hirtzberger - Arbeitskreis Welterbe Wachau

DR. CHRISTIAN
HIRTZBERGER
RECHTSANWALT
Julius Raab-Promenade 2
3100 St. Pölten
Telefon: 02742 / 47020
Fax:
02742 / 47020 - 40
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Marktgemeinde Spitz
Hauptstraße 22
3620 Spitz
E-Mail: [email protected]
St. Pölten, am 1.2.2016
Bauen-in-Spitz / Dr.CH / KK
Betreff:
Stellungnahme zur Abänderung des Flächenwidmungsplans
Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates!
Ich habe am 30.12.2015 in die aufgelegten Unterlagen Einsicht genommen und gestatte mir
auf der Grundlage dieser Unterlagen sowie zahlreicher Gespräche mit anderen
Gemeindebürgern innerhalb offener Frist abzugeben nachstehende
Stellungnahme.
1. KG Schwallenbach:
a. Umwidmung von Bauland Agrargebiet auf Bauland Betriebsgebiet:
Grundsätzlich ist gegen die Umwidmung von Bauland Agrargebiet auf Bauland
Betriebsgebiet im unmittelbaren Anschluss an die bereits bestehende Straßenmeisterei kein
Einwand zu erheben. Insbesondere ist es möglich ohne gröbliche Verletzung dessen, was
die Einzigartigkeit und Schönheit der Wachau ausmacht, das Betriebsgebiet zu erweitern,
um dringend benötigten Raum für betriebliche Aktivitäten der örtlichen Wirtschaft zur
Verfügung zu stellen.
Völlig unverständlich erscheint jedoch in diesem Zusammenhang, dass diese
Umwidmungsmaßnahme ausschließlich zu Gunsten der Straßenmeisterei erfolgt, damit
diese sich eventuell(!) erweitern kann. Soferne die Umwidmung der Erweiterung eines
einzelnen Betriebs dient, liegt eine unzulässige Anlassumwidmung vor.
Das öffentliche Interesse an einer Umwidmung wäre jedoch leicht damit zu begründen,
dass ein allgemeiner Bedarf nach Bauland Betriebsgebiet besteht, der aufgrund der
SPARKASSE NIEDERÖSTERREICH MITTE WEST AG, Konto 0000-914333, BLZ. 20256
IBAN: AT76 2025 6000 0091 4333, BIC: SPSPAT21XXX
UID: ATU 63791668
örtlichen Verhältnisse gerade hier (am Ortsende von Schwallenbach) gut und
raumverträglich abgedeckt werden kann.
Dieser allgemeine Bedarf ließe sich ohne weiteres auch mit den langjährigen, bisher
erfolglosen Bemühungen der Firma „Karl Schütz, Kommunaldienste, Bagger, Fuhrwerk“,
mit dem Sitz in Schwallenbach begründen, in der eigenen Gemeinde bzw. Ortschaft ein
Betriebsgebäude zu bekommen. Dieses Unternehmen, dessen Maschinen bisher
notgedrungen teilweise auf öffentlichen Verkehrsflächen im Freien abgestellt werden
mussten, ist im Begriff nach Aggsbach-Markt abzuwandern, um auf dem Grundstück der
ehemaligen Tankstelle eine Einstellmöglichkeit zu schaffen. Diese Einstellmöglichkeit
könnte landschaftsverträglich – und durchaus mit thematischem Bezug zur bestehenden
Straßenmeisterei – im Bereich des ausgeweiteten Baulandbetriebsgebietes untergebracht
werden.
Die aktuelle Umwidmung, die ausschließlich auf die Straßenmeisterei zugeschnitten ist,
nimmt hierauf nicht Bedacht. Für die Gemeinde Aggsbach-Markt und die gesamte Wachau
würde mit der Errichtung einer Maschinenhalle gerade an diesem neuralgischen Punkt am
südlichen Ortsbeginn von Aggsbach-Markt langfristig eine Chance vertan, die darin
besteht, einen „Empfangsraum“ etwa in Form eines Welterbeladens zu schaffen.
