Vincze, S., et al. Risikowahrnehmung und Kommunikation im

Risikowahrnehmung und Kommunikation im Bereich
Antibiotikaresistenzen bei Tierärzten und Landwirten
Szilvia Vincze1, Antina Lübke-Becker1, Karl-Heinz Lahrmann2, Sandra Schneider3, Florian Salm3,
Regina Hanke3,4, Norman Ludwig4 , Petra Gastmeier3 , Lothar H. Wieler 1,5
1Institut
für Mikrobiologie und Tierseuchen, Freie Universität Berlin, 2Klinik für Klauentiere, Freie Universität Berlin,
3Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin; 4Lindgrün GmbH, Berlin, Robert Koch-Institut Berlin
Einleitung
Der Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin führt zur Selektion resistenter Bakterien und trägt zu ihrer Verbreitung bei. Das Projekt RAI (Rationaler
Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation) verfolgt deshalb das Ziel, in beiden Bereichen einen gezielten Antibiotikaeinsatz durch Informations- und
Handlungsstrategien zu unterstützen. Um zielgruppenspezifische Besonderheiten berücksichtigen zu können, wurde vorab die Risikowahrnehmung in Bezug auf
Antibiotika und multiresistente Erreger (MRE) untersucht. Im Bereich Tiermedizin wurden 60 Tierärzte mit Schwerpunkt Schweinehaltung und 216 Schweinehalter befragt.
Diskussion
Insgesamt zeigt die Studie, dass sich beide Berufsgruppen der Problematik der Resistenzentwicklung durch den Einsatz von Antibiotika bewusst sind. Darüber hinaus wird
deutlich, dass Informations- und Kommunikationstools sowohl bei Tierärzten als auch bei Landwirten durchaus erwünscht sind und somit zu einer Optimierung der
Antibiotikaanwendung beitragen könnten. Insbesondere Landwirte mit direktem MRE-Bezug wünschen sich häufig zusätzliche Informationen von ihrem Tierarzt.
Ergebnisse: Befragung der Tierärzte und Schweinehalter
Ergebnisse: Befragung der Schweinehalter
Fragen zur allgemeinen Risikoeinschätzung
Fragen zur Risikokommunikation
Fragen zum Wissen
F1: Wie relevant ist das Thema Antibiotikaresistenzen für Ihre
tägliche Arbeit?
F3: Wie häufig wird das Thema Resistenzen besprochen, wenn der
Tierarzt ein Antibiotikum verordnet?
F8: Was glauben Sie, wer oder was kann gegen ein Antibiotikum
resistent werden? (n=216)
F2: Glauben Sie, dass Ihr Antibiotika-Verordnungs- (Tierärzte)
bzw. -Anwendungsverhalten (Schweinehalter) Einfluss auf die
Resistenzsituation Ihrer Region hat?
F3: Die multivariable Analyse ergab, dass Landwirte häufiger
Informationen von ihren Tierärzten über das Thema Resistenzen
erhalten, wenn Ihnen der MRSA-Status Ihres Betriebes bekannt ist
(F9):
p=0.041, OR=1.78; 95% CI 1.02-3.11
F4: Folge-Frage Tierärzte: Was sind Gründe dafür, dass das Thema
nicht besprochen wird?
• Komplexität des Themas
27 (45%)
• Mangelndes Interesse seitens des Landwirts 13 (22%)
• Zu wenig Zeit
8 (13%)
• Sorge, den Landwirt als Kunden zu verlieren 4 (7%)
(Mehrfachantworten möglich)
F2: Die multivariable Analyse ergab, dass die Schulbildung und die
Größe des Betriebes einen signifikanten Einfluss auf die
Beantwortung der Frage hat. Landwirte mit Abitur beantworteten
die Frage signifikant häufiger mit ja:
p=0.039, Odds Ratio (OR)=4.22; 95% Confidence Interval (CI) 1.0816.55
Außerdem schätzten kleine Betriebe (50-399 Tiere) das Risiko
geringer ein als große Betriebe:
p=0.024, OR=0.024; 95% CI 0.08-0.84
F5: Folge-Frage Landwirte: Wünschen Sie sich von Ihrem Tierarzt
ausführlichere Informationen zum Thema Antibiotikaresistenzen?
