Beanstandungsrechts der Gleichstellungsbeauftragten wird durch den Gesetzentwurf der Landesregierung deren Position gestärkt.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht ferner vor, dass der Anwendungsbereich des
Gleichstellungsgesetzes auf alle Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen
Rechts, die der alleinigen Aufsicht des Landes unterliegen, ebenso wie auf juristische
Personen und Gesellschaften des Privatrechts, an denen das Land mehrheitlich beteiligt ist,
durch eine Hinwirkungsklausel ausgedehnt wird.
Die Artikel 2 bis 4 des Gesetzentwurfes der Landesregierung enthalten Folgeänderungen des
Landesbeamtengesetzes, des Landeshochschulgesetzes und der Wahlordnung zum
Gleichstellungsgesetz.
Die Beschlüsse des Sozialausschusses berücksichtigen das autonome Selbstorganisationsrecht
des Parlaments und sehen unter anderem vor, dass die Präsidentin oder der Präsident des
Landtages, die oder der Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie die
oder der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit MecklenburgVorpommern eigenverantwortlich Ziele und Maßnahmen der jeweiligen Dienststellen zur
Umsetzung dieses Gesetzes formulieren können. Die Präsidentin oder der Präsident des
Landtages unterrichtet das für die Gleichstellung zuständige Ministerium jährlich darüber.
Ferner sehen die Beschlüsse des Sozialausschusses vor, dass die Gleichstellungsbeauftragten
der Dienststellen bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages einen Beobachterstatus in der Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten der Landesverwaltung
erhalten und die Gleichstellungsbeauftragte der Landtagsverwaltung im Falle einer
Beanstandung der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages MecklenburgVorpommern, nach Beratung durch das für Gleichstellung zuständige Ministerium, einen
Entscheidungsvorschlag vorlegt.
Mehrheitsentscheidung im Ausschuss
C
Alternativen
Keine.
D
Kosten
Die Begleitmaßnahmen nach Artikel 1 § 6 können zusätzliche Kosten verursachen, die in
ihrer Höhe wegen der offenen Ausgestaltung ihrer Form nicht abschätzbar sind. Für diese
Begleitmaßnahmen sieht der Einzelplan 10 für den Geschäftsbereich des Ministeriums für
Arbeit, Gleichstellung und Soziales des Entwurfs des Haushaltsplans 2016/2017 im
Kapitel 1001 den neuen Titel 536.01 vor. Der Haushaltsansatz für die „Entwicklung und
Umsetzung von Instrumenten zur Erhöhung des Anteils an Frauen in Führungspositionen in
der Landesregierung“ beträgt danach jährlich 18,0 TEUR. Im Übrigen verfügen die
Ressorts über eigene Mittel für Fortbildungsmaßnahmen.
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Drucksache 6/5598
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Die Mehrkosten, die durch die Bewilligung von Telearbeit nach Artikel 1 § 13 entstehen,
sind nicht bezifferbar. Dies schon deshalb nicht, weil auch bisher schon in den Ressorts
sowohl im Hinblick auf die Voraussetzungen der Bewilligung, die in Dienstvereinbarungen
geregelt sind, wie auch im Hinblick auf die technische Umsetzung sehr unterschiedliche
Modi praktiziert wurden. Die Auswirkungen auf die jeweiligen Einzelpläne der Ressorts
sind daher schwer prognostizierbar. Die Ressorts werden Vorsorge in den Ressortplänen zu
treffen haben.
Die Regelungen zur Freistellung und Entlastung der Gleichstellungsbeauftragten in
Artikel 1 § 19 Absatz 4 können für die betroffenen Dienststellen zu einer finanziellen
Mehrbelastung führen, weil eine stellenwirtschaftliche Kompensation erforderlich wird.
Weil die Dienststellen auch bisher schon in Ausübung eigener Personalhoheit die
Gleichstellungsbeauftragten stellen und es keine abschließenden Erkenntnisse darüber gibt,
welche Freistellungsregelungen bisher praktiziert wurden und wie die jeweiligen
Gleichstellungsbeauftragen eingruppiert beziehungsweise besoldet sind, kann keine Aussage
zu quantifizierbaren Mehraufwendungen getroffen werden. Vorbehaltlich der Zustimmung
des Finanzministeriums werden für freigestellte Gleichstellungsbeauftragte insgesamt
12 Stellen zur Doppelbesetzung auf die Ressorts verteilt. Die Dienststellen der Landesverwaltung werden so in die Lage versetzt, innerhalb ihres bestehenden Personalkostenbudgets und durch Doppelbesetzungen die Aufgabenwahrnehmung durch die Gleichstellungsbeauftragten sicherzustellen.
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Drucksache 6/5598
Beschlussempfehlung
Der Landtag möge beschließen,
den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/5189 mit folgenden Maßgaben und
im Übrigen unverändert anzunehmen:
Artikel 1 wird wie folgt geändert:
1. § 2 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) Nummer 2 wird wie folgt neu gefasst:
„2. die Präsidentin oder den Präsidenten des Landtages, die Bürgerbeauftragte oder den
Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern und die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit
Mecklenburg-Vorpommern,“
b) Die Nummern 4 und 5 werden aufgehoben.
c) Die bisherigen Nummern 6 bis 9 werden die Nummern 4 bis 7.