Zudem wird durch die Auslagerung des Betriebs in die Nachbargemeinde zusätzlicher
Verkehr auf der B3 generiert.
Wie die vorliegenden Änderungen des Flächenwidmungsplans zeigen, bemüht sich die
Gemeinde mit äußersten Mitteln darum, für „Jungfamilien“ Raum zu schaffen,
möglicherweise mit dem Hintergedanken, dass dadurch Arbeitsplätze in Spitz gehalten
oder gar geschaffen werden. Völlig unverständlich erscheint vor diesem Hintergrund die
Tatsache, dass durch die unbegründet verweigernde Haltung der Gemeindeführung ein
bestehender örtlicher Gewerbebetrieb zur Abwanderung geradezu gezwungen wird, wenn
hier nicht rasch gehandelt wird.
Die anstehende Änderung des Flächenwidmungsplans ist in diesem Sinne zu überdenken.
b. Umwidmung von Bauland Agrargebiet in Verkehrsfläche – öffentlich:
Der geplanten Umwidmung liegen ein Parzellierungsplan sowie ein Plan auf Abänderung
des für diesen Bereich bestehenden Bebauungsplans zugrunde.
Explizit wird „als wesentlicher Änderungsanlass“ angesehen, dass die Gemeinde Spitz seit
dem Jahre 2011 Einwohner verloren hat und zwar von 1.680 auf 1.636, also insgesamt 44
innerhalb von nur 4 Jahren. Aufgrund des großen Mangels an verfügbaren Bauplätzen habe
man sich deshalb entschlossen, in diesem Bereich 16 Bauplätze für Einfamilienhäuser zu
schaffen. Die Nachfrage nach Reihenhäusern, die ursprünglich (4) geplant waren, sei nicht
entsprechend groß gewesen. Nun werde die Maßnahme getroffen, „Bauplätze für
Jungfamilien bereitstellen zu können, sodass die negative Bevölkerungsentwicklung
zumindest eingedämmt werden“ könne.
Diese Begründung ist nicht nachvollziehbar. Zunächst ist festzuhalten, dass nicht erhoben
wurde, warum es zu dem angeführten Bevölkerungsschwund gekommen ist.
Tendenziell müsste der Rückgang an Bevölkerung dazu führen, dass bisher genutzter
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Wohnraum ungenutzt leer steht. Es ist daher logisch nachvollziehbar, dass – wie vom
Ortsplaner ausdrücklich hervorgehoben – die Nachfrage nach Reihenhäusern, die
ursprünglich geplant waren, nicht entsprechend hoch gewesen ist. Der Rückgang in der
Bevölkerung kann daher nicht schlüssig mit einem fehlenden Angebot an Wohnraum
begründet werden.
Einer Entwicklung, die dazu führt, dass Ortskerne veröden, während man gleichzeitig an
der Peripherie landschaftsfressende Maßnahmen setzt, geht in die falsche Richtung und
kann nur von jenen befürwortet werden, welche nicht erkennen, dass Wein- und Obstbau
(der entsprechende Flächen braucht) und der Tourismus die einzigen treibenden Kräfte der
regionalen Wirtschaft sind und genau diese Wirtschaftszweige am meisten durch die
Landschaftszerstörung leiden.