•
•
•
•
Ja
Nein
Weiß nicht
Keine Antwort
98 (45%)
89 (41%)
25 (12%)
4 (2%)
F9: Kennen Sie den Erregerstatus Ihres Betriebes für MRSA?
• Ja, positiv
20 (9%)
• Ja, negativ
72 (33%)
• unbekannt
117 (54%)
• Keine Antwort
7 (3%)
F10: Kennen Sie persönlich Menschen, die Probleme mit
multiresistenten Erregern haben?
• Ja
90 (42%)
• Nein
114 (53%)
• Weiß nicht
8 (4%)
• Keine Antwort
4 (2%)
Fragen zum Selbstschutz
F11: Werden zum Anmischen von oral anwendbaren Fertigarzneimitteln (OAF) in Ihrem Betrieb Mund- und Nasenschutz getragen?
F5: Die multivariable Analyse ergab, dass sich Landwirte
signifikant häufiger mehr Informationen von Ihrem Tierarzt
wünschen, wenn Sie einen persönlichen MRE-Bezug haben (F10):
p=0.019, OR=2.22; 95% CI 1.14-4.31
Fragen zur persönlichen Risikoeinschätzung
F6 (Landwirte): Für wie relevant halten Sie das Risiko der
Einschleppung von MRE durch den Zukauf von Tieren in Ihren
Betrieb?
• Stark
20 (9%)
• Mittel
81 (38%)
• Wenig
85 (39%)
• Gar nicht
26 (12%)
• Keine Antwort
2 (1%)
F8: Die multivariable Analyse ergab, dass Landwirte mit
persönlichem MRE-Bezug (F10) die Frage signifikant häufiger
richtig beantwortet haben:
p=0.011, OR=3.12; 95% CI 1.30-7.45
F7 (Tierärzte): Wie oft haben Sie in Ihrem Arbeits-Alltag Kontakt zu
MRE in Schweinebetrieben?
•
•
•
•
•
•
Täglich
Wöchentlich
Monatlich
Seltener
Nie
Keine Antwort
12 (20%)
8 (13%)
9 (15%)
22 (37%)
8 (13%)
1 (2%)
F11: Die multivariable Analyse ergab, dass Landwirte signifikant
häufiger Mund- und Nasenschutz tragen wenn Sie einen persönlichen
MRE-Bezug haben (F10):
p=0.041, OR=1.86; 95% CI 1.03-3.38
F12: Werden zum Anmischen von OAF in Ihrem Betrieb Handschuhe
getragen?
Methoden
Liste der in der multivariablen Analyse überprüften Co-Variablen
Alter
Schulabschluss
Anzahl der gehaltenen Tiere
Anzahl der Mitarbeiter
Wissen (Variable basierend auf der Wissensfrage F8)
Wissen bezüglich des MRSA (Methicillin-resistente S.aureus)-Status im Betrieb (F9)
Persönlicher MRE-Bezug (Variable basierend auf der Frage F10)
Finanzierung
Mittels Fragebogenerhebung wurden 216 Schweinehalter
und 60 Tierärzte (Schwerpunkt Bestandsbetreuung Schwein)
zum Thema Antibiotikaeinsatz und multiresistente Erreger
(MRE) befragt. Univariable (Chi-Quadrat-Test) und
multivariable Risikofaktoren-Analysen (logistische Regression
mit schrittweiser Rückwärtseleminierung wurden für die
Daten aus der Umfrage der Schweinehalter durchgeführt.
Das Verbundprojekt RAI (Rationaler
Antibiotikaeinsatz durch Information und
Kommunikation (03ZZ0804) ist ein
Basisprojekt des Konsortiums Infect Control
2020 und wird gefördert durch das BMBF.
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Risikowahrnehmung und Kommunikation im Bereich Antibiotikaresistenzen bei Tierärzten und
Landwirten
S. Vincze1, A. Lübke-Becker1, K.-H. Lahrmann2, S. Schneider3, F. Salm3, R. Hanke3, N. Ludwig4, P. Gastmeier3, L.H.
Wieler5
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Inhalt
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