2. § 5 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 wird folgender Satz 3 eingefügt:
„Die Präsidentin oder der Präsident des Landtages, die oder der Bürgerbeauftragte des
Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie die oder der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern formulieren eigenverantwortlich Ziele und Maßnahmen der jeweiligen Dienststellen zur Umsetzung dieses
Gesetzes.“
b) Im neuen Absatz 1 Satz 4 werden nach den Wörtern „Die Zielvereinbarungen“ die
Wörter „beziehungsweise die Ziele und Maßnahmen“ eingefügt.
c) Dem Absatz 3 wird folgender Satz vorangestellt:
„Die Präsidentin oder der Präsident des Landtages unterrichtet das für die Gleichstellung zuständige Ministerium jährlich über die Ziele und Maßnahmen des Landtages
und seiner Dienststellen zur Umsetzung dieses Gesetzes.“
3. § 19 Absatz 7 wird wie folgt geändert:
a) Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt: „Die Gleichstellungsbeauftragten der
Dienststellen bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages erhalten
Beobachterstatus.“
b) Im neuen Satz 3 wird das Wort „Sie“ durch die Wörter „Die Arbeitsgemeinschaft“
ersetzt.
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4. Dem § 20 Absatz 3 werden folgende Sätze angefügt:
„Abweichend davon legt die Gleichstellungsbeauftragte der Landtagsverwaltung der
Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern nach
Beratung durch das für Gleichstellung zuständige Ministerium einen Entscheidungsvorschlag vor. Die Fristen nach Satz 1 bis 3 gelten entsprechend.“
Schwerin, den 1. Juni 2016
Der Ausschuss für Arbeit, Gleichstellung, Gesundheit und Soziales
Martina Tegtmeier
Vorsitzende und Berichterstatterin
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Drucksache 6/5598
Bericht der Abgeordneten Martina Tegtmeier
I. Allgemeines
Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/5189 während
seiner 114. Sitzung am 9. März 2016 beraten und zur federführenden Beratung an den
Sozialausschuss sowie zur Mitberatung an Innenausschuss, den Europa- und Rechtsausschuss,
den Finanzausschuss sowie den Bildungsausschuss überwiesen.
Der Sozialausschuss hat im Rahmen seiner 83. Sitzung am 20. Januar 2016 beschlossen, am
11. Mai 2016 eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen zu dem Gesetzentwurf der
Landesregierung auf Drucksache 6/5189 durchzuführen. Hierzu wurden die Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten der Landesverwaltung M-V, der DGB Bezirk
Nord, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft M-V, die Industrie- und Handelskammer zu Schwerin, der Landesfrauenrat M-V e. V., der Landkreis Vorpommern-Rügen, der
Hauptpersonalrat der Polizei sowie die Gleichstellungsbeauftragte und Sprecherin der
Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen M-V (LaKoF M-V)
eingeladen. Ferner lag dem Sozialausschuss zum Thema eine Petition vor.
Der Sozialausschuss hat in seiner Sitzung am 25. Mai 2016 die Ergebnisse der Anhörung
ausgewertet und den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 5/1289 in seiner
95. Sitzung am 30.05.2016 abschließend beraten. Er hat im Rahmen dieser Beratungen die
Beschlussempfehlung mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der CDU
gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD bei Enthaltung
seitens der Fraktion DIE LINKE angenommen.
II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
1. Innenausschuss
Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf abschließend in seiner 103. Sitzung am
26. Mai 2016 beraten und mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der
CDU, gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD, bei
Enthaltung seitens der Fraktion DIE LINKE, die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfes,
soweit seine Zuständigkeit betroffen ist, empfohlen.
2. Europa- und Rechtsausschuss
Der Europa- und Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf der Landesregierung in seiner
109. Sitzung am 11. Mai 2016 und abschließend in seiner 110. Sitzung am 1. Juni 2016
beraten und mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der CDU, bei
Enthaltung vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
Gegenstimme der Fraktion der NPD, die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfes, soweit
seine Zuständigkeit betroffen ist, empfohlen.
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Drucksache 6/5598
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3. Finanzausschuss
Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 121. Sitzung am 26. Mai 2016
abschließend beraten und mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der
CDU gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD, bei
Enthaltung seitens der Fraktion DIE LINKE empfohlen, den Gesetzentwurf unverändert
anzunehmen, soweit seine Zuständigkeit betroffen ist.
4. Bildungsausschuss
Der Bildungsausschuss hat den Gesetzentwurf während seiner 90. Sitzung am 6. April 2016
und abschließend in seiner 95. Sitzung am 25. Mai 2016 beraten und dem federführenden
Sozialausschuss mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU, gegen die
Stimme der Fraktion der NPD, bei Enthaltung seitens der Fraktionen DIE LINKE und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen,
soweit seine Zuständigkeit betroffen ist.
III. Wesentliche Ergebnisse der Beratungen des Ausschusses für Arbeit, Gleichstellung,
Gesundheit und Soziales
1. Ergebnisse der öffentlichen Anhörung
Während der öffentlichen Anhörung haben die Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten der Landesverwaltung M-V, der Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Nord, die
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft M-V, der Landesfrauenrat M-V e. V., der
Hauptpersonalrat der Polizei sowie die Gleichstellungsbeauftragte und Sprecherin der LaKoF
M-V zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/5189 mündlich Stellung
genommen.