Sollte es überhaupt zu einer Bebauung nach dem der geplanten Umwidmung
zugrundliegenden Konzept kommen, steht das Wachsen einer Wohnsiedlung in Aussicht,
welche einen schweren und irreversiblen Eingriff in das Welterbe Wachau darstellt. Die
vorgesehene offene Bebauungsweise in Verbindung mit der angestrebten (Klein-)
Parzellierung steht in diametralem Gegensatz zu den Ergebnissen der Studie „Generelle
Untersuchung der landschaftlichen Verträglichkeit von Siedlungserweiterungen in der
Wachau“, welche im Auftrag der Abteilung Raumordnung und Regionalpolitik des Amtes
der NÖ Landesregierung unter Federführung von Dipl.-Ing. Gilbert Pomaroli im Juli 2006
erstellt wurde und von höchster Aktualität ist. Demnach sollen Siedlungserweiterungen die
bestehende Struktur fortsetzen, indem Verlängerung bzw. Ergänzung durch zeilenförmige
Bebauung mit baulichem Schwerpunkt entlang der Straße erfolgen soll. Typisch ist eine
kompakte, dichte Bebauungsstruktur, die sich linienförmig oder netzartig aufbaut.
Vorliegend soll aber eine rasterförmige Siedlungsstruktur entstehen, die einen
Fremdkörper in der Landschaft weitab des gewachsenen und für Wohnzwecke dienenden
Ortskerns bildet. Der in den Unterlagen befindliche Bebauungsplan wird zum Entstehen
einer Siedlung führen, wie sie in den letzten Jahren etwa in Weissenkirchen oder Loosdorf
entstanden sind (siehe beiliegende Fotos). Dies lässt die schlimmsten Befürchtungen für
das Orts- und Landschaftsbild aufkommen, weshalb die hier gegenständliche Umwidmung
kategorisch abzulehnen ist.
Vielmehr wären raumplanerische Maßnahmen zur Mobilisierung bereits gewidmeten
Baulands und – noch besser – Maßnahmen zur Revitalisierung und Wiedernutzung
leerstehender Baulichkeiten zu setzen.
Schließlich wird darauf verwiesen, dass gemäß § 24 Abs. 11 Z 3 die Landesregierung der
Gemeinde in diesem Punkt die Genehmigung zu versagen hat, da die Verwirklichung des
Vorhabens einen finanziellen Aufwand zur Folge hat, durch den die Erfüllung der
gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen der Gemeinde gefährdet wäre. Bereits vor
der ersten Bebauung müsste die Gemeinde Wasser und Kanal an die entstehende Siedlung
heranführen und überdies eine knapp 100 m lange öffentliche Verkehrsfläche schaffen, in
der die notwendige Infrastruktur untergebracht wird. In einer Gemeinde, in der die
finanziellen Mittel derart erschöpft sind, dass nicht einmal die Sanierung des Kanals unter
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der Marktstraße finanziert werden kann, wird dieses Vorhaben unmöglich sein. Die bisher
aus Mangel an finanziellen Mitteln unterbliebene Sanierung des Ortskanals geht bereits mit
bisher leider kaum diskutierten negativen Folgen für die Umwelt und die Hygiene
(Ratten!) einher. Im Rahmen eines Finanzierungskonzepts wären diese Zusammenhänge
gründlich zu klären, bevor das hier gegenständliche Umwidmungsprojekt in Angriff
genommen wird.
Das vorliegende Umwidmungsprojekt verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen die im
Raumordnungsgesetz aufgestellten Leitziele, nämlich
− Ausrichtung auf schonende Verwendung der natürlichen Ressourcen,
− den wirtschaftlichen Einsatz von öffentlichen Mitteln,
− Bedachtnahme auf die Verkehrsauswirkungen im Hinblick auf möglichst geringes
Verkehrsaufkommen,
− Erhaltung und Verbesserung des Orts- und Landschaftsbildes,
− Planung der Siedlungsentwicklung im unmittelbaren Anschluss an Ortsbereiche,
− Anstreben einer möglichst flächensparenden verdichteten Siedlungsstruktur,
− Sicherung und Entwicklung der Ortskerne als funktionierende Punkte der
Siedlungseinheiten, etc.
Das gegenständliche Umwidmungsprojekt ist daher abzulehnen.
2. KG Spitz / Bahnhofsbereich
Umwidmung von Eisbahngelände auf Bauland Kerngebiet, Verkehrsfläche und Bauland
Betriebsgebiet:
Hier werden keine Einwände erhoben.
