Meldung von 320 Grad, 30.06.2016: BVerwG stärkt private

Datum: 30.06.2016
Zwei aktuelle Urteile
BVerwG stärkt private
Recyclingwirtschaft
Mit zwei Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht die Position der
privaten Recyclingwirtschaft gestärkt. Die Richter entschieden über den generellen
Schutz von örE vor privater Konkurrenz. Im zweiten Fall ging es um die Frage, wie
umfangreich die Verwertungskette dargelegt werden muss.
Das Bundesverwaltungsgericht hat heute der privaten Entsorgungswirtschaft mit zwei
Entscheidungen den Rücken gestärkt. Im ersten Fall entschied das Gericht, dass
gewerbliche Altkleidersammlungen nicht schon deshalb untersagt werden können, weil der
öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger für Alttextilien ein hochwertiges Erfassungssystem
bereitstellt. Vielmehr bedarf es der eingehenden Prüfung, inwieweit sich die gewerbliche
Sammlung auf die Sammlung des örE auswirkt.
Der Entscheidung lag die Untersagungsverfügung der Stadt Aschaffenburg zugrunde, die
sich gegen die gewerbliche Sammlung eines Altkleidersammlers wandte und dies mit
entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen begründete. Die Sammlung
erfasse Abfälle, für die bereits die Stadtwerke eine hochwertige getrennte Erfassung
mittels zweier Recyclinghöfe, einer halbjährlichen Haushaltssammlung und einer
Containersammlung anböten, hieß es zur Begründung. Der Verwaltungsgerichtshof hatte
diesbezüglich entschieden, dass die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgers durch die Sammlung gefährdet sei.
Das Bundesverwaltungsgericht hingegen hat das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
aufgehoben und die Sache zurückverwiesen (AZ: BVerwG 7 C 4.15). Die
Funktionsfähigkeit des örE sei nicht immer schon dann gefährdet , wenn die
tatbestandlichen Voraussetzungen des Paragrafen 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG erfüllt
sind, argumentieren die Richter. Ob die Funktionsfähigkeit des örE gefährdet sei, richte
sich in erster Linie nach dem Anteil der Sammelmenge, die dem örE durch die neue
hinzutretende gewerbliche Sammlung unter Berücksichtigung auch anderer angezeigter
Sammlungen und bei Einbeziehung gemeinnütziger Sammlungen voraussichtlich
entzogen wird. Der Verwaltungsgerichtshof habe den bei der Ermittlung der maßgeblichen
Sammelmengen anzulegenden Kriterien bei seiner Prüfung nicht entsprochen.
Nach Angaben der Berliner Kanzlei GGSC, die die kommunale Seite rechtlich vertreten
hat, benannte das Gericht in der mündlichen Verhandlung eine Schwelle von 10 bis
maximal 15 Prozent bezüglich der entzogenen Abfallmengen. Zur genauen Ausgestaltung
und der praktischen Umsetzung der Wesentlichkeitsschwelle seien jedoch die
Urteilsgründe abzuwarten.
Keine detaillierte Beschreibung aller Verwertungswege nötig
Mit der zweiten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass
gewerbliche Sammler von Altmetallen, die das Sammelgut nicht unmittelbar, sondern über
Zwischen- und Großhändler insbesondere Stahlwerken und Gießereien zur Verwertung
zuführen, bei der Anzeige ihrer Sammlung in der Regel nur ihren ersten Abnehmer
benennen müssen.
Geklagt hat ein gewerblicher Kleinsammler von Altmetall. Im wurde von der zuständigen
Behörde die Sammlung aus privaten Haushaltungen untersagt, weil der Betrieb nicht den
vollständigen Verwertungsweg für die von ihm gesammelten Abfälle vom Einsammeln bis
zum Abschluss der Verwertung dargelegt hat. Erforderlich sei die Schilderung einer
lückenlosen Kette des Verwertungswegs sowie des Verwertungsverfahrens, das heißt, in
welchen Anlagen und in welcher Weise die Abfälle der Verwertung zugeführt werden, hieß
es zur Rechtfertigung der Untersagung.
Dem ist das Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt (AZ: BVerwG 7 C 5.15). Der Umfang
der Darlegungspflicht könne nicht generalisierend, sondern müsse im Blick auf die
konkreten Entsorgungsstrukturen bestimmt werden, so die Richter. Erfolgt die Verwertung
in mehreren Stufen, müssten auch die insoweit beschränkten Möglichkeiten der
Kleinsammler berücksichtigt werden.
Folglich erfülle der Sammler bei einer Abfallfraktion wie dem Altmetall seine Anzeigepflicht
dadurch, dass er nachvollziehbar einen Verwertungsweg schildert. Dabei sei das
Entsorgungsunternehmen, an das er die gesammelten Abfälle zu liefern beabsichtigt,
namentlich zu benennen. Ferner müsse er belegen, dass das betreffende
Entsorgungsunternehmen willens und in der Lage ist, die Abfälle abzunehmen. Eine
detaillierte Beschreibung des weiteren Verwertungswegs bis zum letzten Bestimmungsort
der Abfälle unter namentlicher Benennung aller beteiligten Unternehmen könne von einem
Kleinsammler nicht verlangt werden, stellten die Richter klar.
BDSV-Hauptgeschäftsführer Rainer Cosson bezeichnete die Entscheidungen in einer
ersten Reaktion als „ausgesprochen positive Nachrichten“. Das Gericht teile somit den von
der BDSV vertretenen Standpunkt. Allerdings sei dieser Standpunkt von nicht wenigen
Umweltbehörden wie auch von den Verbänden der kommunalen Abfallwirtschaft immer
wieder vehement bestritten worden. „Jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst
einmal diese unselige Diskussion beendet“, erklärte Cosson. „Wir dürfen also heute recht
zufrieden sein.“