Die Industrie- und Handelskammer zu Schwerin hat eine schriftliche Stellungnahme
eingereicht.
Die Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten der Landesverwaltung
Mecklenburg-Vorpommern hat den Gesetzentwurf begrüßt. Im Hinblick auf eine bessere
Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Ermöglichung von flexiblen Arbeitszeitmodellen sowie einer Berücksichtigung von geänderten gesellschaftlichen und individuellen
Lebensmodellen trage der Entwurf den geänderten Rahmenbedingungen Rechnung. Als
positiv wurde angesehen, dass der Geltungsbereich des Gesetzes ausgeweitet werde.
Bemängelt wurde, dass bei den Zielen des Gesetzes, die Vereinbarkeit von Berufs- und
Privatleben nicht mehr aufgegriffen und lediglich auf die Vereinbarkeit von Familien- und
Pflegeaufgaben abgestellt werde. Da traditionell Frauen überwiegend die Familien- und
Pflegeaufgaben wahrnähmen, könne durch dieses Rollenverständnis, eine strukturelle
Benachteiligung von Frauen entstehen, da sie überdurchschnittlich die alternativen
Arbeitsmodelle in Anspruch nehmen würden.
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Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Drucksache 6/5598
In diesem Zusammenhang wurde auch auf das Rahmenpersonalentwicklungsprogramm für
die Landesverwaltung verwiesen und die Feststellung, dass es eine Reihe von Lebensaktivitäten gebe, die mit dem Erwerbsleben abzustimmen seien, wie zum Beispiel ehrenamtliches
Engagement oder Fort- und Weiterbildung im Sinne eines lebenslangen Lernens. Grundsätzlich sei festzustellen, dass die Benachteiligung von Frauen offensichtlich strukturell bedingt
sei und daher der Eingang des Begriffes in den Gesetzentwurf als positiv angesehen werde.
Als schwierig wurde angesehen, dass die strukturelle Benachteiligung von den Betroffenen
beziehungsweise den Gleichstellungsbeauftragten im Einzelfall nachgewiesen werde müsse.
In Bezug auf die Gleichstellung in der Sprache solle im Gesetzentwurf keine Ausnahme
zugelassen werden. Daher solle statt „sollen“ im Entwurf „ist“ verwendet werden. Die
Zielvereinbarungen würden ein wirksames Instrument zur Erreichung von Gleichstellung
darstellen. Gleichzeitig wurde als kritisch angesehen, dass die Vereinbarungen nicht
stufenförmig geregelt seien. Vielmehr müssten die Zielvereinbarungen mit einer inhaltlichen
Ausgestaltung zwischen der Gleichstellungsbeauftragten und der Dienststelle direkt getroffen
werden. Ausschreibungen sollten in Anlehnung an das alte Gleichstellungsgesetz und das
Bundesgleichstellungsgesetz auch öffentlich erfolgen, wenn das Ziel der Beseitigung der
Unterrepräsentanz nicht im Ressort beziehungsweise dienststellenübergreifend erreicht
werden könne. Weiterhin habe man sich unter § 9 Auswahlentscheidungen erhofft, dass der
Formulierungsvorschlag „soweit eine Bewerberin oder ein Bewerber nicht offensichtlich
bessere Qualifikation vorzuweisen hat“ in den Gesetzentwurf übernommen werde, denn das
Wort „wesentlich“ lasse de facto keinen Unterschied zu, sodass weiterhin eine in die Tiefe
gehende Binnendifferenzierung zur Anwendung komme. Es wurde die Auffassung vertreten,
dass zur gesetzlichen Beschränkung der verwaltungsintern praktizierten Ausdifferenzierung
der Qualifikationsmerkmale das Gleichstellungsgesetz angepasst werden müsse.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund Bezirk Nord hat als besonders positiv angesehen, dass
die Unterrepräsentanz einschließlich der Belange von Männern stärker in den Blick
genommen werde, da es nicht um eine generelle formale Gleichbehandlung von Frauen und
Männern gehe. Es müsse zunächst eine reale Benachteiligung festgestellt werden. Ebenso sei
der Ausgangspunkt des Gesetzes, eine strukturelle Benachteiligung anzunehmen, richtig. Die
im Gesetzesziel verankerte Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf
von Frauen und Männern trage den sich veränderten Lebens- und Arbeitsverhältnissen sowie
der Alterung der Bevölkerung Rechnung. Positiv wurde die Stärkung der Stellung und der
Rechte der Gleichstellungsbeauftragten gesehen. Als negativ wurde erachtet, dass im
Gesetzentwurf kein Klagerecht sondern nur ein Beanstandungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten vorgesehen sei. Auch sei die Nichteinbeziehung der kommunalen Ebene von
Nachteil, da somit ein Dienstrecht geschaffen werde, dass nur für Beschäftigte des Landes,
nicht aber für die Kommunen gelte. Hier wäre es wichtig, mindestens die §§ 11 bis 16 auf die
kommunale Ebene zu übertragen. Es fehle zudem die öffentliche Vergabe im Gesetzesentwurf
und die Anwendung der Grundzüge des Gesetzes auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe.
Analog sei die Regelung in § 71 des Personalvertretungsgesetz M-V, die Vorrangregelung für
die Beteiligung der Spitzenorganisation der Gewerkschaften, auch im Gesetz aufzunehmen.