3. KG Spitz / Erlahof
Umwidmung von Bauland Sondergebiet Bauhof auf Bauland Wohngebiet:
Hier wird als Änderungsanlass genannt, dass das Altstoffsammelzentrum mittelfristig
durch einen Standort beim ehemaligen Steinbruch ersetzt werden soll. Damit soll wohl der
Tatsache, dass eine Wohnnutzung im unmittelbaren Nahbereich eines solchen Zentrums
(mehr als) problematisch erscheint, entgegen getreten werden.
Der angezogene Änderungsanlass ist de facto nicht gegeben:
Eine „Sanierung“ des Steinbruchs in der Weise, dass in seinem Bereich ein
Altstoffsammelzentrum errichtet werden kann, würde mit derartigen landschaftlichen
Veränderungen und Beeinträchtigungen der Umwelt einher gehen, dass sie schon aus
naturschutz- und landschaftsrechtlichen Gründen ins Reich der Illusionen zu verweisen ist.
Schon die Aufbringbarkeit der Mittel, die notwendig sind, um den großdimensionierten
Gesteinsabbau bzw. –abtransport überhaupt erst zu ermöglichen, ist nicht kalkuliert und
aller Voraussicht nach auch nicht gegeben. Schon die Nachfrage nach dem anzubauenden
Gestein ist absehbar nicht gegeben.
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Im Hinblick darauf, dass das Altstoffsammelzentrum sohin noch über geraume Zeit an der
alten Stelle verbleiben wird, ist die Eignung der umzuwidmenden Fläche für Wohnzwecke
nicht gegeben. Das Umwidmungsprojekt ist in diesem Punkte abzulehnen.
4. KG Spitz / Obere Gasse:
a. Umwidmung öffentliche Verkehrsfläche auf Bauland:
Im Hinblick auf die Schließung des ehemaligen Bahnübergangs besteht gegen die
Umwidmung von Verkehrsfläche auf Bauland grundsätzlich kein Einwand.
b. Umwidmung Grünland Park auf Bauland Kerngebiet und Verkehrsfläche – öffentlich:
Als Änderungsanlass wird die geplante Erweiterung eines einzelnen Unternehmens,
nämlich vorliegend des Weinbaubetriebs Gebetsberger genannt.
Ein Aufriss jenes Gebäudes, dass durch die Umwidmung ermöglicht werden soll, kann als
weiterer Eingriff in das (hier noch) typische Ortsbild gewertet werden, der einmal mehr die
Notwendigkeit verdeutlicht, durch einen Bebauungsplan ordnend einzugreifen.
Zu erwägen ist, warum hier eine Umwidmung auf Bauland Kerngebiet erfolgen soll und
nicht etwa auf Bauland Wohngebiet oder Bauland Agrargebiet, das wegen der geringeren
hier zulässigen Lärmbelastung dem Ziel, Spitz als Wohnstandort mit hoher Lebensqualität
sowie als Tourismusgemeinde zu stärken, besser entsprechen würde. Ein Weinbaubetrieb
als solcher steht mit einer solchen (alternativ ins Auge zu fassenden) Widmung nicht in
Widerspruch. Eine Widmung Bauland-Kerngebiet, welche eine wesentlich schlechtere
Wohnqualität gegenüber dem Bauland Wohngebiet bzw. Bauland Agrargebiet mit sich
brächte, ist von den hier lebenden Anrainern durchwegs nicht gewünscht.
Ein öffentliches Interesse lässt sich aber an der Schaffung öffentlicher Parkplätze im
Nahbereich des bisherigen Bauland Kerngebietes ableiten.