Im Gesetz gebe es keine Regelung für das Personalvertretungsgesetz. Es müsse zudem bei
den Zielvereinbarungen quantitative und qualitative Mindeststandards geben. Voraussetzung
sei eine Personalstrukturanalyse sowie konkrete Zielsetzungen und eine Integration in
Personalentwicklungspläne. Die Aufstellung von zeitlichen Stufenplänen und ein wirksames
Controlling seien erforderlich.
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Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Man schlage vor, zweimal in der Legislaturperiode eine Berichtspflicht gegenüber dem
Landtag analog § 16 Mittelstandsförderungsgesetz einzuführen. Man habe keine Einwände in
Bezug auf die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten. Dazu lägen entsprechende Gerichtsurteile vor. Zudem seien Frauen überwiegend strukturell benachteiligt und übernähmen
überwiegend Familienaufgaben. Sie seien auch überwiegend von sexueller Gewalt betroffen.
Wenn nur eine Stelle als Gleichstellungsbeauftragte vorhanden sei, dann müsse diese mit
einer Frau besetzt werden. Freie Stellen seien grundsätzlich auszuschreiben. Dies ergebe sich
aus einer Verpflichtung aus Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband MecklenburgVorpommern hat ausgeführt, dass sie das Anliegen, das Gleichstellungsgesetz weiterzuentwickeln und damit die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und
Männern zu fördern, begrüße. Die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen sei
auch im Schulbereich noch nicht überwunden. Es gebe eine mittelbare Diskriminierung von
Frauen, da sie durch entsprechende Besoldungsregelungen in besonderer Weise nachteilig
betroffen seien. Weiterhin gebe es keine strukturelle Benachteiligung von Männern, die mit
Maßnahmen wie im § 10 behoben werden müssten. Eine solche Maßnahme würde vielmehr
die Situation noch verschärfen. Der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf komme
gerade in einem frauendominierten Bereich eine enorme Bedeutung zu. Insoweit sei es
erforderlich, die Vorschriften des Gleichstellungsgesetzes auch auf den Bereich der
öffentlichen Schule anzuwenden. Einige Regelungen für den Bereich der Verwaltung seien
durchaus positiv, könnten aber nicht auf den schulischen Bereich angewendet werden. Zum
Beispiel seien dies die §§ 11 bis 15 Arbeitszeit, Teilzeitarbeit, Telearbeit und weitere. Für den
Geltungsbereich der Schulen müssten spezielle Ausführungsbestimmungen erarbeitet werden.
Bei der Wählbarkeit von Personen als Gleichstellungsbeauftragte solle auf die alte
Formulierung in Anlehnung an die Regelung des Personalvertretungsgesetzes zurückgegriffen
werden, der zufolge die Dienstellenleitung für eine Interessenvertretung nicht wählbar
beziehungsweise bestellbar sei. Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Landesverband Mecklenburg-Vorpommern sei es zudem nicht hinnehmbar, dass die
Freistellung der Gleichstellungsbeauftragten in § 19 in Abhängigkeit von der Anzahl der zu
vertretenden Beschäftigten geregelt werde und es dabei zu einer extremen Ungleichbehandlung und Benachteiligung der Gleichstellungsbeauftragten für die öffentlichen Schulen
komme. Diese Ungleichbehandlung müsse korrigiert werden.
Der Landesfrauenrat Mecklenburg-Vorpommern e. V. hat angemerkt, dass es wichtig sei,
das Gesetz aus dem Jahr 1994 anzupassen, um den geänderten Rahmenbedingungen und
neuen Erkenntnissen auf dem Gebiet der Gleichstellung Rechnung zu tragen. Der Entwurf
werde als ein positiver Beitrag zur Erfüllung des Artikels 13 der Landesverfassung
angesehen. Allerdings sei es notwendig, die bessere Vereinbarkeit von Erwerbsleben mit
Familie und Pflege mit dem zeitgemäßen Begriff „Vereinbarkeit von Erwerbs- und
Privatleben“ in dem Gesetzentwurf zu verankern. Das Privatleben nur auf Familie und Pflege
zu reduzieren, reiche dabei nicht aus. Zudem sei es wichtig, dass es bei Verstößen gegen das
Gesetz als letztes Mittel die Möglichkeit der Klage gebe. Dies erhöhe den Druck, einvernehmliche Lösungen zu finden. Es werde dadurch ein ähnlicher Effekt erwartet, wie beim
allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Strukturelle Benachteiligung sei bisher nur bei Frauen
nachgewiesen worden. Der Landesfrauenrat Mecklenburg-Vorpommern e. V. hat in diesem
Zusammenhang auf die Stellungnahme des Deutschen Juristenbundes e. V. zum vorliegenden
Gesetzesentwurf, verwiesen.
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Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Drucksache 6/5598
Danach widme sich der Gesetzentwurf nunmehr auch der Männerförderung. Zudem gebe es
nach einem Gutachten von Papier/Heidbach aus Sicht des Juristenbundes verfassungsrechtliche Bedenken zur Definition der strukturellen Benachteiligung. Demnach lasse sich
strukturelle Benachteiligung nicht auf Einzelsachverhalte oder auf eine Dienstelle herunterbrechen. Die berufliche Benachteiligung von Frauen als strukturelle Benachteiligung sei nur
eine Fassette von komplexen Prozessen und Strukturen der Benachteiligung. Bei der Vergabe
öffentlicher Aufträge sei eine Gleichstellung zwingend zu berücksichtigen. Weitere
Maßnahmen und damit einhergehende Gesetzesänderungen, wie zum Beispiel die Verbesserung der gendersensiblen Datenlage und Auswertung, die Implementierung von Genderaspekten in allen Bereichen der Bildung und Ausbildung, seien erforderlich. Außerdem solle
eine Berichterstattung, zweimal in jeder Legislaturperiode, erfolgen. Bezüglich der
Zielvereinbarung fordere man die Definition von Standards. Solange dies nicht verlangt
werde, sollten Frauen- und Gleichstellungspläne weiterhin genutzt werden. Eine Verzahnung
der Zielvereinbarungen und Förderpläne müsse mit anderen Maßnahmen wie Personalentwicklungsmaßnahmen erfolgen.
Der Hauptpersonalrat der Polizei hat betont, dass ein optionales Wahlrecht beziehungsweise eine optionale Wählbarkeit für beziehungsweise von männlichen Arbeitnehmern unter
bestimmten Voraussetzungen für eine breite Akzeptanz zweckdienlich sein könne. An
einzelnen Stellen des Gesetzestextes seien Formulierungen vorhanden, die möglicherwiese
eine nicht rechtskonforme Auslegung ermöglichen würden. In der Begründung sei dies zwar
weitestgehend relativiert, erscheine aber trotzdem ungünstig. Ein Stimmrecht im Auswahlverfahren erachte man als nicht gelungen. Die eigentliche Überwachung des Verfahrens werde
dadurch erschwert. Zu hinterfragen sei zudem die Verbesserung der Möglichkeiten
hinsichtlich der Freistellung von Gleichstellungsbeauftragten sowie die Möglichkeit der
Arbeitszeitverkürzung durch Teilzeit bei gleichzeitigem Personalabbau und einer fehlenden
konkreten haushaltsrechtlichen Absicherung. Man befürchte, dass dies unter bestimmten
Bedingungen zu einer zusätzlichen Arbeitsverdichtung führen werde.
Die Gleichstellungsbeauftragte und Sprecherin der LaKoF M-V hat herausgestellt, dass
der Gesetzentwurf zur Reform des Gleichstellungsrechts wichtige neue Elemente enthalte, die
die Gleichstellung fördern würden. Insbesondere falle darunter die Einführung des Begriffes
der strukturellen Benachteiligung als Grundlage des Gesetzes, die angemessene Erweiterung
des Begriffes Vereinbarkeit zum Beispiel um den Aspekt der Pflege und des Ehrenamtes, die
Stärkung der Arbeitszeitflexibilität und die Erweiterung um das Instrument der Telearbeit, der
Ausbau des Beanstandungsrestechtes und die damit verbundene Stärkung der Rechte der
Gleichstellungsbeauftragten. Auch sei durch die Hinwirkungsklausel des § 2 Absatz 2 auch
der Geltungsbereich erweitert worden und könne dadurch umfangreicher in die Gesellschaft
hineinwirken. Durch die Einbeziehung der Männer in strukturelle Benachteiligung sei die
zuvor anerkannte strukturelle Benachteiligung von Frauen in Führungspositionen nunmehr
durch eine noch nicht belegbare Eventualität stark relativiert worden. Darüber hinaus sei mit
der pauschalen Einbeziehung der Männer der Zuständigkeits- und damit auch der Aufgabenbereich der Gleichstellungsbeauftragten erheblich erweitert worden. Es werde angeregt, im
Rahmen der Zielsetzung des Gesetzes explizit an der bestehenden strukturellen Benachteiligung von Frauen in Führungspositionen festzuhalten. In Bezug auf Frauenförderpläne und
Zielvereinbarungen seien im Gesetzentwurf keine Mindestzielvorgaben und keine
Verbindlichkeiten geregelt worden. So entfalle die Pflicht, Statistiken zu führen, um die
Bereiche zu identifizieren, in denen Unterrepräsentanzen vorliegen würden.
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Drucksache 6/5598
Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Damit sei die Möglichkeit entfallen, Maßnahmen sinnvoll zu steuern. Der Gesetzentwurf
lasse weiterhin offen, wie die Zielvereinbarungen mit den Hochschulen getroffen und wie die
Gleichstellungsbeauftragten daran beteiligt würden. Die Gleichstellungsbeauftragte und
Sprecherin der LaKoF M-V hat angeregt, die Frauenförderpläne nicht zu streichen, sondern in
die Zielvereinbarungen zu integrieren. Die Zielvereinbarungen nach § 15 Absatz 3 LHG seien
dafür nicht ausreichend. Im Hinblick auf die paritätische Besetzung der Gremien sei der
Anteil an Frauen in gehobenen Positionen der Hochschulen so gering, dass es nicht möglich
sei, Gremien paritätisch zu besetzen. Der Gesetzentwurf enthalte keine Maßgaben, wie eine
paritätische Besetzung erfolgen solle, wenn die Anzahl der Frauen in der betroffenen
Personengruppe nicht ausreiche. Insoweit sehe man zwei Lösungswege. So könnten Frauen
aus der darüber oder darunter liegenden Hierarchieebene herangezogen werden oder es könne
ein Austausch für Gremienarbeit mit anderen Hochschulen des Landes erfolgen. Die
Gleichstellungsbeauftragte und Sprecherin der LaKoF M-V hat angeregt, Frauen, die sich
über das übliche Maß in der Gremienarbeit engagieren, zu entlasten. In Bezug auf die Wahl
der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Stellvertreterin sei es sinnvoll, eine Regelung
aufzunehmen, nach der sich eine Frau gezielt um das Amt der Stellvertreterin beziehungsweise das Hauptamt bewerben könne. So habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass sich
einzelne Kandidatinnen und Kandidaten ausschließlich auf das Amt der Stellvertreterin hätten
bewerben wollen. Im Hinblick auf die Freistellung der Gleichstellungsbeauftragten
unterstütze man die volle Freistellung von Gleichstellungsbeauftragten ab einer Beschäftigtenzahl von 600 mit Nachdruck. Eine strukturelle Entlastung der dezentralen Beauftragten
in Form zeitlicher Entlastung beziehungsweise durch unterstützende Mitarbeitende sei zu
schaffen. Man spreche sich gegen eine Benachteiligung von Gleichstellungsbeauftragten der
Universitätsmedizin aus. Diese seien vielmehr im vergleichbaren Ausmaß freizustellen.