5. KG Spitz / In der Spitz
Umwidmung Grünland und Forstwirtschaft auf Bauland Agrargebiet:
Wie in beiliegendem Foto dokumentiert, wurde hier bereits im Grünland eine Terrasse
sowie eine betonierte bzw. mit Betonmauern eingefasste Abfahrt zu einer Tiefgarage
errichtet. Diese bereits gesetzten Baumaßnahmen sind mit der nach wie vor gültigen
Widmung Grünland Land- und Forstwirtschaft unvereinbar! Eine Umwidmung zur
Sanierung eines Schwarzbaus ist unzulässig. Hier wird auch seitens der Aufsichtsbehörde
eine Genehmigung zu versagen sein.
Im Raume steht hier ein (weiterer – siehe unten Punkt 8.) Fall eines mutmaßlichen
Amtsmissbrauchs durch Bürgermeister Dr. Andreas Nunzer, der alternativ darin besteht,
dass entweder
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− eine Baubewilligung entgegen der bestehenden Widmung erteilt wurde oder
− trotz Kenntnis der widmungswidrigen Bauführung nicht mit Abbruchauftrag, sondern
vielmehr mit einer unzulässigen Anlasswidmung vorgegangen wurde.
Die Begründung der Umwidmung damit, es hätte sich herausgestellt, dass es aus
betriebswirtschaftlichen Gründen besser sei, eine größere Fläche zu bebauen und dem
geplanten Ziel der Erweiterung des Betriebes sowohl als Weinbau als auch als
Beherbergungsbetrieb nachkommen zu können, zeigt deutlich die hier zutage tretende,
widerrechtliche Methode auf, zunächst unter Umgehung des Gesetzes zu bauen und
hinterher zur Verdeckung der Malversion die örtliche Raumordnung zu ändern. Zu
derartigen (öffentlichen) Deckungshandlungen wolle sich der Gemeinderat der
Marktgemeinde Spitz sich nicht hinreißen bzw. verwenden lassen.
6. KG Gut am Steg / Jauerlingstraße
Umwidmung Grünland Land- und Forstwirtschaft auf Bauland Agrargebiet:
Hier bestehen grundsätzlich keine Einwendungen.
Der in der Begründung des Raumplaners auf Seite 11 unten links ersichtliche Bau zeigt
einmal mehr deutlich auf, was eine Bebauung ohne entsprechenden Bebauungsplan in
Ermangelung eines Bewusstseins für die Anforderung des UNESCO Weltkultur- und
Naturerbes die Gefahr der Verschandelung mit sich bringt: eine offene Gefährdung dessen,
was der Raumplaner mehrfach als Ziele der örtlichen Raumordnung erwähnt, nämlich
Spitz als Tourismusstandort zu stärken.
7. KG Gut am Steg
Umwidmung Grünland Land- und Forstwirtschaft – Forst auf Grünland ParkAussichtsterrasse:
Es bestehen grundsätzlich keine Einwendungen, soferne Vorkehrungen getroffen werden,
dass der nicht mehr bestockte Teil der Forstparzelle unterhalb der Terrasse tatsächlich
unbestockt bleibt, da nur durch den Blick auf den Spitzer Graben bzw. das Donautal das
öffentliche Interesse am Bestehen einer Aussichtsterrasse als touristische Einrichgung
begründet werden kann. Ohne diese Voraussetzung handelte es sich vorliegend jedoch nur
um die Erweiterung eines einzelnen Gasthausbetriebes ausschließlich zu dessen Vorteil,
was nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs eine Abänderung des
Flächenwidmungsplans ausschließt.
Nur am Rande sei erwähnt, dass spätestens ab Kenntnis eines bewilligungs- bzw.
anzeigepflichtigen Bauwerks im Grünland – Forst die Baubehörde Handlungsbedarf im
Sinne des § 35 Bauordnung hat. Inwieferne vor diesem Hintergrund die beabsichtigte
Änderung des örtlichen Raumordnungsprogramms die Genehmigung durch die NÖ
Landesregierung erheischt, muss dahingestellt werden.