In ihrer schriftlichen Stellungnahme hat die Industrie- und Handelskammer zu Schwerin
ausgeführt, dass sie grundsätzlich die Zielsetzung, die Gleichstellung von Frauen und
Männern zu verwirklichen, Benachteiligungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die
Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit zu verbessern, unterstützen würden.
Man warne davor, dieses wichtige Ziel an die öffentliche Auftragsvergabe zu knüpfen. Das
Vergaberecht sei insoweit der falsche Ansatz, um die mit dem Gleichstellungsreformgesetz
verfolgten Ziele umzusetzen. Das Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe zeichne sich
durch einen sehr hohen Verwaltungsaufwand für die Unternehmen aus. Diese Bürokratie sei
schon jetzt für viele Unternehmen ein Hemmnis, an solchen Ausschreibungen teilzunehmen.
Durch zusätzliche Erfordernisse, wie dem zwingenden Nachweis von Frauenförderplänen ab
einer Betriebsgröße von 20 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, werde der bürokratische
Aufwand für die Unternehmen weiter verschärft. Ebenfalls sei offen, welche Stellen solche
Bescheinigungen ausstellten und welche Voraussetzungen zu erfüllen und welche Unterlagen
für das Nachweisverfahren beizubringen seien. Die Kammern haben sich gegen eine weitere
Verkomplizierung und Überfrachtung des Vergabeverfahrens mit sachfremden Anforderungen ausgesprochen. Die Umsetzung des Ziels der Gleichstellung von Frauen und Männern
dürfe nicht zu Lasten des Mittelstandes im Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern
erfolgen.
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Drucksache 6/5598
2. Ergebnisse der Beratungen im Ausschuss für Arbeit, Gleichstellung, Gesundheit und
Soziales
Der Sozialausschuss hat dem Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der mitberatenden
Stellungnahmen mehrheitlich, mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der CDU, gegen
die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD, bei Enthaltung
seitens der Fraktion DIE LINKE, zugestimmt.
Zu den vom Sozialausschuss angenommenen Änderungsanträgen:
Die aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen wurden von den Fraktionen der
SPD und CDU eingebracht. Diese wurden vom Sozialausschuss jeweils mehrheitlich, mit den
Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
gegen die Stimme der Fraktion der NPD, angenommen.
Zu den vom Sozialausschuss abgelehnten Änderungsanträgen:
Von der Fraktion DIE LINKE wurde beantragt, in Artikel 1 des Gesetzentwurfes jeweils die
Wörter „Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit“ durch die Wörter „Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben“, in § 7 die Wörter „mit der Gleichstellungsbeauftragten“
durch die Wörter „mit der beziehungsweise dem Gleichstellungsbeauftragten“ und in
§ 11 Absatz 1 die Wörter „Vereinbarkeit von Familien- und Pflegeaufgaben“ durch die
Wörter „Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben“ zu ersetzen. Ferner wurde von der
Fraktion DIE LINKE folgende Neufassung des § 22 beantragt: „Die Landesregierung
berichtet dem Landtag zwei Mal in der Legislaturperiode über die Durchführung des
Gesetzes.“ Zu Abschnitt 3 - Gleichstellungsbeauftragte, der die Aufgaben, die Rechtsstellung,
das Beanstandungsrecht und die Wahl der Gleichstellungsbeauftragten regelt, wurden von der
Fraktion DIE LINKE jeweils zu den einzelnen Paragraphen Änderungsanträge eingebracht,
die das aktive und passive Wahlrecht von männlichen Beschäftigten zum Ziel hatten. Ferner
wurde von der Fraktion DIE LINKE die Einfügung eines neuen Artikels 5 - Änderung des
Landesstatistikgesetzes mit folgendem Wortlaut beantragt, „Artikel 5 Änderung des
Landesstatistikgesetzes Das Landesstatistikgesetz Mecklenburg-Vorpommern (GVOBl. M-V
1994, S. 347), zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 19. Dezember 2005
(GVOBl. M-V S. 640), wird wie folgt geändert: § 5 Absatz 4 wird wie folgt geändert: Nach
Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt: ‚Sie muss auch bestimmen, dass grundsätzlich alle auf
natürliche Personen bezogenen statistischen Merkmale nach ihrer geschlechtsspezifischen
Ausprägung erhoben und veröffentlicht werden.‘“. Diese Änderungsanträge der Fraktion
DIE LINKE wurden vom Sozialausschuss jeweils mehrheitlich mit den Stimmen der
Fraktionen der SPD, der CDU und der NPD, gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, abgelehnt.
Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde beantragt in Artikel 1 des Gesetzentwurfes jeweils die Wörter „Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit“ durch die
Wörter „Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben“ zu ersetzen. Der Änderungsantrag
wurde vom Sozialausschuss mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU
und der NPD gegen die Stimme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Enthaltung
seitens der Fraktion DIE LINKE, abgelehnt. Hinsichtlich Artikel 1 § 21 Absatz 3 Satz 2
wurde seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt, den Satz 2 ersatzlos zu
streichen.
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Drucksache 6/5598
Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Dieser Änderungsantrag wurde vom Sozialausschuss mehrheitlich, mit den Stimmen der
Fraktionen der SPD, der CDU und der NPD, gegen die Stimme der Fraktionen BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, bei Enthaltung seitens der Fraktion DIE LINKE, abgelehnt. Hinsichtlich
Artikel 1 § 22 wurde seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN folgende Neufassung
beantragt: „Die Landesregierung berichtet dem Landtag im Abstand von zwei Jahren über die
Durchführung dieses Gesetzes. Die Arbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragten der
Landesverwaltung kann innerhalb eines Zeitraumes von vier Monaten nach Vorlage dieses
Berichts ihre Stellungnahme dem Landtag zuleiten.“ Dieser Änderungsantrag wurde vom
Sozialausschuss mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der
NPD, gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
abgelehnt.
Zu den vom Sozialausschuss abgelehnten Entschließungsanträgen:
Von der Fraktion DIE LINKE wurde folgender Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf
eingebracht:
„Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales wird aufgefordert,
1. zusammen mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur unter Mitwirkung
der Gleichstellungsbeauftragten auf der Ebene der vier Staatlichen Schulämter und auf der
Ebene des Bildungsministeriums, die für den Bereich der öffentlichen Schulen zuständig
sind, Ausführungsvorschriften zu den Paragrafen 11 bis 15 des Gesetzentwurfs zum
Gleichstellungsreformgesetz zu erarbeiten, um die Anwendbarkeit der Regelungen auf den
Bereich der öffentlichen Schulen zu gewährleisten.
2. gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu prüfen, wie die
Freistellung der Gleichstellungsbeauftragten in den vier Staatlichen Schulämtern in § 19
Absatz 4 Satz 5 des Gleichstellungsreformgesetzes dahingehend neu geregelt werden kann,
dass ihre Entlastung in Abhängigkeit von der Anzahl der zu vertretenden Beschäftigten
deutlich verbessert wird.
3. gemeinsam mit dem Finanzministerium die Einführung und konsequente Durchsetzung der
geschlechtergerechten Haushaltsaufstellung (Gender Budgeting) in MecklenburgVorpommern einzuleiten.
4. zur Ergänzung der gesetzlichen Regelungen im Gleichstellungsreformgesetz des Landes
ein gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm zu erstellen und herauszugeben, um die
Gleichstellung in Mecklenburg-Vorpommern zu befördern und ressortübergreifend
voranzubringen.“
Dieser Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE wurde vom Sozialausschuss
mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der NPD, gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, abgelehnt.
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Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Drucksache 6/5598
Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde folgender Entschließungsantrag zum
Gesetzentwurf eingebracht:
„Die Landesregierung wird aufgefordert,
1. die Ausdehnung des in Artikel 1 § 2 Absatz 1 normierten Geltungsbereichs des Gleichstellungsreformgesetzes auf die Kommunen zu prüfen. Im Vordergrund soll dabei die
entsprechende Anwendung der dienstrechtlichen Regelungen der §§ 11 bis 16 stehen und
2. die Effizienz des in Artikel 1 § 20 normierten Beanstandungsrechts zu evaluieren und eine
Erweiterung auf ein Klagerecht zu prüfen.“
Dieser Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde vom
Sozialausschuss mehrheitlich, mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der
NPD, gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
abgelehnt.
IV. Zu den einzelnen Bestimmungen
1. In Bezug auf die Abstimmungsergebnisse ist auf Folgendes hinzuweisen:
Mehrheitlich, mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der CDU, gegen die Stimmen
der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der NPD, bei Enthaltung seitens der
Fraktion DIE LINKE, wurde der Gesetzentwurf insgesamt einschließlich seiner Untergliederungen angenommen.