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8. KG Spitz / Hinterweg – Rote-Tor-Gasse
Umwidmung Bauland Wohngebiet und Bauland Agrargebiet auf Bauland Kerngebiet:
In der Begründung des Raumplaners wird mehrfach und massiv mit falschen Angaben
operiert: Gleich eingangs wird anhand eines Orthofotos die Behauptung aufgestellt, dass
„die umzuwidmenden Bereiche eine gemischte Nutzung aufwiesen, welche erhoben und mit
der Beschriftung des Orthofotos dargestellt“ werden würden. Der Ortsplaner erwähnt
nicht, dass 6 der insgesamt 14 angeführten Lokalitäten nicht im umzuwidmenden Bereich
liegen. Der „Weinbaubetrieb Lagler“ existiert an der angegebenen Stelle längst nicht
mehr; hier befindet sich das Wohnhaus der Familie Lagler. Beim Kellereibetriebe des
Weingutes FJ Gritsch wird „Vermarktung“ angeführt, was im Widerspruch zu den
Angaben der Bauwerberin im bezughabenden Bauakt steht. Dort wird – siehe
Bauverhandlungsprotokoll vom 12.12.2013 – ausdrücklich mit Schreiben des
Steuerberaters der kalmuck WACHAU GmbH vom 31.07.2014 an die
Bezirkshauptmannschaft Krems behauptet, dass das neue Betriebsgebäude „zur
landwirtschaftlichen Urproduktion (Weinproduktion) dienen“ soll. Ferner heißt es: „Der
Verkauf/Handel verbleibt am ursprünglichen Standort 3620 Spitz, Kirchenplatz 13“.
Nimmt man dieses Schreiben – womit der Versuch unternommen wurde, ein
Betriebsanlagengenehmigungsverfahren abzuwenden – ernst, ist weiterhin davon
auszugehen, dass der „Verkauf“ nicht im Bereich der umzuwidmenden Grundstücke liegt.
Weiter unten (Seite 19) des Konvoluts vom 19.10.2015 schreibt der Raumplaner, dass „im
gegenständlichen Fall der Durchmischungsgrad an Funktionen zweifellos wesentlich
höher“ sei, als in einem reinen Wohngebiet. „Von insgesamt 18 Liegenschaften im
umzuwidmenden Gebiet sind 7 Liegenschaften ausschließlich mit Wohnhäusern bebaut,
wohingegen 10 Liegenschaften eine gemischte Nutzung aufweisen.“
Diese Formulierungen zeigen, dass sich der Ortsplaner völlig unzureichend mit den
tatsächlichen Begebenheiten beschäftigt hat und die Grundlagenforschung unbrauchbar
ist.
Wie aus beiliegender Tabelle ersichtlich – und von jedem Einheimischen, der mit den
Gegebenheiten auch nur einigermaßen vertraut ist, unter Zuhilfenahme des NÖ Atlas
nachvollzogen werden kann – liegen insgesamt nicht 18, sondern 35 (!) Liegenschaften im
Bereich der umzuwidmenden Flächen. Von Bauland Wohngebiet in Bauland Kerngebiet
sollen 26 Grundstücke gewidmet werden, vom Bauland Agrar in Bauland Kerngebiet 9
Grundstücke. Dabei fällt auf, dass (außer dem Betriebsgebäude der kalmuck WACHAU
GmbH – zu dieser unten!) im gesamten Bereich nur zwei Kellereien und zwei
Landwirtschaften betrieben werden. An touristischen Einrichtungen finden sich lediglich
zwei Gästehäuser jeweils mit einem Café bzw. einer Bar von niedriger Frequenz, darüber
hinaus nur noch zwei Privatzimmervermieter. 18 (nicht bloß 7!) der 35 Liegenschaften
weisen eine Wohnnutzung auf.