2. Zur Begründung der einzelnen Vorschriften wird - soweit sie im Verlauf der Ausschussberatungen nicht geändert wurden - auf die Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 6/5189, verwiesen. Hinsichtlich der vom Sozialausschuss
geänderten oder eingefügten Vorschriften ist Folgendes zu bemerken:
Zu Artikel 1 § 2 Absatz 1
Die Änderung des § 2 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzentwurfes trägt der korrekten
Behördenbezeichnung, wie in Artikel 29 Absatz 6 der Landesverfassung formuliert,
Rechnung. Das Amt des Bürgerbeauftragten ist gemäß § 5 Absatz 4 Petitions- und
Bürgerbeauftragtengesetz M-V bei dem Präsidenten oder der Präsidentin des Landtages
eingerichtet. Entsprechend verhält es sich mit dem Amt des Landesbeauftragten für den
Datenschutz nach § 29 Absatz 1 Landesdatenschutzgesetz M-V. Dem folgend ernennt auch
die Präsidentin oder der Präsident des Landtages gemäß § 5 Absatz 8 Petitions- und
Bürgerbeauftragtengesetz M-V beziehungsweise § 29 Absatz 7 Landesdatenschutzgesetz
M-V die Beschäftigten beider Dienststellen. Die Beschäftigten bei den Beauftragten dürfen
gemäß § 5 Absatz 8 Petitions- und Bürgerbeauftragtengesetz M-V und § 29 Absatz 7
Landesdatenschutzgesetz M-V jedoch nur auf Vorschlag und im Einvernehmen mit den
Beauftragten ernannt, versetzt oder geordnet werden.
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Drucksache 6/5598
Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Die Nennung beider Ämter unmittelbar nach dem Landtagspräsidenten oder der Landtagspräsidentin bringt die durch einfachgesetzliche Regelung dem Landtagspräsidenten
beziehungsweise der Landtagspräsidentin zugewiesene und eingeschränkte personalrechtliche
Aufgabe hinsichtlich der Beschäftigten beider Ämter zum Ausdruck, verdeutlicht aber
zugleich deren eigenständige Personalgewalt, die beide Ämter zu eigenständigen Adressaten
eines zukünftigen Gleichstellungsreformgesetzes macht.
Zu Artikel 1 § 5
Die Landtagsverwaltung ist im Gegensatz zur allgemeinen Staatsverwaltung nicht Teil der
Exekutive, sondern eine im autonomen Selbstorganisationsrecht des Parlaments wurzelnde
eigenständige Verwaltung, die von der Landesregierung unabhängig ist. Sie unterliegt nicht
der Organisationsgewalt der Landesregierung und steht den Ressorts im Rang einer
selbstständigen obersten Landesbehörde gegenüber. Die Ausübung einer Kontrollfunktion des
für Gleichstellung zuständigen Ministeriums gegenüber der Landtagsverwaltung durch das
Instrument der Zielvereinbarung verbietet sich angesichts des Grundsatzes der Gewaltenteilung. Zudem ist es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) der
Präsidentin oder dem Präsidenten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern nicht möglich,
Personalentscheidungen der beiden Beauftragten mit Zielen und Maßnahmen eine bestimmte
Richtung zu geben. Die jeweiligen Ämter werden zwar bei der Präsidentin oder beim
Präsidenten des Landtages eingerichtet und die jeweiligen Beauftragten unterliegen auch der
Dienstaufsicht der Präsidentin oder des Präsidenten des Landtages, dies gilt jedoch nur
insoweit, als dass ihre Unabhängigkeit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Nach der Auslegung
des EuGH zum Begriff „völlige Unabhängigkeit“ zu Art. 28 der Europäischen Datenschutzrichtlinie, wonach eine Stellung zu verstehen ist, in der gewährleistet ist, dass die betreffende
Stelle völlig frei von Weisungen und Druck handeln kann, können sich die beiden Beauftragten jeweils nur eigene Ziele und Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes geben. Dem
steht nicht entgegen, dass die Präsidentin oder der Präsident des Landtages für alle
Dienststellen beim Landtag insgesamt das für Gleichstellung zuständige Ministerium
unterrichtet. Diese Unterrichtung dient nicht der Kontrolle durch das Ministerium, sondern
dem fachlichen Austausch, um eine effektive Umsetzung des Gesetzes zu gewährleisten.
Zu Artikel 1 § 19 Absatz 7
Nach § 19 Absatz 7 des Gesetzentwurfes soll die Arbeitsgemeinschaft ihre Mitglieder in
Angelegenheiten vertreten, die von allgemeiner Bedeutung sind und über den Geschäftsbereich einer obersten Landesbehörde hinausgehen. Dies impliziert, dass die Ergebnisse der
Arbeitsgemeinschaft auch die Dienststellen bei der Präsidentin beziehungsweise dem
Präsidenten des Landtages zumindest mittelbar betreffen können. Sowohl die Schwerbehindertenrichtlinie Mecklenburg-Vorpommern als auch das Personalvertretungsgesetz
Mecklenburg-Vorpommern enthalten keine verbindliche Regelung, wonach die jeweiligen
Vertretungen an den Arbeitsgemeinschaften teilnehmen können. Mit der Zuweisung eines
gesetzlich fixierten Beobachterstatus für die Dienststellen bei der Präsidentin beziehungsweise dem Präsidenten des Landtages, wird für die Gleichstellungsbeauftragten der
Dienststellen eine regelmäßige Teilnahme an den Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft
gewährleistet.
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Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode
Drucksache 6/5598
Zu Artikel 1 § 20 Absatz 3
Vor dem Hintergrund des autonomen Selbstorganisationsrechts des Parlaments legt die
Gleichstellungsbeauftragte der Landtagsverwaltung der Präsidentin oder dem Präsidenten des
Landtages Mecklenburg-Vorpommern - nach Beratung durch das für Gleichstellung
zuständige Ministerium - einen Entscheidungsvorschlag vor.
Schwerin, den 20. Juni 2016
Martina Tegtmeier
Berichterstatterin
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