Abgesehen von den Eigentümern der Liegenschaft 2081/2 (auf welchem sich der wahre
Umwidmungsanlass befindet) wünscht sich wohl kein einziger Liegenschaftseigentümer
eine Umwidmung auf Bauland Kerngebiet, zumal das Bauland Kerngebiet gegenüber dem
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Bauland Wohngebiet „nur eine wesentlich eingeschränktere Wohnqualität bieten kann“
(Kienastberger, Kommentar zu Wohngebiet, Kerngebiet und Agrargebiet – Erläuterungen
zum NÖ Raumordnungsgesetz des Gemeindevertreterverbandes der Volkspartei
Niederösterreich, 2007).
Gerade dann, wenn (wie vom Ortsplaner mehrfach erwähnt) die Profilierung von Spitz als
Tourismusgemeinde und als eine Gemeinde mit höchster Wohnqualität angestrebt wird,
erscheint die beabsichtigte Umwidmung unverständlich und sachlich nicht zu begründen.
Ausdrücklich hingewiesen wird darauf, dass die vorliegende Umwidmung – unter der die
Eigentümer von insgesamt 34 Liegenschaften zu leiden haben werden – ausschließlich
veranlasst ist, um den Neubau eines Betriebsgebäudes, unter anderem der kalmuck
WACHAU GmbH, nachträglich den Anschein der Widmungsübereinstimmung zu geben.
Hier wird verwiesen auf die in der Anlage befindliche Strafanzeige, welche gegen
Bürgermeister Dr. Andreas Nunzer eingebracht wurde. Gegenwärtig werden beim
Landeskriminalamt im Auftrag der Staatsanwaltschaft Krems Erhebungen gepflogen.
Im Ergebnis müssen die Eigentümer von 34 der 35 betroffenen Liegenschaften eine von
ihnen nicht gewollte gravierende Verschlechterung der Wohn- und Erholungsqualität ihrer
Grundstücke in Kauf nehmen, weil auf einem einzelnen Grundstück ein Betrieb entstanden
ist, der aufgrund einer mehrfach rechtswidrigen Baubewilligung entstanden ist und nur
schwerlich in ein Wohngebiet eingeordnet werden kann. Es verbirgt sich hinter dieser
Umwidmung also eine Anlassumwidmung, welche vom Bürgermeister bereits im Bezug
habenden Bauakt am 27.08.2013 angekündigt wurde. Auffällig ist indes, dass derselbe
Bürgermeister im Zuge seiner Rechtfertigungen gegenüber der Bezirkshauptmannschaft
Krems bzw. dem Amt der NÖ Landesregierung damit argumentiert, dass der sogenannte
„kalmuck-Keller“ sehr wohl in der Widmung Bauland Wohngebiet untergebracht werden
könnte. Soferne der Bürgermeister bei dieser Argumentation bleibt, wird er zu erklären
haben, weshalb er dann überhaupt eine Umwidmung angestrengt hat.
Auch hier wird an die Mitglieder des Gemeinderates appelliert, sich nicht zur Sanierung
eines rechtswidrigen Vorganges hergeben zu lassen, zumal festgehalten werden muss, dass
der Tatbestand des Amtsmissbrauchs – so er erhärtet wird, ohnedies bereits erfüllt ist und
die Umwidmung lediglich als Milderungsgrund herangezogen werden kann. Inwieferne
hier eine allfällige Umwidmung die Genehmigung durch die NÖ Landesregierung erhalten
kann, muss angesichts der hinreichend klaren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs
bzw. der Regelungen des NÖ Raumordnungsgesetzes dahingestellt bleiben.
9. KG Spitz / Hinterhaus
Umwidmung von Grünland Park, Grünland – Land- und Forstwirtschaft und Bauland
Kerngebiet auf Bauland Kerngebiet und Verkehrsfläche – öffentlich:
Hier sind in den aufgelegten Unterlagen unterschiedliche Abänderungspläne vorzufinden.
In dem ursprünglichen Konvolut vom 19.10.2015 ist hier ausschließlich von einer
„Anpassung“ die Rede, die notwendig ist, um die bisher als Bauland Kerngebiet
gewidmete Fläche und einen Teil der Widmung Grünland Park in Verkehrsfläche
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umzuwandeln, dies als Folge der Errichtung einer Bushaltestelle und des Kreisverkehrs im
Zuge des Hochwasserschutzes.
Wie sich aus anderer Quelle nachvollziehen lässt, wurde am 04.12.2015 ein Bauansuchen
vorgelegt, das auf die Bebauung unter anderem des Grundstücks .108 (zwischen Café
Marille und Wohnhaus Steiner) abzielt. Dieses Bauansuchen wurde sofort wieder
zurückgezogen, nachdem sich herausgestellt hat, dass das hier zu errichtende Hotelgebäude
zum Teil auf der Widmung „Grünland Park“ zum Stehen kommen würde.
Sichtlich als Reaktion darauf, wurde mit Datum 15.12.2015 eine Umwidmung eingeleitet,
womit nun die in diesem Bereich bestehende Fläche Grünland Park gänzlich in dem
Bauland Kerngebiet einverleibt werden soll, sodass dem Hotelprojekt von Seiten der
Flächenwidmung jetzt nichts mehr entgegenstünde. Die dazugehörige Planunterlage habe
ich anlässlich einer Akteneinsicht am 30.12.2015 nicht zu Gesicht bekommen; sie existiert
allerdings und wurde mir auf anderem Wege bekannt gemacht.
Aus dem bisher gesagten ergibt sich der Charakter des zuletzt eingebrachten
Änderungsvorschlags als reine Anlassumwidmung, um einem bestimmten
Grundeigentümer entgegen zu kommen bzw. die Errichtung eines fragwürdigen Hotels zu
fördern. Offiziell gibt der Raumplaner an, dass die Ausweisung einer Fläche als Grünland
Park entlang der B3 auf der Überlegung beruhte, dass keine zusätzliche Bebauung erfolgen
sollte, solange der Hochwasserschutz nicht hergestellt sei. Daher sei diese Fläche nicht
dem Bauland Kerngebiet zugeordnet.
Diese Begründung kann deshalb als Unsinn bezeichnet werden, da zu Zeitpunkt der
Widmung Grünland Park ein Hochwasserschutz nicht einmal in Rede stand. Tatsächlich
haben sich die Grundlagen für diese Widmung nicht geändert: Die Fläche Grünland Park
entlang der B3 wurde vielmehr deshalb eingeführt, um zu verhindern, dass Gebäude
unmittelbar an die B3 herangerückt werden, nicht zuletzt wegen der wechselseitigen
negativen Beeinflussungen dieser Widmungen. Es ist daher an den Haaren herbeigezogen,
die Herstellung des Hochwasserschutzes nunmehr als Begründung für eine Umwidmung
heranzuziehen. Diese erfolgt (wie oben erwähnt) vielmehr zum (vermeintlichen) Vorteil
eines einzelnen Investors.
Die mit der Umwidmung bezweckte Errichtung eines Großhotels ist auf das entschiedenste
abzulehnen. Hier soll der Weg für die Errichtung eines Hotels mit nicht weniger als
122 Betten freigegeben werden. Dazu Sitzplätze im Restaurantbereich, was bereits jetzt
absehbar in Betrieb zum vollständigen Verkehrskollaps des gesamten Areals Hinterhaus
führen muss. Abgesehen davon besteht keine Sicherheit, dass diese Hotelanlage vor dem
Hintergrund der allgemein bekannten Krise in der Hotellerie als Ruine herumstehen und
das Ortsbild beeinträchtigen wird.
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Ich hoffe, mit den vorstehenden Ausführungen einen Beitrag zur Vervollständigung Ihrer
Entscheidungsgrundlage geleistet zu haben und verbleibe
mit vorzüglicher Hochachtung
Dr. Christian Hirtzberger
Beilagen:
Fotos, Tabelle, Strafanzeige
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